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Systemische Therapie sozialrechtlich anerkannt!

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Berlin/Köln 22.11.2018: G-BA legt Grundlage für kassenfinanzierte Systemische Psychotherapie

In seiner heutigen Sitzung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der Systemischen Therapie für Erwachsene bestätigt. Damit hat er den Grundstein dafür gelegt, dass Systemische Psychotherapie künftig als Versicherungsleistung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden kann. Mit seinem Beschluss beauftragt das G-BA-Plenum den Unterausschuss Psychotherapie des G-BA, mit den Beratungen zur Erweiterung der Psychotherapie-Richtlinie um die Systemische Therapie zu beginnen.

„Die Anerkennung der Systemischen Therapie durch den G-BA ist eine gute Nachricht für die Patientinnen und Patienten in Deutschland. Das Angebot einer kassenfinanzierten Systemischen Therapie bringt eine wichtige Verbesserung des psychotherapeutischen Behandlungsangebotes“, betont Dr. Björn Enno Hermans, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF).

Die heutige Entscheidung wurde mit den Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie der drei unparteiischen Mitglieder ermöglicht, nach einem klaren Plädoyer des G-BA-Vorsitzenden Professor Josef Hecken für die Anerkennung Systemischer Therapie. Auch die nicht stimmberechtigte Patientenvertretung unterstützte den Beschluss. Der G-BA stellt mit diesem Votum den Nutzen Systemischer Therapie in fünf Anwendungsgebieten der Psychotherapie fest, darunter die am häufigsten auftretenden Erkrankungen Angst- und Zwangsstörungen und affektive Störungen (Depression). Für eine Zulassung muss der Nutzen zwingend für diese beiden Indikationen belegt sein. Basis für die heutige Entscheidung ist die Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das im Auftrag des G-BA den Nutzen in sieben Störungsbereichen festgestellt hatte. Den Antrag auf die Nutzenbewertung hatte 2013 das damalige unparteiische Mitglied Dr. Harald Deisler gestellt. Die Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie ist bereits vor zehn Jahren erfolgt.

Psychische Erkrankungen sind längst zu Volkskrankheiten geworden. „Wir begrüßen es, dass erstmals nach 31 Jahren wieder ein hoch wirksames Psychotherapieverfahren vor der Aufnahme in den Leistungskatalog der Krankenkassen steht“, erklärt Dr. Ulrike Borst, Vorsitzende der Systemischen Gesellschaft (SG). Bis es soweit ist, müssen sich die Patientinnen und Patienten noch etwas gedulden, da im nächsten Schritt die konkrete Anpassung der Psychotherapie-Richtlinie vorgenommen werden muss. Neben den beiden psychoanalytisch begründeten Verfahren und der Verhaltenstherapie wäre Systemische Therapie dann das vierte Richtlinienverfahren zur Behandlung psychischer Störungen.

Bis März 2019 soll laut einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag das Bewertungsverfahren zur Systemischen Therapie abgeschlossen sein. „Wir freuen uns“, so Sebastian Baumann, Vorstandsbeauftragter Psychotherapie der SG, „dass der G-BA für eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland gesorgt hat und auf der Grundlage des heutigen Beschlusses Systemische Therapie nun bald allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen kann.“ Professor Josef Hecken machte von seinem Steuerungsrecht als Vorsitzender Gebrauch und mahnte eine sehr zügige Umsetzung des heutigen Beschlusses an.

(Quelle: Presseinformation von DGSF und SG, 22. November 2018)

4 Kommentare

  1. Martin Rufer sagt:

    Als seit Jahren „anerkannter“ Systemiker gratulere ich all meinen deutschen Kollegen und Kolleginnen für diesen Erfolg und ihren unermüdlichen Einsatz verbunden mit der Hoffnung, dass wir nun weder unsere „humanistischen KollegInnen“ vergessen noch die damit verbundenen Grundsätze, wenn es Systemische Therapie bald einmal auf Rezept zu haben gibt.
    Mit lieben Grüssen und besten Wünschen aus der Schweiz

    • Christiane Schuhbert sagt:

      Lieber Herr Rufer,
      wie schön, dass Sie darauf hinweisen. Denn ich denke, dass die systemische Therapie nur vor dem Hintergrund humanistischer Grundsätze nachhaltig wirksam sein kann. Hoffe sehr Herr Kriz wird dafür sorgen, dass die „humanistischen KolleInnen“nicht vergessen werden.
      Mit besten und lieben Grüßen aus Hamburg
      Christiane Schuhbert

  2. Sebastian Vogel sagt:

    Mich beschäftigen vor diesem Hintergrund ganz andere Fragen:

    Wird sich das Krankheitskonzept des systemischen Ansatzes nun weiter verdinglichen?

    Was bedeutet dies für die Berufsgruppen der Sozialpädagogen, Sozialwissenschaftlern etc., die wesentlich an der Entwicklung der Systemischen Therapie teilhaben? Im Bereich der Psychotherapie für Erwachsenen werden sie keinen Platz haben.

    Wird es bald systemische Manuale für Psychotherapie geben?

    ….

    Es bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung langfristig wirklich ein Gewinn für die systemische Landschaft ist.

  3. E. Engel-Yamini sagt:

    Was bedeutet es nun konkret?

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