Liebe systemagazin-Freunde,
nach einer längeren Sommerpause freue ich mich, Ihnen heute etwas ganz Besonderes vorstellen zu können, das es in dieser Form bislang noch nicht gegeben hat.
Die Systemische Geschichtswerkstatt bietet eine nicht-lineare visuelle Darstellung der Geschichte des systemischen Ansatzes und seiner theoretischen und praktischen Vorläufer. Im Fenster unten sehen Sie eine an die Formatierung des systemagazins angepasste eingebettete Version als Vorschau.
Zur Geschichtswerkstatt in einem eigenen großen Fenster geht es hier:
Die Systemische Geschichtswerkstatt ist eine private Arbeitsgruppe, zu der sich Kurt Ludewig, Annie Michelmann, Wolf Ritscher, Wilhelm Rotthaus und Gisal Wnuk-Gette und ich 2014 zusammengefunden haben. Ausgangspunkt war unsere Erfahrung als DozentInnen an vielen systemischen Weiterbildungsinstituten, dass Namen und Daten aus der Geschichte des systemischen Ansatzes, die in den 80er und 90er Jahren eine große Rolle gespielt haben, heute schon relativ unbekannt sind und deren Vermittlung in der Regel auch keinen besonderen Stellenwert in den Curricula der Weiterbildungsinstitute hat. Insofern lässt sich von einer gewissen Geschichtsvergessenheit sprechen, die vielleicht auch durch die Fokussierung des systemischen Ansatzes auf die Gegenwart und Zukunft verstärkt wird.
Je nach zeitlicher Einordnung, spätestens aber seit 1980 lässt sich von einem eigenständigen Systemischen Ansatz reden. Mittlerweile, fast 40 Jahre später, hat dieser Ansatz selbst eine beachtliche Geschichte und wird dadurch einer historischen Betrachtung zugänglich bzw. bedarf einer solchen. Die meisten Pioniere der Familientherapie sind mittlerweile bereits verstorben, die zweite Generation der Systemiker steht an der Schwelle des Alters und wird nicht mehr lange aktiv sein.
Die Arbeitsgruppe Systemische Geschichtswerkstatt befasste sich mit unterschiedlichen Formen, in denen die Geschichte des systemischen Ansatzes vermittelt werden könnte. Ein Buch hatte für uns den Nachteil einer zwangsläufig linearen Darstellung, die zudem noch als „Fortschrittsgeschichte“ missverstanden werden könnte. Außerdem wären Ergänzungen und Erweiterungen nur bei Neuauflagen möglich. Einen Film über die Ursprünge des systemischen Ansatzes mit entsprechenden Interviews, Materialien usw. zu erstellen, wäre eine reizvolle Alternative gewesen, allerdings enorm aufwendig, kaum zu bezahlen und hätte sich überdies auf wenige Aspekte beschränken müssen. Wir entschieden uns schließlich für eine Online-Präsentation, die für alle interessierten Menschen kostenlos zugänglich sein soll und besser in der Lage ist, Komplexität abzubilden.
Eine Online-Time Line wäre zwar prinzipiell jederzeit erweiterbar, schied aber aus, weil sie ähnlich wie ein Buch eine komplexe Entwicklung in ein lineares Schema pressen würde. Zur Vorbereitung dieser Datensammlung wurde von Kurt Ludewig eine Time-Line mit über 70 zentralen Ereignissen erstellt, die die Grundlage für die erweiterten Recherchen zu diesem Netzwerk bildeten. Die systemischen Verbände SG und DGSF erklärten sich bereit, die Kosten für die Recherche und die Erstellung der Datenbank für die Systemische Geschichtswerkstatt jeweils zur Hälfte zu finanzieren.
Mit Kumu wurde eine browserbasierte Netzplattform gefunden, die in der Lage ist, sehr komplexe Zusammenhänge benutzerfreundlich darzustellen. Es handelt sich dabei um eine Software zur Visualisierung von Netzwerken, die beliebig viele Items bzw. Knotenpunkte mit beliebig vielen Verbindungen zwischen diesen Items dynamisch abbilden kann. Die Kategorien, die als Knoten für das Geschichtsprojekt-Netzwerk ausgewählt wurden, sind Personen, Jahre, Ereignisse (wie Treffen oder Tagungen), Zeitschriften, Schlüsselwerke (bedeutsame Veröffentlichungen), Therapieansätze, Institute, Organisationen und Verbände. Zu jedem Knoten gibt es in diesem Fenster eine Beschreibung, bei Personen z.B. eine kurze Vita, ein Publikationsverzeichnis, evtl. Fotos und Videos. Von jedem Knoten gehen Verbindungslinien zu zugehörigen anderen Knoten aus, bei Personen z.B. Teilnahme an Tagungen, Mitgliedschaft in Organisationen oder Autorenschaft für bestimmte Schlüsselwerke etc. Auf diese Weise kann man nach Belieben durch eine Vielzahl von Verbindungen wandern und dabei immer neue Zusammenhänge zu finden. Die Recherche, Datensammlung und Erfassung in der Datenbank sowie die technische Umsetzung auf der Netzplattform Kumu wurde von Tom Levold erbracht.
Die Systemische Geschichtswerkstatt ist offen und erweiterbar, Fehler können jederzeit korrigiert und Daten ergänzt werden. Wenn Sie also eine für die systemische Geschichte wichtige Information vermissen, schicken Sie mir eine email, damit ich die entsprechenden Daten schnell ergänzen kann.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Stöbern!
Herzliche Grüße
Tom Levold
Lieber Tom (und alle Beteiligten),
herzlichen Dank für die tolle Arbeit. Es macht echt Spaß, in diesem Netzwerk zu surfen und nach unterschiedlichen Kategorien zu stöbern. Ich bin begeistert. Allerdings merke ich bei der Gelegenheit auch, was ich alles nicht wusste, und wovon ich keinerlei Ahnung hatte. Die Kränkungen muss man halt auch aushalten können;-)).
Rudolf Klein
Ein großartiges Projekt! Vielen Dank an die bienenfleißigen Netzwerker mit dem enzyklopädischen Wissen!
Lieber Tom,
ein interessanes Projekt. Leider ist der Ton der Einführung so leise, dass er kaum verstehbar ist. Ich gehe davon aus, dass dies nicht an meinem MacBook liegt (kann das aber selbstverständlich nicht ausschließen).
Beste Grüsse, FBSimon
Wow, das ist ja unglaubich toll!!! Ich bin sehr sehr beeindruckt, da steckt viel Arbeit und Wissen drinnen. Ich finde es auch sehr toll dass es nicht ein Zeitstrahl sondern ein Netzwerk wurde – das passt doch wunderbar!
Großartig für den Unterricht und die Studierenden – vielen Dank!
Schöne Grüße aus Wien