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systemagazin Adventskalender 2024 – 10. Luc Ciompi

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Gemeinsames statt Trennendes

Verunsicherung, Zukunftsangst und Pessimismus nehmen [angesichts der Kriege, der Klimakrise und der Sorge vor den unabsehbaren Folgen der Künstlichen Intelligenz] überhand, vom seinerzeitigen Fortschrittsglauben ist kaum noch etwas zu spüren, und manche Zeitgenossen denken sogar, der ,Weltuntergang’ stehe kurz bevor. Und dennoch: Auf dem Hintergrund [meiner] stark evolutionär verwurzelten Überlegungen ist alles aktuelle Gerede von einer ,Zerstörung der Natur’ und einem kurzfristigen ,Untergang der Menschheit’ blanker Unsinn. Die Natur kann man nicht zerstören, sondern höchstens punktuell verstören. Und die Menschheit hat, neben endlosen Eiszeiten, auch schon weit extremere Hitzeperioden und andere schlimmste Zeiten überstanden, denken wir nur an die zwei grausigen Weltkriege des letzten Jahrhunderts, an den vielleicht noch viel grausigeren dreißigjährigen Krieg und an die großen Pestepidemien des Mittelalters, die periodisch bis zu zwei Drittel der Bevölkerung dahinrafften. Freilich, Katastrophen aller Art wird es zweifellos noch und noch geben, und vielleicht noch weit schlimmere, als wir uns heute auszumalen vermögen. Um einen zynischen Gedanken nicht zu unterdrücken: Möglicherweise wird die weise „Natur der Dinge” die zu meiner Lebenszeit von knapp drei auf über acht Milliarden angeschwollene Weltbevölkerung – nach vielen Experten die „Mutter aller aktuellen Probleme” – wieder einmal um die Hälfte oder mehr dezimieren müssen … 

(Luc Ciompi 2024, Foto: Tom Levold)


Aber es gibt ja keineswegs bloß lauter Hass- und Kriegsherde in unserer Welt, obwohl fast nur von diesen die Rede ist, sondern es gibt, genauer besehen, wahrscheinlich mindestens ebenso viele oder noch viel mehr kleine und große Friedens- und Liebesherde, die unbeachtet bleiben. Einen Beitrag zur Minderung von Hass und Unfrieden könnte auch die Fokussierung auf Gemeinsames statt Trennendes leisten, die meinen Überlegungen zugrunde liegt. Deren wichtigste praktische Konsequenz aber ist zweifellos, dass wir umfassend selbst verantwortlich sind: verantwortlich für unsere Umwelt, für unser Alltagsverhalten und vor allem für unsere Wertehierarchien (= unsere ,Götter’): Geld und Macht oder ,Dienen’, meine persönlichen ,legitimen Interessen’ und Rechte (wie etwa in der Covidkrise) auf Kosten der Gemeinschaft, Eigenwohl versus Gemeinwohl (zwei weitere Polaritäten, zwischen denen es ein sinnvolles Gleichgewicht zu finden gilt).

(aus Geist und Materie, Gott und die Welt – ein verborgener Gesamtzusammenhang, Carl-Auer 2024)

Luc Ciompi, Belmont-sur-Lausanne

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