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systemagazin Adventskalender 10 – Peter Fuchs und Andreas Brennecke

| 1 Kommentar

(Foto: Peter Fuchs)

Die Zeit des Karussells
„Dieses Blechkarussell, das ich auf einem Weihnachtsmarkt kaufte, steht auf meinem Schreibtisch, es lässt sich aufziehen, dann dreht es sich erst schnell, dann immer langsamer; es klimpert herum, mal schnell, mal langsam. Es macht mir die Augen von innen bunt. Ich nutze es für die Enkelschaft, aber auch für Innigkeitsminuten, die es schwer machen, Sentimentalitätsanfälle zu vermeiden. Was das Spielzeug im Foto ‚vorführt‘, ist ein Zeitwirbel, der feststeckt und doch wieder nicht – wie Corona, die die Zeit seltsam bremst und beschleunigt. Das macht ja auch Weihnachten: eigentlich immer. Tatsächlich habe ich eine alte Sanduhr neben das Karussell gestellt. Die sieht man wie von ungefähr nicht auf dem Bild, aber es gibt sie hier bei mir als Denkmal der Zeitweiligkeit.“

(Foto: Andreas Brennecke)

Eine Sammelleidenschaft oder:
Wie der King of Rock’n Roll unser Weihnachtsfest rettete
„Wer sich für Betongold entschieden hat, oder wie meine Liebste und ich für 94 Jahre altes Ziegelsteingold, der hat immer was zu tun: Zu renovieren, zu sanieren, zu prokrastinieren. Indes fällt der Sanierungswütige gern auch später über den Keller als einzig verbliebenem Tätigkeitsfeld her, um dort allmählich vom geliebten Baustellencharme all der Jahre Abschied zu nehmen. Offenbar haben viele Zeitgenoss*innen das infolge nicht stattfindender Urlaube Ersparte in ihre Butzen gesteckt. Da bilde meine Liebste und ich keine Ausnahme. Bis vor einigen Wochen müffelte und feuchtelte der Proben- und Musikstall vor sich hin. Also wurde er kurzerhand trockengelegt und auf Vordermann gebracht. Dann hieß es, all die lieb gewonnenen rund 4000 Vinylschätzchen wieder einzuräumen und mit weiteren Tagen eifrigen Sichtens und Sortierens dem blöden, lästigen Virus ein Schnippchen zu schlagen. Abgesehen von dem Angebot, angesichts einer Kreislerplatte demnächst gemeinsam nach dem Lockdown im Park Tauben vergiften zu gehen, wurden auch andere Genres einer ausführlichen Revision mit nächtlichem Probehören unterzogen, das die Liebste schon manches Mal dazu veranlasste, Ruhe einzufordern und nicht ständig z.B. mit den Urschreien eines nobelpreisdekorierten Barden aus Duluth Minnesota unsanft geweckt zu werden. Gestern dann rettete mir der King of Rock’n Roll das Coronaweihnachtsfest. Für die passende Musik ist nunmehr gesorgt!

Ein Kommentar

  1. Lothar Eder sagt:

    Schön-poetische Begrifflichkeiten kommen mir da entgegen im ersten Text – Innigkeitsminute, Zeitwirbel, Zeitweiligkeit. Und im unteren Bild 4 Stratocasters und 4 Telecasters – alle Achtung. Ich hoffe, die haben keine Feuchtigkeit abbekommen!

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