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SIND PSYCHIATRISCHE DIAGNOSEN SPRACHANALYTISCH SINNLOS?

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In der Ausgabe 8 (2007) des e-Journal Philosophie der Psychologie verfolgt Oliver Grimm, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neuropsychologie und Klinische Psychologie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit die Rolle der Alltagspsychologie bei der Erstellung psychiatrischer Diagnosen unter einen sprachphilosophischen Blickwinkel:„Die heute gängigen Klassifikationssysteme innerhalb der Psychiatrie wurden konstruiert, um eine Theorielastigkeit der Diagnosen zu vermeiden. Sie sind als vermeintlich neutrale Beschreibungen einer objektiv fassbaren Diagnose gedacht. Die Strategie der biologischen Psychiatrie besteht nun darin, naturwissenschaftliche Erklärungen für Gehirnvorgänge zu finden, die diesen diagnostischen Identitäten zugrunde liegen. Manche Vertreter der biologischen Psychiatrie teilen dabei mit Vertretern des eliminativen Materialismus aus der Philosophie des Geistes ein gemeinsames Projekt: unser alltagspsychologisches Sprechen über Handlungen und Motive wird als ungenau abgelehnt. Damit begeben sich jedoch die biomedizinischen Materialisten in eine Zwickmühle. Es kann nicht gelingen, neurobiologische Ursachen psychiatrischer Erkrankungen zu finden, die letztlich unsere alltagspsychologischen Verhaltenserklärungen verlassen, wenn gerade alltagspsychologische Erklärungsmodelle auch heute noch psychiatrischen Diagnosen zugrunde liegen. Die Debatte um die folk-psychology innerhalb der Philosophie des Geistes liefert Hinweise auf eine mögliche Alternative: Wenn es sich bei folk-psychology nicht um eine falsche alltagspsychologische Theorie handelt, sondern um das Prinzip der mentalen Simulation unseres Gegenübers, so ist diese Theorie viel einfacher mit der gegenwärtigen, auch naturwissenschaftlichen Forschung zu verbinden. In neueren neurobiologischen Modellen wird von einem Modell ausgegangen, dass an die Stelle eines neurobiologischen Gehirns das so genannte„soziale Gehirn“ stellt. Psychiatrische Diagnosen ließen sich als Kategorisierungsversuch des„sozialen Gehirns“ des Psychiaters interpretieren, ein Ansatz, der mit der Simulationstheorie der folk-psychology kompatibel ist“
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