In seinem Versuch einer postcartesianischen Psychologie, der in Heft 2/2000 der Zeitschrift„systeme“ erschienen ist, schreibt Klaus Kießling, Theologieprofessor und Psychologe sowie Leiter des Seminars für Religionspädagogik, Katechetik und Didaktik sowie des Instituts für Pastoralpsychologie und Spiritualität an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen (Foto: www.sankt-georgen.de):„Psychologie, wie ich sie kennengelernt habe, hat wichtige emanzipatorische Schritte aus philosophischer Umklammerung vollzogen, läuft aber – in dieser Richtung weiterhin hände- ringend unterwegs – Gefahr, sich dabei ihrer eigenen Wurzeln zu berauben, also saft- und kraftlos zu werden. Einen Brückenbau zwischen Philosophie und Psychologie, näherhin zwischen Phänomenologie und Gestalttheorie einerseits sowie Selbstorganisationskonzepten andererseits halte ich für sehr wichtig: Die Verwindung des Grabens zwischen Philosophie und Psychologie eröffnet letzterer die Möglichkeit, gleichsam ressourcenorientiert vorzugehen, also in einer Weise, wie sie selbst es in Therapietheorien vielerorts lehrt: sie könnte zwar weiterhin andere Disziplinen um Rat bitten – etwa naturwissenschaftliche Fachbereiche – und deren Modelle aufgreifen; sie könnte aber auch einmal ihre eigenen Ressourcen – etwa in der Gestalttheorie – wahr- und ernst nehmen, also auf Hilfe zur Selbsthilfe setzen, anstatt sich damit zu begnügen, auf eine rettende Hand zu warten. Unter Würdigung zentraler Differenzen zwischen beiden Enden einer solchen Brücke möchte ich zeigen, daß sich beide Seiten in der gemeinsamen Abkehr von einer cartesianischen Erkenntnistheorie neu begegnen können. Dabei zeichnet sich eine noch näher zu charakterisierende cartesianische Erkenntnistheorie durch ihren Anspruch auf Letztbegründung und apodikische Gewißheit aus:„Die Erkenntnis soll von einem Zustand des Zweifels aus aufgebaut werden, der durch evidente Intuitionen Schritt um Schritt ausgeräumt und durch unerschütterliche Wahrheiten ersetzt wird“ (Herzog 1991
), so daß sich das erkennende Subjekt an einem archimedischen Punkt findet – jenseits jeder biologischen und biographischen Mittelbarkeit“
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Selbstorganisation – Multidisziplinäre Beiträge zur Konturierung einer postcartesianischen Psychologie
26. Mai 2010 | Keine Kommentare