Liebe Rosmarie,
75 Jahre, das ist eine stolze Zahl – und dahinter zeigt sich eine stolzes Lebenswerk! Meine Freude ist, dass ich, nachdem wir uns 1987 näher kennengelernt haben, über fast ein Vierteljahrhundert Deine Person und Dein Schaffen aus nächster Nähe mitbekommen habe – ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin.
Was hast Du nicht alles in den letzten 30 Jahren zur Entwicklung unseres Feldes beigetragen! Die von Dir initiierten und organisierten Tagungen waren nicht nur alle ein Hort des intellektuellen Vergnügens, großzügiger Gastlichkeit und immer stimmiger Atmosphäre, sie haben auch stets besondere Themen aufgegriffen, verdichtet und ihnen Wege bereitet, die sich für den systemischen Diskurs als wichtig und notwendig erwiesen haben. Ein besonderer Genuss ist dem größeren Publikum aber stets entgangen: die Symposien ohne Publikum zwischen den Kongressen in feinem und einfallsreichen Ambiente, auf denen Du mit eingeladenen Gästen an den Konturen des kommenden Kongresses gearbeitet und das Füllhorn Deiner Gastfreundschaft ausgeschüttet hast. Welch eine Idee! Und welche Großzügigkeit!
Bevor ich Dich persönlich kennenlernte, las ich Anfang der 80er Jahre Deine Texte. Schon da war mehr als deutlich, dass Du kein Interesse an der Entwicklung einer reduzierten klinischen Perspektive hattest, sondern das Thema der Arbeit in und an Beziehungen immer auch als profundes sozialwissenschaftliches Projekt angesehen hast. Und wie kaum jemand sonst ist es Dir gelungen, diese komplexen Perspektivenverschränkungen zu Themen von Körper, Seele, Beziehung und Gemeinschaft auf so lesbare und elegante Weise zu Papier zu bringen – vor allem aber: Kooperationen anzustiften mit solchen, die an einer solchen Perspektivenerweiterung ihre Freude haben. Immer war dabei neben dem inhaltlichen Interesse Deine Person als Autorin und Herausgeberin sichtbar: eben als Angebot, Dich auch ganz persönlich zu nehmen. Hinter Theorie hast Du Dich nie versteckt! Darüber hinaus gehörst Du zu den wenigen in der Zunft, die auch über unser Feld hinaus, sei es im Radio, im TV oder in Brigitte, Breitenwirkung entfaltet haben.
Der Gefahr der Prominenz, nur noch im Saft der eigenen Redundanz und Selbstvermarktung zu schwimmen, bist Du dabei nicht erlegen. Simple Sprüche sowie jede Art von Kitsch (nicht zuletzt System-Kitsch, Gender-Kitsch und Betroffenheits-Kitsch, die ja auch in unserer community anzutreffen sind) waren Dir ein Gräuel. Streit gingst Du nicht aus dem Weg, weil Dein Interesse eher darin lag, zu zeigen, dass die Dinge komplizierter sein können, als man sie gelegentlich (auch als systemische TherapeutIn) haben möchte.
Kein Wunder, dass ich mich bei Dir und Euch zuhause gefühlt habe. Die Einladungen zu Seminaren und Veranstaltungen kann ich nicht mehr zählen. Aber das Gefühl, bei Euch zuhause zu sein, mit Euch Freude und Sorgen zu teilen, war von Anfang an bis heute das, was zählt.
Dein 75. Geburtstag ist eine Gelegenheit, Dir für all dies zu danken. Du hast mir Vieles ermöglicht und mein Selbstvertrauen gestärkt (z.B. durch die Übergabe Deiner Herausgeberschaft von System Familie an mich). Eine wunderbare Erfahrung war es, Dir das mit meiner Freundschaft vergelten zu dürfen – und nicht zuletzt ist aus unserer Freundschaft auch eine Freundschaft unserer Familien erwachsen!
Ich wünsche Dir alles Gute und vor allem: Gesundheit, Kraft und Gelassenheit für die nächsten Jahre, d.h. Resilienz, schöne Rituale, eine gute affektive Rahmung, viel Familienwelt und sowenig Chronisches wie möglich!
Dein Tom
Zum Geburtstag habe ich zu einer kleinen Geburtstagsparty im systemagazin eingeladen – und eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden bringen Dir heute hier ein Ständchen
Besonders eine – ich vermute – von Frau Welter-Enderlin abgekupferte Hausaufgabe vergebe ich seit einigen Jahren erfolgreich:
„Schreiben Sie einen an Ihre Tochter/ Ihren Sohn etc. gerichteten fiktiven Brief, der auf den Zeitpunkt in der Zukunft datiert ist, an dem sie/er etc. das Alter haben wird, welches Sie heute haben. Und beschreiben Sie ihr/ihm, welche Krise/Probleme/ Belastungen etc. (Wortlaut des Klienten benutzen!) Sie damals in eine Beratung geführt haben, wie es dazu kam und vor allem, wie und wann und mit welchen Hilfen etc. Sie schließlich eine Lösung/ Erleichterung etc. (wieder Wortwahl des Klienten verwenden!) geschafft haben“
Manche Klienten weiten ihre Einfälle dazu noch spontan aus, beispielsweise indem sie Tochter/Sohn etc. um Nachsicht, Verzeihung usw. bitten, es damals nicht besser gemacht zu haben. Oder indem sie mit dem anderen Elternteil in’s Gespräch kommen, oder, oder, oder.
Diese Intervention impliziert das Motto„Die Ursache (eines lösungsrelevanten Verhaltens) liegt in der Zukunft“. (Als ‚Psychos‘ lernen wir es ja im allgemeinen erstmal anders herum…)
Mir bleibt auch Rosmarie Welter Enderlins Bild in Erinnerung, welches sie wohl von ihrem Vater auf den Weg mitbekommen hat. Nämlich in einer ausweglos erscheinenden Zelle ein Fensterchen an die Wand zu malen…
Meine herzlichen Geburtstagswünsche an eine wohltuende Therapeutin und Lehrerin!
Ihr gebührt mein Dank!
Christian Michelsen
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Liebe Rosemarie Welter Enderlin,
werte Frau Kollegin,
der Aufforderung von Tom Levold komme ich im Namen von ISTUP gerne nach. Das Institut für systemische Theorie und Praxis Frankfurt feiert demnächst sein dreißigjähriges Jubiläum. Mit anderen Worten, als wir gründeten, war Ihr Name in der Fachwelt längst bekannt. Intern haben wir Sie gerne die Züricher Dame genannt. Obwohl wir nicht viel Zeit direkt miteinander verbrachten, erinnere ich einige wichtige Sequenzen.
Die erste Spur ist quasi eine literarische Spur: in einer Ihrer frühen Publikationen fand ich sinngemäß folgenden Satz: wir Praktiker kommen manchmal nicht umhin, uns die Finger schmutzig zu machen. In einer Zeit, in der manchmal Praxis mit pseudo-philosophischen Glasperlenspiel verwechselt wurde, gab der Satz immer wieder Orientierung. Er ist mir heute immer noch lieb und teuer.
Ein langes Gespräch in Hamburg, wir erörterten, jeder aus seiner Perspektive, ein für uns ernstes Problem, bleibt mir als bereichernd in Erinnerung.
Auf einem gemeinsamen Podium in Köln schützten Sie resolut die von mir vorgestellte Vorgehensweise mit einem Paar. Dankend habe ich die wertvolle Hilfe angenommen. Nun, so könnte ich fortfahren, aber ich befürchte, der elektronische Lesestoff wird für Sie ohnehin mehr als umfangreich sein.
Ich wünsche Ihnen im Namen aller Kolleginnen und Kollegen das Beste zu Ihrem großen Geburtstag und verneige mich vor Ihrer Lebensleistung.
Die Götter mögen Ihnen gnädig sein und alle gewünschten Menschenfreuden zur Verfügung stellen und für die nächsten Jahre viel Glück und Gesundheit liefern.
Ihr
Dr. Walter Schwertl
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Liebe Frau Welter-Enderlin,
meinen herzlichen Glückwunsch! Wir haben uns nicht persönlich kennengelernt, doch vielleicht interessiert es Sie, dass mir Ihre Arbeiten seit dem 1980er„Familienmensch“ immer aufgefallen sind. Ich habe mit Ihrer Person stets eine unbedingt aufrechte Haltung verbunden und selbst dann, wenn ich mein eigenes Ding bevorzugt habe, blieben mir Ihre Haltung, Ihr Einsatz und Ihre Aufrichtigkeit eine hilfreiche Orientierung. Somit zusammen mit diesem Glückwunsch ein herzlicher Dank!
Wolfgang Loth
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Liebe Rosmarie,
ich habe im Laufe meines Paar- und Familientherapeuten-Lebens viele Fortbildungen bei den unterschiedlichsten Größen dieses Faches gemacht. Aber so wie bei dir ist es mir bei niemandem gegangen: Ich hatte in deinen Workshops immer das Gefühl: Ja, das ist realistisch, ja, das spricht mich an, und deine innere Haltung vor allem, die finde ich gut! Ich habe von Dir viel Praktisches gelernt, aber fast wichtiger war noch deine immer positive Einstellung zu den Männern und Frauen, den Paaren und Kindern! Das hat mir vor allem Zutrauen auch in deine immer auch bodenständigen und integrativen Therapiekonzepte gegeben, und so war es kein Wunder, dass ich mich auch für eigenen Bedarf an Dich gewandt habe, als meine Frau Margarete an Krebs erkrankte, und wir zeitweise große Mühe hatten, damit als Paar zurechtzukommen. Deine kritische Einstellung zu einseitig psychosomatischen Entstehungskonzepten dieser Krankheit war Balsam auf unsere Seelen, und du hast uns einen Schlüssel in die Hand gegeben, der uns einen guten Weg eröffnet hat: Die Krankheit zu nehmen als Herausforderung zu gemeinsamer Entwicklung. Das lässt mich heute bei allem Schweren, den der Abschied von Margarete für mich auch bedeutete dankbar auf diese Zeit zurückblicken. Und ein großer Teil dieses Dankes gilt nach wie vor und immer wieder Dir!
Hans Jellouschek
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Liebe Rosmarie,
eine schöne Idee und gut, wenn Würdigungen noch etwas gelten in aller Schnelllebigkeit. Ich kann nicht sehr viel beitragen, da unsere persönlichen Begegnungen nicht allzu häufig waren, aber immer von einer großen Aufmerksamkeit getragen. Ich höre Dein Lachen vor mir, sehe Deinen Blick und war Dir dankbar, dass Du mich ein paarmal zu den von Dir mitorganisierten Kongressen und Tagungen in Zürich eingeladen hast, aber auch zu den Symposien ohne Zuschauer, die Du als eine sehr originelle Idee kreiert und mit Deiner Präsenz beflügelt hast. Ich habe diese Zeit als eine der Hoffnung auf Aufbau und Austausch zwischen Psychoanalyse und Systemischen Therapien in bester Erinnerung, weil es sowieso meine Überzeugung ist, dass manche einst psychoanalytischen Intuitionen bei den Systemikern angekommen und dort in dem Maße aufgegriffen wurden, als sie von den Psychoanalytikern aus ihrem Denken heraussortiert wurden. Zu diesen Denkweisen gehören z.B. die Texte von Bateson. Du mit Deiner amerikanischen Sozialisation hattest etwas davon, gemischt mit einem zupackenden Pragmatismus, der zugleich vollkommen unaufdringlich war und das ist ein Wort, das der Psychoanalytiker Michael Balint benutzte, um einen generellen Aspekt der psychoanalytischen Haltung zu beschreiben. Ich wünsche Dir ein angenehmes Altern, hoffe, dass Du von körperlichen Malaisen soweit wie möglich verschont bleibst und sende Dir meine allerherzlichsten Glückwünsche zu ihrem Geburtstag.
Michael B. Buchholz
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Liebe Rosmarie,
zu Deinem Geburtstag alles Gute.
Du bist, um das hier ein für alle Mal klarzustellen, die Grande Dame der deutschsprachigen Familientherapie, und das warst Du auch schon ganz am Anfang vor 35 Jahren. Insofern hast Du immer einen festen Faktor der Szene dargestellt, warst Zentrum, Fixstern, um den Vieles und viele sich gedreht haben: Offen für Neues, aber dennoch kritisch gegenüber nur Modischem. Zuverlässig und innovativ zugleich. Voller Initiative, eigensinnig (und daher für andere nicht immer einfach – was als Kompliment gemeint ist). Immer klar orientiert und zielbewusst.
Eine Frau, die weiß, was sie kann und was Frauen können, und die sich von Männern und ihrem Gehabe nicht bluffen lässt. Eine Kämpferin mit Herz und Verstand.
Ich könnte noch weiter schreiben, aber ich denke, es ist deutlich, was ich sagen will
Genieße den Geburtstag, lass Dich feiern, und danach: Arbeite einfach weiter, als wäre nichts geschehen
Liebe Grüsse, Fritz (Simon)
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Rosmarie hat mich bei einem Seminar hier im Institut für Ehe- und Familientherapie, Wien, vor vielen Jahren aus dem psychoanalytischen in das systemische Denken geführt. Ich habe ihr bei diesem Seminar das Leben ziemlich schwer gemacht, alles besser gewusst, sie widerlegt, ihr widersprochen. Wie halt unangenehme Seminarteilnehmer so sind. Sie ist freundlich geblieben, auf mich eingegangen, ohne ihre Linie zu verlieren
, hat ein Rollenspiel (mit Hans Strotzka als Vater) gemacht, uns alle begeistert und beeindruckt. Damals hat sie auch einen Indianer mit großer Spürnase als Leitbild für ein gute TherapeutIn angeboten. Dieses Bild und ihre Kraft, die sie damals ausgestrahlt hat, ihre Klarheit, ihre Liebe zur Theorie, zum Inhalt und zu den KlientInnen werde ich ihr nie vergessen.
Sie war eine wunderbare Lehrerin und ich bin sehr stolz darauf, bei ihr gelernt zu haben.
Liebe Rosmarie, vielen Dank und herzlichen Glückwunsch
Joachim Hinsch
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Liebe Rosmarie,
eine meiner Erinnerungen an Dich als Supervisorin war Deine Berater-Empfehlung:
Du musst primär Kontakt zu Personen des Klientensystems finden und dann vertrauen, dass du im freien Fall Flügel bekommst!
Herzlichen Glückwunsch zum 75er
Kuno Sohm
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Liebe Rosmarie,
Du magst Dich erinnern, dass ich bei der Verabschiedung eines der ersten Ausbildungskurse im Meilener Institut mutig mit einem Liedbeitrag aufwartete. Ich wollte mit Euch gemeinsam zur Melodie von Roll Alabama, Roll! das Inhaltsverzeichnis von Ludwigs von Bertalanffys Allgemeiner Systemtheorie singen. Weil es mir aber nicht gelungen ist, die Töne unterscheidbar zu machen, scheiterte das Projekt kläglich.
In Tom Levolds polyphones Ständchen werde ich daher, um das Schlimmste zu verhüten, nicht einstimmen, sondern ein Gedicht vortragen, das gut zum Geist des Meilener Konzepts passt. Es stammt von Seamus Heaney, wurde von Ditte König und Giovanni Bandini ins Deutsche übertragen und heißt:
In Illo Tempore
Das große Messbuch klaffte
und baumelte mit seidenen
Bändern: smaragd, violett und wässrig weiß.
Intransitiv ministrierten wir,
beichteten, empfingen. Die Verben
nahmen uns an. Wir verehrten.
Und wir sahen zu den Nomina auf.
Altarstein war Morgen und Monstranz war Mittag,
das Wort Rubrik in sich blutroter Abend.
Jetzt wohne ich an einem berühmten Gestade
wo Seevögel in der Frühe schreien
Wie unglaubwürdige Seelen
Und selbst die Brüstung an der Promenade
Der ich meine Zweifel aufbürde
Versucht mich kaum, an sie zu glauben.
Rosmarie,
ich wünsche Dir zum 75. Geburtstag alles Gute!
Bruno
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Liebe Rosmarie:
Du gehörst für mich zu den großen Gründerpersönlichkeiten in der Systemischen Therapie und Beratung. Beeindruckt hat mich immer Deine einzigartige Kombination von umfangreicher Belesenheit, Fähigkeit die Dinge auf den Punkt zu bringen, weiblichem Charme, Schweizerischer Freundlichkeit und Verlässlichkeit sowie Kampfeslust gegen alles, was Du für einen würdigen Gegner hieltest. Zu letzterem hast Du ja periodisch uns (Die Heidelberger) erkoren. In den frühen Jahren waren wir Dir zu einseitig kognitiv-intellektuell (und – in der Tat – männerdominiert), jetzt zuletzt zu gnadenlos ressourcenorientiert (ist Dir aufgefallen, daß wir inzwischen nahezu frauendominiert sind?) – aber es hat uns (egal, wer wir Heidelberger zum jeweiligen Zeitpunkt gerade waren) natürlich immer sehr geehrt, von Dir auch in Deinem Schreiben so beachtet zu werden. Deine Gastfreundlichkeit in der Schweiz (ich habe phantastische Erinnerungen an den Rituale-Vorkongress im Wallis 1999) ebenso wie deine Freundlichkeit als Gast zuhause auf unserem Wohnzimersofa haben sehr wohlgetan. Wenige haben so intensiv wie Du politische und therapeutische Fragestellungen miteinander verknüpft, wenigen gelang es beispielsweise wie Dir, den Bundespräsidenten des eigenen Staates als Kongressredner zu gewinnen (Moritz Leuenberger in Zürich 2001). Literatur, Geschichte, Ethnologie flossen oft in Deine Arbeit ein. Ein phantastisches Händchen hattest Du auch bei der Auswahl Deiner Kollegen und später auch Kolleginnen – gestandene, kluge Leute, die das Meilener Institut zu einem Ort des insprierenden geistigen Austausches gemacht haben, und von denen einige heute das von Dir gegründete Institut erfolgreich weiterführen. Und dass Du es geschafft hast, das Institut so in neue Hände zu übergeben, daß es gut weitergeht, ist bei kämpferischen Pionieren wie Dir ja keineswegs selbstverständlich. Glückwunsch Dir auch dazu! Ich wünsche Dir und Deinem Mann Rudi, daß Ihr Eure vielen Interessen und Beziehungen heute in Euren Siebzigern gut weiterführen könnt und noch oft auf die Schweizer Berge hinaufsteigt. Zum Schluß setze ich mir jetzt noch einen anderen Hut auf und gratuliere nicht nur als Jochen Schweitzer und als Heidelberger, sondern auch als derzeitiger Vorsitzender von 3.300 systemischen TherapeutInnen und BeraterInnen, die in der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie zusammengeschlossen sind, und in deren wissenschaftlichem Beirat Du seit langem Mitglied bist.
Es grüsst Dich herzlich
Dein Jochen
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Liebe Rosmarie,
Viele Bilder und Konzepte, die wir gerne verwenden, sind untrennbar mit Dir verbunden: Wurzeln und Flügel, Glut unter der Asche, affektlogische Rahmung, Fallverstehen in der Begegnung
Wir haben von dir gelernt und mit dir zusammen in Klausuren diskutiert, Videobänder unserer Praxis analysiert und versucht heraus zu finden, was wirkt.
Zur Arbeit aber gehörten immer auch die Feste, das gute Essen und Trinken, Geschichten, Musik und Tanz – Genuss und Freude.
Wir danken dir und gratulieren ganz herzlich zum Geburtstag!
Silvia Dinkel-Sieber und Ulrike Borst
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Wenn Kinder klein sind, gebt ihnen Wurzeln. Wenn Kinder groß sind, gebt ihnen Flügel. (Indische Weisheit)
Rosmarie Welter-Enderlin ist dem Carl-Auer Verlag seit 1998 als Autorin verbunden. Damals erschien ihr Buch Gefühle und Systeme (zusammen mit Bruno Hildenbrand), in dem Beiträge zum seinerzeit in der systemischen Therapie vernachlässigten Bereich der Gefühle und Emotionen zusammengetragen waren. Der Band war das Ergebnis eines Kongresses zum Thema Affektive Kommunikation, den das Meilener Ausbildungsinstitut für systemische Therapie und Beratung in Zürich veranstaltet hatte. Leiterin des Instituts und Organisatorin des Kongresses: Rosmarie Welter-Enderlin.
Dieser Rückblick in die Verlagsgeschichte erzählt einiges über die engagierte Schweizerin. Zunächst belegt er ihre Vielseitigkeit: Sozialarbeiterin, systemische Familientherapeutin, Coach, Ausbilderin, Institutsleiterin, Kongressorganisatorin, Schriftleiterin der Zeitschrift System Familie, Redaktionsmitglied des Family Process, Forscherin, Autorin, umtriebige Netzwerkerin und Ermutigerin. Schon die Aufzählung lässt staunen. Darüber hinaus zeigt schon dieses erste Carl-Auer-Buch Rosmarie Welter-Enderlins Unabhängigkeit von Moden, ihre Offenheit und Bereitschaft zu widerständigem Denken, mit denen sie nicht nur bedeutsame Akzente im systemischen Dialog setzte, sondern auch dafür sorgte, dass bestimmte Themen überhaupt Eingang in diesen Dialog fanden.
Die eingangs zitierte indische Weisheit könnte auch von Rosmarie Welter-Enderlin stammen. Wurzeln und Flügel, Herkunft und Zukunft zu verknüpfen ist einer ihrer Leitgedanken. Mit dieser Einstellung hat sie die deutschsprachige familientherapeutische und systemische Szene geprägt. Im Jahr 2003 erhielt die Pionierin der systemischen Familientherapie in Anerkennung ihrer Arbeit den American Family Therapy Academy Award in der Kategorie Herausragender Beitrag zur Theorie und Praxis der Familientherapie.
Aber Rosmarie Welter-Enderlin bestimmt nicht nur die fachliche Diskussion. Mit regelmäßigen Beiträgen für Funk, Fernsehen und die Printmedien gelingt es der Therapeutin, einer nichtfachlichen Öffentlichkeit ihre Kenntnisse über zwischenmenschliche Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten nahe zu bringen. Dies mit einer Wertschätzung der Kraft und Wandlungsfähigkeit des Einzelnen gegenüber, die beeindruckt; auch in der persönlichen Begegnung, wie Eva Zeller in einem Radiobeitrag bei WDR Lebenszeichen beschreibt: Wenn Rosmarie Welter-Enderlin den Raum betritt, dann wir
d es warm. Sie verbreitet eine wohltuende Atmosphäre und nimmt ihre Klienten und deren Geschichten urteilsfrei und offen auf. Mitfühlen und Akzeptieren sind für sie die wichtigen Voraussetzungen für eine positive Veränderung.
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Rosmarie Welter-Enderlin!
Das Carl-Auer Verlagsteam
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Liebe Rosmarie,
Der Intercity Express ist eine gute Erfindung, besonders wenn man über fünf Stunden Bahnfahrt vor sich hat, keine Dauerhandybenutzer im Abteil sind, die eigene Frau ein Buch liest, der Rest vor sich hindösend nicht an Kommunikation interessiert erscheint, ich überraschend einen Tischplatz erwischt, den Laptop dabei und nun Zeit habe, mich Dir zuzuwenden, Dich zu ehren und Dir zu gratulieren. Merkwürdig, der Laptop gehört ja inzwischen zu einem wie die Armbanduhr oder der Goldzahn. (Gestern habe ich allerdings meinen Füllfederhalter wieder entdeckt und mit dem schreibe ich Dir auch noch einen Gruß.) Draußen gibt es nicht mehr viel zu sehen. Es ist sechs Uhr abends. Anfang Februar wird es da noch dunkel. Wir nähern uns Fulda und wollen nach Berlin.
In unserer Beziehung, liebe Rosmarie, gibt es etwas noch Konstanteres als den Wechsel von Tag und Nacht und die gegenseitige Sympathie und Wertschätzung: Du bist mir mit Deinen Geburtstagen solange ich denken kann immer fünf Jahre voraus und mit Euren Hochzeitstagen ist es auch so. Überhaupt bist ja überhaupt meistens Spitze!
Natürlich verbindet uns viel mehr: an unterschiedlichen Orten haben wir die Entwicklung der Familien- und der systemischen Therapie nicht nur im deutschsprachigen Bereich über 35 Jahre lang miterlebt und besonders Du hast sie auch endscheidend mitgestaltet. Ihr habt in Zürich bahnbrechende Kongresse veranstaltet, wir in Heidelberg, Du hast in Zürich und Umgebung Institute (mit)gegründet und geleitet und wieder verlassen und ich in Heidelberg und Umgebung. Ähnlich vielleicht auch wir haben nie darüber gesprochen in bestimmten Situationen eine Verletzlichkeit und Enttäuschbarkeit, die in eine ärgerlich-agressive Stimmung umschlagen kann.
Ich könnte die Parallelen fortsetzen. War das nicht eine spannende Zeit?! Keine Angst, ich werde nicht nostalgisch und sentimental. Als Beziehungsmensch sind mir die persönlichen Begegnungen mit Dir und Ruedi ebenso wichtig und näher: die Brotzeiten abends an dem Holztisch in der Wohnküche Eures alten, heimeligen Hauses auf der Burg mit den anregenden, oft auch sehr persönlichen Gesprächen und der gegenseitigen Anteilnahme an den Entwicklungen in unseren Familien und das gute Obst-Müsli am nächsten Morgen. Unvergessen die Wanderungen im sommerlichen Saphiental und die Übernachtungen bei dem befreundeten Bergbauernehepaar und ihren drei Kindern in ihrem schönen alten Walserhaus. Vorher war es für mich kaum vorstellbar, dass es noch ein so harmonisches Leben im Einklang mit der Natur und den Tieren geben könnte.
Der Fahrradkauf in Meilen, knallgelb, Marke Verrago! Wie intensiv und mit Leib und Seele Du in Heidelberg mit einer Gruppe auf der Bühne den Gender-Rap gesungen hast. – Eure außergewöhnlichen Feste im Nachbarort von Meilen war es Männedorf, wo ihr bald hinzieht? – bei verschiedensten Gelegenheiten und Anlässen. Das Feste-Feiern-Können zeichnet Euch von jeher aus. – Das ausgiebige und nahezu wilde Tanzen mit Dir auf Kongressen. Ich spüre noch die Fliehkraft in meinen Armen. – Manchmal haben wir auch gemeinsam gelästert. Ohne gelegentliches Gossiping ist das Leben doch etwas langweiliger. Dein Lachen klingt noch in meinen Ohren. Durch Deine gärtnerische Bodenständigkeit und Deine grundsolide schweizerische Kompetenz unter Deinen akademisch-systemischen Flügeln und Federn ich habe ja auch bodenständige Vorfahren – hattest Du immer meine Sympathie. Was ist der Weg zur heiligen Wahrheit? – Offenes Land, nichts Heiliges.
Ge- und Erdachtes wird von Dir immer auch auf die Konsequenzen in der Lebenspraxis hin geprüft, Gehirn-Turnkünste und seiltänze in dünner Luft waren Dir immer zu blutarm und Ruedi hat dann oft die Gespräche noch mit etwas Querdenkerischem gewürzt. Die endeten dann oft im Politischen.
Vor Fulda die Ankündigung von 22 Minuten Verspätung und wie üblich eine gute Begründung weshalb und die routinemäßige Entschuldigung. An Schluss dann auf schwäbisch-englisch We wisch you a plesent dschönie.
Je weiter wir nach Nord-Westen fahren durch flacher werdende, schneebedeckte Landschaften, umso mehr sehe ich Dich vor mir mit Deinen Löwinnenmähne und fühle ich mir Dir nah. Ich drücke Dich und gratuliere Dir von Herzen aus der Ferne. Auch wenn wir keine langen Wanderungen mehr miteinander machen können, wäre ein gemeinsamer Gang, ein gemeinsames Gespräch, Dich wieder zu sehen und zu hören, schön; über das zu sprechen, was uns heute bewegt, wohin wir uns orientieren und dann bei einem Glas Rotwein gemeinsam zu genießen, dass es uns noch gibt. Es gibt uns noch auf dieser wunderschönen und auch grausamen Welt. Viele gute Jahre wünsche ich Dir noch, liebe Rosmarie, mit Ruedi und Deiner Familie auf dieser Erde, die uns schon so lange als Privilegierte trägt.
Wir sind in Kassel, dem Geburtsort meines Vaters und nicht weit von meinem Geburtsort Arolsen. Mit meinen Ahnen im Rücken grüße ich Dich und Deine Ahnen herzlich. … es kehret nicht umsonst der Bogen woher er kömmt.
Dein Gunthard
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Dass ihre Kongresse klasse waren, weiß jeder, der dort war. Dass ihre Bücher wunderbare Beispiele für lebensnahe kluge Psychotherapie sind, weiß jeder, der lesen kann. Was aber das Beste war, wissen nur die, die in Meilen auf den Berg eingeladen waren: Rosmaries Gastfreundschaft.
Wenn man als Gastreferent viel bei anderen Instituten herumkommt, wird man schnell zum kollegialen Ethnologen, sofern man den Blick auf die Unterschiede in der Institutskultur lenkt: Die Inspiration der Räume – manche haben sehr günstige Sitzmöbel, andere stellen respektable Kunst aus. Die Aufmerksamkeit der Bewirtung – manche legen Wert auf die allerbesten Espressomaschinen und feine Brötchen, bei anderen fühlt man die Behaglichkeit der alten WG-Küche. Die Kultur der Gastfreundschaft manche legen Wert auf das Budget, andre auf den Komfort des Hotels; manche kümmern sich, andere lassen Dich in Ruhe.
Und es gab die Meilener Gastfreundschaft. Das war RWE persönlich. Von Ruedi am Bahnhof abgeholt, in dem wunderschönen Welterschen Haus über dem Zürichsee, das die Pracht der Enderlinschen Gärtnertradition umgibt. Und wenn man, wie ich meistens, am Abend ankommt am Holztisch in der warmen Küche der Empfang durch Rosmarie mit Znacht, Wein und munteren Gesprächen. Wie kaum jemand sonst kann Dich Rosmarie in ihrer charmanten nichtneutralen Beiläufigkeit durch Land, Politik und Leute locken. Und Du hast das belebende Gefühl, mit der Welt verbunden zu sein, während Du neben einem Schweizer Bauernhof zu abend isst und erfährst, dass die Woche zuvor Jane Goodall am selben Tisch saß und das Gespräch auch sehr unterhaltsam war. Lokal handeln und global denken, das kann sie, die Schweizer Weltbürgerin!
Und nicht nur das. Shes a character! Für mich ist sie gerade in Zeiten des legitimatorischen Gerangels um den rechtlichen, wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Status der systemischen Therapie die Verkörperung der Einsicht, daß alle Interventionen nur soviel wert sind, wie sie persönlich getragen sind. Die emotionale Rahmung des Meilener Konzepts ist das konzeptuelle Sprungbrett zur Neubewertung der Therapeutenpersönlichkeit, jenseits der Methodenfragen. Solche Charakter-Leuchttürme wie Rosmarie braucht das Feld, sonst bleibt es – eben ein Feld, flach.
Ich ziehe den Hut vor einer großen Frau. Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag!
Ulrich Clement
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Liebe Rosmarie,
es mir eine besondere Freude, mich in den Reigen aller jener einzureihen, die Dir zu Deinem 75. Geburtstag im systemagazin gratulieren. Kaum zu glauben, das
s Du schon ein 3/4 Jahrhundert
die Geschicke auf dieser Erde erlebt und über viele Jahre aus systemischer Sicht kreativ, analysescharf, wohlwollend und voller Begegnung mit Themen und Menschen kommentiert hast.
Mit dem letzteren spiele ich auf Dein Buch (mit Bruno Hildenbrand)„Systemische Therapie als Begegnung“ an, das mir immer ganz besonders lieb war (nicht allein wegen meiner
personzentrierten Herkunft und daher ohnedies gedanklichen Nähe zu dieser Perspektive). Ich erinnere mich aber auch noch an Zeiten, wo wir uns bei Redaktionskonferenzen für„System Familie“ in Heidelberg begegnet sind und auch am Rande viele Gedanken ausgetauscht haben. Auch wenn wir leider in letzter Zeit weniger Gelegenheit für Gespräche hatten, hoffe ich doch, dass
ich von Dir demnächst mal wieder was lesen kann – und du noch viele Jahre die systemische und psychotherapeutische Entwicklung mit trägst und begleitest.
Mit vielen guten Wünschen
Dein Jürgen Kriz
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Liebe Rosmarie,
in Lindau war es, Mitte der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als ich an einem Deiner Seminare zur Familientherapie teilnahm und mir klar wurde, dass die dort von Dir angebotene Sichtweise für die von mir behandelten psychiatrischen Patienten eine ideale Ergänzung bot, um die Sicht auf sie und ihre Geschichte und ihre Verbundenheit mit anderen zu vervollständigen. Neben den überraschenden Wendungen der systemischen Sichtweisen gefiel mir die emotionale Sicherheit, welche Du den Paaren und Familien vermitteltest, die sie ermutigte, sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen.
Diese Begegnung mit Dir bedeutete also für mich eine Initialzündung, sodass ich mich noch im gleichen Jahr zu einer systemischen Weiterbildung entschloss. Ich habe als Therapeutin und Beraterin sowie als Lehrtherapeutin und Lehrsupervisorin eine systemische Identität gefunden, die in alle meine Praxisfelder eingegangen ist. Oft habe ich mich an systemischen Konzepten orientiert, die ich in Deinen Büchern oder Vorträgen fand.
Besonders hat mir immer imponiert, wie Du mit großer innerer Sicherheit vertreten hast, dass die affektive Rahmung eines Veränderungsprozesses notwendig ist, um auch Menschen auf diesen Weg einzuladen, denen ein Veränderungsprozess sonst eher schwer fallen würde. Du hast damit frühzeitig die Präsenz der emotionalen Kompetenzen der Therapeuten und Berater in der systemischen Therapie eingefordert, in einem Spiel, das bis dahin eher strategisch-intellektuell eingeführt war. Da Du zu den ersten weiblichen prominenten Lehrenden der systemischen Therapie und Beratung im deutschsprachigen Raum gehörtest, wurde dieses beharrliche Hinweisen auf die Notwendigkeit von affektiver Rahmung mit typisch weiblicher Kompetenz verwechselt, vielleicht manchmal auch mit der Tendenz eines milden männlichen Lächelns auf den Lippen. Ich bin Dir dankbar, dass Du Dich nicht hast beirren lassen. Die Entwicklung systemischen Denkens und systemischer Theoriebildung hast Du damit ungemein gefördert und bereichert.
Einige Jahre lang haben wir als Kolleginnen guten Kontakt pflegen können, als Du Gastdozentin am NIS Hannover warst oder als Vortragende bei der Psychotherapiewoche Langeoog. Ich erinnere mich an Strandspaziergänge mit anregenden Gesprächen und gemeinsame Abendessen mit regem Austausch.
Diese Kontakte habe ich sehr geschätzt und die Ideen und Anregungen sind mir bis heute wertvoll. Vielen Dank!
Zu Deinem Geburtstag wünsche ich Dir, auch im Namen des Vorstandes der Systemischen Gesellschaft, alles Gute, eine gute Gesundheit und jede Menge aktive Gestaltungsmöglichkeiten nach Deinen persönlichen Lebensvorstellungen.
Herzlich,
Deine Cornelia Oestereich, Vorsitzende der SG