Heute vor 30 Jahren starb Ronald D. Laing im Alter von 61 Jahren beim Tennisspielen in St. Tropez in Südfrankreich. Er gehörte zur Antipsychiatrischen Bewegung der 60er Jahre und war in seiner Arbeit als Psychiater maßgeblich von der phänomenologischen Philosophie (insbesondere von Jean Paul Sarte, aber auch von Martin Buber Ludwig Binswanger u.a.) beeinflusst. In seiner „Phänomenologie der Erfahrung“ bezog er eine klare Position gegen eine szientistische Psychiatrie, die Verrücktheit einem biologistischen und naturwissenschaftlichen, verobjektivierenden Behandlungs-Paradigma unterwarf. Dagegen setzte er den Beziehungsaspekt einer personalen Begegnung mit Schizophrenen. In dem berühmten Sammelband „Schizophrenie und Familie“, der wichtige Artikel zur Familiendynamik psychiatrischer Phänomene von Gregory Bateson, Don D. Jackson, Lyman Wynnne, Jay Haley, Murray Bowen und anderen enthielt, erschien auch ein Artikel von Laing über „Mystifikation, Konfusion und Konflikt“ über die verwirrenden Kommunikationsstrukturen in Familien mit einem schizophrenen Indexpatienten. Die konsequente Interaktionsperspektive entfaltete Laing auch in seinen Arbeiten über „Das geteilte Selbst“, „Sanity, Madness and the Family“, „Das Selbst und die Anderen“ u.a.
Gemeinsam mit David Cooper („Der Tod der Familie“) gilt er als Begründer der englischen Anti-Psychiatrie-Bewegung, die zunächst die Familie in erster Linie als einen pathogenen Kontext betrachtete, in dem die gesellschaftliche Unterdrückung von Andersartigkeit zum Ausdruck kam. Dabei bewegte sich Laing selbst zunehmend in einem Spannungsfeld von nachvollziehbarer Wissenschaftskritik und eigenen starken mystizistischen und auch okkultistischen Tendenzen, die durch seinen spirituellen Drogenkonsum (LSD) zunehmend stärker wurden.
„Man kann die offizielle Psychiatrie in ihrem Verhalten zu den gemütsgestörten Menschen als streng paternalistisch und autoritär bezeichnen;die Anti-Psychiatrie bevorzugt die antiautoritäre und maternalistische Linie, und das ist gewiß eine Art Vorzug. Aber auch diese „weiche Haltung” hat in der Seelenheilkunde ihre Tücken und Gefahren. Sie neigt dazu, die Kranken lediglich als „Opfer der Verhältnisse” zu sehen, Familie und Umwelt anzuklagen, und die Patienten selbst zu exkulpieren. Gelegentlich sogar unternehmen es die Anti-Psychiater, die Wahnkranken zu idealisieren und zu glorifizieren; nach den Thesen von Laing und David Cooper sind die Schizophrenen die wahrhaft authentischen Menschen, indes die Normalen und Angepaßten ihre Authentizität für immer verloren haben“ (Roths Psychoblog).
Auch wenn Laing sich biografisch zunehmend von seinen theoretischen und praktischen Ursprüngen entfernte, hat er doch einen Platz in der Entwicklung eines kontext- und systemorientierten Verständnisses psychischer Konflikte und Probleme.
In einem langen und kritischen Text zu Ronald D. Laing auf Roths Psychoblog kann man sich ausführlich über sein Leben und Werk informieren.