Beim Kirschenklauen erwischt, oder: Wer nicht krank ist, braucht auch keine Therapie“. So betitelt Lothar Eder seinen klugen„weiteren Beitrag zur ‚Lehrbuchdebatte'“ für die Systemische Bibliothek, die an dieser Stelle bereits intensiv geführt worden ist. er kritisiert dabei sowohl die Kritiker des Lehrbuches als auch die Autoren und bringt eine interessante Wendung in die Debatte, nämlich eine Rückbindung sprachlicher Konstruktionen an ihre körperbezogenen Wurzeln. Aus dieser, metapherntheoretisch unterfütterten Argumentation, verliert der Krankheitsbegriff für ihn die Anrüchigkeit:„Angestoßen durch den Beitrag von Jürgen Hargens im systemagazin (v. 29.1.2008) als Reaktion auf Jochen Schweitzers und Arist von Schlippes ‚Erwiderung an ihre Kritiker‘ ebenfalls vom Januar 2008, möchte ich im Rahmen der sogenannten ‚Lehrbuchdebatte‘ erneut versuchen, einige Überlegungen beizusteuern. Dabei erscheinen mir sowohl die Position von Schweitzer / v. Schlippe als auch die vielleicht prototypisch für ‚die Kritiker‘ stehenden Anmerkungen von Hargens diskussionswürdig. Die beiden Autoren des Lehrbuchs I und II scheinen sich, so lassen sich einige Passagen ihrer Erwiderung deuten, ihrer Sache mit dem Krankheitsbegriff nicht so ganz sicher zu sein. Möglicherweise ist die Reaktion auch vor dem Hintergrund eines nicht erwarteten und doch recht scharfen Gegenwindes eines größeren Teils der systemischen Szene zu verstehen. Jedenfalls stellen Arist v. Schlippe und Jochen Schweitzer in ihrem Beitrag heraus, sie hielten ja selbst auch nichts vom üblichen Krankheitskonzept, aber man müsse eben in den sauren Apfel beißen, wenn man mit von der Partie sei wolle. Das klingt ein wenig nach einem Geständnis, wenn man beim vermeintlichen Kirschenklauen erwischt worden ist, sein Handeln aber damit verteidigt, man habe es nur im Dienst der Gemeinschaft getan. Man ist dann gewissermaßen ein guter Kirschendieb (d.h. ein ‚guter, weil systemisch reflektierender Verwender des Krankheitsbegriffs‘) im Gegensatz zu denen, die das ohne Gewissensbisse tun (also ‚die‘ ‚Vertreter‘ des ‚traditionellen‘ Gesundheitssystems)“
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Rehabilitierung des Krankheitsbegriffs?
13. Mai 2008 | Keine Kommentare