Es lohnt sich immer wieder, sich dem Thema Fremdheit und Überwindung kultureller Grenzen über Falldarstellungen und Fallanalysen zu nähern. Lorenz Lunin hat 2000 als Mitarbeiter des Schulärztlich-Schulpsychologischen Dienstes der Stadt Zürich den Fall einer„Systemischen Beratung in einem fundamentalistischen Kontext“ in„System Familie“ vorgestellt, der jetzt in der Systemischen Bibliothek zu lesen ist. Im Abstracts heißt es:„Im beschriebenen Fall verdichten sich mehrere beraterisch bedeutsame Themenbereiche: die (Re-) Migration einer bikulturellen Familie, religiös motivierte Kindesmisshandlung und Fragen um Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von kulturell, religiös und weltanschaulich heterogenen und widersprüchlichen Anforderungen. Durch die Migration und durch unterschiedliche Bewältigungsversuche ihrer Eltern entstehen für die älteste Tochter, die beim schulpsychologischen Dienst wegen Schwermütigkeit und Lernschwierigkeiten angemeldet wird, Loyalitätskonflikte innerfamiliärer, kultureller und religiöser Art, die ihre Identitätsentwicklung gefährden. Sie, die vom Vater misshandelt wird, fühlt sich ihm gleichzeitig nahe und sorgt sich wegen seiner zunehmenden Isolation um ihn. Vom Berater wird deshalb die Mitarbeit des vom Umfeld dämonisierten Vaters aktiv angestrebt und gleichzeitig versucht, der Mutter ein Gegenüber zu sein, ohne mit ihr in eine Koalition gegen den Vater einzutreten. Dabei können keine raschen oder spektakulären Lösungen angestrebt werden. Vielmehr werden mit den Familienmitgliedern Handlungsspielräume innerhalb der bestehenden Lebenswelt ausgelotet und es wird im Spannungsfeld zwischen Freiwilligkeit und Kontrolle versucht, Veränderungen im Dialog und nicht durch strafrechtliche Maßnahmen zu erzielen.
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(Re)-Migration und familiäre Krise
24. Februar 2009 | Keine Kommentare