1993 hat der Soziologe Andreas Metzner seine Dissertation über„Natur und Gesellschaft in der Soziologie Luhmanns“ verfasst, die im Westdeutschen Verlag erschienen ist und nun auch online gelesen werden kann. Hauptanliegen dieser Arbeit ist die„Erkundung von Möglichkeiten sozio-ökologischer Theoriebildung – mittels einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der Systemtheorie Luhmanns (
). Wir erschließen also unser Thema und Luhmanns Systemtheorie, indem wir verfolgen, wie Luhmann das Verhältnis von ökologischer Umwelt und Gesellschaft erschließt, wie er also systemtheoretische Konstrukte naturwissenschaftlicher Provenienz sozialtheoretisch aufarbeitet, in eine systemtheoretische Soziologie integriert und auf die modeme Gesellschaft und die evolutionäre Entwicklung zu ihr anwendet. Ist klar, wie die ökologische Dimension der so modellierten Gesellschaft gefaßt wird, kann die Problematisierungsperspektive der ökologischen Krise, wie sie durch die theoretisch nach dem System/Umwelt-Modell gefaßten Verhältnisse zwischen sozialen Systemen untereinander und durch die Verhältnisse der Gesellschaft zu ihren externen Umwelten – also zu Menschen und der naturalen Umwelt – strukturiert wird, klar erfaßt und aufbereitet werden“ Dass eine kritische Position zur Luhmannschen Theorie nicht einfach einzunehmen und durchzuhalten ist, macht der Autor in seinen einleitenden Bemerkungen deutlich:„Solche Hindernisse für die Kritik sind meiner Ansicht nach unter anderem darauf zurückzuführen, daß Schwierigkeiten bestehen, Luhmanns Theorie überhaupt richtig zu fassen zu bekommen. Der Verlauf von Rezeption und Auseinandersetzung mit der Soziologie Niklas Luhmanns ist vor einiger Zeit von Clemens Knobloch recht treffend, wie ich empfinde, mit der Fabel vom Hasen und dem Igel verglichen worden: Die Kritik mag Position beziehen, wo sie will, der Systemtheoretiker ist stets zur Stelle und weiß sie durch Dekomposition und Rekombinierung systemtheoretisch zu wenden. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Luhmannschen Systemtheorie, die dieses Schicksal nicht teilen will, kann nicht umhin, sich dieser scheinbar paradoxen Situation anzunehmen. Um dies zu tun, ist es ratsam, selbst eine gewisse Verschlagenheit zu entwickeln. Eine solche List könnte darin bestehen, die Konzeptionen von Selbstreferentialität und System/Umwelt-Differenz auf die Luhmannsche Soziologie selbst anzuwenden, und tatsächlich wird so der Blick auf ein grundlegendes Konstruktionsmerkmal frei. Das Luhmannsche Theoriegebäude ist so konstruiert, daß jeder, der es erblickt, vor die Wahl gestellt wird, entweder schleunigst das Weite zu suchen, allerdings um den Preis, den Mythos der Unbezwingbarkeit dieses Bauwerkes weiter zu tragen, oder in eine Auseinandersetzung damit einzusteigen, um ebenfalls nicht besser zu enden. Denn nun steht man sofort vor dem Problem, sich entweder ins Innere zu wagen, dort sowohl den Überblick als auch den Blick nach draußen zu verlieren, und, indem man die Ausstattung dieses Saales oder jener Galerie moniert, unfreiwillig zum Ausbau desselben beizutragen. Im anderen Fall wandert man um die Anlage herum, begutachtet die eindrucksvolle Fassade, die durch die spärlichen Fenster nur wenige Einblicke zuläßt, bewundert diesen Flügel oder manch einen Erker und möchte ihn am liebsten gleich dem eigenen Schlößchen anbauen. Anders ausgedrückt: Der System/Umwelt-Kontakt ist innerhalb des Luhmannschen Theorie-Systems so organisiert, daß eine Auseinandersetzung damit entweder im Immanenten hängenbleibt oder vom Autor als rein äußerlich abgetan werden kann. Die Kritik läuft in einer Art Irrgarten umher und stößt sich an dieser oder jener Aussage, während der Autor in ersprießlicher Süffisance seine Kommentare dazu abgibt:„Man wird also immer sagen können, ich hätte in den falschen Apfel gebissen – nicht vom Baume der Erkenntnis“
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Probleme Sozio-ökologischer Systemtheorie
7. August 2008 | Keine Kommentare