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Paul Watzlawick ist gestorben

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Paul Watzlawick ist am 31. März 2007 in Palo Alto, Kalifornien, nach einer schweren und langwierigen Krankheit im Alter von 85 Jahren gestorben. Nach einem Studium der Philosophie und moderner Sprachen an der Universität Venedig machte er von 1950 bis 1954 eine psychotherapeutische Ausbildung am C.G.Jung-Institut in Zürich. Von 1957 bis 1960 nahm er eine Professur für Psychotherapie in El Salvador. Ab 1960 war er Mitglied des Mental Research Instituts (MRI) in Palo Alto, von wo aus er durch viele Veröffentlichungen und zahllose Vorträge weltweit wirkte. Andrea Brandl-Nebehay formuliert im„personenlexikon psychotherapie“:„Watzlawicks Verdienst besteht vor allem darin, die sprühenden Ideen der Forschergruppe in Palo Alto (Gregory Bateson, Don Jackson, John Weakland, Jay Haley u.a.) formuliert, mit Beispielen aus der Literatur und Fallbeispielen versehen und so einem weiten Publikum verständlich gemacht zu haben“ (497). Diese Stärke offenbart sich nach wie vor in den enormen Verkaufszahlen seiner Bücher. Seine„Anleitung zum Unglücklichsein“ ist in der deutschen Fassung bereit in 23 Auflagen erschienen und gehört gegenwärtig zu den meistverkauften Büchern überhaupt. Im systemagazin sind ausführliche Besprechungen seines Klassikers„Menschliche Kommunikation“ (von Hildegard Katschnig und Kurt Ludewig) zu finden.
Wendel A. Ray, Professor für Family Systems Theory an der Universität Louisiana und Senior Research Fellow am MRI hat einen von der Familie Paul Watzlawicks autorisierten Nachruf verfasst, der dankenswerterweise von Monika Broecker ins Deutsche übersetzt wurde:


Paul Watzlawick, ein Pionier der Familientherapie, Systemtheorie und konstruktivistischen Philosophie starb am Samstag, den 31. März 2007 in seinem Haus in Palo Alto. Er war 85 Jahre alt. Er starb an Herzversagen, berichtete ein Sprecher am Medizinischen Zentrum der Stanford Universität.
Ende 2006 gab Paul Watzlawick nach 46 Jahren hauptsächlich wegen altersbedingter Krankheit sein Büro am Mental Research Institute (MRI) auf und setzte sich zur Ruhe. Auf Wunsch von Dr. Watzlawick wird sein Körper der Wissenschaft zu Verfügung gestellt. Es wird keine Trauerfeier geben.
Dr. Watzlawick hat viele einflussreiche und auf der ganzen Welt gelesene Beiträge zu Systemtheorie und Familientherapie geleistet. Der Autor von 22 Büchern, die in mehr als 80 Sprachen übersetzt wurden, darunter:„Menschliche Kommunikation“,„Lösungen“,„Die erfundene Wirklichkeit“ und„Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ war international bekannt für seine Beiträge zu Kommunikationstheorie und Praxis der Kurzzeittherapie sowie der auf menschliche Interaktion angewandten Kybernetik und konstruktivistischen Theorie.
Dr. Watzlawick promovierte 1949 an der Universität von Venedig (Cà Foscari) in Philosophie und Modernen Sprachen. Weiterbildung am C.G. Jung Institut in Wien. Seit November 1960 war er Mitglied am Mental Research Institute (MRI). Zur Zeit seines Todes war er Senior Research Fellow am Mental Research Institute (MRI), Gründungsmitglied des Teams am MRI Kurzzeittherapiezentrum und Professor Emeritus an der Medizinischen Fakultät in den Abteilungen Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften der Stanford Universität.
Dr. Watzlawick gehört zu den bekanntesten Vertretern auf den Gebieten Kommunikation und konstruktivistische Theorie, Familientherapie und Kurzzeittherapie. Er war Träger vieler Preise und Ehrungen darunter die folgenden: Prix Psych 19719 Paris; Distinguished Achievement Award, American Family Therapy Association, 1981; Outstanding Teacher Award, Psychiatric Residency Class 1981, Stanford Univ. Med. Center; the Paracelsus Ring 1987, City of Villach (Austria); Lifetime Achievement Award, Milton H. Erickson Foundation, 1988; Distinguished Professor for Contributions to Family Therapy Award, American Association of Marriage & Family Therapy, 1982; Medal for Meritorious Service,
City of Vienna, 1990; Doctor honoris causa, University of Liege (Belgium), 1992; Doctor honoris causa University of Bordeaux III, 1992; Fonorary Medal, Province of Carinthia (Austria), 1993; Author’s Award (Nonfiction), Donauland Book Association, Vienna, 1993.
Dr. Watzlawick war ein außerordentlich bescheidener, freundlicher und großzügiger Mensch, der von tausenden von Therapeuten und Philosophen auf der ganzen Welt, deren Mentor er war, sehr vermisst werden wird. Er hinterlässt seine Frau Vera, seine Stieftöchter Yvonne und Joanne, seine Schwester Maria Wünsch und seinen Neffen Harald Wünsch in Villach Österreich sowie mehrere Nichten.
Dr. Wendel A. Ray
Professor für Familien-System-Theorie, Universität Louisiana, Monroe, und Senior Research Fellow Mental Research Institute (MRI)

Aus dem Amerikanischen von Monika S. Broecker

Werke (Auswahl)

• zus. mit Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Huber, Bern 1969, ISBN 3456834578
• zus. mit John H. Weakland, Richard Fisch: Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Huber, Bern 1974, ISBN 3-456-80038-X
• Wie wirklich ist die Wirklichkeit. Wahn, Täuschung, Verstehen. Piper, München 1976, ISBN 3-492-02182-4
• Die Möglichkeit des Andersseins. Zur Technik der therapeutschen Kommunikation. Bern, Huber 1977, ISBN 3-456-80433-4 (Neuaufl. 2002, ISBN : 978-3-456-83895-3)
• Gebrauchsanweisung für Amerika. Ein respektloses Reisebrevier. Piper, München 1978, ISBN 3-492-02401-7
• Hrsg.: Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?. Piper, München 1981, ISBN 3-492-02581-1
• Anleitung zum Unglücklichsein. Piper, München 1983 ISBN 3-492-02835-7
• Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen. Piper, München 1986, ISBN 3-492-03085-8
• Münchhausens Zopf oder Psychotherapie und„Wirklichkeit“. Huber, Bern 1988, ISBN 3-456-81708-8
• Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns. Picus, Wien 1992, ISBN 3-85452-315-7
• Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen. Über das Glück und die Konstruktion der Wirklichkeit. Piper, München ; Zürich 2006. ISBN 3-492-04942-7

Ein Kommentar

  1. Ich durfte Paul Watzlawick in den 90er Jahren mehrfach bei den von mir organisierten Voträgen und Workshops im Süddeutschen Raum (Karlsruhe/Freiburg/München) begleiten und moderieren – was immer mit viel Freude und Humor verbunden war. Im Bereich systemisch-lösungorientierter Kurzzeittherapie war er mir ein humorvoller und guter Lehrer!

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