Zum heutigen Sonntag gibt es den zweiten Text der Serie von literarischen Texten von Rudolf Welter (siehe hier) im systemagazin-Salon:
Rudolf Welter: Liebesdienerin
Jetzt pack ich mal aus: Ab der Strasse ging’s gleich ins Auto des Freiers und dann in eine der Sexboxen, die für uns am Rande eines Außenquartiers aufgebaut wurden. Dieser Ablauf wiederholte sich tagtäglich. Und das im Winter, wenn es schneite und im Sommer, wenn es heiß war und ich dann wenigstens von meiner leichten Bekleidung, mit Ausnahme der hohen Stiefel, profitieren konnte.
Gegen den Aufbau der Boxen gab es vorerst Widerstand von Anwohnern und des Gewerbes – aus Angst vor Lärm oder dem Wegbleiben von Kunden in Quartierläden. Ein Gericht hatte einen Rekurs abgewiesen, es schrieb dann aber noch einige bauliche Auflagen vor. Freier durften das Auto in den Boxen nicht verlassen, außer sie mussten auch einmal.
Einsteigen musste ich in dieses von der Gesellschaft geächteten Geschäftes, weil ich an der Uni studieren wollte und mich meine Eltern finanziell nicht unterstützen konnten. Als Kellnerin oder Sekretärin hätte ich mein Studium und meinen Lebensunterhalt nicht bezahlen können, obwohl ich recht bescheiden lebte. Meine Eltern wussten nichts von dieser Tätigkeit, ich sagte ihnen, in meiner Freizeit häufig an der Uni zu sein um zu studieren. Weiterlesen →