Heute würde Tom Andersen (Foto: psicoterapiaintegrativa.com) seinen 80. Geburtstag feiern. 2007 ist er wenige Tage nach seinem 71. Geburtstag auf einem Spaziergang nahe bei seiner Hütte am Meer tödlich verunglückt. In systemischen Feld ist sein Name auf immer mit der Entwicklung des „Reflecting Team“ verbunden. Es kann aber nicht oft genug betont werden, dass sich das reflektierende Team nicht in einer Methode erschöpft, sondern Ausdruck einer ganz besonderen ethischen Haltung Klienten gegenüber ist. Mit der Idee des reflecting Team hat Andersen das klassische familientherapeutisches Setting, bei dem die Familie und der Therapeut durch eine Einwegscheibe beobachtet wurden (und die Familie oft mit einem autoritativ vorgetragenen Abschlusskommentar aus dem Beobachtungsraum entlassen wurde), aus der Asymmetrie herausgeholt und Therapeuten ebenso wie die Mitglieder des Klientensystems zu gleichberechtigten Beobachtern des therapeutischen Geschehens gemacht. Das Reflecting Team ist aber nicht nur eine wirkungsvolle Vorgehensweise in Therapie und Beratung, sondern kann auch in anderen klinischen und nicht-klinischen Kontexten gewinnbringend eingesetzt werden. David A. Paré von der Universität von Calgary hat 1999 im Canadian Journal of Counseling einen Text veröffentlicht, in dem es um den Einsatz des reflektierenden Teams in klinischen Trainingssituationen geht. In seinem abstract heißt es: „The reflecting team offers a useful process for giving counsellors in training the opportunity to try out the ideas and practices they are learning, as well as providing potentially therapeutic input to clients. This paper recounts a brief history of the reflecting team’s development, followed by an examination of the social constructionist underpinnings of reflecting team work. The author suggests a range of guidelines for using reflecting teams in clinical training, followed by a clinical illustration of the process in action.“ Der vollständige Text ist hier zu lesen…
2. Mai 2016
von Tom Levold
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Erika Gollor, erfahrene Lehrerin an einer Montessori-Grundschule, und NLP-Practitioner mit einer Ausbildung in Systemischer Pädagogik, hat 2015 im Carl-Auer-Verlag ein Buch über Systemische Pädagogik in der Grundschule mit dem Titel „Hier fühle ich mich wohl“ veröffentlicht. Susanne Steinebrunner aus Köln hat es gelesen und empfiehlt es als „ein Buch aus der Praxis für die Praxis!“. Aber lesen Sie selbst…
Im systemischen Feld gehört Klaus Deissler (Foto: deissler.org) seit langem zu den Vertretern des sozialkonstruktionistischen Ansatzes, über den er auch schon viel veröffentlicht hat. In seinem Text „Wandel durch Dialogische Zusammenarbeit“ aus dem Jahre 2016 resümiert er noch einmal die wichtigsten Aspekte einer dialogisch orientierten, sozialkonstruktionistischen Therapie, die sich weniger an den „großen Erzählungen“ der Psychopathologie, Psychoanalyse oder Systemtheorie orientiert, sondern – Francois Lyotard folgend, eher an den „«kleinen Erzählungen» (…), die innerhalb lokalgebundener Gespräche (Diskurse) stattfinden und die der Bewältigung von Alltagsproblemen und der Erschaffung neuer Bedeutungen und Handlungsmöglichkeiten dienen. Den kleinen Erzählungen bringt Lyotard eine hohe Wertschätzung entgegen: sie überflügeln in der Gesamtheit ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit die Bedeutung einzelner monolithischer Theorien oder Kosmologien. Es liegt nahe, therapeutische und beraterische Formen der Zusammenarbeit eher in dem Bereich zu lokalisieren, den Lyotard die kleinen Erzählungen nennt.“

Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe der Familiendynamik ist „Angst“, wie schon einmal bei einem Themenheft von 2008. Die Herausgeber dieses Heftes, Christina Hunger und Arist v. Schlippe, schreiben hierzu in ihrem Editorial: „Angststörungen [werden] neben affektiven und somatoformen Störungen zu den drei häufigsten »Volkskrankheiten« gezählt. Und die Zahlen, so die Krankenkassen, steigen weiter. Dies könnte dazu verleiten anzunehmen, dass noch keine Generation so sehr von seelischen Erkrankungen bedroht gewesen sei wie unsere. Jedoch gilt es zu berücksichtigen, dass unsere Statistiken psychischer und psychiatrischer Leiden auf von Ärzten diagnostizierten Störungen beruhen. Und die Ärzte haben gerade in den vergangenen Jahren »Bezeichnungen« für psychische und psychiatrische Störungen häufiger gewählt. Das bedeutet aber nicht, dass Angststörungen nicht auch schon früher häufig vorgekommen sind. Epidemiologische Studien zeigen jedenfalls, dass in den westlichen Staaten psychische Störungen seit der Mitte des letzten Jahrhunderts nicht zugenommen haben. In diesem Zusammenhang wollen wir gleich auf einen kritischen Beitrag von Allen Frances (Coronado, USA) in den Seiten-Blicken verweisen. Er hat an verschiedenen Formen des DSM (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) mitgearbeitet und hinterfragt nun die fünfte Version massiv, weil sie in der Gefahr stehe, immer neue »Krankheiten« und damit eben auch viele neue »Kranke« zu produzieren. Daher ließe sich nun mit Recht fragen: Wozu erneut eine Ausgabe der Familiendynamik zum Thema »Ängste«? Dieses Heft wird zeigen, dass auch wenn die Anzahl der diagnostizierten Angststörungen konstant bleibt, sich dennoch der Blick auf diese verändert hat. Dieser veränderte Blick ermöglicht wiederum neue (systemische) Behandlungsformen. Zugleich möchte das Heft folgendem Umstand Rechnung tragen: Neben der kassenfinanzierten Versorgung von Angststörungen im Rahmen (kognitiv-)verhaltenstherapeutischer, tiefenpsychologisch-fundierter und psychoanalytischer Ansätze ist die systemische Therapie bekanntlich gut etabliert. Sollte sie durch das »Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen« (IQWiG) in den nächsten Jahren positiv bewertet und in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden, stünde diese allen gesetzlich Versicherten als ein weiteres Psychotherapieverfahren zur Verfügung. Insofern ergibt eine – wenn auch stets kritisch zu reflektierende – Störungsorientierung der systemischen Therapie Sinn.“