Heute gibt es einen Gastbeitrag von Christian Michelsen aus Bremen, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie/Sozialmedizin, den als Pamphlet gelesen haben möchte. Er reflektiert hier seine jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem psychiatrischen Versorgungssystem, dem Umgang mit Diagnosen und den kommunikativen Borniertheiten innerhalb dieses Systems.
Christian Michelsen, Bremen – Diagnose: Psychiater – Oder wie man solche behandeln kann. Gebrauchsanweisung für Patienten
Bekenntnis
Dieser Artikel, dieses Pamphlet entspringt zwei wesentlichen Motiven.
Meinem Bedürfnis, mehrere Jahrzehnte eigener psychiatrischer Tätigkeit infrage zu stellen, meinem Bekenntnis, den in meiner Berufsgruppe gängigen Irrtümern aufgesessen zu sein und meinem Wunsch, ehemaligen Patienten und deren Angehörigen für nutzlose oder gar schädliche Handlungen und Behandlungen Abbitte zu leisten.
Und es dient meinem missionarischen Eifer, den ich zum Nutzen derjenigen unzufriedenen psychiatrischen Patienten einsetzen will, die auf neue Wege oder auf Abwege geraten wollen, fort von bisher erfolglosen Lösungsversuchen. Ebenso soll es denjenigen Angehörigen, Freunden, Verwandten, Arbeitgebern und Kollegen betroffener Psychiatrie-Patienten abwegige Anregungen liefern, welche zunehmend Zweifel hegen an den bisher unternommenen Bemühungen psychiatrischer – und jugendpsychiatrischer – Experten; oder solcher, die sich „Experten“ nennen, um damit auszudrücken, sie wüssten es besser als ihre Patienten.
Zweifel
Ich möchte aber auch diejenigen Psychiatrie-Patienten ansprechen, die sich Bestätigung wünschen, wenn Sie einen gewissen Zweifel gegenüber Ihrer Entscheidung hegen, diesen Psychiater oder jene psychiatrische Psychotherapeutin aufgesucht zu haben, insgesamt mit ihrer oder seiner Arbeit zufrieden sind, sich aber Ideen aneignen möchten, wie sie der Therapeutin oder dem Psychiater auf die Sprünge helfen können, selbstverständlich immer zum Zwecke einer möglichst effektiven und befriedigenden Lösung. Hier gebrauche ich das Wort Lösung in beiderlei Sinn des Wortes; sowohl eine Lösung als Beendigung einer hilfreichen therapeutischen Zusammenarbeit, Loslösung vom Helfer, Psychiater, Therapeuten, als auch eine damit einhergehende Lösung ihres Problems. Oder wenigstens mit einer Annäherung an dessen Lösung. (Die meisten Probleme des Lebens lösen wir ja ohnehin alleine; ohne Psychiater.)
Ich glaube, dass Zweifel, Skepsis und vages Unbehagen sehr nützliche Ratgeber vor Entscheidungen sein können. Sie dürfen nur nicht übermäßig lange Zeit gepflegt werden oder Kraft zehrende Zerreißproben bleiben, sonst führen Sie zu chronischem Zwiespalt. Weiterlesen →

In der Reihe „Störungen systemisch behandeln“ hat Alexander Korittko im vergangenen Jahr ein Buch über „Posttraumatische Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen“ veröffentlicht. Korittko, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie DGSF, verfügt über eine über 35-jährige Erfahrung als Mitarbeiter einer Jugend-, Familien- und Erziehungsberatungsstelle in Hannover. Mit der Psychotraumatologie beschäftigt er sich schon lange. Sein aktuelles Buch hat Ilke Crone gelesen und empfiehlt die Lektüre: „Wer mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen therapeutisch arbeitet, wird durch dieses Buch sicherlich angeregt, inspiriert und ermutigt! Korittko gelingt in einer sympathisch anschaulichen Sprache eine umfassende Beschreibung der Belastungsstörung – dies und die vielen Beispiele aus der Praxis machen das Lesen zu einem Vergnügen – trotz der Schwere des Themas!“
Die Systemische Gesellschaft (SG) vergibt auch 2018 wieder gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF) einen Forschungspreis an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Arbeiten, die sich durch praxisrelevante systemische Forschungsansätze auszeichnen. Mit ihrem wissenschaftlichen Forschungspreis verfolgen die systemischen Verbände das Ziel, den
rvision, Mediation, Coaching oder Organisationsberatung, aber auch weitere systemisch relevante Themenstellungen bearbeiten.
Heute wäre Heinz Kersting 80 Jahre alt geworden. Am 4.12.2005 ist er – noch nicht 70jährig – gestorben. Ich habe ihn als guten Freund und wunderbaren Kollegen in der Erinnerung, mit dem die Arbeit im Supervisionsausschuss der SG und die Planung gemeinsamer Tagungen und Projekte ein großes Vergnügen war, nicht zuletzt, weil die Genuss-Seite nie zu kurz kam. Ulrike von der Mosel, die am von ihm mitbegründetem Institut für Beratung und Supervision Aachen (ibs) ihre Supervisionsausbildung gemacht hat, hat 2005 einen schönen Text für die DGSF-Website als Nachruf verfasst, der auch zum heutigen Gedenken gut geeignet ist – und den systemagazin mit herzlichem Dank an die Autorin hier noch einmal veröffentlicht.



