systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

29. Mai 2006
von Tom Levold
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Lieber Herr Schäuble,

Dass – wie Spiegel online gestern berichtete – die Besitzer von 300.000 verkauften VIP-Karten für die Fußball-WM 2006 angeblich aufgrund einer„Organisationspanne“ nicht registriert worden sind, ist natürlich ärgerlich.
Dass Sie aber dennoch darauf bestehen, dass alle Karten-Inhaber bei Ihnen mit Name, Adresse und Personalausweisnummer erfasst sein müssen, kann nur skandalös genannt werden. So geht man nicht mit besonders wichtigen Personen um.
systemagazin fordert daher Ihr umgehendes Abrücken von dieser Vorgehensweise, zumindest aber die sofortige diplomatische Anerkennung der VIP-Karten von drei bekannten Persönlichkeiten, die ansonsten die Spiele nicht verfolgen könnten:

  • Karl-Heinz Schreiber (Personalausweis verschenkt)
  • Otto Schily (braucht keinen Personalausweis)
  • Mahmud Ahmadinedschad (hat noch keinen Personalausweis)

Übrigens: Ist Ihr Personalausweis noch gültig?

Herzliche Grüße

Ihr systemagazin

(hier zur Antwort von Wolfgang Schäuble in der TAZ)

29. Mai 2006
von Tom Levold
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Hymne eines Reisenden an seinen Koffer

Ein bisschen heruntergekommen
von all den Abschieden
kennt er doch keine Bitterkeit
Nach wie vor bestaunt er die Ähnlichkeit
der Ähnlichkeit der Orte
und auch das Gepäck verändert sich nicht
wesentlich
so bleibt er
diskreter Zeuge all der Wiederholungen
nur manchmal
vielleicht
erinnert er sich
zwischen irgendwann und irgendwo
an die schlaflose Nacht
vor der ersten Reise

(Mario Wirz, aus: Sieben Leben hat die Woche, Aufbau Taschenbuch Verlag Berlin 2003)

28. Mai 2006
von Tom Levold
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Paarprobleme?

Unter der Rubrik„kurz vorgestellt“ schreibt Wolfgang Loth über das Buch„Zu einem Paar gehören mehr als zwei… oder: So’n paar Probleme“ von Jürgen Hargens:„In lockerer Form entwickelt er seine Gedanken, spinnt die Leser in unmittelbarer Ansprache mit ein, und am Ende konstatiert er selbst, dass das durchaus wie eine Art Predigt anmuten könne. Aber das wäre sicher daneben, ein Prediger ist er nicht, will keinen überzeugen, sondern eher verlocken“ zur Rezension…

27. Mai 2006
von Tom Levold
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Liebesaffären zwischen Problem und Lösung

Längst überfällig, werden die aktuellen Bücher von Gunther Schmidt im systemagazin besprochen,„Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung“ und„Liebesaffären zwischen Problem und Lösung“. Tom Levold zum letzteren Buch:„Wer Gunther Schmidt noch nicht persönlich erlebt hat, sollte sich mit Neugier auf diesen Band stürzen – er wird feststellen, dass die Lektüre nicht nur die eigene therapeutische Arbeit befruchten, sondern auch ihm selbst gut tun wird. Wer ihn schon kennt, wird in diesem Buch all das wiederfinden, was Schmidts emotionale, intellektuelle und körperliche Präsenz ausmacht, und immer wieder darauf zurückgreifen können – und wollen“
Zur Rezension bitte hier lang…

26. Mai 2006
von Tom Levold
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Expressive Vernunft

Walter Zitterbarth (s. Foto) rezensiert das epochale Werk Robert B. Brandoms„Expressive Vernunft“, das 2000 ins Deutsche übersetzt wurde und weithin als ein Meilenstein der Sprachphilosophie gewürdigt wird.„Vielversprechend erscheint Brandom an (seiner) Betrachtung der Sprache vor allem, dass er mit ihrer Hilfe zeigen kann, wie wir die ansonsten mysteriösen„intentionalen“ Phänomene des Glaubens, Meinens, Beabsichtigens, Verstehens usw., die für die Sprache charakteristisch sind, als aus profanen Tatsachen menschlichen Verhaltens erwachsend verstehen können und wie sich auch die Rede von Wahrheit und Referenz zurückführen lässt auf Phänomene menschlichen Verhaltens. Um Brandoms umfassendes Projekt angemessen würdigen zu können, gilt es auch festzuhalten, was es nicht ist: es ist keine Enthüllung der„wahren Natur der Sprache“, sondern die Ausarbeitung einer bestimmten, philosophisch fruchtbaren Sichtweise auf die Sprache, die andere Sichtweisen nicht ausschließt. Es genügt ihm zu zeigen, dass eine inferentialistische, gebrauchstheoretische Bedeutungstheorie durchführbar ist; das sei, so meint er, mehr als für die repräsentationalistische Version je geleistet wurde“
Zur Rezension…

25. Mai 2006
von Tom Levold
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Vorsicht: Alte Väter unterwegs

Neue Väter braucht das Land. Fordert unsere Familienministerin von der Leyen. Zu Recht. Aber leider sind die nicht immer da. Zumindest nicht heute. Denn heute ist Vatertag. Und da sind die Väter gar nicht zuhause, sondern mit anderen Vätern unterwegs. Und löschen ihren Durst.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt,„steigt die Zahl der alkoholbedingten Unfälle an Christi Himmelfahrt auf das Dreifache des Durchschnitts der sonstigen Tage. An diesem Tag wird in Deutschland Vatertag gefeiert. Wurden im Jahr 2004 durchschnittlich 152 Straßenverkehrsunfälle täglich gezählt, bei denen mindestens ein Beteiligter alkoholisiert war, ereigneten sich am Vatertag 458 Unfälle durch Trunkenheit“
Elke Buhr schreibt in der Frankfurter Rundschau zum Vatertag:„Es ist nicht leicht, die alljährliche Ehrung der Elternschaft mit Würde und Verstand zu absolvieren. Der Muttertag, den wir gerade hinter uns haben, ist eine blumenumkränzte Aufforderung, die Zumutung der Familienarbeit auch weiterhin klaglos zu ertragen: Danke, liebes Muttchen, für die gestopften Socken und das Frühstücksbrot. Der so genannte Vatertag … ist dagegen schon von der Konzeption her ein Witz: als wäre es gar nicht denkbar, die Rolle des Vaters in der Familie genauso zu feiern wie die der Mutter. Denn die real existierenden Vatertagstraditionen inszenieren nicht die Präsenz, sondern die Flucht des Mannes aus der Familie. Sie werden ausgeführt mit dem verschmitzten Augenzwinkern des kleinen Jungen, der mal kurz ausbüchst, um Cowboy zu spielen. Der Vatertagsvater ist gar kein Vater, sondern ein Kind auf der Flucht vor der Mama“ Na denn prost.

24. Mai 2006
von Tom Levold
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Zeitmanagement

Die Systemische Bibliothek wird um einen Text von Kurt Buchinger über Zeitmanagement erweitert. Aus dem Text:
„Zeitmanagement bedeutet für jeden in dieser Gesellschaft integrierten Menschen –
und im besonderen für Manager:
a) das was üblicherweise darunter verstanden wird: eine Beherrschung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der zeitlichen Koordination verschiedener interdependenter Tätigkeitsketten im Sinne der effizienzsteigernden Beschleunigung linearer Zeit.
b) eine differenzierte Kenntnis der Eigenzeit beanspruchenden, nichtlinear beschleunigbaren Prozesse auf den verschiedenen Ebenen sozialen menschlichen Lebens. Das verlangt die Entwicklung einer Diagnosefähigkeit für deren Störung im doppelten Sinn – für Störungen der Eigenzeit und dafür, wie weit diese Störungen als Störungen des linearen Prozesse auftreten. In der Folge bedeutet Zeitmanagement die Fähigkeit, solche Störungen zu beheben, besser noch zu vermeiden.
c) Zeitmanagement bedeutet auch die Fähigkeit, die beiden zueinander immer in einem gewissen Widerspruch stehenden Ansprüche der linearen und der nichtlinearen oder Eigenzeit miteinander zu koordinieren, aufeinander abzustimmen: a) und b) sind genau besehen nur die notwendige Voraussetzung für diese Aufgabe“
Hier geht es zur systemischen Bibliothek…

23. Mai 2006
von Tom Levold
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Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners

Wann ist ein Buch ein Klassiker? Über diese nicht ganz einfache Frage wurde schon einiges geschrieben, die Antwort ist nicht ganz leicht. Wenn das nachfolgende Buch hier in der
Klassiker-Rubrik vorgestellt wird, dann nicht, weil es sich um ein wissenschaftliches Werk oder gar das Hauptwerk von Heinz von Foerster handelte, sondern weil es sicherlich das Buch ist, das
den meisten Menschen in der systemischen Szene hierzulande und darüber hinaus die Sichtweise von Foersters nahegebracht hat. Es ist 1998 erschienen und 2004 in der 6. Auflage erschienen. Die einzigartige Ausstrahlung von Foersters erschloss sich voll und ganz nicht nur in seinen begeisternden Vorträgen, sondern vor allem in Gesprächen – und wer das Glück hatte, ihn persönlich zu kennen, erlebt bei der Lektüre dieses Bandes unvermeidlich so etwas wie eine spontane„Wiederauferstehung“ Heinz von Foersters.
Zur Besprechung von Dagmar Wiegel hier entlang…

22. Mai 2006
von Tom Levold
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Bernd Schmid: Marathon. Eine Erzählung

…„,Du bleibst einer von uns!’, hatten sie ihm versichert. Deshalb auch keine Abschiedsfeier. Immerhin wurde er von seinem vorigen Chef zu dessen eigener Abschiedsfeier eingeladen, weil dieser in die Konzernzentrale aufstieg. ,Wir können dann auch ihren Ausstand mitfeiern!’ Der Zettel für die kleine Rede, die er hatte halten wollen, steckte noch in seinem Anzug. Erst Selbstdarstellung seines Chefs pur. Und nachher waren alle betrunken. Und sein Abschied? Den hatte man vergessen.
Nein, dorthin konnte er nicht zurück, das hatte er sich geschworen. Aber wohin sonst?
Mit 46 zu alt? Zu teuer? Überqualifiziert? – ,Der Personalbereich muss nicht so stark besetzt sein.’
Noch eine Sanierung? Noch mal Schweiß und Tränen? Wieder in bittere Gesichter sehen?
Er jedenfalls lässt sich nicht unterkriegen. Er nicht.
Er lief und lief, fast ohne es noch zu merken.
Marathon! Das war doch dieser Soldat, der in der Gluthitze 42 km nach Athen gelaufen war? Seinem Volk den Sieg zu verkünden. Ja, Sieg, Sieg! Der hatte auch nicht aufgegeben. Der ist aus dem gleichen Holz. Am Ende wird abgerechnet“…
Zum vollständigen Text…

21. Mai 2006
von Tom Levold
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Hallo Quelle-Team


Jürgen Friedrich belehrte uns einst:„Wir brauchen wieder Spieler, die Gras fressen. Und wenn es sein muss, rohes“. Dass dies nicht nur für die Spieler, sondern nun auch für die Zuschauer möglich ist, verdanken wir Euch von Quelle, was ja auf Deutsch auch Ressource heißt. Denn ab sofort kann jeder ein Stück vom Original-WM-Endspiel-Rasen aus dem Berliner Olympia-Stadion für schlappe 75,- € bei Euch bestellen, Final-Rasen vom feinsten, auf dem sich mit ein bisschen Glück auch noch Reste von Spielerhaaren, Hautfetzen, Spucke und Nasenrotz ausmachen lassen. Volltreffer! systemagazin bittet hiermit um schnellstmögliche Zusendung eines kostenfreies Rezensionsexemplares an die bekannte Adresse.
Auch die Fachwelt ist begeistert. So stellen die Alt-Weltmeister Horst Eckel (1954), Bernd Hölzenbein (1974) und Andreas Brehme (1990) einmütig fest:„Wenn wir gewusst hätten, womit man bei der Fußball-WM 2006 alles Kohle machen kann, wären wir auf jeden Fall später geboren worden“ (s. Foto).
systemagazin findet aber Eure Verwertungsstrategie dennoch etwas halbherzig. Nichts gegen ein Stück Wiese. Aber wat fott es es fott, wie man bei uns in Köln sagt. Und was ist dann? Das Olympiastadion zerlegen? Ihr solltet Euch daher auch mal mit„nachwachsenden“ Produkten beschäftigten. Man könnte doch z.B. die Atemluft der Spieler in den zahlreichen Spielunterbrechungen abzapfen – die Berliner Polizei könnte ihre Erfahrungen einbringen – und in kleinen Flakons („Das ist die Berliner Luft“), gestaffelt nach Spieltag oder Halbzeit anbieten. Das Duschwasser der Nationalspieler muss doch auch nicht unbedingt unverwertet in der Berliner Kanalisation verschwinden. Aber nun das Beste: Was haltet Ihr von täglichen Urinproben von allen Spielern incl. des DFB-Präsidenten Mayer-Vorfelder, präsentiert in einer Sonder-Edition von Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann? Fußball-Bildchen anschauen war gestern, die Einverleibung von Fußballern ist heute. Über die Rechte an der Idee werden wir uns schon einig.
Beste Grüße vom systemagazin

20. Mai 2006
von Tom Levold
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bullshit

Der Suhrkamp Verlag hat mit dem 20 Jahre alten Text von Harry G. Frankfurt einen verlegerischen Volltreffer gelandet, mit vier Auflagen in vier Monaten, einem sagenhaften Verkaufsrang von 344 bei Amazon.de und dem Bullshit-Werbespruch:„Dieses Buch wird Ihr Leben verändern“. Tom Levold bespricht das Buch für systemagazin:„Bullshit … schert sich … einen Teufel um den Kontext noch um die Kohärenz und Konsistenz der eigenen Aussagen. Bullshit ist … ausschließlich an der situativen Verwertbarkeit von sprachlichen Äußerungen in einer immer stärker alle Lebensbereiche durchdringenden ‚Ökonomie der Aufmerksamkeit‘ (G. Franck) orientiert. Dass lässt sich nicht nur in den Massenmedien und der Politik (sozusagen den Homelands des Bullshit) feststellen, sondern wird auch zunehmend in den öffentlichen Selbstdarstellungen der Wissenschaften und Kirchen erkennbar. Bullshit stellt aus dieser Perspektive ein symbolisches Kapital dar, ohne das eine gesellschaftlich relevante Beachtung und das damit verbundene finanzielle Kapital kaum noch zu haben ist. Vor diesem Hintergrund wird vielleicht auch verstehbar, warum Suhrkamp mit einer Bullshit-Parole für ein Buch über Bullshit wirbt – und damit Erfolg hat“
Zur vollständigen Rezension…

19. Mai 2006
von Tom Levold
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Sakrilüg: Die Wahrheit über den da Vinci-Code

Verehrter Dan Brown,

toll, wie Sie die Kunstbanausen in aller Welt durch Ihr Buch (zum Film) in Scharen dazu bringen, sich alte Gemälde anzusehen. Aber wenn Sie das schon tun, dann doch bitte richtig. Ihre Behauptung, das Bild von Leonardo da Vinci zeige Jesus und Maria Magdalena als Paar beim letzten Abendmahl und gebe damit ein Wissen preis, welches die konspirative Organisation„Opus Dei“ seit Jahrhunderten mit allen Mitteln geheim zu halten versuche, entbehrt nun wirklich jeder Grundlage. Das haben Ihnen alle Fachwissenschaftler und Feuilletons ja auch schon längst um die Ohren gehauen. Wie diese allerdings auf die Idee kommen, bei dem Werk handele es sich in Wirklichkeit um das letzte Abendmahl mit Jesus, Johannes und den anderen Jüngern, ist ebenfalls für niemandem nachvollziehbar, der einen genauen Blick auf das Gemälde wirft (zur Vergrößerung bitte auf die Abbildung klicken). systemagazin freut sich, das Geheimnis des Bildes an dieser Stelle endlich lüften zu können.

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18. Mai 2006
von Tom Levold
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Management von Instabilität

systemagazin begrüßt Volkmar Abt herzlich als neuen Autor. Er rezensiert das Buch von Peter Kruse:„next practice. Erfolgreiches Management von Instabilität – Veränderung durch Vernetzung“ und ist sehr angetan:„Um es gleich vorneweg zu nehmen: Peter Kruses „next practice“ gehört zu der Art von Fachliteratur, die man so schnell nicht mehr aus der Hand legt, hat man einmal angefangen zu lesen. Peter Kruse schafft es, das höchst komplexe Thema „Change-Management“ so aufzubereiten, dass man Lust bekommt, die Inhalte und Erkenntnisse aus der Lektüre sofort auf alltägliche Veränderungskontexte und insbesondere natürlich auf professionelle Begleitungen von Veränderungsprozessen zu übertragen: Das nächste „Change-Projekt“ dürfte sehr davon profitieren“ Zur vollständigen Rezension