systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

1. November 2006
von Tom Levold
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Journal of Family Therapy Heft 4/06

Die neueste Ausgabe des Journal of Family Therapy (Heft 4/06) beschäftigt sich mit unterschiedlichen Fragestellungen psychotherapeutischer Forschung und Praxis. Felicity de Zulueta erörtert die Implikationen der Bindungsforschung für die Psychotherapie psychischer Traumata im Kontext der Familie. David Pocock möchte in seinem Beitrag einige Missverständnisse von Familientherapeuten über Psychoanalytische Therapie ausräumen und die Neugier auf die Andersartigkeit des therapeutischen Ansatzes wecken. Paolo Betrando und Teresa Arcelloni präsentieren ihr Konzept einer dialogischen Entwicklung von Hypothesen über Klientensysteme, an der die Klienten selbst unmittelbar teilhaben. Diese Arbeit wird v von Arlene Vetere, der gegenwärtigen EFTA-Präsidentin kommentiert. Sjoerd Sytema und Jan Bout haben eine Gruppentherapie für Paare im Rahmen eines stationären Aufenthaltes beforscht und präsentieren ihre Wirksamkeitsstudie. Ein weiterer Beitrag von Vanessa und Graham Saayman sowie Sandra M. Wiens befasst sich mit einem Trainingsprogramm in Multi-Familientherapie im Kontext eines psychiatrischen Krankenhauses. Der Band wird mit einer Zusammenschau von englischsprachigen Familientherapie-Zeitschriften aus dem Jahrgang 2005 abgeschlossen (Alan Carr).
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31. Oktober 2006
von Tom Levold
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Heidelberg’s Next

Björn Enno Hermans aus Essen hat das Forum des Helm Stierlin Institutes besucht, das gänzlich von den Beiträgen ehemaliger AbsolventInnen der Weiterbildungskurse der IGST und des hsi bestritten wurde. Wie er zu berichten weiß, handelte es sich um„ein ganz besonderen Familientreffen… Es war klein und fein, fast intim und unglaublich bereichernd und effektiv, so lässt sich vielleicht Heidelberg´s Next 2006 zusammenfassen. Das Helm-Stierlin-Institut (hsi) hatte geladen, um Absolventinnen und Absolventen der letzten Jahre zu Wort kommen zu lassen. Zu Wort kommen mit den vielfältigen Praxiserfahrungen ihres systemisch Erlernten in ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern.
Davon zu erfahren und zu profitieren, das war auch meine ganz persönliche Motivation, in Heidelberg dabei zu sein. … Fazit ist für mich: Ein ansprechendes, nicht ganz unanstrengendes Menü systemischer Vielfalt in der Praxis. Viele raffinierte Details, experimentelle Wagnisse und ein unglaublich lebendiger und süßer Nachgeschmack, den es mitzunehmen gilt in die eigene Arbeit. Den Köchen und Küchenchefs ist zu danken und Sterne dürften wohl auch vergeben werden…“
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30. Oktober 2006
von Tom Levold
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Dialogische Therapie in Kuba

Klaus G. Deissler gehört zu denjenigen Kollegen im systemischen Feld, die sich schon sehr früh darum verdient gemacht haben, systemische Haltungen und Methoden in anderen Ländern zu vermitteln – und zwar nicht als Teil des üblichen kommerziellen Workshopbetriebes. So hat er bereits in den 80er Jahren vor der Revolution intensiv mit polnischen KollegInnen zusammengearbeitet. In den vergangenen Jahren war er oft in Kuba und hat dort Seminare und Fallkonsultationen abgehalten. Von diesen Erfahrungen schreibt er in der neuen Ausgabe der Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung, die kürzlich erschienen ist. Schwerpunkt seines Beitrages ist ein Gespräch mit vier kubanischen Kolleginnen, in denen es u.a. um die interkulturellen Probleme und Chancen eines solches Austausches geht. So wird z.B. berichtet, dass die Kubaner zwar keine Probleme mit einem dialogischen Vorgehen haben, aber so ungeduldig sind, dass es ihnen oft schwerfällt, zuzuhören.
Neben diesem Beitrag gibt es noch verschiedene Artikel zum Thema Traumaorientierung in der Psychotherapie, über„Systemische Ansätze in der beraterischen Sozialarbeit“ und„Gesundheit“ sowie ein Austausch von Marie-Luise Conen und Klaus Deissler über Genogrammarbeit.
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29. Oktober 2006
von Tom Levold
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Über die Schwierigkeit, systemisch zu narrativieren

In der Systemischen Bibliothek finden Sie heute einen Beitrag von Jürgen Kriz aus dem Jahre 1998, der erstmals in System Familie erschienen ist. Im abstract heißt es:„In Ergänzung zu einem früheren Beitrag, in dem die Unangemessenheit klassischer Methoden zur wissenschaftlichen Untersuchung von systemischen Phänomenen herausgearbeitet und kritisiert worden war, wird nun die grundsätzliche Unangemessenheit unserer indoeuropäischen Sprachstruktur zur Vermittlung systemischer Konzepte und Einsichten herausgearbeitet. Dynamische Prozesse, mit der typischen Vernetzheit der Phänomene und zirkulären Beziehung zwischen Täter- und Opferdynamiken, lassen sich kaum angemessen in einer dinghaften, an einfach-isolierbaren Ursache-Wirkungs-Ketten orientierten Sprache darstellen. Dies wird u.a. exemplarisch am systemisch verstandenen Phänomen der„Macht“ aufgezeigt und diskutiert“
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27. Oktober 2006
von Tom Levold
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Letzte Warnung

Wenn wir nicht aufhören
uns mit unseren kleinen
täglichen Sorgen
und Hoffnungen
unserer Liebe
unseren Ängsten
unserem Kummer
und unserer Sehnsucht
zu beschäftigen
dann geht die Welt unter

Und wenn wir aufhören
uns mit unseren kleine
täglichen Sorgen
und Hoffnungen
unserer Liebe
unseren Ängsten
unserem Kummer
und unserer Sehnsucht
zu beschäftigen
dann ist die Welt untergegangen

Erich Fried

27. Oktober 2006
von Tom Levold
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Systemische Arbeit mit gewaltbereiten Familien

Alexander Trost (Foto) und Michael Buscher präsentieren in ihrem Aufsatz für die Systemische Bibliothek (Erstveröffentlichung im Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 1995) einen ausführlichen Überblick über die theoretischen Grundlagen einer systemischen Arbeit mit familialer Gewalt sowie einige Beispiele aus ihrer kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis. Ausgangpunkt dafür war eine Arbeitsgruppe zum Thema, die von den Autoren durchgeführt wurde, und die sich„mit einer Behandlungsform bei familialer Gewalt (beschäftigte), die im Bereich der europäischen Kinder- und Jugendpsychiatrie bislang weniger verbreitet ist als beispielsweise in Beratungsstellen oder Kinderschutzzentren. In der Behandlung dieser Problemfamilien lag bereits früh ein wesentliches Arbeitsfeld der amerikanischen Familientherapeuten wie z. B. S. Minuchin oder J. Haley. Auch heute noch kommen wesentliche Impulse zu dem Thema aus den USA. In Mailand sammelten S. Cirillo und P. di Blasio, MitarbeiterInnen von M. Selvini-Palazzoli, Erfahrungen in der Leitung des dortigen Kinderschutzzentrums und publizierten 1992 ihr Buch„Familiengewalt – ein systemischer Ansatz. In Deutschland haben sich insbesondere die Arbeitsgruppe des Kinderschutzzentrums Köln und A. Retzer von der Heidelberger Gruppe der Systemtherapeuten mit der Gewalt in der Familie befasst. T. Fürniss lieferte wichtige Beiträge für die Arbeit mit Familien, in denen sexuelle Gewalt an Kindern ausgeübt wird. Insgesamt liegen aber im Vergleich zur derzeitigen gesellschaftlichen Relevanz der Problematik nur wenige Publikationen zur systemischen Behandlung vor“
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26. Oktober 2006
von Tom Levold
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Emil oder: Neulich in der Ruhezone des ICE 109

In seiner neuesten Post aus Perturbistan erleidet Lothar Eder Qualen im ICE:„Sie quasseln und quasseln. Nein, nicht über Wichtiges. Sie tauschen Nichtigkeiten aus. Schön sei es gewesen, daß beim Frühstücksbuffet die Grapefruit filettiert war, sagt die Frau. Das habe einem das lästige Herauspuhlen der Stückchen aus der Schale erspart. Auch das französische Restaurant sei sehr gut gewesen. Den besten Salat aber gebe es bekanntermaßen beim Italiener. Und beim Spanier, ergänzt der Mann. Er hat einen Packen Prospekte in der Hand. Mit Triumph in der Stimme zeigt er nun auf einen davon und widerlegt die Frau. Dies da – sein Finger klopft auf ein Foto – sei das Restaurant, das man besucht habe und es sei kein französisches. Die Frau lenkt ein“
Zum gesamten Text…

25. Oktober 2006
von Tom Levold
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„Blinde Flecken oder: ich sehe nichts, wo du was siehst“

Zu diesem Thema fand vom 22.-23. September 2006 in Wien eine Tagung statt, auf der das 30-jährige Jubiläum des „Institut für Ehe- und Familientherapie“ (IEF) in Wien und das 20-jährige Jubiläum der „Österreichische Arbeitsgemeinschaft für systemische Therapie und systemische Studien“ (ÖAS) gefeiert wurde (zum Tagungsprogramm). Clemens Stieger und Danielle Arn-Stieger haben für systemagazin einen Tagungsbericht verfasst:„Im Abschlussplenum und Diskussion endete der Kongress, wie er begonnen hatte: mit sehr persönlichen Stellungnahmen zum Thema und zum Kongress selbst. Eine Idee sei davon herausgegriffen: Wie können wir zu einem besseren Verständnis der Systemischen Ansätze mit PraktikerInnen auch außerhalb der Systemischen community beitragen, mit denen wir täglich zusammenarbeiten müssen? Einen Titelvorschlag für einen neuen Kongress dazu gibt es schon: „Lost in Translation…“
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24. Oktober 2006
von Tom Levold
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Kommunikation. Die soziale Matrix der Psychiatrie

Nachdem die Software-Probleme behoben worden sind, ist systemagazin wieder mit voller Kraft in Betrieb. In der Rezensions-Reihe der Klassiker geht es heute um das phänomenale Buch von Juergen Ruesch und Gregory Bateson, das beide bereits 1951 verfasst haben und dennoch auch heute noch unglaublich aktuell anmutet. Der Carl-Auer-Verlag hat die mutige Entscheidung getroffen, dieses bis dahin hierzulande recht unbekannte Werk in einer deutschen Fassung zu veröffentlichen. Fritz Simon hat diesen Rezensions-Beitrag ursprünglich für den Sammelband„Schlüsselwerke der Systemtheorie“ verfasst, der von Dirk Baecker 2005 herausgegeben wurde und im Verlag für Sozialwissenschaften erschienen ist. An dieser Stelle sei dem Verlag herzlich für die großzügige Erlaubnis gedankt, diesen Beitrag im systemagazin zu veröffentlichen!
Nach einer ausführlichen Darstellung der Grundgedanken dieses Buches stellt Simon abschließend fest:„Diese kurze Skizze des Inhalts des Buches von Juergen Ruesch und Gregory Bateson kann die Lektüre und das Studium des Textes nicht ersetzen. Es sollte nur deutlich machen, dass die angeschnittenen Themen eine Exposition für die nächsten 50 Jahre der Entwicklung der Systemtheorie, zumindest im Bereich der Psychiatrie und der Sozialwissenschaften, darstellte. Die Positionen des radikalen Konstruktivismus, der Kybernetik der Kybernetik mit ihrer Einbeziehung des Beobachters, die Grundlagen von Spencer-Browns ‚Laws of Form‘, ja, sogar das Konzept der operationellen Geschlossenheit psychischer Systeme sind bereits entworfen. Dass die Ideen der beiden Autoren wegweisend waren, erwies sich vor allem im Bereich der Psychiatrie, speziell in der Entwicklung der sogenannten ’systemischen Therapie‘. Sie hat das epistemologische Verständnis der Psychiatrie als reflexiver Wissenschaft und Praxis ernst genommen und in Form spezifischer Methoden operationalisiert. Aber auch hier gilt wohl, dass die heutige Praxis sich durch diese Theorieansätze so verändert hat, dass sie morgen einer neuerlichen theoretischen Reflexion bedarf…“
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23. Oktober 2006
von Tom Levold
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Professionen in einer funktional differenzierten Gesellschaft

1996 erschien unter diesem Titel im Sammelband„Pädagogische Professionalität“ (Hrsg. von Arno Combe und Werner Helsper) ein Aufsatz von Rudolf Stichweh, der für seine Untersuchungen zur Genese der Professionen in der modernen Gesellschaft berühmt geworden ist und derzeit einen Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Luzern innehat. Sein Artikel befasst sich mit dem Schicksal der Professionen in einer funktional differenzierten Gesellschaft, die auf die Professionen und Professionalisierung als Strukturmerkmal gesellschaftlicher Entwicklungen zunehmend verzichten kann. Dieser Befund ist insofern interessant, als die Bestrebungen der interessierten Verbände, Psychotherapie oder Supervision als Profession im klassischen Sinne des Wortes zu etablieren, sich womöglich vor diesem Hintergrund als unzeitgemäß erweisen. Stichwehs äußerst lehrreicher Beitrag ist nun online mit einem Nachwort zu lesen, in dem u.a. dieser konzediert, dass„jetzt, wo die Soziologie der Professionen ihrem Ende vermutlich nähergekommen ist, sichtbar (wird), dass die Soziologie der Professionen den Gegenstand ihrer Beobachtung zu einem Teil miterzeugt hat“. Er macht weiter deutlich, dass die Professionen ihre Autonomie weitgehend verloren haben und„die formale Organisation jener Ort im Gesellschaftssystem ist, an dem die Arbeitsteilung zwischen den Berufen in einem Funktionssystem und auch zwischen den Funktionssystemen reorganisiert wird“, etwa in modernen Kliniken als„bürokratischen Grossorganisationen, die unter politischen und ökonomischen Gesichtspunkten rationalisiert werden und dann dem historischen Status der medizinischen Profession nicht mehr Rechnung zu tragen bereit sind“. Die nationalstaatlich organisierten Professionen werden Stichweh zufolge zunehmend von global vernetzten„epistemischen communities“ abgelöst:„Als ein globaler in Normen und Kognitionen fundierter Zusammenhang von Praktikern fast beliebiger Funktionszusammenhänge. Mit dem Wegfall nationaler regulatorischer Umwelten entfallen aber auch die Monopole und Privilegien, die diese Umwelten den von ihnen instituierten Berufsgruppen sicherten. Vieles spricht dafür, dass die Soziologie der Professionen ihre Fortsetzung und künftige Entwicklung in einer allgemeineren Theorie globaler epistemischer Communities finden wird“
Zum vollständigen Aufsatz (PDF)…

21. Oktober 2006
von Tom Levold
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Soziale Hilfe zwischen Interaktion und Organisation

So lautet der Titel der Diplom-Arbeit von Maren Lehmann, die 1996 verfasst wurde und für interessierte LeserInnen auf der Website von sozialarbeit.ch online verfügbar ist. Lehmann ist Lehrbeauftragte für Soziologie an der Universität Halle und durch zahlreiche systemtheoretische Beiträge zu unterschiedlichen Themen bekannt geworden. Zur Programmatik ihrer Diplomarbeit schreibt sie in der Einleitung:
“ Ich werde, nach dieser Einleitung, im ersten Teil des Textes den Begriff Helfen näher zu
bestimmen versuchen. Es geht zunächst darum, welche Funktion Hilfe für die Gesellschaft hat. Daran anschließend kann die hier wichtigste Frage gestellt werden, nämlich die nach der Codierung von Hilfe. Welche Unterscheidung(en) verwendet helfende Kommunikation, um Exklusion beobachtbar zu machen? Gibt es ein Medium der Hilfe? Und schließlich: Kann helfende Kommunikation Personen inkludieren?
An dieser Stelle schließt der zweite Teil an, der sich mit helfenden Organisationen beschäftigen soll. Läßt sich Hilfe, läßt sich eine Beobachtung programmieren, die zugleich dekonstruieren und rekonstruieren muß? Die Unterscheidung von Funktions- und Komplementärrollen wird hier wichtig, weil sie auf das Problem von Inklusion und Exklusion verweist. Es geht um die Unterscheidungen von Mitgliedern und Klienten der Organisation, von Entscheidern und Betroffenen. Was ist die Spezifik von Organisationen, die personenbezogene Entscheidungen produzieren?
In der Literatur zum Thema wird diese Spezifik in der Angewiesenheit auf Interaktion
gesehen. Mit helfender Interaktion beschäftigt sich daher der dritte Teil. Wie können Wahrnehmung und Kommunikation unterschieden werden, die beide Komponenten der Interaktion sind? Welche Bedeutung hat die Wahrnehmung von Bedürftigkeit als Körperlichkeit? Sind Diagnosen möglich: Kann also im Gespräch die Stelle gefunden werden, an der die Karriere wieder als offen erscheint, an der also neu angeschlossen werden könnte? Wie kommt die Organisation, die für das Zustandekommen der Interaktion sorgt, in der Interaktion wieder vor?
In einem abschließenden Teil soll dann das Problem der Inklusion und Exklusion von Personen in die Funktionssysteme der Gesellschaft zusammenfassend thematisiert werden. Dabei soll die Frage im Vordergrund stehen, ob und wie die Codierung der Funktionssysteme mittels eines gesellschaftlichen Metacodes Inklusion/Exklusion beobachtet werden kann. Denn wenn die funktionale Differenzierung im Laufe der gesellschaftlichen Evolution auf Exklusion statt auf Inklusion der Personen hinausläuft, könnte eine solche Beobachtung zweiter Ordung die Personen wieder in Erinnerung rufen. Eine Reparatur der Exklusionsfolgen aber wäre wieder nur den Funktionssystemen selbst möglich. Das Problem stellt sich von neuem“
Zum vollständigen Text (PDF, 105 S.)…

20. Oktober 2006
von Tom Levold
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Kollektive Metaphern des Psychosozialen Helfens

Wer Hilfe anbietet, hat in der Regel eine Idee davon, worin eine effektive Hilfe bestehen kann. Die metaphorische Basis dieser Ideen, die unser Verständnis von Problemen und Lösungen und unser Handeln leitet, ist aber dabei häufig nicht wirklich bewusst – und zwar unabhängig, von welcher theoretischen oder praktischen Position wir auf Hilfe schauen. Diese Basis kann erst erfasst werden, wenn man einen Blick darauf wirft, wie Helfer über Hilfen sprechen. Rudolf Schmitt, Psychologe und Germanist am Fachbereich Sozialwesen an der Hochschule Zittau/Görlitz, befasst sich seit langem mit der Sammung und Analyse solcher – und anderer – Metaphern. In seinem Aufsatz„Kollektive Metaphern des Psychosozialen Helfens“ schreibt er:
„‚Klären‘ wir die Probleme unserer Klientinnen? ‚Lösen‘ wir ihre ‚Verstrickungen‘? Oder sollten wir sie besser nur ‚begleiten‘, damit sie ihren ‚Weg‘ selbst ‚finden‘? Wir könnten allerdings versuchen, diese Prozesse (lat.: procedere, processi: vorwärts schreiten) zu ‚erleichtern‘, wenn die Menschen es zu ’schwer‘ haben. Oder? Was machen wir eigentlich? ‚Machen‘ wir denn etwas? Es gibt sehr differierende Antworten auf diese Fragen; in sozialpädagogischen Handlungsanweisungen und psychotherapeutischen Fortbildungen, in vergleichenden Therapiestudien und qualitativen Untersuchungen des psychosozialen Helfens werden sehr unterschiedliche Formen und Inhalte des psychosozialen Helfens diskutiert. Eine Antwort, die so sehr an der Oberfläche des Phänomens liegt, daß sie fast immer übersehen wird, besteht darin, dem Volk der HelferInnen„auf das Maul zu sehen“ (Luther). Die amerikanischen Linguisten und Sprachphilosophen George Lakoff und Mark Johnson behaupten, daß unsere sprachlichen Bilder nicht nur Oberflächenphänomene des Redens sind, sondern Modelle des Denkens und der Interaktion offenbaren. Die Untersuchung, die ich hier vorstelle, nutzte die Theorie der beiden Autoren, um in systematischer Weise kollektive Sprachbilder, sog. ‚Metaphern‘, im psychosozialen Bereich zu sammeln und zu analysieren. Ich fand neun verschiedene metaphorische Modelle des Helfens, die uns vor jeder Theorie schon vertraut sind, aus unserer Alltagspraxis stammen und unsere Interaktionen wahrscheinlich schon steuerten, als wir noch keine professionellen HelferInnen waren“
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18. Oktober 2006
von Tom Levold
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Unterschicht entdeckt!

Auf der Mülldeponie der Bundesregierung haben Forscher der Ur- und Frühgeschichte einen sensationellen Fund gemacht. Nach jahrelangen Grabungsaktivitäten konnte – für alle Beteiligten völlig unerwartet – eine gut erhaltene Unterschicht (s. Abbildung) freigelegt werden. In dieser Schicht, die sich unterhalb einer dünnen „Quartz 4“-Decke befand – konnten mittlerweile etwa 6.000.000 Arme geborgen werden. Die Forscher sind mittlerweile mit der Auswertung ihres Fundes beschäftigt. Noch ist unklar, wie die Unterschicht an ihren jetzigen Ort gelangt sein kann. Da man es in der Vergangenheit noch nie mit ähnlichen Phänomenen zu tun hatte, sind die Forscher auf Spekulationen angewiesen. Als Grund für den Fortbestand der Unterschicht könnte ihrer Meinung nach der mangelnde Aufstiegswille der Unterschichtler in Frage kommen. Deponiewart F. Müntefering zweifelt jedoch an den Ergebnissen: „Alles dummes Zeug. Es gibt keine Schichten in unserer Deponie. Wir graben immer wieder alles um“ bekräftigte er auf Nachfrage. V. Kauder, zuständig für die Planierarbeiten an der Oberschicht der Deponie, unterstützte Müntefering. Außerdem sei der Begriff der Unterschicht diskrimierend. Erst wenn zu den 6 Millionen Armen auch die dazugehörigen Beine gefunden werden könnten, ließe sich begründet von einer unzureichenden Mobilität sprechen. Um für die nötige Mobilität zu sorgen, müsse man den Armen allerdings Beine machen.