systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

15. Januar 2007
von Tom Levold
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Bayerische Schlachtplatte

Wenn der bayerische Ministerpräsident sich seinen Weg nach oben nicht selbst mit zahllosen Intrigen gebahnt hätte: der Mann könnte einem Leid tun. Wie weiland Herr Honecker und anderes Politpersonal wird er nun nach allen Regeln der Kunst abserviert und merkt es selbst nicht richtig – so schnell geht das alles. So geht es halt in der Politik zu. Und was fällt einem dazu ein? Ein Zitat von Karl Kraus aus dem ersten Heft des ersten Jahrgangs der„Fackel“ im Jahre 1899:
„Die Verworrenheit unserer politischen Zustände hat einen großen Vortheil; sie erleichtert die Beurtheilung der führenden Männer. Unter minder schwierigen Umständen konnte sich ein Minister jahrelang der Feststellung seines Wertes entziehen. Selbst der Geschichte fehlen die Anhaltspunkte zur Beurtheilung einzelner Staatsmänner. Aber dieses historische Dämmerlicht ist vorüber. Heute ist die Beleuchtung so grell, dass man die Umrisse politischer Unfähigkeit weithin erkennt. Unsere Zeit richtet jeden Minister binnen ein paar Tagen — standrechtlich. Auch auf die Abstufungen der Mittelmäßigkeit lässt sie sich nicht mehr ein.
Schwierigkeiten gibt es nur für den, der sie nicht überblickt. Der Mann, an dessen Intelligenz gemessen, die Conflicte unserer Politik klein erscheinen würden, ist aber noch nicht gefunden. Hat die individualistische Auffassung in der Geschichte Unrecht, die den historischen Verwicklungen nur die Aufgabe zuerkennt, die Persönlichkeit zu zeitigen, die ihrer Herr wird?“
Für alle, die Karl Kraus lieben, gibt es jetzt eine wunderbare Nachricht. Mit Ablauf der Urheberrechtsfrist ist sein Werk für die Allgemeinheit freigegeben und die Österreichische Akademie der Wissenschaften bietet ab sofort den freien und kostenlosen Online-Zugang zu allen 37 Jahrgängen der Fackel von 1899 to 1936 an: 415 Ausgaben und mehr als 22.500 Seiten. Die Datenbank ist im Volltext (und sehr schnell) durchsuchbar und bietet sowohl eine Darstellung im Faksimile an als auch einen (seiten- und zeilengenauen) digitalen Text. Einen Dank für diese editorische Leistung.
Und ein Trost: An Edmund Stoiber wird in hundert Jahren nichts mehr erinnern, Karl Kraus wird bleiben.
Zur Online-Präsentation der Fackel…

15. Januar 2007
von Tom Levold
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Systemisches coaching im management

Barbara Hüppauf aus Berlin bespricht für systemagazin die Neuauflage des Buches„Systemisches Coaching im Management. Ein Praxisbuch für Neueinsteiger und Profis“ von Gabriele Müller, das 2006 im Beltz-Verlag erschienen ist, wohlwollend-kritisch:„Es spricht für dieses Buch, welches als Leserschaft sowohl Coachs in Ausbildung als auch erfahrene Coachs ansprechen möchte, dass nunmehr die zweite Auflage vorliegt. Mir selber scheinen bei Fachbüchern immer klar begrenzte Zielgruppen für eine fundierte Arbeit zu sprechen. Offensichtlich fühlen sich die Erfahrenen nicht abgeschreckt und die Neuanfänger ermutigt. … Sehr leserfreundlich ist die optische Gestaltung des Buches: Die breiten Seitenränder lassen Platz für Kommentare des Benutzers, der sich vielleicht von den kurzen Hinweisen und Überschriften und den Zitaten kluger Geister, die gelegentlich auf den Rändern stehen, zum Schreiben ermuntert fühlt. An den Klappentexten auf ihren Büchern sind Autoren vermutlich unschuldig. Wenn ein interessantes Praxisbuch gleich mit „in Deutschland bislang einzigartiges integratives Methodenkonzept“ angepriesen werden muss, bekommt es so ein unseriöses ,Geschmäckle‘. Überflüssigerweise“
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14. Januar 2007
von Tom Levold
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Unvorhergesehene Komplikationen

Die Geschichte der Psychotherapie erschließt sich zu einem nicht unbeträchtlichem Teil auch über die Biografien ihrer Protagonisten. Eine der jüngeren Biografien von Sigmund Freud wurde 1989 vom bekannten österreichischen Schriftsteller und Journalisten Georg Markus verfasst und ist 2006 im Verlag Langen/Müller in einer vollständig überarbeiteten Neuauflage erschienen. Auf der Website des Verlages findet sich eine Leseprobe aus dem Kapitel über die Krebsdiagnose und Behandlung Freuds, die folgendermaßen beginnt:„Professor Dr. Markus Hajek, Vorstand des Universitätsinstituts für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, empfing den prominenten Kollegen persönlich in den Ambulanzräumen seiner Klinik. Zu Hause hatte Freud, um die Familie nicht zu beunruhigen, in den frühen Morgenstunden angekündigt, er wollte einen Spaziergang unternehmen. Gegen Mittag erhielten Martha und Anna Freud einen Anruf, sie mögen sofort ins Allgemeine Krankenhaus kommen, es wären unvorhergesehene Komplikationen eingetreten. Als die beiden Frauen, von der Nachricht überrascht, im Spital eintrafen, glaubten sie ihren Augen nicht trauen zu können. Sie fanden den geliebten Mann und Vater blutüberströmt und mutterseelenallein auf einem Küchenstuhl der Klinik vor, weder ein Arzt noch eine Krankenschwester kümmerten sich um ihn, nachdem als Folge des Eingriffs von Professor Hajek Blutungen eingetreten waren. Auf dringendes Ersuchen Anna Freuds wurde der so lieblos behandelte Patient notdürftig versorgt und in einen kleinen Raum gebracht, wo er sich auf einer primitiven Holzpritsche erholen sollte“
Wer weiterlesen möchte, findet hier den Zugang…

14. Januar 2007
von Tom Levold
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Mystifikation, Konfusion und Konflikt

Einer der wichtigsten Bücher für die beginnende Familientherapiebewegung hierzulande war zweifellos der 1969 in der von Jürgen Habermas, Dieter Henrich und Niklas Luhmann besorgten Reihe„Theorie“ bei Suhrkamp erschienene Reader „Schizophrenie und Familie“, der auch heute noch in der stw-Reihe erhältlich ist. Hier waren bahnbrechende Arbeiten von Bateson, Haley, Weakland, Wynne u.a. zum ersten Mal in deutscher Übersetzung zu lesen. Einer meiner Lieblingstexte war während meines Studiums der Aufsatz „Mystifikation, Konfusion und Konflikt“ des schottischen Psychiaters Ronald D. Laing (Foto: Wikipedia) über die Verwirrung erzeugenden Kommunikationsmuster, die er (u.a.) in Familien mit psychotischen Angehörigen aufgefunden hat. Er ist erstmals in dem Band„Intensive Family Therapy“ erschienen, der von Ivan Boszormenyi-Nagy und James Framo 1965 bei Harper & Row in New York herausgegeben wurde und erst später (1975) bei Rowohlt in einer deutschen Fassung erschien.
Dieser Aufsatz ist auch heute noch, wie ich finde, lesenswert. Im Kontext der kritischen Diskussion der vergangenen Jahrzehnte könnte man die Arbeit von Laing im Zusammenhang mit einer Kritik des„Mother-Blaming“ lesen – sie bedient sich natürlich nicht einer konstruktivistischen Terminologie oder Denkweise. Andererseits macht er aber auch deutlich, dass Familienmitglieder nicht nur unterschiedliche Realitäten erzeugen, sondern auch entsprechend unterschiedliche Interessen verfolgen:„Jede Familie hat ihre Differenzen (die von leichten Meinungsverschiedenheiten bis zu gänzlich unvereinbaren und widersprüchlichen Interessen und Standpunkten reichen), und jede Familie verfügt über bestimmte Mittel zu ihrer Handhabung. Eine Art, solche Widersprüche zu behandeln, soll hier unter dem Stichwort Mystifizierung dargestellt werden“
Gleichzeitig wendet er sich dagegen, das Konzept der Mystifizierung als Pathologie-Konzept zu verstehen:„Leider neigen wir dazu, diese besondere Mystifikation zu zementieren, wenn wir den Begriff der »Pathologie« der Familie oder Gruppe benutzen. Der Begriff der individuellen Psychopathologie ist schon problematisch genug, da man ohne Spaltung und Verdinglichung von Erleben und Verhalten, um zur Vorstellung von einer »Psyche« zu kommen, dieser Fiktion keine Pathologie oder Physiologie zuschreiben kann. Von der »Pathologie« der Familie zu sprechen, ist aber noch problematischer. Die Prozesse, die sich in einer Gruppe abspielen, werden durch die Praxis ihrer einzelnen Mitglieder erzeugt. Mystifizierung ist eine Form der Praxis; sie ist kein pathologischer Prozess“
Der Text ist im Internet nachzulesen, wenn Sie diesem Link folgen…

13. Januar 2007
von Tom Levold
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deutsche opferkultur

In der Neuen Zürcher Zeitung von heute konstatiert Joachim Güntner angesichts der gegenwärtigen Mutation des Opferbegriffs zum Schmähwort einerseits und der zunehmenden Kritik an einer Stilisierung des Opfers einen Wandel in der„Opferkultur“:„Sollten etwa die vielen abwertenden Stimmen, bei allem Niveauunterschied, letztlich Kinder eines Zeitgeistes sein? Das wäre eine hässliche Vorstellung. Wir müssten dann glauben, dass die Opferverhöhnung, wie sie Gangsta-Rapper und Unterschicht-Jugendliche mit Wonne betreiben, untergründig Verbindung hält mit der intellektuellen Kritik an den Auswüchsen der Opferkultur. Es muss keine nachweisbare Allianz sein. Denkbar wäre ein Mitschwingen in sozialen «vibrations», ein rückgekoppelter Regelkreis sich langsam verstärkender Aversionen. Vielleicht haben wir es mit einem Stimmungswandel zu tun, der durchaus allgemein ist, sich nur eben je nach gesellschaftlichem Standort bald klug und abgewogen, bald brutal artikuliert. Eine fundamentale Differenz der Positionen liesse sich gleichwohl noch markieren. Entscheidend für die Frage, wes Geistes Kind ein Verächter der Opferkultur ist, ist seine Haltung zur «Täterkultur». Höhnt, spottet und kritisiert er nur? Oder geht seine Verachtung einher mit der Billigung von Schikanen und Gewalt? Die Beschimpfung «Du Opfer», diese Reduktion des Beschimpften auf ein soziales Nichts, strotzt vor solcher Billigung“
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13. Januar 2007
von Tom Levold
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„Personsein, sterblichkeit und heilendes vertrauen“

Unter diesem etwas sperrigen Titel werden im kürzlich erschienenen Heft 2/2006 von„Psychotherapie und Sozialwissenschaft“ ein wenig mutwillig recht unterschiedliche Beiträge von der Herausgeberin Brigitte Boothe zusammengespannt. Ein ausgezeichneter Aufsatz des Göttinger Philosophen Wolfgang Carl („Personen und ihr Gehirn“) nimmt sich kritisch die Art und Weise vor, in dem Neurowissenschaftler, hier Antonio Damasio und Wolfgang Singer, Wörter wie Selbst, Meta-Repräsentation usw. benutzen, nämlich„unklar und unangemessen“:„Wenn der Begriff des Selbst mit Hilfe der Verwendung von indexikalischen Ausdrücken wie ,ich‘ und ,du‘ eingeführt wird, dann muss der Begriff sich auf die Personen beziehen, die solche Ausdrücke verwenden“ (56). Drei Beiträge von Rüdiger Bittner, Günther Bittner und Jürgen Straub diskutieren das Problem der Handlung und ihrer Motivation bzw. Erklärung, also die Frage nach der Bedeutung bewusster oder unbewusster Gründe für Handeln (eingedenk aller Unschärfe, die diesem Begriff selbst anhaftet). Schließlich findet sich noch eine etwas schwer zugänglichen qualitativen Inhalts-Analyse einer Diskussion von fünf Hausärzten, die der Bedeutung der Balint’schen Formel von der„apostolischen Funktion“ des Placebos als hausärztlichem Instrument nachspüren, sowie die Ergebnisse einer narrativen Untersuchung an 25-35-jährigen Erwachsenen zum Thema„eigene Sterblichkeit“. Das Inhaltsverzeichnis mit dem Vorwort kann hier eingesehen werden.
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12. Januar 2007
von Tom Levold
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Insoo Kim Berg ist gestorben

Insoo Kim Berg, die Mitbegründerin des Lösungsorientierten Ansatzes und Ehefrau von Steve de Shazer, der bereits im September 2005 verstarb, ist am Nachmittag des 10. Januar 2007 in ihrer Heimatstadt Milwaukee (Wisconsin) gestorben. Wie Arnoud Huibers aus den Niederlanden in der Solution Focused Therapy-Mailingliste mitteilte, war ihr Tod überraschend, aber friedlich. Sie hatte noch für den Januar einen neuen Online-Kurs im Brief Family Therapy Center geplant.
Insoo Kim Berg kam 1957 als Pharmaziestudentin (und Tochter einer Familie aus der Pharmabranche) aus Korea in die USA, um dort ihre pharmazeutischen Studien fortzusetzen. Im Prozess ihrer Verselbständigung von ihrer Familie entschied sie sich jedoch für die Aufnahme eines Studiums der Sozialarbeit und absolvierte früh eine eher psychoanalytisch orientierte familientherapeutische Ausbildung in Chikago, die ihr jedoch nicht sehr zusagte. Sie wandte sich dann dem Palo Alto Institut in Kalifornien zu, wo sie auch ihren späteren Ehemann Steve de Shazer kennenlernte. Gemeinsam mit Steve ging sie nach Milwaukee, seinem Heimatort, wo sie später das„Brief Family Therapy Center“ gründeten.
In Europa ist Insoo Kim Berg durch viele Veröffentlichungen, vor allem aber durch ihren häufigen Workshops und Seminare bekannt geworden. Ihr Tod ist ein großer Verlust für die internationale Psychotherapie über die Schulengrenzen hinaus. Wer sich ein bisschen genauer mit ihr als Person beschäftigen möchte, sei hiermit auf ein ausführliches Interview mit ihr über ihre psychotherapeutische Entwicklung verwiesen, das Victor Yalom mit ihr für psychotherapy.net geführt hat. Auf der Website des BFTC ist ein schöner kurzer Aufsatz unter dem Titel „Hot Tips“ von ihr veröffentlicht, in dem es unter anderem darum geht, warum sie wie ein„Pitbull“ ihrer Maxime folgt, Klienten niemals als hoffnungslose Fälle aufzugeben:„Some people even compared my style as similar to„pit bull“ Imagine that! But I’m quite proud of this comparison, not in viciousness but in not giving up on client and the tenacity to hang in there until I find some strengths, resources, and exceptions to build on, in most situations. Many people believe that because the basic premise of SFBT is so simple, it should be easy to do. They are surprised to find that a therapist must work very hard just to hang in there and not give up on clients as hopeless. This is especially true if the therapist does not believe that client has the resources and ability to solve their problems on their own. Where does my tenacity and ability to hang in there like a pit bull with a bone? It is because of the belief in people, that is, this absolute belief in people that if they have survived this far in their lives, they surely know how to go a little further. Most clients have abilities but they do not believe they do. Therefore, if you do not see it, it is easy to become discouraged. In order to work with people, we all begin with certain assumptions and belief about what we believe about them. Unfortunately I believe many practitioners are not clear about their belief. But certain kinds of belief about people brought you to this field. Whether we admit it or not, these belief is spilled over in our interactions with clients in many subtle and not so subtle manner“

12. Januar 2007
von Tom Levold
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„lebendig aus dem Sumpf“

Im Herbst letzten Jahres fand in Heidelberg ein Forum des Helm-Stierlin-Institutes statt, das von den Beiträgen zahlreicher Absolventen der Weiterbildung in systemischer Therapie beim HSI bestritten wurde. Irmgard Federer aus Ennetbaden in der Schweiz schreibt unter dem Titel„Lebendig aus dem Sumpf“ einen sehr persönlichen Beitrag, der mit folgenden Worten beginnt:„Sehr gerne nehme ich die Gelegenheit wahr, Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auf eine Kommunikationsform zwischen Konstruktionen und basaler Stoffwechselsteuerung aufmerksam zu machen. Diese Kommunikationsart habe ich mit meinem zweiten Kind, Simon, entdeckt. Simon ist geistig behindert. Er hat ein Down-Syndrom. Simon war für mich der Schlüssel, ,Resonanzfelder‘, die meine und seine Autonomie gefährdeten, wahrzunehmen und zu ändern. Und ich bin fasziniert davon, wie kreativ und überraschend das Arbeiten mit meinen Klientinnen und Klienten geworden ist. Ich kombiniere, was ich mit Simon gelernt habe, mit dem, was ich in meiner systemischen Ausbildung in Heidelberg gelernt habe“
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11. Januar 2007
von Tom Levold
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Current sociology

SAGE ist einer der bedeutendsten englischsprachigen Fachverlage im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften und publiziert über 460 Fachzeitschriften. Erfreulicherweise gibt der Verlag in regelmäßigen Aktionen Lesern die Möglichkeit, für einen beschränkten Zeitraum eine bestimmte Zeitschrift genauer kennenzulernen. In diesem Zeitraum besteht die Möglichkeit, nach einer kostenlosen Registration Volltext-Zugang zu allen Ausgaben einer Zeitschrift (online und als PDF) zu erhalten. Derzeit besteht diese Möglichkeit bis zum 28. Februar für die Zeitschrift„Current Sociology“, die von Dennis Smith (London) für die International Sociological Association ISA herausgegeben wird und sechsmal pro Jahr erscheint. Nach Anmeldung kann man auf alle Jahrgänge bis zum Jahre 1952 online zugreifen und ein interessantes Bild von der Entwicklung des Faches im englisch-sprachigen Raum gewinnen.
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10. Januar 2007
von Tom Levold
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„Ich esse Eure Suppe nicht!“

Unter dieser Überschrift bieten Nancy Sorge und Sandra Schwarze„Systemische Perspektiven magersüchtigen Verhaltens“ an, ein Buch, das im Verlag modernes lernen in Dortmund 2006 erschienen ist. Rezensent Dennis Bohlken:„Die Autorinnen verfolgen zwei Ziele mit der Veröffentlichung ihres Buches. Zum einen plädieren sie für eine Aufgabe des Krankheitsmythos „Anorexia nervosa“ und favorisieren stattdessen eine systemische Sichtweise. Zum anderen stellen sie dar, wie mit Hilfe systemischen Denkens, der Entwicklung kooperativer Arbeitsformen und vor allem mit „angemessen ungewöhnlichen Fragen“ Sichtweisen verflüssigt und verändert werden können. … Das vorliegende Buch ist m.E. besonders für diejenigen geeignet, die sich in der Ausbildung zum systemischen Familienberater bzw. –therapeuten befinden und sich mit der o.g. Thematik beschäftigen. Sie erhalten zudem eine gute und kompakte Einführung in die Grundlagen systemischer Familientherapie. Darüber hinaus bekommen in der praktischen Arbeit mit magersüchtigen Menschen befasste Experten durch die systemischen Fragestellungen, Darstellungen und kritischen Bemerkungen vielfältige Anregungen für ihr professionelles Handeln“
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9. Januar 2007
von Tom Levold
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Professionalisierung der Elternrolle

Die Systemische Bibliothek veröffentlich heute einen Text des Wiener Organisationsberaters und Supervisors Kurt Buchinger, in dem es in erster Linie um familiäre Binnenbeziehungen geht. In einem Aufsatz für das von Claudia Bier-Fleiter herausgegebene und 2001 bei Leske + Budrich erschienene, aber inzwischen leider vergriffene Buch„Familie und öffentliche Erziehung. Aufgaben, Abhängigkeiten und gegenseitige Ansprüche“ setzt sich Kurt Buchinger mit der Elternrolle auseinander, die ihm zufolge ebenso wie andere berufliche Rollen einem Professionalisierungsprozess unterliegen. Unter Professionalisierung ist dabei aber nicht die Übernahme und Anwendung von Expertenwissen gemeint, sondern eine„Vertiefung der internen Expertise und Fähigkeit, durch eine unbekannt bleibende Landschaft zu gehen, mit hoher, geschulter Aufmerksamkeit und Fähigkeit, sich immer wieder überraschen zu lassen und mit neuen Schritten zu reagieren, neugierig, wohin man auf diese Weise gelangt“. Weiter heißt es in dem Text:„Es mag verwundern, dass ich als Erziehungsaufgabe die Entwicklung der Persönlichkeit nicht nur der Kinder, sondern von Kindern und Eltern bezeichne. Damit ist nicht gemeint, dass Kinder und Eltern im Erziehungsprozess die gleiche Entwicklung durchmachen. Eltern sollen sich also nicht als Kinder entwickeln (obwohl hier manchmal Nachholbedarf vorhanden ist, und durch das Teilnehmen an der Entwicklung der Kinder auch bis zu einem gewissen Grad erfüllt werden mag), sondern Eltern sollen sich als Eltern entwickeln im gemeinsamen Erziehungsprozess der Kinder. Man darf als sogenannter Erwachsener nicht unterschätzen, was für Möglichkeiten man für das eigene Leben – nicht nur durch die Rolle der Elternschaft, sondern schlicht durch die Teilnahme an der Entwicklung der Kinder und durch Beobachtung ihres Verhaltens – empfängt, die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln“
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8. Januar 2007
von Tom Levold
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Mitarbeitergespräche

Mit einem interessanten Thema beschäftigt sich die letzte Ausgabe im Jahre 2006 von„Organisationsberatung, Supervision, Coaching OSC“, nämlich Mitarbeitergesprächen zwischen Supervision, Coaching und Mentoring. Astrid Schreyögg skizziert in ihrem Editorial unterschiedliche Formen von Mitarbeitergesprächen: periodische Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungsgespräche und Personalbeurteilungsgespräche. Sie weist auch darauf hin, dass die tatsächlich geübte Praxis weit hinter Befunden (z.B. einer Befragung von 500 Top-Unternehmen) zurückbleibt, nach denen solche Gespräche zu 99 % durchgeführt werden. Im Alltag herrscht viel Unsicherheit, wann, wie oft und in welcher Weise solche Gespräche zur Verbesserung organisationaler Arbeitsabläufe nutzbringend eingesetzt werden können. Es besteht daher ein großer Bedarf an Praxisstudien, der auch mit diesem Heft ein Stück weit befriedigt werden soll. Die Aufsätze beleuchten praktische Erfahrungen mit Mitarbeitergesprächen in unterschiedlichen Kontexten: in der evangelischen Kirche, im Rahmen innerbetrieblichen Coachings als„situative Beratung“ durch Führungskräfte, in Personalentwicklungsprozessen an Universitäten, in einem Kreditinstitut und einem großen Caritas-Verband. Ein weiterer Beitrag fasst die Ergebnisse eines innerkirchlichen Pilotprojektes„Strukturiertes Mitarbeitergespräch“ zusammen. Das Heft wird mit einem Beitrag des Organisationssoziologen Stefan Kühl abgeschlossen, der über die Funktion von personenbezogenen Beratungsangeboten in Organisationen nachdenkt, die er in ihrer Fähigkeit sieht, Konflikten in speziellen Interaktionszusammenhängen zu isolieren:„Die Organisation erreicht durch Supervision und Coaching einen Schutz ihrer Strukturen, weil Konflikte interaktionell isoliert werden können und so für die Organisation weitgehend folgenlos bleiben“
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