systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

4. Februar 2007
von Tom Levold
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Psychotherapie pädophilen Begehrens

Ein außerordentlich differenzierter Artikel über ein Pilotprojekt der psychotherapeutischen Arbeit mit Pädophilen an der Berliner Charité von Cornelia Gellrich erschien in der gestrigen Ausgabe der TAZ:„“Lieben Sie Kinder mehr, als Ihnen liebt ist?“, warb 2004 das Institut für Sexualmedizin an der Berliner Charité für sein bislang einzigartiges Forschungsprojekt„Zur Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld“ potenzielle und reale Täter an. Mehr als 500 Männer meldeten sich zur„Dissexualität-Therapie“, 170 davon, unter ihnen Herr P., begannen die auf ein Jahr angelegte Therapie 2006, 100 sind noch übrig, 50 weitere beginnen jetzt in diesem Frühjahr. Nur diejenigen werden behandelt, bei denen tatsächlich eine pädophile Neigung in den Vorgesprächen erkannt wird. Viele befürchten, pädophil zu sein, interessieren sich aber in Wahrheit nur für Kinder als Ersatzobjekte, weil sie einer gleichberechtigten Beziehung zu einem Erwachsenen nicht gewachsen sind. (…) Für Professor Beier und seine Kollegen fällt unter sexuellen Missbrauch jede Handlung an oder mit einem Kind, die der Stimulierung oder Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse eines Erwachsenen dient, auch wenn es sich dabei nur um Händchenhalten oder Haareordnen handelt. Deshalb lautet ihre Losung strikt: Hands off! Das Pilotprojekt„Prävention im Dunkelfeld“ will Pädophile nicht umpolen, denn eine Veränderung der sexuellen Präferenz, die sich spätestens in der Pubertät festigt, ist nicht möglich. Zu schaffen ist aber nach Einschätzung von Professor Beier und seinem Team eine vollständige Verhaltenskontrolle. Darüber hinaus sollen außerdem psychische Sekundärschäden gelindert werden. Die meisten Pädophilen leiden unter Depressionen, Ängstlichkeit, paranoidem Denken. Dazu kommen Einsamkeit, Soziophobie, Suchtverhalten“
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4. Februar 2007
von Tom Levold
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Kommunikation ohne Raum?

Niels Werber zum zweiten (Foto: Gegeninformationsbüro.de): Die Gesamtheit aller Kommunikationen lässt sich Niklas Luhmann zufolge als„Weltgesellschaft“ verstehen. Die technische Entwicklung macht es scheinbar möglich, dass Kommunikationen weltweit, ohne Berücksichtigung räumlicher Grenzen, für andere Kommunikationen anschlussfähig werden. In einem differenzierten Text (eines Vortrages von November 2001) untersucht Werber die Implikationen dieser Idee bei Luhmann, Willke und Stichweh, die – so Werber – darauf hinauslaufen, dass die materialen und räumlichen Voraussetzungen der technischen Medien der Kommunikation weitgehend ausgeblendet werden, zugunsten einer Vorstellung, dass Raum (z.B. Staaten, Grenzen etc.) angesichts der zunehmend möglichen raumüberwindenden Gleichzeitigkeit von Kommunikation eine immer kleinere Rolle spiele. Diese Vorstellung wird von Werber kritisiert:„Wenn die Unterscheidung des Raums: da oder dort, einen Unterschied macht, also den Systemzustand eines sinnverarbeitenden Systems verändert und mithin Information erzeugt, dann sollte man sie in den Rang einer Sinndimension befördern. Mit der Aufwertung des Raums würde man Anschluß gewinnen an den Stand der medientheoretischen Diskussion, welche Verbreitungsmedien nicht nur auf ihre temporalen Strukturen untersucht, sondern wesentlich auch auf räumliche. Der Raum würde auch Gewicht bekommen für die Wahl der raumüberwindenden Medien: Maultiere und Boten oder Datenpakete und Glasfaserleitungen. Saskia Sassen hat daran erinnert, daß die Rhetorik der globalen real-time-Kommunikation, die immer gleichzeitig überall stattzufinden scheint, den Blick dafür verstellt, daß ,die führenden Telekommunikationsunternehmungen, um Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten, die Distanz neutralisieren, einen Zugang zu echtem, materiellem Land brauchen, weil die wesentliche Technologie immer noch Glasfaser sind, und die sind auch ganz materiell.‘ Da Land gebraucht wird und Land immer noch Hoheitsgebiet eines Staates ist, gehört zur politischen Souveränität die Möglichkeit, im Ausnahmefall die Kabel kappen lassen zu können. Die schon zitierte Behauptung, daß Grenzen zwischen Staaten ,weder von Wahrheiten noch von Krankheiten, weder von Bildung noch vom Fernsehen, weder vom Geld noch von der Liebe respektiert werden‘, ist also nur bedingt gültig, nämlich nur für den Normalfall. Daß die Funktionssysteme ,unabhängig von Raumgrenzen‘ operieren, trifft nur dann zu, wenn der Verkehr von Daten und Gütern: also die entsprechende Technik funktioniert. Den Ausnahmefall zu denken, in dem auf Räume und Körper zugegriffen wird, vermeidet die Systemtheorie bisher. Deshalb kennt sie zwar infinite Hierarchien von Medium-Form-Unterscheidungen, nicht aber die Frage nach den Medien in Medien, die uns hier zum Raum, zum Körper und zur Technik geführt hat“
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4. Februar 2007
von Tom Levold
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Krieg und Frieden

In einem kurzen und klaren Aufsatz in der gestrigen Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau konstatiert der Bochumer Medientheoretiker Niels Werber, derzeit Lehrer für Medienkultur an der Bauhaus-Universität in Weimar, einen fundamentalen Wandel der Gesellschaft, der sich in der Auflösung des klassischen begrifflichen Gegensatzes von Krieg und Frieden offenbart:„Dass diese„neuen“ oder„asymmetrischen Kriege“ nicht mehr Krieg heißen, sondern Konflikt, militärische Operation oder Kampf, könnte man für einen euphemistischen Etikettenschwindel halten, um störende Hegungen wie die Genfer Konventionen, die Ächtung bestimmter Waffen oder die Haager Landkriegsordnung zu umgehen, aber es geht um viel mehr: Mit der Unterscheidung von Krieg und Frieden geht ein Begriffspaar verloren, das seit der Antike der Selbstbeschreibung der Kulturen gedient und das Selbstverständnis der Gesellschaften orientiert hat. … Die erfolgreiche Karriere des Nicht-Kriegs erschüttert nicht nur die Begriffsarchitektur der Völker- und Menschenrechte, sondern eröffnet eine neue Epoche gesellschaftlicher Selbstbeschreibungen, die ohne den Gegensatz von Krieg und Frieden auskommen müssen. Nach den alten Regeln wird nicht mehr gespielt, ob es neue gibt, ist noch unklar. Der vollständige Verlust an begrifflicher, rechtlicher, politischer und kultureller Bestimmtheit, wie sie dem alten Begriffspaar Krieg und Frieden einmal zukam, verweist auf eine Lage, in der„Interventionen“,„Maßnahmen“,„Special Operations“ und„Preemptive Strikes“,„rechtsfreie Zonen“,„Ausnahmezustände“ oder Fälle wie die von Murat Kurnaz oder Alexander Litwinenko niemanden mehr überraschen können. Die Gesellschaft, die sich an die Effekte des allenthalben und allerorten geführten Nicht-Krieg gewöhnt hätte, wäre eine andere. Sie wäre„entsichert“ (Tom Holert/Mark Terkessidis). Der Friede wäre ihr unbekannt“
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3. Februar 2007
von Tom Levold
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Sinn und Sinnerleben – Perspektiven der systemischen Therapie

Sinn ist eine der zentralen Kategorien einer Theorie sozialer – und psychischer – Systeme. Andreas Manteufel nimmt sich der Frage des Sinns in der systemischen Therapie in einem Buchbeitrag an, den er für einen von Hilarion Petzold und Ilse Orth herausgegebenen Band über„Sinn, Sinnerfahrung, Lebenssinn in Psychologie und Psychotherapie“ verfasst hat und der ab heute in der Systemischen Bibliothek zu lesen ist:„prochen, doch in der Therapieliteratur ist dieser Begriff selten Gegenstand einer tieferen Reflexion. In der Alltagskommunikation läuft Sinn zumeist implizit mit, ohne dass darüber explizit gesprochen werden muss. Zumeist gibt es ein intuitives Verständnis darüber, dass von Sinn die Rede ist. Im therapeutischen Gespräch dagegen wird Sinn explizit gemacht, dabei aber zumeist als existentieller Mangel erlebt. Ähnlich wie das Konzept„Gesundheit“ (Simon 1995) wird auch Sinn üblicherweise erst dann zu definieren versucht, wenn er fehlt. Die Rede ist dann von„Sinnverlust“,„Sinnlosigkeit“ oder„Sinnsuche“. Schmitz (1969, 222ff.) beschreibt in seiner Gefühlsphänomenologie die Verzweiflung, die sich bei Sinnverlust einstellt, als das„leere Gefühl“. Begibt sich der Therapeut mit seinen Patienten auf die Suche nach diesem verlorenen Gut, muss er sich darüber bewusst sein, dass er eine existentielle Ebene betritt (Yalom 1989). Der vorliegende Beitrag fragt nach dem Stellenwert von Sinn und Sinnerleben in der systemischen Therapie“
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2. Februar 2007
von Tom Levold
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Hermeutische Zugänge zum Leben und Werk Niklas Luhmanns

Unter dieser Überschrift gibt es einen Text („Erster Entwurf“) von Thomas Krumm, Politologe an der Philipps-Universität Marburg, der mit der Technik der Sequenz-Analyse aus der Schule der„objektiven Hermeneutik“ Oevermanns ein veröffentlichtes Luhmann-Interview (von Detlef Horster) mit dem Ziel untersucht, biografische Motive im Werke Luhmanns aufzuschlüsseln, ein reizvolles Projekt, da Luhmann bekanntermaßen mit autobiografischen Äußerungen mehr als sparsam umging.
Zunächst stellt Krumm überraschende Ähnlichkeiten zwischen Luhmann und Max Weber fest:„Überraschenderweise war Luhmann, als es 1961 zur Strukturkrise in seiner Biographie kam, mit 34 Jahren genauso alt wie Max Weber, als dessen Nervenleiden mit einem ersten nervö-sen Zusammenbruch und anschließendem Erholungsaufenthalt am Genfer See im Jahr 1898 begann. Die Behauptung einer Lebenskrise Luhmanns im Alter von 34 Jahren, im Jahr 1961, mag zunächst überraschen und muss in den folgenden Fallrekonstruktionen belegt werden. Die Hypothese stützt sich darauf, dass in einem Jahr zugleich geheiratet wurde und die Verwaltungskarriere, die der jungen Familie ein sicheren Rückhalt gegeben hätte, zugunsten eines Stipendiums an der Harvard-Universität, wo er dann mit Talcott Parsons zusammen traf, aufgegeben wurde“ Anhand des Interviews versucht Krumm aufzuzeigen, dass Luhmanns Theorieoptionen bereits früh in seiner – als zwanghaft charakterisierten – Neigung, Ordnung zu schaffen, gebahnt ihre Wurzeln finden:„Für den vorliegenden Fall ist typisch, dass dieses Realabstrahieren nicht nur zwanghaft ist, sondern auch schon sehr früh in diese Intellektualität sublimiert ist, eine sehr frühe Systematisierung enthält. So stellt er sich auf interessante Weise so dar, dass er schon in seiner Frühzeit Systemtheoretiker war. Die Grundhaltung war die des Ordnung-Schaffens. Er sieht sich in der Kontinuität dieser Ordnungsproduktion“
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1. Februar 2007
von Tom Levold
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Zum 100. Geburtstag von Günter Eich am 1.2.2007


Wacht auf!

Wacht auf, – denn eure Träume sind schlecht!
Bleibt wach, – weil das Entsetzliche näher kommt.

Auch zu dir kommt es, der weitentfernt wohnt
von den Stätten, wo Blut vergossen wird,
auch zu dir und deinem Nachmittagsschlaf,
worin du ungern gestört wirst.
Wenn es heute nicht kommt, kommt es morgen,
aber sei gewiß.

„Oh, angenehmer Schlaf
auf dem Kissen mit roten Blumen,
einem Weihnachtsgeschenk von Anita, woran sie drei Wochen gestickt hat,

oh, angenehmer Schlaf,
wenn der Braten fett war und das Gemüse zart.
Man denkt im Einschlummern an die Wochenschau von gestern abend:
Osterlämmer, erwachende Natur, Eröffnung der Spielbank in Baden-Baden,
Cambridge siegte gegen Oxford mit zweieinhalb Längen, –
das genügt, das Gehirn zu beschäftigen.

Oh, diese weichen Kissen, Daunen aus erster Wahl!
Auf ihm vergißt man das Ärgerliche der Welt, jene Nachricht zum Beispiel:
Die wegen Abtreibung Angeklagte sagte zu ihrer Verteidigung:
Die Frau, Mutter von sieben Kindern, kam zu mir mit einem Säugling,
für den sie keine Windeln hatte und der
in Zeitungspapier gewickelt war.
Nun, das sind Angelegenheiten des Gerichtes, nicht unsre.
Man kann dagegen nichts tun, wenn einer etwas härter liegt als der andre.
Und was kommen mag, unsere Enkel mögen es ausfechten“

Ach, du schläfst schon? Wache gut auf, mein Freund!
Schon läuft der Strom in den Umzäunungen, und die Posten sind aufgestellt.

Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind!
Seid mißtrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben für
euch erwerben zu müssen.
Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mit
der Leere eurer Herzen gerechnet wird!
Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet!
Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!

Günter Eich

31. Januar 2007
von Tom Levold
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4.33


Haben Sie mal zehn Minuten Zeit?„4.33″ ist ein berühmtes Stück von John Cage, das den Musikern maximale Stille abverlangt. Und das Hören von Stille ist eine Erfahrung, die heute nicht mehr häufig gemacht werden kann. Das Stück„besteht aus drei Sätzen mit der Anweisung Tacet, d.h. sie bestehen aus völliger Stille. In der Uraufführung am 29. August 1952, in einem Auditorium der Harvard-Universität, zeigte der Pianist David Tudor die drei Sätze durch Schließen und Öffnen des Klavierdeckels an. Laut Partitur ist die Dauer des Stückes frei wählbar, und der Titel soll diesen Wert in Minuten und Sekunden genau angeben. Obwohl also streng genommen der Titel je nach gewählter Dauer variieren kann, hat sich die Bezeichnung 4’33 durchgesetzt, der Wert der Uraufführung. Ebenso frei wählbar ist die Zahl der Ausführenden und die Art der (nicht) benutzten Instrumente“ (Wikipedia). Auf diesem Video gibt es eine Fassung von 4.33 für großes Orchester zu sehen und zu hören.

31. Januar 2007
von Tom Levold
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Teenager-Alarm

Die systemischen Therapeuten und Pädagogen Christina Rosemann und Ansgar Röhrbein aus Lüdenscheidt haben ein hilfreiches Büchlein für Eltern geschrieben, die Teenager-Kinder erziehen wollen – oder müssen. Tom Levold im systemagazin:„Der Band ist durch seine ebenso einfache und lockere wie fundierte Schreibweise, die vieles transportiert, ohne vieles vorauszusetzen, für eine breite Leserschaft geeignet, jeder, der Kinder im Teenager-Alter hat, weiß sofort, wovon die Rede ist. Im Text finden sich immer wieder kurze Interviews mit Eltern, Check-Listen sowie hilfreiche Fragebögen zur Selbstreflexion. Zwei Interviews mit Wilhelm Rotthaus und Arist von Schlippe bereiten weitere pädagogische Expertise sehr verständlich auf. Das Buch wird durch zahlreiche Cartoons aufgelockert und durch Hinweise auf empfehlenswerte Internet-Links für Eltern und Jugendliche, beziehbare Broschüren und Faltblätter sowie einer Tabelle mit den aktuellen Jugendschutzbestimmungen beschlossen.… Ein Buch, das man Eltern empfehlen kann“
Zur Kurzvorstellung…

30. Januar 2007
von Tom Levold
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Evidenzbasierte psychiatrie und psychotherapie?

Über diese schon lange strittige Frage streiten in der Ausgabe 11/06 von DNP („Der Neurologe & Psychiater“) Mathias Berger, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg (Pro) und Christoph Mundt, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Psychiatrie an der Uniklinik Heidelberg (Contra). Mundt:„EBM wird meist unter den Gesichts punkten der Akzeptanz und der Praktikabilität, der Ausbildungs- und Weiterbildungscurricula und der Motivierbarkeit der Praktiker diskutiert. Und wo bleibt die Expertiseforschung? Zur Entwicklung von Expertise tragen Intuition, Gedächtnisleistung, praktische
Intelligenz und Episodenlernen bei. Nach Studien von Sackett u.a. wird das Erkennen klinischer Muster aus fallorientiertem Lernen und Erfahrung generiert, und erst daraus sind medizinische Entscheidungskompetenz und Effizienz ableitbar. Wissen und Gedächtnis von Experten sind offenbar an narrativen Fallepisoden orientiert. Das deklarative Wissen der EBM trägt erst durch die Verknüpfung mit dem Fallepisoden-basierten Wissen zur Kompetenzsteigerung bei“
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30. Januar 2007
von Tom Levold
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Loriot als Symbolischer Interaktionist


In der heute veröffentlichten Themenausgabe des Forums Qualitative Sozialforschung FQS zum Thema„Zeit und Diskurs“ findet sich unter anderem ein Aufsatz von Dirk Koob, Privatdozent für Soziologie an der Universität Göttingen, der eine studentenorientierte Einführung in die Theorie des Symbolischen Interaktionismus bietet, welche vor allem in den 70er Jahren kollossalen Einfluss auf die Sozialwissenschaften hatte. Am Beispiel von Loriots Badewannendrama wird unter dem Titel„Loriot als Symbolischer Interaktionist. Oder: Warum man selbst in der Badewanne gelegentlich soziale Ordnung aushandeln muss“ u.a. die These verdeutlicht, dass Menschen Dingen gegenüber auf der Grundlage von Bedeutungen handeln, die sie diesen Dingen beimessen“ systemagazin freut sich, das empirische Material gleich mitzuliefern.
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30. Januar 2007
von Tom Levold
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Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen

Wolfgang Loth ist systemagazin-Lesern seit der Gründung vertraut. Er hat aber nicht nur zahlreiche Aufsätze und noch zahlreichere Rezensionen verfasst, sondern auch ein Buch, das heute an dieser Stelle gewürdigt werden soll. In seiner Rezension von„Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen. Das Entwickeln klinischer Kontrakte“ schreibt Kurt Ludewig über Wolfgang Loth:„Seine Arbeiten der letzten Jahre imponieren als beharrliche Auseinandersetzung mit den theoretischen Prämissen systemischen Denkens und mit deren Wert im Hinblick auf die Umsetzung in Praxis. Das Dilemma des Praktikers – er ist seit nunmehr 20 Jahren Mitarbeiter einer Beratungsstelle – löst er nicht, indem er sich auf die eine oder andere Seite desselben lehnt, sondern indem er sich durchgehend treu bleibt bei seinem Bemühen, Theorie und Praxis zu verbinden, ohne sich dabei selbst zu vergessen. Er bleibt also der zentralen Voraussetzung systemischen Denkens treu, den ,Beobachter‘, also sich selbst, erkenntlich zu machen, ohne sich auf angebliche Vorgegebenheiten herauszureden. Mit seinem eigenen Begriff ausgedrückt, verzichtet er darauf, eine überhebliche Position des anleitenden Besserwissers einzunehmen, sondern er bescheidet sich bewusst auf die Funktion eines„Beisteuernden“, die über die Kompetenz verfügt, sich erkennbar, verantwortlich und anschlussfähig am Diskurs zu beteiligen“ Eine schöne Beschreibung der Haltung von Wolfgang Loth.
Und Cornelia Tsirigotis ergänzt in einer weiteren Rezension:„Im kälter wehenden Wind der Diskussion um Qualität und
Finanzierbarkeit von Hilfeangeboten ist es gut, sich mit einem
qualitativen und fundierten Konzept von Leistungsbeschreibung einen „atmungsaktiven Windbreaker“ anzuziehen“

Zu den vollständigen Besprechungen…

29. Januar 2007
von Tom Levold
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120. GEburtstag von René A. Spitz

Am 29. Januar 18887 wurde René Arpad Spitz als Kind ungarischer Eltern in Wien geboren, wuchs aber in Budapest auf. Nach dem Medizinstudium in Lausanne, Berlin und Budapest, wo er 1910 promovierte, ließ sich Spitz als Schüler Ferenczis zum Psychoanalytiker ausbilden. Seine Lehranalyse absolvierte er bei Siegmund Freud. 1924 zog er nach Wien, 1930 nach Berlin, später nach Paris, von wo aus er angesichts der Bedrohung durch die Nationalsozialisten nach New York übersiedelte. Nach seiner Emigration in die USA wurde er 1956 Professor für Psychologie an der Graduate Faculty des City College of New York und 1967 Professor für Psychiatrie an der University of Colorado. Er starb am 14. September 1974 in Denver, Colorado.
In seiner Wiener Zeit erhielt er einen Forschungsauftrag unter Charlotte Bühler in der Kinderkrippe der Kinderübernahmestelle der Stadt Wien. Er befasste sich als erster mit der systematischen Erforschung der Psychologie des Säuglingsalters und begründete das Interaktions-Paradigma in der Säuglingsforschung, das die Untersuchung der Sozialbeziehungen des Babys in den Mittelpunkt der Forschung rückt und neben der Untersuchung der kognitiven Entwicklung bis heute die Forschungsbemühungen in diesem Sektor dominiert.
In einem schon älteren Text mit dem Titel„Sozialwaisen – Kleinkinder ohne Familie. Auswirkungen von Hospitalismus“ aus dem Jahre 1982 beschreibt Maximilian Rieländer zusammenfassend die Ergebnisse der Hospitalismusforschung dar, die dauerhaft mit dem Namen von René Spitz verbunden sein wird.
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