systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

3. Oktober 2007
von Tom Levold
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Praxistheorie und Praxisforschung in der klientenbezogenen Sozialen Arbeit

Heinz Alex Schaub, emeritierter Professor am Fachbereich Sozialwesen der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg, Arzt für Neurologie u. Psychiatrie sowie Facharzt für psychotherapeutische Medizin hat 1999 in„System Familie“ einen Aufsatz über„Praxistheorie und Praxisforschung in der klientenbezogenen Sozialen Arbeit“ veröffentlicht, der in der Systemischen Bibliothek zu finden ist:„Es wird der Versuch gemacht, an Hand eines Fallbeispiels aus der sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH), dessen Praxistheorie zu demonstrieren und Möglichkeiten der Praxisforschung in der Sozialen Arbeit aufzuzeigen. Dabei wird die SPFH als generalistische Familienintervention verstanden, die sich der Komplexität der ,Familie‘ stellt und reflektiert in deren Leben eingreift mit dem Ziel, mehr biopsychosoziale Gesundheit für deren Mitglieder zu erreichen. (…) An Hand eines Fallbeispiels wird veranschaulicht, dass sozialpädagogische Familienhilfe konzeptuell und auch praxistheoretisch begründet sein soll. Insbesondere der Verlauf des Falles zeigt, wie Prozessdenken sowie Wissen um die strukturellen Eigenheiten von Familien, Klärung der häufig diffusen Auftragslage und reflektiertes interventorisches Handeln die Effektivität dieser Familienhilfe in der Praxis wesentlich mitbestimmt. Eine Intensivierung der Praxisforschung könnte die Wirksamkeit dieser Familienarbeit noch weiter überprüfen und verbessern helfen. Dies sollte mit Methoden der qualitativen Forschung geschehen, weil nur so die Besonderheit eines jeden Falles hinreichend gewürdigt werden kann“
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2. Oktober 2007
von Tom Levold
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Heinz von Foerster und Niklas Luhmann: Das Problem der Kybernetik zweiter Ordnung

Heute vor fünf Jahren starb Heinz von Foerster in Pescadero, Kalifornien, im Alter von fast 92 Jahren. systemagazin verweist aus diesem Anlass auf einen spannenden Aufsatz von Wolfram Lutterer, in dem dieser die Rezeption von Gregory Bateson und Heinz von Foerster durch Niklas Luhmann kritisch untersucht. Der Aufsatz ist 2002 in der Zeitschrift„Sociologia Internationalis“ erschienen und auch als PDF im Netz zu lesen. Lutterer macht deutlich, dass systemisches Denken bei den genannten Autoren durchaus zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führt und kritisiert insbesondere die Verwendung des Konzeptes der strukturellen Kopplung bei Luhmann:„Wenn im folgenden zwischen einer ,Systemtheorie‘ bei Luhmann und einer ,systemischen Theorie‘ bei Bateson und Foerster unterschieden wird, verdankt sich dies insbesondere zwei, meines Erachtens zentralen Unterschieden beider Positionierungen: Erstens besteht ein Unterschied hinsichtlich der Rolle des Beobachters. Für Bateson wie Foerster dürfte die allzu artifizelle Trennung sozialer, psychischer und biologischer Systeme durch Luhmann nur wenig Sinn machen. Dies wird im zweiten Abschnitt dieses Aufsatzes noch weiter ausgeführt werden. Für beide ist in einem sehr radikalen Sinne der Beobachter Teil des beobachteten Systems und nicht nur ,strukturell gekoppelt‘. Eine Konsequenz hieraus ist allerdings auch, daß in einer systemischen Herangehensweise keine auch nur annähernd vergleichbare ,großer Theorie‘ entwickelt werden kann. Zweitens besteht aber auch ein Unterschied im Systembegriff selbst. Zur Klärung der unterschiedlichen Semantiken sollte es genügen, daß eine systemische Theorie nicht notwendig die Existenz von Systemen postuliert, sondern schlichtweg irgendetwas als ein System beschreibt. Eine Systemtheorie hingegen versucht – zumindest im Luhmannschen Sinne – bereits als System erkannte Phänomene hinsichtlich ihrer Eigenheiten zu analysieren. Das System wird hier – und zwar nicht nur aus pragmatischen Gründen – als realiter vorhanden angesehen. Die Unterschiede in den Systembegriffen von systemischer Theorie und Systemtheorie bei den drei genannten Autoren werden nachfolgend näher analysiert und insbesondere hinsichtlich Luhmannscher Theorie problematisiert“
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30. September 2007
von Tom Levold
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Supervisionsanfrage


Aus den USA erreichte uns die Anfrage eines familientherapeutischen Kollegen, der über ein ihn etwas überforderndes Erstgespräch mit heftigen Übertragungsreaktionen berichtete. Ein Video-Ausschnitt dieser Sitzung liegt vor. Sachdienliche Hinweise werden gerne entgegengenommen.

29. September 2007
von Tom Levold
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Hoffnung und Resilienz

Dan Short ist ein Schüler von Milton Erickson und war langjähriger Kodirektor der Milton Erickson Foundation in Phoenix, Arizona. In dieser Funktion hatte er auch Zugang zu bisher unveröffentlichtem Material, das neue Einsichten in Ericksons Arbeitsweise ermöglicht. Unter anderem daraus ist in gemeinsamer Arbeit mit der deutschen Ko-Autorin Claudia Weinspach ein Buch entstanden, das den LeserInnen den Ericksonschen Ansatz nahebringt, ein Anliegen, das bereits mehrfach in Angriff genommen wurde. Wolfgang Loth greift diesen Umstand in seiner sehr positiven Rezension auf:„Was es mittlerweile schwierig macht, etwas aus dem munter fließenden Strom neuer Literatur zu Erickson und seinem Wirken zu besprechen, ist der Umstand, dass man eigentlich gesättigt ist. Das Feld ist beackert, die berühmten Geschichten haben wiederholt die Runde gemacht und die Klinische Hypnose ist eifrig bemüht, sich in den Rang eines wissenschaftlich anerkannten und kassenzugelassenen Wesens zu begeben. Was also soll’s? Wie mir scheint, eröffnet sich genau über diesen Pfad eine Möglichkeit, das hier besprochene Buch als ein besonderes zu bezeichnen. Mir scheint, dass das vorliegende Buch nicht nur eine glänzende Einführung in das Verständnis der Vorstellungen Milton Ericksons zur therapeutischen Arbeit gibt, sondern auch anregt, sich noch einmal über Gedanken zum Therapiebetrieb „an sich“ klarer zu werden. Dass die beiden AutorInnen nachhaltig auf Kooperation abzielen, darauf, dass Erickson die Achtung vor der Kundigkeit der Hilfesuchenden als zentral gewichtet hat, ist Wiederholung von Bekanntem. Sie bleiben jedoch nicht dabei stehen, sondern unterstreichen dessen Bedeutung für ein generelles Verständnis von (Psycho)Therapie. … Ein gut lesbares, souveränes, sowohl seriöses wie ermunterndes Buch. Ich empfehle es sowohl wegen der inhaltlichen Anregungen, wie auch wegen seiner Wachheit für die Kontexte unserer Profession“
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28. September 2007
von Tom Levold
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Trans-Ed wird gebaut

Unmittelbar vor seiner Abwahl als bayerischer Ministerpräsident verkündete Edmund Stoiber heute eine Einigung über den umstrittenen Denkmalbau Trans-Ed, der nun nach langem Ringen gebaut werden soll. Die Finanzierung des Monumentalmonuments sei bis zu einer Höhe von 1,85 Milliarden Euro gesichert. Die bestehende Lücke habe die Staatskanzlei schließen können. Allerdings ist der genaue Baupreis weiterhin unklar. Zunächst hieß es, dass die Bauindustrie einen Festpreis in Höhe der jetzt zusammengesammelten 1,85 Milliarden Euro zugesichert habe. Diese Botschaft erwies sich aber schnell als falsch.„Wir wollen uns am gesetzten Kostenrahmen orientieren“, erklärte Stoiber. Er musste jedoch einräumen, dass die Summe noch steigen kann. Erst in einem halben Jahr sei mit einem Festpreis zu rechnen. Neu ist auch eine bezifferte Hoffnung auf EU-Gelder aus der europäischen Kulturstiftung. Zwar bezweifelte Kommissionschef Barroso erst jüngst, dass EU-Gelder fließen würden, da es sich um ein Projekt von zweifelhaften kulturellem Wert handele. Dennoch hat Stoiber 50 Millionen Euro aus Brüssel eingerechnet: „Bei aller Toleranz: Nicht nur Kathedralen, sondern auch Deutsche Denkmäler müssen höher sein als Moscheen, das muss auch von der EU eingesehen werden“. Die letzten 100 Millionen Euro zur Kostendeckung sollen vom Vatikan kommen, der dem Bayern-Projekt angeblich wohlwollend gegenüberstehen soll. Der Trans-Ed soll die Münchener Staatskanzlei mit dem Himmel verbinden und ist der römischen Trajanssäule nachempfunden (in der nebenstehenden Abbildung ist ein Modell des Denkmals zu sehen). Die Himmelsverbindung soll mithilfe des Trans-Ed bis zu 15 Minuten kürzer dauern, kaum Geräusche verursachen und eine gute Umweltbilanz aufweisen. Allenfalls für den Flugverkehr über München könnte es kleinere Probleme geben, die aber leicht in den Griff zu bekommen seien. Die hohen Kosten ergeben sich Steuber zufolge daraus, dass alle 1,85 Milliarden Wohltaten seiner Amtszeit von bayerischen Steinmetzen in Wort und Bild auf der Säule festgehalten werden sollen: „Das sind im Schnitt nur 1 Euro pro Wohltat, das scheint mir für einen Politiker meines Formates doch mehr als angemessen“, rechnete Steuber vor. Eigentlich seien es zwar fast 3 Milliarden Wohltaten gewesen, für die bauliche Realisierung dieser realen Größenordnung habe sich aber kein Statiker finden lassen. Aus diesem Grunde müsse man es leider bei einer Bauhöhe von 834 m bewenden lassen. Im Gegenzug kündigte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) an, gegen das Bauprojekt zu klagen. Möglicherweise soll es auch zu einem Volksentscheid in Bayern kommen. Auch gegen einen positiven Planfeststellungsbeschluss durch die Regierung von Oberbayern kündigte Ude Widerstand an. Die Stadt München lehnt mit ihrer rot-grünen Stadtratsmehrheit den Bau des Trans-Ed ab.

27. September 2007
von Tom Levold
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Führungsherausforderungen und Organisationsarchitekturen

Die systemischen Organisationsberater Reinhart Nagel, Bernhard Krusche, Thomas Schumacher (osb International) und Torsten Groth vom Management-Zentrum Witten haben sich in einem Aufsatz für die Zeitschrift„Organisationsentwicklung“ (2/06) mit„Führungsherausforderungen in unterschiedlichen Organisationsarchitekturen“ beschäftigt:„Jede Veränderung des Organisationsdesigns verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu steigern. Daher wurde in den letzten beiden Jahrzehnten das gezielte Umbauen der Organisationsarchitekturen zu einem zentralen Stellhebel der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Diese zunehmende Bedeutung der Organisationsarchitektur für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens macht es für das Management nötig, sich mit den Herausforderungen der jeweiligen Organisationsarchitektur für die Unternehmensführung auseinanderzusetzen“ Dabei stellen die Autoren die Grundzüge des„funktionalen OrganisationsdesignS“, der Geschäftsfeldorganisation, der Projektorganisation und der Prozessorganisation dar und zeigen auf, welche spezifischen unterschiedlichen Anforderungen diese Organisationskonzepte an die jeweiligen Führungskräfte stellen. Sie betonen dabei die Notwendigkeit, bei einem Wechsel des Organisationsdesigns auf auf die Mitentwicklung der Führungsstruktur zu achten, was fast immer unterschätzt werde:„Nur wenn beide Dimensionen stimmig zueinander entwickelt werden, ist die erhoffte Leistungssteigerung tatsächlich zu realisieren“.

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26. September 2007
von Tom Levold
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Kontext 3/2007

Der systemischen Praxis ist das neue Heft von Kontext gewidmet. Drei Beiträge befassen sich mit„Vätern zwischen Diwan und Sofa“, nämlich besonderen Konstellationen bei türkischen Familien in Deutschland, mit dem therapeutischen Prozess eines Paares, das nach erfolgter stationärer Alkoholentwöhnungsbehandlung der Frau gemeinsame Gespräche in einer Suchtberatungsstelle zur weiteren Stabilisierung wünschte und der„Skalierungsscheibe“, das der Autor Frank Natho entwickelt hat und in unterschiedlichen Kontexten einsetzt, hier: Erziehungsberatung, Schuldnerberatung und Paarberatung. In der Rubrik Kontextuelles ist die Textfassung eines Vortrages von Friedebert Kröger über das Beharrungsvermögen der Sozialform Familie zu lesen („Familien-Bande“). Und wieder gibt es Nachrufe. Günter Reich nimmt Abschied von Eckhard Sperling, Eugene Epstein & Manfred Wiesner von Tom Andersen. Den Abschluss macht die Reihe„Klassiker wiedergelesen“, diesmal schreiben Irmtraud Schmitz und Bernd Roedel über„Die Sprache der Familientherapie“ von Fritz B. Simon, Ulrich Clement & Helm Stierlin.
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24. September 2007
von Tom Levold
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Zur Lage der Psychotherapie in Deutschland

Die Gewerkschaft ver.di hat am 29.11.2006 eine Fachtagung zum Thema„Stand und Perspektiven der psychotherapeutischen Versorgung“ durchgeführt, deren Beiträge nun auf 142 Seiten auch nachzulesen sind. Prof. Jürgen Kriz nimmt in seinem Beitrag Stellung„Zur Lage der Psychotherapie in Deutschland“ und setzt sich eingehend mit der aktuellen Entscheidung des G-BA bezüglich der Gesprächspsychotherapie auseinander. Prof. Manfred Zielke von der Universität Mannheim betont, dass die symptomatische Belastung von Patienten in stationärer psychotherapeutischer oder psychosomatischer Behandlung stark zugenommen habe. In diesem Zusammenhang habe auch die Häufigkeit des Medikamentenabusus zugenommen. Prof. Harald Rau von den Zieglerschen Anstalten Wilhelmsdorf setzt sich am Beispiel der Behandlung von Depressionen mit Fragen der Effektivität von einseitiger Psychopharmakotherapie, von Kombinationsbehandlungen und von ausschließlicher Psychotherapie auseinander. Prof. Dr. med. Arno Deister, Chefarzt der Klinik in Itzehoe stellt ein Klinikleitungsmodell vor, in dem der dortige leitende Psychologe/Psychotherapeut als Funktionsoberarzt der Führungsebene angehört. Prof. Dr. phil. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, verweist in seinem Beitrag auf die Notwendigkeit der Vermittlung von Organisationswissen über die Strukturen von Krankenhäusern und das spezielle Setting der Behandlung auf einer Station in einem multiprofessionellen Team bereits in der Psychotherapeutenausbildung. Auf der ver.di-website heißt es zusammenfassend:„Insbesondere verdeutlichte die Tagung, dass ein Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, Psychotherapie bereits heute einen bedeutenden Beitrag zur Gesundheitsversorgung leistet und unter verbesserten Rahmenbedingungen noch wesentlich mehr für die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung zu leisten in der Lage wäre. Da ein solch sinnvolles und methodisch längst hochqualifiziertes Behandlungsmodell im Vergleich zum traditionellen medizinischen Modell immer noch relativ wenig Wertschätzung erfährt bzw. in der Berufs-, Gesundheits- und Sozialgesetzgebung bis heute mit einer Reihe von diskriminierenden Restriktionen belegt wird, ist aus Sicht der in ver.di organisierten PsychotherapeutInnen auch in dieser Hinsicht eine gesundheitspolitische Reformbewegung überfällig“
Zur website, auf der die Dokumentation in zwei Teilen (PDF) heruntergeladen werden kann…

23. September 2007
von Tom Levold
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Stress und Stressregulation

Diana Drexler ist Psychotherapeutin in eigener Praxis und hat vor kurzem die Leitung des Wieslocher Instituts für Systemische Lösungen von Gunthart Weber übernommen, an dem sie auch als Lehrtherapeutin wirkt. Bei Klett-Cotta hat sie zwei Bücher über Stressbewältigung veröffentlicht, von denen sich das eine an Professionelle richtet, die Kurse und Workshops zum Thema Stressbewältigung anbieten, das andere an Stress-Betroffene selbst. Nadine Reiband hat beide Bücher für systemagazin besprochen:„Das integrierte Stress-Bewältigungs-Programm richtet sich an Psychologen, Therapeuten und Coaches – an die ,Profis‘. Sei der Einsatzort nun stationäre Therapie, Managerseminar oder VHS-Areal, das Programm kann vielseitig genutzt werden. (…) Ein rundum gelungenes Buch zum Thema Stress. Der Anwender des ISP wird gut und fundiert durch das Programm geführt und findet allerlei Anregungen und Tipps und wahrscheinlich wenig persönlichen Stress. (…) Das zweite Buch zum Thema Stress ,Gelassen im Stress‘ ist für den Selbstgebrauch geschrieben. Einfach zu lesen und dennoch fundiert bringt die Autorin dem Laien das Thema ,Stress‘ nahe, wissenschaftliche Theorien werden angerissen und erläutert. Das Buch ist ein Arbeitsbuch. Viele Übungen können konkret im Buch notiert werden“
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22. September 2007
von Tom Levold
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Systemische Forschung

Zum vierten Mal (nach 1996, 2004 und 2006) findet vom 5.-7. März in Heidelberg die Tagung„Systemische Forschung in Therapie, Pädagogik und Organisationsberatung“ statt. Diese Tagung hat bereits mehrfach nicht nur forschungspolitische Akzente gesetzt – so in der Entstehung der Expertise zur„Wirksamkeit der systemischen Therapie / Familientherapie (v.Sydow et al. 2007) oder in der Rezeption der Kostenstudien zur Familientherapie von Russell Crane -, sondern auch zahlreiche neue Kooperationen und Arbeitskontakte gestiftet.
Diesmal werden an den drei Tagen im Mittelpunkt stehen:

  • Mittwoch 5. März: Forschung zu Multi-System-Therapie (Chuck Borduin) und Multi-Familien-Therapie (Eia Asen) sowie zu Systemische Therapie in anderen Kulturkreisen (Haim Omer, Israel & Joyce Ma, China)
  • Donnerstag 6. März: Strategieworkshop Systemische Forschung an deutschsprachigen Hochschulen sowie„Was ist systemisch, was wissenschaftlich? (Jürgen Kriz)
  • Freitag, 8. März: Schulentwicklungsforschung in Östereich (Michael Schratz, Wilfried Schely) und qualitative Organisationsforschung (Arist v. Schlippe und Gäste)

„Zwischendrin“ kann man neue Forschungsergebnisse hören, in Methodenworkshops Know How tanken – und in den Pausen und den zwei Abendveranstaltungen laufen ja bekanntlich die wichtigsten Kommunikationen von Konferenzen.
Mittlerweile ist das vollständige Tagungsprogramm fertig und kann hier eingesehen werden.

21. September 2007
von Tom Levold
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Leitlinien im Spannungsfeld von Wissenschaft, Ökonomie und therapeutischer Praxis

Mark Helle, Professor für klinische Psychologie an der Fachhochschule Magdeburg/Stendal, hat 2006 in einem von J. Hardt im Psychosozial-Verlag herausgegebenen Sammelband mit dem Titel„Gesellschaftliche Verantwortung und Psychotherapie“ einen kritischen Aufsatz zur„Leitlinienkultur“ in der Psychotherapie verfasst, die sich langsam und allmählich als Behandlungsstandard zu etablieren versucht. Diese Arbeit ist online auf der website der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie zu lesen. Ihr Anliegen ist es:„zum einen, auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die drohen, wenn Leitlinien – wie sie gegenwärtig erstellt werden – kritiklos und auf direktem Wege in die Praxis übernommen werden. Zum anderen soll deutlich werden, dass in der derzeitigen Konzeption und Umsetzung von Leitlinien systematisch gegen die wissenschaftlichen Prinzipien verstoßen wird, für deren Hüter sich viele der Autoren von Leitlinien verstehen. Die wissenschaftlich anspruchsvollen und hoch kontrollierten Studien, welche die Basis der Erstellung von Leitlinien bilden, weichen in so vielen Punkten von der psychotherapeutischen Versorgungswirklichkeit ab, dass eine Generalisierung der so gewonnenen Erkenntnisse auf die psychotherapeutische Praxis unzulässig und unwissenschaftlich ist“
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20. September 2007
von Tom Levold
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Sozialarbeit als Sozialtechnologie

Bei diesem Gedanken sträuben sich wohl den meisten SozialarbeiterInnen und -pädagoginnen die Haare. Ernst-Wilhelm Luthe, neuer systemagazin-Autor (herzlich willkommen), Professor für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel und der Universität Oldenburg und Geschäftsführender Direktor des Instituts für angewandte Rechts- und Sozialforschung versucht jedoch der Sozialarbeit in einer streng systemtheoretischen Analyse deutlich zu machen, dass genau dies die Perspektive einer sozialarbeiterischen Praxis sein sollte. Seine so ausführliche wie bisweilen provokative Argumentation, die das Selbstverständnis vieler Professioneller auf eine Probe stellen dürfte und nun in der Systemischen Bibliothek nachzulesen ist, wurde erstmals 2003 im„Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit“ veröffentlicht und sei zur gründlichen Lektüre empfohlen:„Soziale Arbeit hat eine Veränderungsabsicht. Sie will aus problembehafteten Menschen teilhabefähige Personen machen, das gedeihliche Zusammenleben und den inneren Zusammenhalt sozialer Gruppen fördern (etwa Familien), angeschlagene Organisationen wieder arbeitsfähig machen (etwa Betriebssozialarbeit) und überhaupt die Welt, in der wir leben, in bessere Zeiten führen. Selbst vor einer Strategie der Selbständerung von Menschen, Gruppen, Organisationen und Gesellschaft (Hilfe zur Selbsthilfe) schreckt sie nicht zurück. Hierfür ist ihr jedes Mittel recht, auch wenn es nicht ihr eigenes ist: Die Aktivierung von Rechtsansprüchen, das Anzapfen von Geldquellen, der Einsatz von Erziehungsmethoden, die Herstellung und Steigerung des körperlichen und psychischen Wohlbefindens bis hin zur Kommunikation von Sinnfragen, – Prävention und Nachsorge inbegriffen. Soziale Arbeit ist mithin durch und durch technologisch ausgerichtet. Und wenn nicht alles täuscht, liegt hierin überdies ihre einzige Existenzberechtigung“
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19. September 2007
von Tom Levold
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Das Elend der Welt

Im Jahre 1993 erschien das letzte große Werk des im Jahre 2002 verstorbenen französischen Soziologen Pierre Bourdieu„La misère du monde“, das er gemeinsam mit einer Gruppe von KollegInnen veröffentlichte und das in der Fachöffentlichkeit sicher das Umstrittenste seiner Arbeiten war, dem von seinen Gegnern eine feuilletonistische bzw. journalistische Vorgehensweise vorgeworfen und damit die Wissenschaftlichkeit bestritten wurde. 1997 wurde das umfangreiche Buch (fast 1000 Seiten im Original), etwa um 20 Prozent gekürzt, im Universitätsverlag Konstanz in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Seit 2005 ist nun eine wesentlich preiswertere, aber nochmals gekürzte Studienausgabe erschienen, die es dennoch möglich macht, sich mit diesem lohnenswerten Projekt intensiver zu beschäftigen. Genauere Angaben zu dieser Ausgabe sind dem Vorwort von Franz Schultheis zu entnehmen, der die beiden deutschen Versionen auch besorgt hat. systemagazin bringt die ausführliche Rezension der ersten deutschen Übersetzung von Oliver König aus dem Jahre 1997, in der er festhält:„Was macht nun dieses Buch bzw. den darin zum Ausdruck kommenden Denkstil für TherapeutInnen wichtig? Es bietet auch für den soziologischen Laien eine gut lesbare und mit wenig theoretischem Ballast befrachtete erste Begegnung mit einer der zentralen soziologischen Denkschulen der Gegenwart. Es bietet ein Kaleidoskop gesellschaftlicher Positionen und Perspektiven zum Wandel in Familie und Generationenbeziehungen, zu Wohnort, Schule, Beruf, Arbeit und Arbeitslosigkeit, und den Verwerfungen einer multikulturellen Gesellschaft, alles Problemlagen, die für die Bundesrepublik in gleicher oder vergleichbarer Art bestehen. Es bietet Reflexionen über eine am Gegenstand entlang entwickelte Methode des Interviews und Methodologie der Analyse und des Verstehens. Und in Übertragung auf das Feld der Psychotherapie verweist es auf auch hier mögliche Wege zwischen einer naiv subjektivistischen, auf die Macht des Erlebens und die Evidenz des Wahrgenommenen pochenden alltagspraktischen „Theorie“ und einer sich in modelltheoretische Spekulationen zurückziehenden Theorie mit geringer oder fehlender empirischer und alltagspraktischer Anbindung“
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