systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

12. Oktober 2007
von Tom Levold
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Person, Gruppe, Netzwerk, System

Jan A. Fuhse, bis April 2007 Soziologe an der Abteilung für Soziologie und empirische Sozialforschung der Universität Suttgart beschäftigt und gegenwärtig Visiting Scholar an der Columbia University, hat einen spannenden Aufsatz über„Persönliche Netzwerke in der Systemtheorie“ geschrieben, der sich mit dem Status von Sozialbeziehungen beschäftigt, die keine eindeutige Innen-Außen-Differenzierungen im Sinne von System-Umwelt-Unterscheidungen zulassen. Im abstract heißt es:„Persönliche Netzwerke haben in der Luhmannschen Systemtheorie bisher keinen systematischen Stellenwert. Die vorliegende Arbeit versucht diese Lücke mit einer Diskussion bisheriger Begriffsvorschläge und dann mit einer eigenen Verortung des Netzwerkbegriffs in der Systemtheorie zu schließen. Zunächst wird überprüft, inwiefern frühere konzeptionelle Vorschläge in der Systemtheorie für die Fassung persönlicher Netzwerke geeignet sind. Diskutiert werden die Dreier-Typologie sozialer Systeme (Interaktion, Organisation und Gesellschaft) nach Niklas Luhmann, der Vorschlag einer Erweiterung um den Systemtyp der Gruppe von Helmut Willke, Friedhelm Neidhardt und Hartmann Tyrell, sowie Überlegungen zu Familie und Intimsystemen von Tyrell, Luhmann und Peter Fuchs und der Begriff des Interaktionszusammenhangs nach André Kieserling. Der zweite Abschnitt nimmt die bisherigen systemtheoretischen Arbeiten zum Netzwerkbegriff in den Blick: einige Formulierungen von Luhmann selbst, die Arbeiten von Gunther Teubner, von Eckard Kämper und Johannes Schmidt, von Veronika Tacke und von Stephan Fuchs. Abschließend wird auf den vorangegangenen Überlegungen aufbauend ein eigener Begriffsvorschlag für die systemtheoretische Fassung des Netzwerkbegriffs entwickelt. Einzelne Sozialbeziehungen werden dabei im Anschluss an Luhmann als autopoietische Systeme gesehen. Diese sind in gemeinsamen Interaktionen und in der Konstruktion von Personen (als Knoten von Netzwerken) aneinander gekoppelt. Nur in Ausnahmefällen entstehen dabei symbolisch abgeschlossene Gruppen wie Familien oder Straßengangs“ Die Arbeit ist in der Schriftenreihe des Instituts für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart 2005 erschienen und ist auch online zugänglich.
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11. Oktober 2007
von Tom Levold
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Multikulturelle systemische Praxis

Martin Solty, der als neuer systemagazin-Autor an dieser Stelle herzlich willkommen geheißen wird, hat sich mit dem„Reiseführer für Beratung, Therapie und Supervision“ von Arist von Schlippe, Mohammed El Hachimi und Gesa Jürgens beschäftigt, der als Wegweiser durch die multikulturelle systemische Praxis geleiten soll und bereits in der zweiten Auflage im Carl-Auer-Verlag erschienen ist:„Das Autorentrio versteht es, auch die nicht unbedingt in die systemische Denk- und Haltungsweise eingebundene Leserschaft, auf eine bereichernde und einladende und Neugierde weckende Reise durch die interkulturelle Beratungslandschaft mitzunehmen. Es ist ein an die Praxis gerichtetes Buch, das mit sehr viel Wertschätzung und vor allem mit respektierender Neugierde auf die Besonderheiten der unterschiedlichen Kulturen und auf die Menschen, die mit den besonderen Wertvorstellungen dieser Kulturen aufgewachsen sind, hinweisen möchte“. Die Lektüre hat auch den Rezensenten ermutigt, neue Wege bei der Beratung multikultureller Kontexte einzuschlagen.
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10. Oktober 2007
von Tom Levold
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Genforschungsgen gefunden

Nachdem in den letzten Monaten bereits die genetische Basis von Alkoholismus, ADHS, Schizophrenie, Rechtschreibschwäche, Lügen und außerehelichen Beziehungen entschlüsselt werden konnte, vermochten Genforscher aus fünf Ländern in einem einmaligen Selbstversuch erstmals zu beweisen, dass auch der Wunsch, Gene zu erforschen, selbst genetisch bedingt ist. So konnten sie aus der DNA von ingesamt 45 GenforscherInnen signifikant häufiger das Genforschungsgen GFG456 isolieren als bei einer Kontrollgruppe von 45 GeisteswissenschaftlerInnen mit gleichem kulturellen und biologischen Hintergrund. Nach Ansicht des Leiters der Studiengruppe, Gene Mind, der die Studie in einer Pressekonferenz in London vorstellte, ist das ein klarer Beleg für die Überlegenheit des Genforschungsansatzes. Ein weiterer wichtiger Befund, so Mind, habe gezeigt, dass – wie befürchtet – auf den Chromosomen der Geisteswissenschaftler zwar jede Menge Gene entdeckt werden konnten, aber kein Geist! Dieses für Geisteswissenschaftler ernüchternde Ergebnis sei ebenfalls ein Indiz für herausragende Bedeutung der Genforschung für die Erklärung sozialer Tatsachen. Gleichzeitig stellte Mind das bevorstehende Forschungsprojekt der Studiengruppe vor: er wies darauf hin, dass alle vorhandenen Untersuchungen von Familienstammbäumen die Hypothese nahelegten, dass sowohl Katholizismus als auch Protestantismus genetisch übertragen werden. Man stehe kurz vor der Sequenzierung des Religiositätsgens, welche entgültigen Aufschluss über die Wurzeln menschlicher Spiritualität liefern könnte. Die Untersuchung sei aber insofern nicht ganz einfach, als das besagte Gen in den unterschiedlichsten Lebensräumen vielfachen Mutationen ausgesetzt gewesen sei, die nun vom Forschungsteam rekonstruiert werden müssten, teilte der Forscher mit. Mit Ergebnissen sei nicht vor Mariä Empfängnis zu rechnen, allerdings könne man ihnen sehr hoffnungsvoll entgegensehn.

9. Oktober 2007
von Tom Levold
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Psychotherapie im Dialog 3/2007

Das aktuelle Heft der PID widmet sich dem Thema Coaching und Organisationsberatung. Ein psychotherapeutisches Thema? Die Herausgeber dieses Heftes, Arist von Schlippe, Julika Zwack und Jochen Schweitzer, formulieren ihre Gründe für dieses Heft in ihrem Editorial folgendermaßen:„Welche Metapher könnte das Verhältnis von Psychotherapie und Coaching beschreiben? Schwestern vielleicht – unterschiedlich alt, die eine schon erwachsen – und stolz darauf, die andere(n) gerade der Pubertät entwachsen. Sie konkurrieren, sind jeweils ,einzigartig‘ und doch einander ähnlich. Und wie Schwestern so sind, sind sie darauf bedacht, die Unterschiedlichkeit zu betonen, auch wenn, oder gerade weil die Umwelt die Ähnlichkeit hervorhebt. Manchmal werden sie verwechselt und je nach Umfeld, kommen sie auch unterschiedlich gut an. (…) Es waren vor allem zwei Gründe, die uns veranlassten, dieses Heft herauszugeben. Zum einen die unübersehbare ,Verwandtschaft‘, die sich auch darin äußert, dass eine nicht gerade kleine Zahl von Psychotherapeutinnen und -therapeuten ,nebenher‘ oder in einem späteren Laufbahnabschnitt auch in Tätigkeitsfeldern tätig ist, die nichts mit ,Heilbehandlung‘ zu tun haben. Dass sie dafür angefragt werden, lässt vermuten, dass ein Teil ihrer Kompetenzen dort nützlich verwendet werden kann. (…) Ein zweiter Anlass für dieses Heft ist die Tatsache, dass fast alle Psychotherapeuten selbst ihrerseits in organisationsförmigen Strukturen arbeiten. Für die in privater Praxis Niedergelassenen zeigt sich dies in Quartalsabrechnungen, Richtlinien und Qualitätssicherungsprozeduren. Die in Institutionen Beschäftigten merken dies in ihrer Zusammenarbeit mit Chefs, Kollegen, Verwaltungen“ Neben den üblichen Beiträgen aus unterschiedlichen Therapieschulen zum Thema finden sich diesmal eine ganze Reihe systemischer Arbeiten – was vielleicht auch damit zu tun hat, dass der Systemische Ansatz eine umfangreiche und ausgearbeitete Theorie der Organisationanzubieten hat. Neben den Herausgebern haben u.a. Fritz B. Simon, Karin Martens-Schmid, Ulrike Borst , Torsten Groth und Tom Levold systemische Perspektiven beigesteuert.
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7. Oktober 2007
von Tom Levold
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Ronald D. Laing würde heute 80

Noch ein Geburtstag! Heute wäre Ronald D. Laing 80 Jahre alt geworden. Er wurde am 7.10.1927 in Glasgow geboren und starb im Alter von 61 Jahren in St. Tropez. Ursprünglich psychoanalytisch ausgebildet, machte er sich vor allem einen Namen als Mitbegründer der Anti-Psychiatrie-Bewegung. In den 60er und 70er Jahren wurde er mit seinen Büchern„Das geteilte Selbst“,„Das Selbst und die Anderen“,„Phänomenologie der Erfahrung“ und„Wahnsinn und Familie“ sehr berühmt. 1962 besuchte er erstmals Gregory Bateson und Jay Haley in den USA, im Sammelband„Schizophrenie und Familie“ der Autorengruppe um Bateson veröffentlichte er den Beitrag„Mystifikation, Konfusion und Konflikt“. Später ließ sein Ruhm, der u.a. auch auf seinem politischen Engagement beruhte, rapide nach. Daniel Burston, der 1996 ein Buch über Laing geschrieben hat („Wings of Madness“) zeichnet in einem differenzierten Beitrag für das Online-Magazin JANUSHEAD den Lebensweg Laings nach und macht deutlich, dass Ruhm und Vergessenheit nur zum Teil Laing selbst zuzuschreiben sind, zum anderen Teil den Veränderungen in den intellektuellen Moden:„Mention Laing nowadays and most people can dimly conjure up a flamboyant rebel of the psychedelic era, a chum of Tim Leary, Ram Dass, and Allen Ginsburg — which he was, of course, off and on. But press them to describe what he stood for, what he actually thought or said, and you’ll only elicit a trickle of platitudinous sound bites, proving that serious reflection on his work has virtually halted. The lasting fame that Freud and Jung achieved, and that some predicted for Laing, eluded him, and the recent stream of books about him, (my own included), have done nothing to change that. My first book on Laing, The Wing of Madness, appeared in 1996, and since then many people have asked me why Laing’s credibility declined so dramatically over the years. By way of a reply I generally rattle on about his internal contradictions, his inability to follow through and finish his various projects, his flamboyant and provocative gestures, and so on. All true, up to a point. Laing must shoulder some of the responsibility for his current neglect — something he was apparently unwilling or unable to do. But on further reflection, the reasons for his brief fame and rapid decline are much more complex, and have less to do with his enigmatic personality than with changing climates of opinion“
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6. Oktober 2007
von Tom Levold
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Psychosomatische Medizin

Michael Wirsching, Ärztlicher Direktor der Abteilung für psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg und langjähriger Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Familientherapie, hat in der populären Reihe „C.H. Beck Wissen“ bereits zwei Einführungsbücher veröffentlicht, eines über „Psychotherapie“, das andere über „Paar- und Familientherapie“ . Das vorliegende Büchlein über „Psychosomatische Medizin“ ist ebenso wie die anderen dem Versuch verpflichtet, auf 118 Seiten einem breiten Publikum Konzepte, Krankheitsbilder und Therapien in Bezug auf das Problem psychosomatischer Erkrankungen nahezubringen, die immer noch viel zu häufig entweder nicht in ihrem psychosozialen Verursachungszusammenhang erkannt oder aber als bloße Einbildung abgetan werden. (…) Reinen Systemikern, und psychosomatisch Vorgebildeten ohnehin wird Michael Wirschings Buch nicht viel Neues bieten. Allerdings ist dies sowieso nicht das Publikum, das der Autor im Auge gehabt haben dürfte. Wirschings Herz schlägt nicht für einen spezifischen therapeutischen Ansatz, sondern für den Versuch einer pragmatischen Integration verschiedenster Konzepte, von denen alle etwas lernenswertes enthalten. Die meisten Betroffenen wären durch einen Einführungsband wie diesen ohnehin überfordert, wenn sie sich noch mit den Unterschieden und womöglich Unvereinbarkeiten verschiedener Therapieschulen auseinandersetzen müssten. Wer aber beginnt, an den rein organorientierten Diagnosen der Traditionsmedizin zu zweifeln, ist mit diesem Band bestens bedient, ohne große Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Michael Wirschings Stärke dürfte es sein – vor dem Hintergrund seiner langjährigen klinischen Erfahrung mit einer breitgefächerten Klientel – genau diese Leserschaft zu erreichen.
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5. Oktober 2007
von Tom Levold
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Rainer Krause 65

Rainer Krause, Professor für Psychologie an der Universität Saarbrücken und einer der bekanntesten deutschsprachigen Affekt- und Psychotherapieforscher, wird heute 65. systemagazin gratuliert und verweist aus diesem Anlass auf eine online verfügbare Arbeit von Rainer Krause, die sich mit der Mikroebene affektiver Kommunikation in gestörten Beziehungen beschäftigt:„In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die 25-jährigen Studien der Forschungsgruppe Saarbrücken zusammenzufassen. Es wird argumentiert und mit dem empirischen Material untermauert, dass man die Hartnäckigkeit psychischer Störungen teilweise erklären kann durch das unbewusste mikro-affektive Verhalten der seelisch erkrankten Personen, das ihre normalen Partner dazu bringt, ihre unbewussten Annahmen über sich und die Welt zu bestätigen. Die Art und Weise, wie dies geschieht, wird am Verhalten verschiedener Störungsbilder aufgezeigt. Nach Weiss und Sampson hat dieses Verhalten als Testfunktion sicherzustellen, dass sich die bedeutsamen anderen nicht den historischen Figuren entsprechend verhalten. Die Sicherheitsgrenzen sind allerdings so hoch angesetzt, dass ein Alltagsinteraktionspartner sie nicht bestehen kann. Im zweiten Teil werden die Studien dargestellt, die untersuchten, ob sich gute Therapeuten ganz unterschiedlicher theoretischer Ausrichtung dadurch auszeichnen, dass sie sich dieser unbewussten Verhaltensinduktion entziehen können. Diese Annahme konnte sehr überzeugend bestätigt werden. Die Anzahl mikroaffektiver Verflechtungen korreliert signifikant mit dem Misserfolg, wobei reziproke Verflechtungen, besonders unheilvoll sind. Darunter werden unbewusste affektive Antwortreaktionen verstanden, die im gleichen hedonischen Umfeld stattfinden, beispielsweise der Freude oder aber der negativen Affekte wie Verachtung und Ekel. Es wird eine Taxonomie des Scheiterns gut ausgebildeter Therapeuten vorgenommen, und es werden Überlegungen zur Behandlungstechnik und Ausbildung angestellt“
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4. Oktober 2007
von Tom Levold
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Free Burma!




Heute am 4.10.2007, verzichten viele Blogs und Online-Magazine auf die Einstellung eigener inhaltlicher Beiträge und weisen in einer gemeinsamen Aktion auf die Situation in Burma hin. Nachdem sich die Anstrengungen des Militär-Regimes darauf konzentrieren, so wenig Nachrichten wie möglich an die Weltöffentlichkeit gelangen zu lassen, kommt den mutigen Bloggern und Internet-Nutzern in Burma, die auf ihren Blogs Nachrichten und Fotos aus ihrem Land veröffentlichen, besondere Bedeutung zu. systemagazin schließt sich dieser Initiative zur Unterstützung der Kampagne für die Einhaltung der Menschenrechte in Burma gerne an. Ein Klick auf das Bild führt zu einer Reihe von Blog-Links, in denen man Genaueres über die Situation in Burma erfährt.
Weitere Nachrichten und Infos über die Aktion gibt es auch in diesem Blog…

3. Oktober 2007
von Tom Levold
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Praxistheorie und Praxisforschung in der klientenbezogenen Sozialen Arbeit

Heinz Alex Schaub, emeritierter Professor am Fachbereich Sozialwesen der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg, Arzt für Neurologie u. Psychiatrie sowie Facharzt für psychotherapeutische Medizin hat 1999 in„System Familie“ einen Aufsatz über„Praxistheorie und Praxisforschung in der klientenbezogenen Sozialen Arbeit“ veröffentlicht, der in der Systemischen Bibliothek zu finden ist:„Es wird der Versuch gemacht, an Hand eines Fallbeispiels aus der sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH), dessen Praxistheorie zu demonstrieren und Möglichkeiten der Praxisforschung in der Sozialen Arbeit aufzuzeigen. Dabei wird die SPFH als generalistische Familienintervention verstanden, die sich der Komplexität der ,Familie‘ stellt und reflektiert in deren Leben eingreift mit dem Ziel, mehr biopsychosoziale Gesundheit für deren Mitglieder zu erreichen. (…) An Hand eines Fallbeispiels wird veranschaulicht, dass sozialpädagogische Familienhilfe konzeptuell und auch praxistheoretisch begründet sein soll. Insbesondere der Verlauf des Falles zeigt, wie Prozessdenken sowie Wissen um die strukturellen Eigenheiten von Familien, Klärung der häufig diffusen Auftragslage und reflektiertes interventorisches Handeln die Effektivität dieser Familienhilfe in der Praxis wesentlich mitbestimmt. Eine Intensivierung der Praxisforschung könnte die Wirksamkeit dieser Familienarbeit noch weiter überprüfen und verbessern helfen. Dies sollte mit Methoden der qualitativen Forschung geschehen, weil nur so die Besonderheit eines jeden Falles hinreichend gewürdigt werden kann“
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2. Oktober 2007
von Tom Levold
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Heinz von Foerster und Niklas Luhmann: Das Problem der Kybernetik zweiter Ordnung

Heute vor fünf Jahren starb Heinz von Foerster in Pescadero, Kalifornien, im Alter von fast 92 Jahren. systemagazin verweist aus diesem Anlass auf einen spannenden Aufsatz von Wolfram Lutterer, in dem dieser die Rezeption von Gregory Bateson und Heinz von Foerster durch Niklas Luhmann kritisch untersucht. Der Aufsatz ist 2002 in der Zeitschrift„Sociologia Internationalis“ erschienen und auch als PDF im Netz zu lesen. Lutterer macht deutlich, dass systemisches Denken bei den genannten Autoren durchaus zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führt und kritisiert insbesondere die Verwendung des Konzeptes der strukturellen Kopplung bei Luhmann:„Wenn im folgenden zwischen einer ,Systemtheorie‘ bei Luhmann und einer ,systemischen Theorie‘ bei Bateson und Foerster unterschieden wird, verdankt sich dies insbesondere zwei, meines Erachtens zentralen Unterschieden beider Positionierungen: Erstens besteht ein Unterschied hinsichtlich der Rolle des Beobachters. Für Bateson wie Foerster dürfte die allzu artifizelle Trennung sozialer, psychischer und biologischer Systeme durch Luhmann nur wenig Sinn machen. Dies wird im zweiten Abschnitt dieses Aufsatzes noch weiter ausgeführt werden. Für beide ist in einem sehr radikalen Sinne der Beobachter Teil des beobachteten Systems und nicht nur ,strukturell gekoppelt‘. Eine Konsequenz hieraus ist allerdings auch, daß in einer systemischen Herangehensweise keine auch nur annähernd vergleichbare ,großer Theorie‘ entwickelt werden kann. Zweitens besteht aber auch ein Unterschied im Systembegriff selbst. Zur Klärung der unterschiedlichen Semantiken sollte es genügen, daß eine systemische Theorie nicht notwendig die Existenz von Systemen postuliert, sondern schlichtweg irgendetwas als ein System beschreibt. Eine Systemtheorie hingegen versucht – zumindest im Luhmannschen Sinne – bereits als System erkannte Phänomene hinsichtlich ihrer Eigenheiten zu analysieren. Das System wird hier – und zwar nicht nur aus pragmatischen Gründen – als realiter vorhanden angesehen. Die Unterschiede in den Systembegriffen von systemischer Theorie und Systemtheorie bei den drei genannten Autoren werden nachfolgend näher analysiert und insbesondere hinsichtlich Luhmannscher Theorie problematisiert“
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30. September 2007
von Tom Levold
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Supervisionsanfrage


Aus den USA erreichte uns die Anfrage eines familientherapeutischen Kollegen, der über ein ihn etwas überforderndes Erstgespräch mit heftigen Übertragungsreaktionen berichtete. Ein Video-Ausschnitt dieser Sitzung liegt vor. Sachdienliche Hinweise werden gerne entgegengenommen.

29. September 2007
von Tom Levold
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Hoffnung und Resilienz

Dan Short ist ein Schüler von Milton Erickson und war langjähriger Kodirektor der Milton Erickson Foundation in Phoenix, Arizona. In dieser Funktion hatte er auch Zugang zu bisher unveröffentlichtem Material, das neue Einsichten in Ericksons Arbeitsweise ermöglicht. Unter anderem daraus ist in gemeinsamer Arbeit mit der deutschen Ko-Autorin Claudia Weinspach ein Buch entstanden, das den LeserInnen den Ericksonschen Ansatz nahebringt, ein Anliegen, das bereits mehrfach in Angriff genommen wurde. Wolfgang Loth greift diesen Umstand in seiner sehr positiven Rezension auf:„Was es mittlerweile schwierig macht, etwas aus dem munter fließenden Strom neuer Literatur zu Erickson und seinem Wirken zu besprechen, ist der Umstand, dass man eigentlich gesättigt ist. Das Feld ist beackert, die berühmten Geschichten haben wiederholt die Runde gemacht und die Klinische Hypnose ist eifrig bemüht, sich in den Rang eines wissenschaftlich anerkannten und kassenzugelassenen Wesens zu begeben. Was also soll’s? Wie mir scheint, eröffnet sich genau über diesen Pfad eine Möglichkeit, das hier besprochene Buch als ein besonderes zu bezeichnen. Mir scheint, dass das vorliegende Buch nicht nur eine glänzende Einführung in das Verständnis der Vorstellungen Milton Ericksons zur therapeutischen Arbeit gibt, sondern auch anregt, sich noch einmal über Gedanken zum Therapiebetrieb „an sich“ klarer zu werden. Dass die beiden AutorInnen nachhaltig auf Kooperation abzielen, darauf, dass Erickson die Achtung vor der Kundigkeit der Hilfesuchenden als zentral gewichtet hat, ist Wiederholung von Bekanntem. Sie bleiben jedoch nicht dabei stehen, sondern unterstreichen dessen Bedeutung für ein generelles Verständnis von (Psycho)Therapie. … Ein gut lesbares, souveränes, sowohl seriöses wie ermunterndes Buch. Ich empfehle es sowohl wegen der inhaltlichen Anregungen, wie auch wegen seiner Wachheit für die Kontexte unserer Profession“
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28. September 2007
von Tom Levold
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Trans-Ed wird gebaut

Unmittelbar vor seiner Abwahl als bayerischer Ministerpräsident verkündete Edmund Stoiber heute eine Einigung über den umstrittenen Denkmalbau Trans-Ed, der nun nach langem Ringen gebaut werden soll. Die Finanzierung des Monumentalmonuments sei bis zu einer Höhe von 1,85 Milliarden Euro gesichert. Die bestehende Lücke habe die Staatskanzlei schließen können. Allerdings ist der genaue Baupreis weiterhin unklar. Zunächst hieß es, dass die Bauindustrie einen Festpreis in Höhe der jetzt zusammengesammelten 1,85 Milliarden Euro zugesichert habe. Diese Botschaft erwies sich aber schnell als falsch.„Wir wollen uns am gesetzten Kostenrahmen orientieren“, erklärte Stoiber. Er musste jedoch einräumen, dass die Summe noch steigen kann. Erst in einem halben Jahr sei mit einem Festpreis zu rechnen. Neu ist auch eine bezifferte Hoffnung auf EU-Gelder aus der europäischen Kulturstiftung. Zwar bezweifelte Kommissionschef Barroso erst jüngst, dass EU-Gelder fließen würden, da es sich um ein Projekt von zweifelhaften kulturellem Wert handele. Dennoch hat Stoiber 50 Millionen Euro aus Brüssel eingerechnet: „Bei aller Toleranz: Nicht nur Kathedralen, sondern auch Deutsche Denkmäler müssen höher sein als Moscheen, das muss auch von der EU eingesehen werden“. Die letzten 100 Millionen Euro zur Kostendeckung sollen vom Vatikan kommen, der dem Bayern-Projekt angeblich wohlwollend gegenüberstehen soll. Der Trans-Ed soll die Münchener Staatskanzlei mit dem Himmel verbinden und ist der römischen Trajanssäule nachempfunden (in der nebenstehenden Abbildung ist ein Modell des Denkmals zu sehen). Die Himmelsverbindung soll mithilfe des Trans-Ed bis zu 15 Minuten kürzer dauern, kaum Geräusche verursachen und eine gute Umweltbilanz aufweisen. Allenfalls für den Flugverkehr über München könnte es kleinere Probleme geben, die aber leicht in den Griff zu bekommen seien. Die hohen Kosten ergeben sich Steuber zufolge daraus, dass alle 1,85 Milliarden Wohltaten seiner Amtszeit von bayerischen Steinmetzen in Wort und Bild auf der Säule festgehalten werden sollen: „Das sind im Schnitt nur 1 Euro pro Wohltat, das scheint mir für einen Politiker meines Formates doch mehr als angemessen“, rechnete Steuber vor. Eigentlich seien es zwar fast 3 Milliarden Wohltaten gewesen, für die bauliche Realisierung dieser realen Größenordnung habe sich aber kein Statiker finden lassen. Aus diesem Grunde müsse man es leider bei einer Bauhöhe von 834 m bewenden lassen. Im Gegenzug kündigte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) an, gegen das Bauprojekt zu klagen. Möglicherweise soll es auch zu einem Volksentscheid in Bayern kommen. Auch gegen einen positiven Planfeststellungsbeschluss durch die Regierung von Oberbayern kündigte Ude Widerstand an. Die Stadt München lehnt mit ihrer rot-grünen Stadtratsmehrheit den Bau des Trans-Ed ab.