systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

1. Juni 2008
von Tom Levold
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Dirk Baecker über Coaching als Komplexitätsbewältigung

Auf dem 1. Berliner Coachingtag am 3. März 2006, veranstaltet von artop-Institut an der Humboldt-Universität, hat Dirk Baecker einen nachlesenswerten Vortrag über das Potential des Coaching gehalten, der auf seiner website nachzulesen ist. Ausgehend von einer Beschreibung der Strategie von meisterlichen Schachspielern, eben keine Vorausberechnungen von eigenen und Zügen der Gegner anzustellen, sondern die Situation auf dem Spielfeld so reich und komplex wie möglich sich entwickeln zu lassen, dass einem in der richtigen Situation – nicht das richtige, sondern – etwas hilfreiches einfallen kann, überträgt Baecker die Lehren aus dieser Strategie auf das Coaching und empfiehlt Gelassenheit im Umgang mit Komplexität:„Es macht keinerlei Sinn, die eigenen Bemühungen angesichts von Komplexität, eben weil es so aussichtslos ist, zu verdoppeln, weil man damit zwar die eigene Überforderung steigert, aber nicht das eigene Verstehen. Komplexe Phänomene sind nicht einfach ’schwierige‘ Phänomene, sondern sie sind wegen der Anzahl der beteiligten Elemente, wegen der Heterogenität dieser Elemente und wegen der Vielzahl sich auch noch laufend ändernder und natürlich ebenfalls heterogener Beziehungen zwischen diesen Elementen,11 prinzipiell vom menschlichen Bewusstsein nicht zu erfassen, so sehr wir uns auch gegen diese Einsicht sträuben mögen. Komplexe Phänomene sind gleichzeitig, das kommt den bisherigen Überlegungen entgegen, Phänomene, die wir zwar nicht verstehen, mit denen wir jedoch gleichwohl interagieren können, und dies mithilfe von Beobachtungen, die darauf hinauslaufen, Erfahrungen mit Erwartungen abzugleichen und diese Erwartungen dementsprechend laufend zu korrigieren.12 Das jedoch kann man nur, wenn man in der Lage ist, das eigene Wissen im Kontext von Nichtwissen laufend zu reevaluieren und zu diesem Zweck vom eigenen Nichtwissen und nicht vom Wissen auszugehen“
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31. Mai 2008
von Tom Levold
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edition ferkel: Heinz Kersting zum 71.

Heute wäre Heinz Kersting 71 Jahre alt geworden. systemagazin erinnert an den Begründer und Herausgeber des Online-Magazins„Das gepfefferte Ferkel“ mit einem Beitrag, den dieser im Jahre 2002 im gepfefferten Ferkel veröffentlicht und der Hochschullehrerin und Lehrenden Supervisorin Britta Haye, einer – so Kersting -„Meisterin der Beziehungen“ gewidmet hat. Darin kritisierte Kersting die Vernachlässigung der affektiven Seite in der Theorie einer konstruktivistisch-systemischen Supervision und ermuntert„zu einem neuen Forschungsprogramm“, das„mit Britta Hayes eigenen Worten umschrieben werden (könnte): Sensibilität entwickeln aus Reflexionen über die Beobachtung affektiver Beziehungen“.
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30. Mai 2008
von Tom Levold
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„Die Spur des Gelingens“

am 10. Juni letzten Jahres wurde an dieser Stelle die DVD-Edition über die Organisation alternativer Schulerfahrungen von Reinhard Kahl mit dem Titel„Treibhäuser der Zukunft“ besprochen. Im Sommer 2008 erscheint ein neues Medienpaket mit vier DVDs vom gleichen Autor zum Thema„Kinder“, in dem es um das Lernen von Kindern an sich geht. Aus der Ankündigung:„Der Film ist dem Lerngenie der Kinder auf der Spur. Mehr als zwei Jahre lang haben Reinhard Kahl und sein Team Kinder in der Natur, in Kindergärten, Schulen und Forschungseinrichtungen begleitet. Aus mehr als 250 Stunden Beobachtungen ist eine Dokumentation von 90 Minuten entstanden. Man sieht einen „Tierfilm über Menschen.“ Aber anders als andere Tiere brauchen Menschen Kultur. Der Film zeigt die Entfaltung der „kulturellen Intelligenz“ unter anderem in der „Lernwerkstatt Natur“ in Mülheim an der Ruhr, in Daniel Barenboims Musikkindergarten Berlin, in der Schweizer Primaria, die Kindergarten und Schule integriert. „Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge“, sagt der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther in KINDER!: „Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann, es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann und es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt.“ Die Zuschauer erleben Kinder zum Beispiel beim Lernen in der Natur, in Forschungseinrichtungen oder im Musikkindergarten. Eindrucksvolle Bilder liefern wertvolle, aber auch überraschende Erkenntnisse über das Lernverhalten in den frühen Jahren“ Die ersten 10 Minuten des Films können online betrachtet werden.

28. Mai 2008
von Tom Levold
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Jürgen Hargens: Lothar Eder hat recht! Und ich auch

Nachdem Lothar Eder auf seinen Beitrag zur„Lehrbuchdebatte“ eine Antwort von Jürgen Hargens bekam und gestern darauf noch einmal seine Argumentation bekräftigte, hat sich auch Jürgen Hargens noch einmal zu Wort gemeldet und Passagen aus dem Text von Lothar Eder kommentiert:„Lothar Eder hat Recht! Und ich auch! Und nun? Vielleicht ein Bob Dylan-Zitat: ‚You’re right from your side, I’m right from mine. We’re both just one too many mornings an’ a thousand miles behind.‘ Ich danke Lothar Eder für seine Anmerkungen, denn das bringt mich immer wieder dazu, über Gesag-tes, Geschriebenes und anderes nachzudenken. Und das möchte ich nutzen – um einige meiner Ge-danken offen zu legen. Ich werde es so machen, dass ich Eders Text wiedergebe und einige meiner Reflexionen hineinschreibe. Das ist für mich am einfachsten. Zu meiner Absicht bzw. zu meinen Voraussetzungen: es geht mir nicht darum, herauszuarbeiten, was richtig (oder gar wahr) ist, sondern es geht mir einfach darum, auf Unterschiede aufmerksam zu ma-chen – Unterschiede, die auf den Unterschied von Epistemologie und Ontologie verweisen, so wie ich es bei Bateson verstanden habe. Epistemologie bezieht sich darauf, wie wir erkennen erkennen oder wissen, wie wir wissen. Ontologie bezieht sich darauf, gültige (richtige) Aussagen und Beschreibungen zu liefern“
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27. Mai 2008
von Tom Levold
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Vom rechten Maß beim Kirschenessen

Wie wunderbar, dass die Debattenfreude im systemischen Feld anhält. Wer die Einträge der letzten Tage aufmerksam beobachtet hat, hat mitbekommen, dass ein Diskussionsbeitrag von Lothar Eder über die Nützlichkeit des Krankheitsbegriffs als Beitrag zur„Lehrbuchdebatte“ mit dem Titel„Beim Kirschenklauen erwischt“ eine Replik von Jürgen Hargens nach sich zog, mit dem Titel: Iss nicht so viele Kirschen, du verdirbst dir den Magen. Darauf antwortet wieder Lothar Eder mit einer Verteidigung seiner metapherntheoretisch begründeten Argumentation, dass der Körper dem sozialen Konstruieren eben bestimmte Grenzen setzt:„Phänomene unserer Erfahrung und auch die Sprache dafür, so sollte in Kürze gezeigt werden, orientieren sich an einer Grundmatrix, die vorgegeben ist, einer Art A priori, wie Kant es für die Zeit und den Raum als vorgegebene Prinzipien der Erkenntnis behauptet hat. Der Körper, unsere Körperlichkeit wäre folglich ein Bedeutungsspender, der Erfahrung und Sprache vorstrukturiert. Und auch wenn jemand diese These weit von sich weist, hat er oder sie damit eine mentale und sprachliche Operation vollzogen, die er (sie) nur mit Bezug auf den eigenen Körper tätigen kann. Denn: Gedanken und Gefühle kennen, da sie nicht-physischer Natur sind, keine räumliche Ausdehnung“ Alle Leserinnen und Leser sind herzlich zur Teilnahme an der Diskussion eingeladen.
Zum Text von Lothar Eder…

26. Mai 2008
von Tom Levold
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Schwan gegen Köhler: Ende der SPD?

Nachdem Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident von NRW, bereits in der vergangenen Woche betont hatte, dass eine Nominierung von Gesine Schwan als Kandidatin der SPD für die kommende Bundespräsidentenwahl„das Ende der SPD als staatstragende Partei“ bedeute, legten heute nach Bekanntgabe der Kandidatur durch Kurt Beck verschiedene Unionspolitiker nach. Der Fraktionsvorsitzender der CDU, Volker Kauder, stellte fest, dass die Sozialdemokraten in ihrer über hundertjährigen Geschichte als vaterlandslose Gesellen nichts dazu gelernt hätten:„In schwierigen Zeiten, in denen es der Welt zu beweisen gilt, dass wir nur einen einzigen Präsidenten kennen, scheut sich die SPD nicht, mit den Kommunisten gemeinsame Sache zu machen und das das Ansehen des Amtes des Bundespräsidenten in den Schmutz zu ziehen“. Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber ging noch einen Schritt weiter, indem er die Einführung einer Gesetzesinitiative im Bundesrat ankündigte. Die Gesellschaft müsse sich wehrhaft gegen jede Form der Unterwanderung zeigen, auch und gerade von innen. Das Aufstellen einer Gegenkandidatin gegen den amtierenden und allseits beliebten Bundespräsidenten sei eine schlimme Beleidigung des Präsidenten. Sein Vorschlag zielt auf eine Änderung des Strafgesetzbuches. Im neuen § 95 StGB solle es zukünftig heißen:„Wer den Bundespräsidenten oder sein Amt durch Wort und Tat, insbesondere aber durch Gegenkandidaturen beleidigt, wird mit Gefängnis nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft von zwei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bekleideteten öffentlichen Ämter (sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte) erkannt werden“ Mit diesem Paragraphen seien in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen gemacht worden. Schließlich gelte es, Verhältnisse wie in den USA zu verhindern, wo es bekannterweise seit langem jedem gestattet sei, sich für das Präsidentenamt bewerben zu dürfen, Frauen und Schwarze nicht ausgeschlossen. Wohin das führe, könne man gerade derzeit besichtigen. Er appellierte dringend an die SPD zur Umkehr. Anderenfalls sei nicht nur die Koalition in Gefahr. Die SPD müsste – zumindest in Bayern – mit einem Verbotsantrag rechnen, und zwar noch vor den dortigen Landtagswahlen.

25. Mai 2008
von Tom Levold
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Bindung und Arbeit in Erziehungsstellen

Christel Hopf, Sozialwissenschaftlerin aus Hildesheim, beschäftigt sich in einem Vortrag aus dem Jahre 2005 mit der Bedeutung der Bindungstheorien für die Arbeit in Erziehungsstellen, insobesondere was die Arbeit mit misshandelten Kindern in sogenannten„professionellen Familien“ betrifft.„Für die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Kindern und Jugendlichen, die in Erziehungsstellen leben, folgt aus diesen Einsichten, dass es besonders wichtig ist, sich mit den sozialen und psychischen Folgen früher Beziehungsstörungen und Gewalterfahrungen in der Familie auseinanderzusetzen. Was geschieht mit einem Kind, das schon in seinem ersten Lebensjahr Opfer von Misshandlungen wird? Wie reagieren Kinder darauf, dass ihre Bezugspersonen für sie psychologisch nicht zugänglich sind, dass sie wenig Interesse an ihrem Kind haben? Was bedeutet der häufige Wechsel von Bezugspersonen für die kindliche Entwicklung? Ebenso wichtig sind im pädagogischen und praktischen Kontext selbstverständlich Fragen der Intervention. Wie können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Erziehungsstellen, die mit Forschungsergebnissen zu den Folgen früher Beziehungsstörungen und Gewalterfahrungen konfrontiert sind, mit diesen Erkenntnissen umgehen? Welche Schlussfolgerungen sind besonders wichtig? Was kann getan werden, um die in Erziehungsstellen lebenden Kinder und Jugendlichen in ihrer sozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung zu unterstützen?“ Zum vollständigen Text geht es hier…
Dazu passt ein Buch von Frank Natho über„Bindung und Trennung – von Eltern und Familie getrennt. Trauer- und Trennungsprozesse von Kindern und Jugendlichen professionell begleiten“, das von Ursel Winkler besprochen wird:„Frank Natho fordert, dass professionelle Begleiter über ein Modell mit sinnstiftenden Interpretationsmöglichkeiten verfügen sollten, um Ordnung in die unübersichtliche Gefühlswelt der Kinder und Jugendlichen zu bringen – dieses rundum gelungene Buch kann entscheidend dazu beitragen und ist daher uneingeschränkt zu empfehlen“
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24. Mai 2008
von Tom Levold
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edition ferkel: Wie konstruiere ich mir eine Lernbehinderung?

Rolf Balgo, Lehrer, Motopäde, systemischer Berater und Supervisor, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sonderpädagogik der Universität Hannover, Abteilung Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen, hat im Jahre 2003 für das„gepfefferte Ferkel“ eine provokative Gebrauchsanleitung verfasst, die jetzt auch in der Systemischen Bibliothek zu lesen ist:„Zur Umschreibung verschiedener Formen von mangelndem schulischen Lern- und Leistungsverhalten sprechen (Sonder-)Pädagogen vom Begriff der ‚Lernbehinderung‘ und auch außerhalb des (sonder-)pädagogischen Fachdiskurses kennt jeder dieses Wort. Aber welche Schritte muss man vollziehen, um Lernbehinderung ‚Wirklichkeit‘ werden und ihre Folgen entstehen zu lassen? Die sich anschließende Handlungsabfolge soll eine knappe, wenn auch polemisch gemeinte, systemische Bauanleitung geben“. Und der Beitrag schließt mit den Sätzen:„Wenn wir bis zu diesem Punkt die Handlungsabfolge der Bauanleitung zur Konstruktion von Lernbehinderung einhalten, können wir sicherlich die öffentliche Meinung davon überzeugen, dass sie als ein gegebenes Faktum der Wirklichkeit hingenommen werden muss. Es muss uns dabei nur gelingen, die Spuren der einzelnen Schritte unserer Konstruktion so zu verwischen, dass unser zurückgelegter Weg im Dunkel bleibt. So können wir weiterhin mit Sachzwängen argumentieren und brauchen hinsichtlich unserer Erkenntnisse keine Verantwortung tragen, weil die Welt eben so ist, wie sie ist. Wie unbequem ist dagegen die Reflexion über die Bedingungen, die unser Handeln steuern, die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Sichtweisen und Handlungsoptionen sowie die persönliche Verantwortung für das eigene Tun und dessen Ergebnisse“. Alles, was dazwischen entwickelt wird,
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23. Mai 2008
von Tom Levold
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Gibt es Konflikte?

Mit dieser Frage, die scheinbar harmlos daher kommt (glaubt doch jeder sofort, die einzig richtige Antwort geben zu können), beschäftigte sich Martin Lehnert in der Abschlussarbeit seines Sozialpädagogikstudiums. Dabei geht es ihm darum, wie das soziale Phänomen„Konflikt“ denn überhaupt empirisch fassbar gemacht werden kann. Konflikt ist dabei für ihn weder an Akteure und Handlungen noch an Strukturen gekoppelt, sondern ein rein kommunikativer Vorgang. Wolfgang Loth schreibt in seiner Rezension:„Es bleibt wohl dabei, wer Luhmann-Spirit spürt, wird auch das spannend finden, was sich aus diesem Werk an weiterführender Diskussion ergibt, wenigstens abschnittweise. Und wem es fremd bleibt, der wird genügend Anlass finden, sich allein durch die elaborierte Sprachform „exkludiert“ zu fühlen, ausgeschlossen also, nicht eingeladen, und die Lektüre dieses Büchleins wäre dann vermutlich eine „dispräferierte“ Reaktion. So dürfte denn auch dessen (Nicht-)Rezeption ein schönes Beispiel für eine Konfliktbeobachtung sein, wenn auch vielleicht keine systemtheoretische, sondern eher eine motivationspraktische. Schade, wenn es dabei bliebe, denn eigentlich stellt Lehnert mit seinen Überlegungen recht gescheite Irritationen zur Verfügung, die Lernen anregen könnten, auch ein Lernen, das über den hier diskutierten Kontext hinausgeht. Denn das wird deutlich: es geht dem Autor tatsächlich ausschließlich um Theorieentwicklung, um Beobachtung, nicht um das Herausarbeiten konstruktiver(er) Lösungsideen. Diese könnten sich jedoch entwickeln, wenn man sich anregen lässt von den angestellten Überlegungen“
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22. Mai 2008
von Tom Levold
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Ökonomie der Blase

In der aktuellen Ausgabe der„Blätter für Deutsche und Internationale Politik“ ist ein interessanter Artikel über die derzeitige Krise des Weltfinanzsystems aufgrund der massenhaft geplatzten Hypotheken in den USA erschienen, der bei eurozine online zu lesen ist. Eric Janszen (Foto www.iiconf.com), der selbst über Erfahrungen als Finanzjongleur verfügt, stellt in„Die Bubble-Ökonomie. Wie man die Märkte für den großen Crash von morgen präpariert“ die aktuelle Krise auf leicht verständliche Weise in einen historischen Zusammenhang und zeigt, dass die Produktion von Finanzblasen und die damit verbundene massenhafte Vernichtung von Kapital keine neue Entwicklung ist. Durch die Möglichkeit des Internet, in Echtzeit auf Entwicklungen des Finanzmarktes zu reagieren, gibt es allerdings kaum noch eine Möglichkeit der Erholung vom Platzen solcher Blasen, vielmehr wird versucht, durch Produktion neuer Blasen den Zusammenbruch vergangener Blasen zu korrigieren:„Erinnern wir uns an die Chemieindustrie vor 40 Jahren, als man Schadstoffe wie die polychlorierten Biphenyle (PCB) praktisch unkontrolliert in die Luft und in Gewässer abließ. Viele Jahre hindurch hielt die Industrie sich an das Mantra: ‚Die Lösung des Problems der Schadstoffemission heißt Verdünnung.‘ Man nahm an, die Vermischung von Giftstoffen mit gewaltigen Mengen von Luft oder Wasser neutralisiere die ersteren. Jahrzehnte später ist uns, angesichts von missgebildeten Fröschen, verseuchtem Grundwasser und mysteriösen Krebserkrankungen klar, dass diese Logik nicht stimmte. Doch nun haben die Banker unserer Tage den Fehler auf die Finanzwelt übertragen. Je mehr zweifelhafte Kredite seit Ende der 90er Jahre bis in den Sommer 2007 hinein vergeben wurden, desto mehr mussten sämtliche Teilnehmer des globalen Finanzsystems fürchten, durch die Risiken dieser Praxis in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Die Gefährdung lässt sich als eine Art ökonomisches Gift begreifen. Theoretisch sind die Schadstoffe, die Kreditrisiken, bis zur Unkenntlichkeit verdünnt im Ozean der Weltschuldenmärkte verschwunden; die Magie der Verbriefung hat sie entgiftet, so dass von ihnen keine Systemgefährdung ausgeht. Doch in Wirklichkeit bedrohen die Kreditschadstoffe unsere Wirtschaft ebenso, wie toxische Chemieabfälle unsere Umwelt gefährden. Wie die chemischen Schadstoffe drohen auch die Kreditrisiken sich in den schwächsten und verletzlichsten Teilen des Systems, in diesem Fall des Finanzsystems, zu konzentrieren. Dort treten die toxischen Auswirkungen folglich zuerst in Erscheinung: Der Zusammenbruch des amerikanischen Subprime-Hypothekenmarktes war sozusagen das Seveso, die Urkatastrophe des sich ausbreitenden Finanz-Giftskandals“


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20. Mai 2008
von Tom Levold
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„Ist seine Ehe auch ihre Ehe?“

Astrid Riehl und Jürg Willi haben sich 1999 in einer empirischen Untersuchung, die in„System Familie“ erschien, mit dieser Frage beschäftigt. Sie befragten 204 „normale“ und 31 Therapie-Paare schriftlich mit einem Fragebogen zur Partnerschaft. Die bereits 1994 in einer anderen Stichprobe überprüften Hypothesen über Geschlechtsunterschiede (Wohlbefinden, Zufriedenheit mit der Partnerschaft, Einfühlung in Partner/in) wurden erneut erheblich in Frage gestellt. Das Ergebnis läuft darauf hinaus, dass Unterschiede bei Ehepartnern häufig überschätzt werden und die Kongruenz im Wohlbefinden und Übereinstimmungen in Glück und Zufriedenheit das häufigere Phänomen sind, zumindest in nicht-klinischen Stichproben. Die meisten Unterschiede sind eher paartypisch als geschlechtstypisch verteilt. Dennoch ist „seine Ehe nicht gleich ihre Ehe“: es gibt sicher Unterschiede, die – obwohl „real“ schwer nachweisbar – affektiv bedeutsam sind. Der Beitrag ist in der Systemischen Bibliothek im systemagazin nachzulesen.
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