Gerade war ich für einige Zeit im Ausland und habe dadurch die Irritationen auf dem Finanzmarkt nur mit zeitlichem Abstand und Distanz zur deutschen Nachrichtenaufbereitung beobachten können. Da kann man sich nur wundern, wie Hochrisikogeschäfte mancher Bankmanager unterschiedlicher Banken (wer weiß, wie viele es noch werden?) durch staatliche Interventionen abgesichert und gestützt werden müssen. Es ist zu befürchten, dass es letztlich nur eine Frage der Zeit ist, bis eine Umschichtung von Steuergeldern, die für soziale Aufgaben benötigt werden, zugunsten einer Verwendung für notleidende Banken erfolgen wird (Früher, wenn ich mich recht erinnere, wurde mit dem Adjektiv notleidend Spendenaufrufe getätigt, deren Erlös wilden Tieren, die für ihr Schicksal nun wirklich nichts konnten, z.B. in der Serengeti, zu helfen). In einem Bereich sozialer Arbeit lässt sich diese Einsparwut schon seit längerer Zeit beobachten: In der öffentlichen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Da wurden in der Vergangenheit manche Umstrukturierungen zwar pädagogisch begründet – letztlich dienten sie jedoch oftmals Sparzwecken bzw. immer enger werdender Budgets. Und genau in dieser angespannten Finanzkrise, deren Folgen nicht annähernd absehbar sind, erscheint ein Buch in 3. Auflage, das sich dem Thema der Arbeit in der öffentlichen Jugendhilfe widmet. Es handelt sich um das Buch Familien WACH begleiten von Friedhelm Kron-Klees. Der Autor hat das Buch gründlich überarbeitet und es sowohl um theoretische Überlegungen als auch praktisch Empfehlungen erweitert. Kron-Klees reflektiert darin, ob und wie aus einer systemisch-konstruktivistischen Erkenntniskritik heraus ein konsequent hilfeorientiertes Wahrnehmungs- und Handlungskonzept der Jugendamts-Aufgaben formuliert werden kann. Mein Konzept des wachen Begleitens als Aufgabe sozialer Arbeit im Jugendamts-Kontext wird hierbei als Alternative zu herkömmlichen Kontrollvorstellungen in den Mittelpunkt gerückt. (S. 159).
Zur Rezension
19. Oktober 2008
von Klein
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Manfred Füllsack, Sozialwissenschaftler an der Universität Wien, hat sich 1998, also nach Erscheinen von Luhmanns„Gesellschaft der Gesellschaft“ in einem Aufsatz für„Soziale Systeme“ (mit dem Titel„Geltungsansprüche und Beobachtungen zweiter Ordnung. Wie nahe kommen sich Diskurs- und Systemtheorie?“) noch einmal Gedanken über die sogenannte Habermas-Luhmann-Debatte unter gemacht und plädiert für eine Entpolarisierung:„Obwohl die Heftigkeit der Kontroverse nicht zuletzt auch in der Wahl der sprachlichen Mittel zwar nun eine gewisse Konsolidierung gegenüber ihrem Beginn in den siebziger Jahren zu erfahren scheint, dürften die beiden Konzepte in der sozialwissenschaftlichen Theoriediskussion nach wie vor als weitgehend inkompatibel gelten. Gerade Die Gesellschaft der Gesellschaft gibt aber, indem sie gewisse, freilich bereits auch im früheren Werk angelegte Züge der systemtheoretischen Konzeption mit neuer Deutlichkeit herausstellt, Anlaß, einen zweiten Blick auf Parallelen und Analogien von Diskurs- und Systemtheorie zu werfen. Dabei zeigt sich überraschender Weise, daß die Fronten so starr gar nicht sein müßten, daß sie vielmehr an sehr grundsätzlichen Stellen Möglichkeiten bieten, um die eine Konzeption in die andere überzuführen oder mit den Konsequenzen der einen an Prämissen der anderen gewissermaßen interkonzeptuell anzuschließen. Ob die beiden Autoren (und vor allem die mittlerweile nicht unbeträchtliche Zahl ihrer Epigonen) ihre Theorien freilich in dieser Weise kompatibilisiert sehen wollten, bleibt fraglich. Da sich aber beim Aneinanderhalten der beiden Konzepte einerseits ein besseres Verständnis der jeweiligen Ansätze ergeben könnte ( – um mit Luhmann zu sprechen, kann man dann sehen, daß und wie eine der Theorien sehen kann, was die jeweils andere nicht sehen kann – ), und andererseits damit vielleicht auch weitere Anschlußmöglichkeiten für die Sozialwissenschaften geschaffen werden, werde ich im folgenden als Teil einer umfangreicheren Untersuchungsreihe zur Habermas-Luhmann-Debatte – die jeweiligen theoretischen Zentren der beiden Konzeptionen gegeneinanderstellen und zeigen, daß ihre Differenzen zwar grundsätzlich, nicht aber unüberwindbar sind“ Der Aufsatz ist auch im Internet zu lesen,
Wie sich mittlerweile herumgesprochen hat, sind in keinem Land der Welt mehr Menschen inhaftiert (in Relation zur Gesamtbevölkerung) wie in den USA. Ein Thema für Psychotherapeuten? Bislang wohl viel zu wenig. Die aktuelle Ausgabe von„Family Process“ ist diesem Schwerpunkt gewidmet. In einem leidenschaftlichen Plädoyer, sich intensiver mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, nennt Herausgeberin Evan Imber-Black ein paar Zahlen: Alleine im Jahre 2007 nahm die Zahl der Gefängnisinsassen in den USA um 25.000 zu! Mehr als einer von hundert Amerikanern ist inhaftiert, aber genauer: einer von 36 Latinos, einer von 15 schwarzen Männern, 1 von 9 schwarzen Jugendlichen! Die durchschnittlichen Kosten eines Gefängnisjahres pro Person belaufen sich auf 23.000 $, ein Betrag, von dem die Unterrichtskosten vieler Colleges bestritten werden könnten. Der Bundesstaat Arizona gibt mehr Geld für die Haftunterbringung von Latinos und Afroamerikanern aus als insgesamt für ihre Bildung. usw. usw. Die Beiträge des aktuellen Heftes befassen sich schwerpunktmäßig mit inhaftierten Frauen und Müttern und könnten auch als Anregung verstanden werden, sich auch hierzulande stärker mit dem Thema des Strafvollzuges aus psychosozialer und therapeutisch-pädagogischer Sicht auseinanderzusetzen.