systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

2. April 2009
von Tom Levold
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Systemische Therapie in Deutschland – Rückblick und Bestandaufnahme

Unter diesem Titel hielt Kurt Ludewig im November 1998 einen Festvortrag bei der Jubiläumstagung„15 Jahre BIF – Berliner Institut für Familientherapie“ Das Institut ist nun schon 25 Jahre alt und unser Geschichte wird auch immer länger – kein Grund, nicht immer wieder mal einen Blick darauf zu werfen und sich die verschiedenen Entwicklungsstränge mal wieder vor Augen zu führen – gerade angesichts der momentanen berufs- und weiterbildungspolitischen Situation. Der Vortrag ist auch online zu lesen,
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1. April 2009
von Tom Levold
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Was wird aus Mehdorn?

Die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, hat Hartmut Mehdorn nach seinem Rücktritt vom Vorstand der Deutschen Bahn die Zuständigkeiten für Vertrieb, Vortrieb und Antrieb im Vorstand ihres Verbandes angeboten.„Als Dauervertriebene wusste ich auch schon vor meiner Vertreibung von dem mir bestimmten Platz im Stiftungsrat ‚Flucht, Vertreibung, Versöhnung‘ , was es heißt, sich nicht an seinem angestammten Platz aufhalten zu können. Die Zahl der Vertreibungen von Leistungsträgern aus ihrem Ämtern nimmt gegenwärtig in erschreckendem Maße zu. Gegen diese forgesetzten Menschenrechtsverletzungen müssen wir uns entschieden zur Wehr setzen“. Zwar gilt Mehdorn als generell an Vertriebsfragen interessiert, bislang ist aber noch unklar, ob er das Angebot annehmen wird oder nicht. Unbestätigten Berichten zufolge soll Mehdorn auch als neuer Chef der Kölner  Verkehrsbetriebe KVB im Gespräch sein, um den Weiterbau der U-Bahn voranzutreiben und die KVB durch ein neues und komplexes Tarifsystem, überzeugende Mitarbeiter-Screenings und Stillegung unrentabler Bahnverbindungen mit dem Ziel eines baldigen Börsenganges zu sanieren.

31. März 2009
von Tom Levold
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„Unterrichtest Du noch Fächer oder schon Schüler?“

Rolf Balgo, Professor für Heilpädagogik an der Fachhochschule Hannover und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für systemische Pädagogik, hat für systemagazin das Buch„Integration. Inklusive Konzepte für Schule und Unterricht“ der Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin Sabine Knauer rezensiert, das im vergangenen Jahr im Beltz-Verlag erschienen ist. Sein Eindruck:„Insgesamt betrachtet ist das Buch von Sabine Knauer aus meiner Sicht ein höchst reflexives Unternehmen, das nicht durch Trivialisierung auf endgültige und eindeutige Antworten oder auf eine Lösung aller Probleme angelegt ist, sondern das ehrlich, engagiert, kompetent und fundiert eine größtmögliche Vielfalt an Optionalitäten aufzuzeigen versucht. Dabei wird den Lesern ein anderer Blick durch die systemische Brille der Verfasserin ermöglicht, den sie folgendermaßen begründet: „Die systemüberwindende, synergetische Perspektive der Integrationspädagogik“ macht einen unablässigen Wechsel der Beobachtungsstandpunkte erforderlich, die ihrerseits eine stets neue Selbstverortung und kritische Selbstüberprüfung erfordern. Dieses Springen zwischen Standorten zieht notwendig ein fortwährendes selbstreferenzielles Sich-in-Beziehung-Setzen des Systems Integrationspädagogik sowie der sie vertretenden Personen zu den postulierten ethischen Werten nach sich; die damit verbundenen wellenförmigen Bewegungen der Destabilisierung und erneuten Ausbalancierung machen eine sensible Selbstwahrnehmung und eine Selbstthematisierung – vor allem in Hinblick auf grundlegende motivationale Beweggründe – unverzichtbar.“
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30. März 2009
von Tom Levold
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Folter und Systemtheorie

Wer sich auf den Stand der aktuellen systemtheoretischen Debatten bringen wil, muss„Soziale Systeme“ lesen! Nachdem die Zeitschrift für eine Weile ins Trudeln geraten war, weil keine Hefte mehr erschienen, haben es die Herausgeber mit einem publizistischen Kraftakt geschafft, nun auch einen vollständigen Jahrgang 2008 zu kommen. Und was für ein Jahrgang! Das Heft 1 (Heft zwei wird demnächst hier vorgestellt) befasst sich mit der heiklen Frage Niklas Luhmanns, ob es in unserer Gesellschaft überhaupt noch unverzichtbare Normen gebe und geben könne. Eine zentrale Frage angesichts der Herausforderung, vor die die Gesellschaft im 21. Jahrhundert angesichts unüberschaubarer Bedrohungen gestellt ist. Auf einer Metaebene läuft dabei aber auch die Frage mit, welche Werkzeuge und Perspektiven die Systemtheorie in der Beobachtung und Beantwortung dieser Frage zur Verfügung stellt und inwieweit sie dabei selber zum Problem wird. Die Positionen in diesem von William Rasch als Herausgeber verantworteten Heft, das zwei ins Englische übersetzte Arbeiten Luhmanns enthält (deren eine auch online zu lesen ist), gehen dabei in unterschiedliche Richtungen. So stellt beispielsweise Chris Thornhill fest:„In der modernen Gesellschaft hängt also die normative Funktion der Normen davon ab, dass sie durch ihr Schweigen die Differenzierung der Gesellschaft befördern und die eventuelle Konzentration der Gesellschaft auf normative oder politisch umstrittene Kontroversen verhindern. Luhmanns Frage, ob es unverzichtbare Werte gebe, kann also nicht entschieden und eigentlich gar nicht sinnvoll gestellt werden. Sie schreibt der Gesellschaft eine politisch zentrierte oder sogar exzeptionelle Gestalt zu, die sie tatsächlich nicht mehr annehmen kann“ Theorie kann in diesem Kontext nur noch beschreiben, was passiert, aber nicht mehr Stellung nehmen. Costas Douzinas hält dagegen:„Die (falsche) asketische Verpflichtung allein zur Beschreibung, verbunden mit der Akzeptanz der bestehenden Gesellschaftsordnung, macht die Systemtheorie zu einem wertlosen Werkzeug in einem Prozess der Verbesserung der Gesellschaft.„ Und Niels Werber geht noch weiter, indem er postuliert,„dass Luhmanns Plädoyer für ein „prinzipienloses Manövrieren“ im Falle von Ausnahmefällen die Systemtheorie erstaunlich nahe an amoralische Theorien heranrückt, wie sie in den USA besonders seit „9-11“ Konjunktur haben“. Die Aufsätze sind sämtlich in englischer Sprache verfasst,„um die anglophone Welt zu ermutigen, sich mit Niklas Luhmanns Markenzeichen der Systemtheorie auseinanderzusetzen“, wie Rasch in der Einleitung schreibt. Ein edles Unterfangen, was leider die Wahrnehmung dieser Texte in der deutschsprachigen Leserschaft wahrscheinlich schwächen wird. Immerhin gibt es zu allen Beiträgen auch deutsche Zusammenfassungen, die hoffentlich Lust auf die überaus spannende Lektüre machen.
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29. März 2009
von Tom Levold
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Mehdorn, übernehmen Sie!

Mehdorn!
Natürlich haben wir Verständnis dafür, dass Sie jetzt jede Menge um die Ohren haben und meinen, sich nicht auch noch um Ihr Unternehmen kümmern zu können. Dennoch muss die Frage erlaubt sein: Was ist eigentlich mit Ihrer Bahn los? Schon zweimal in den vergangenen vier Wochen mussten wir die schlimme Erfahrung machen, dass der Zug nicht nur pünktlich in Köln abfuhr, sondern auch alle Anschlussverbindungen funktionierten, so dass einer pünktlichen Ankunft nichts mehr im Wege stand. Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Noch schlimmer: es gab weder Doppelreservierungen noch fehlten die Wagen, für welche die Fahrgäste ihre Platzreservierungen vorgenommen hatten. Irre! Um dem ganzen die Krone aufzusetzen: keine schönen und poetischen Ansagen („wie wisch juh e pliesnt dschurneeh“) mehr, nur noch unangenehm korrekte Durchsagen in langweiligstem Schulenglisch.
Ja sind Sie denn wahnsinnig? Wollen Sie den Ruf Ihres Unternehmens vollständig ruinieren? Da haben Sie jahrelang erfolgreich alle Kraft daran gesetzt, Ihre Firma (mit großem Abstand zu allen Konkurrenten) zur unangefochtenen Number One der unbeliebtesten Unternehmen zu machen – und dann gefährden Sie Ihren Spitzenplatz mit solchen Kinkerlitzchen? Da helfen leider auch solche Spielchen wie das spontane Vertauschen der Waggon-Reihenfolge und die kurzfristige Änderung der Bahnsteige nur wenig. Denn das traurige Ergebnis bleibt: der vollständige Zusammenbruch der Kommunikation im sozialen System ICE. Worüber soll man reden, wenn die Züge pünktlich sind? Worüber soll man lachen, wenn jeder seinen reservierten Platz auch tatsächlich einnehmen kann? Wie soll man Partner fürs Leben (oder für zwei Stunden) kennenlernen, wenn alles halbwegs klappt? Wer soll Gemeinschaft stiften, wenn die Bahn sich ihrer Integrationsfunktion verweigert? Worüber soll man sich ärgern, worüber weinen?
Na also. Machen Sie endlich etwas! Hören Sie auf, die Telefonate und e-Mails Ihrer Mitarbeiter auszuspionieren! Hacken Sie lieber die Handys und Laptops Ihrer Kunden während der Fahrt! Installieren Sie Ihre Trojaner als Bildschirmschoner auf die Displays Ihrer Fahrgäste! Sorgen Sie verdammt nochmal dafür, dass Sie Nummer Eins der bad firms bleiben, die Konkurrenz schläft nicht. Und die Kreditinstitute sind Ihnen längst auf den Fersen!
Mehdorn, übernehmen Sie! Diese Nachricht vernichtet sich nach 30 Sekunden selbst.

28. März 2009
von Tom Levold
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10 häufige Fragen und Antworten auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates

Auf der website der Systemischen Gesellschaft (SG) sind Fragen und Antworten zur Feststellung der wissenschaftlichen Fundierung der Systemischen Therapie durch den wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie im Dezember 2008 veröffentlicht worden, die erst einmal Klarheit in den aktuellen Stand der Dinge bringen sollen. Wer also wissen will, wer der WBP überhaupt ist, was er beschlossen hat, was dieser Beschluss bedeutet, ob eine Approbation mit der Weiterbildung in Systemischer Therapie erreicht werden kann und ob Chancen einer Abrechnung mit den Krankenkassen bestehen, kann sich hier informieren.
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27. März 2009
von Tom Levold
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Psychotherapie in China

In einem Online-Artikel des deutschsprachigen„China Observer“ ist am 22.3. ein Artikel über die Verleihung des Sigmund-Freud-Preises an deutsche und chinesische Psychotherapeuten auf dem Weltkongress für Psychotherapie in Peking erschienen:„Bis in die späten Achtzigerjahre spielte die Psychologie in der Praxis kaum eine Rolle in China. Im Oktober 2008 erhielten deutsche und chinesische Psychotherapeuten in Peking auf dem Weltkongress für Psychotherapie den “Sigmund-Freud-Preis”. Dabei wurden ihre hervorragenden Beiträge im Rahmen eines langjährigen Ausbildungsprogramms in China gewürdigt“ Im Mittelpunkt stand dabei die Aktivität von Margarete Haaß-Wiesegart (Foto: china-observer.de), die sich seit den 70er Jahren um einen deutsch-chinesischen Fachaustausch über die klinische psychotherapeutische Praxis bemüht hat. In der Systemischen Bibliothek im systemagazin ist ein Gespräch über die ersten Weiterbildungsprogramme in systemischer Therapie und die therapeutische Arbeit mit Familien in China zu finden, dass Bruno Hildenbrand und Tom Levold als Herausgeber von„System Familie“ mit Margarete Haaß-Wiesegart, der damaligen Präsidentin der deutsch-chinesischen Akademie für Psychotherapie und Mitorganisatorin eines umfangreichen deutsch-chinesischen schulenübergreifenden Weiterbildungsprojektes, und Fritz B. Simon als aktivem Lehrtherapeut in diesem Projekt, führen. Auch wenn inzwischen neun Jahre vergangen sind und die deutsch-chinesische Kooperation auch in Psychotherapie-Fragen nicht mehr ganz so spektakulär wie in den 90er Jahren ist, bietet das Gespräch doch nach wie vor interessante Einblicke in die interkulturellen Schwierigkeiten und Chancen, die mit der Einführung systemischer Sichtweisen auf Kommunikationsprobleme in eine ganz andere Kultur verbunden waren (und sicher auch noch sind).
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26. März 2009
von Tom Levold
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Familienunternehmen beraten

Klaus G. Deissler ist hierzulande der exponierteste Vertreter des sozialen Konstruktionismus im Bereich Psychotherapie und Beratung. In seiner Reihe„diskursys“, die im Bielefelder transcript-Verlag erscheint, ist 2006 der zweite von ihm heraugegebene Band zum aktuellen Thema der Beratung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien erschienen. Rezensent Lothar Eder schreibt zur Besonderheit dieser Konzeption:„Deisslers Herangehensweise weist seit vielen Jahren in seiner Fokussierung des Dialogs, der Polyphonie und des Aspektes des Postmodernen eine gewisse Eigenheit auf, die den einen als konzeptuelle Engführung, den anderen als das konsequente Einnehmen eines bestimmten (metatheoretischen und beratungspraktischen) Blickwinkels erscheinen mag. In jedem Fall ist sie gekennzeichnet durch eine hohe Originalität, die immer wieder dazu geeignet ist, zu einer anderen Betrachtung der Zusammenhänge und einer entsprechenden Herangehensweise zu kommen. Notgedrungen werden dadurch manch andere, dem systemischen Mainstream entsprechende Positionen ausgeblendet“ Dennoch attestiert Eder dem Buch Übersichtlichkeit und Leserfreundlichkeit und empfiehlt ihn als als bereichernden Beitrag den interessierten Leserinnen und Lesern zur Lektüre.
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24. März 2009
von Tom Levold
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Psychosoziale Arbeit in der Psychiatrie – systemisch oder subjektorientiert?

Schon im November wurde im systemagazin das Lehrbuch zur psychosozialen Arbeit von Sigrid Haselmann, Psychologie-Professorin an der Hochschule Neubrandenburg, besprochen. In diesem praxisorientiertem Handbuch wird mit Bezug auf die psychosoziale Arbeit im Arbeitsfeld Psychiatrie neben der subjektorientierten Sozialpsychiatrie die systemische Perspektive mit ihren anders gearteten Denk- und Vorgehensweisen vorgestellt. Nun haben sich zur Rezension von Anja Boltin noch zwei weitere Rezensionen von Jürgen Leuther und Gerhard Dieter Ruf hinzugesellt, was den Lesern einen umfassenden Eindruck vom besprochenen Buch erlaubt.
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23. März 2009
von Tom Levold
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Amok: Die Suche nach Aufmerksamkeit (und ihre Verweigerung)

Der schön gemachte Blog homosociologicus.de hat auf eine Vorlesung von Katherine Newman aufmerksam gemacht, die von ihren Untersuchungen über verschiedene Amokläufe von Schülern in den USA handelt. Im Blog heißt es:„Katherine Newman hat in den USA etwas getan, was uns in Deutschland noch bevorsteht. Sie hat eine exzellente Studie und eine mehr als hörenswerte Rede erarbeitet, was genau die Menschen kennzeichnet, die “Amok laufen”. Sie stellt fest, dass diese Menschen in vielerlei Hinsicht genau so sind, wie ihre Mitschüler. Das macht sie auch so unsichtbar. Darüber hinaus leben sie in einer Region, in der es keine “bösen Menschen” geben darf. Sie wachsen in den unterschiedlichsten Regionen auf, aber das, was die Medien letzten Endes als “Amoklauf” oder “rampage shooting” bezeichnen, geschieht in einer ruhigen und “perfekten” Gegend. Wie kommt das zu Stande? In etwas weniger als einer Stunde fasst Katherine S. Newman ihre Ergebnisse zusammen, wer wann wie und wo Amok läuft“

23. März 2009
von Tom Levold
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Heinrich-Tessenow-Medaille für Richard Sennett

Heinrich Tessenow (1876-1950) war ein namhafter Architekt und Hochschullehrer und ist insbesondere für die Umsetzung des Reformgedankens in der Architektur bekannt geworden, ein Konzept der Kritik an der Industrialisierung beziehungsweise an Materialismus und Urbanisierung, die mit dem Leitmotto „Zurück zur Natur“ charakterisiert werden könnte. Seit 1963 wird jährlich die Heinrich-Tessenow-Medaille verliehen,„im Gedenken an den großen Architekten, Baumeister und Hochschullehrer, europäischen Persönlichkeiten zuerkannt, die Hervorragendes in der architektonischen, handwerklichen und industriellen Formgebung und in der Erziehung zu Wohn- und Baukultur geleistet haben, oder deren Wirken dem vielseitigen Lebenswerk Heinrich Tessenows entspricht“, wie es auf der website der Tessenow-Gesellschaft heißt. In diesem Jahr ist der bedeutende und auch hierzulande prominente Soziologe Richard Sennet (* 1943) zum Preisträger gewählt worden. Heinz Bude, Soziologie-Professor in Kassel, hat die lesenswerte Laudatio gehalten, die am Wochenende in der TAZ veröffentlicht wurde:„Vielleicht kann man das Werk von Richard Sennett als Antwort auf eine„geistige Situation der Zeit“ nehmen, wo wir begreifen wollen, was uns in dieser Periode des Flexiblen Kapitalismus ergriffen hat, die mit einem Schlag vergangen zu sein scheint. Wir fragen uns, wozu wir uns durch„Plastikwörter“ wie Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung haben verleiten lassen. Natürlich hat sich dadurch, dass wir relativ mühelos überall hinreisen können, dass wir Sushi, Yoga und Buddhas ins Normalprogramm der Lebensführung aufgenommen haben, dass wir sofort über Bilder von jedem Erdbeben verfügen können, unsere Welt verändert. Natürlich hat uns das Internet ganz andere Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet. Und natürlich wollen wir alle einzigartige und unaustauschbare Individuen sein und uns nicht mehr als Repräsentanten von Großgruppen ansprechen lassen. Aber die Tatsache, dass sich uns durch den globalen Massentourismus, den globalen Massenkonsum und die globalen Massenmedien viele neue Türen öffnen, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir immer nur durch eine einzige gehen können. Die Tatsache, dass wir uns über Facebook viele neue Freunde ansichtig machen können, wirft andererseits die Frage auf, was ein wirklicher Freund ist. Hilft uns Richard Sennett, wenn sich heute die Frage nach Lebensformen der Existenz, der Freundschaft und der Treue stellt? Ich glaube, ja, und ich will das an drei Begriffen zeigen, die sich durch das Werk von Richard Sennett ziehen: dem Begriff des Charakters, dem Begriff des Respekts und dem des Handwerks“
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