systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

8. Mai 2009
von Tom Levold
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Paare in Therapie

Roland Weber ist als versierter paar- und familientherapeutischer Praktiker in der systemischen Szene bekannt, der sein methodisches Repertoire aus einem breit angelegten Quellenbereich schöpft. Theoretische Ausarbeitungen stehen bei ihm eher im Hintergrund, die Konzentration liegt auf der Vermittlung„erlebnisintensiver Methoden und Übungen“, die seine Workshops und Seminare zu einem Genuss werden lassen. Bei Klett ist nun in der zweiten Auflage sein Buch über„Paare in Therapie“ erschienen, Rezensent Wolfgang Traumüller meint:„Kurzum, ein sehr anregendes, integratives und wunderbar unkompliziertes Buch mit einem soliden Fundus an Körper- und Gefühlsübungen vom Praktiker für Praktiker. Paar- und PsychotherapeutInnen, SeelsorgerInnen, Fachleute aus dem psychologischen und psychosozialen Arbeitsfeld im weitesten Sinne und wer immer an guten Ideen ein Interesse hegt, werden bei der Lektüre ihre Freude und Nutzen haben. Manchmal stehen Mann und auch Frau ja wirklich etwas auf dem Schlauch. Roland Weber hilft behend herunter, mit eleganten Methoden weiter – und üben tut es auch, nicht nur beim Paartanz“
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6. Mai 2009
von Wolfgang Loth
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Zum Wirken von Selbstorganisation in psychotherapeutischen Prozessen

Die Theorie der Selbstorganisation hat sich als eine fruchtbare Basis erwiesen für das Erforschen, aber auch für das Entwickeln von Konzepten therapeutischen und beraterischen Handelns. Einen informativen Einblick dazu erlaubt die von Hermann Honermann vorgelegte Dissertation zum Thema „Selbstorganisation in psychotherapeutischen Veränderungsprozessen. Eine kombinierte Prozeß-Outcome-Studie im Kontext stationärer Psychotherapie“ (2001: Otto-Friedrich Universität Bamberg). Aus der fundierten theoretischen Diskussion werden fünf Hypothesen abgeleitet und überprüft. Honermann nimmt an, „daß Veränderungen die Energetisierung eines Systems erfordern und Motivationen sowie das persönliche Engagement des Patienten für die Therapie solche Energetisierungen darstellen“, desweiteren, „daß erfolgreich behandelte Patienten Bedingungen von Sicherheit und Stabilität während ihres stationären Aufenthalts erleben“, „daß Ordnungs-Ordnungs-Übergänge von kritischen Instabilitäten der Systemdynamik begleitet werden und diese sich unter anderem an einer Zunahme der Varianz des Verhaltens bestimmter Systemmerkmale erkennen lassen“, „daß sensible Momente in der Therapie unter den genannten Bedingungen ein großes Veränderungspotential beinhalten und daß diese durch die Aufnahmebereitschaft des Patienten gekennzeichnet sind“ und „daß während vergleichsweise erfolgreicher Therapien ein oder mehrere Ordnungs-Ordnungs-Übergänge stattfinden“. In seinem Resümee schreibt Honermann: „Therapeutische Prozesse müssen die Motivation eines Patienten sehr genau treffen, damit dieser sich in der Zusammenarbeit mit dem Therapeuten engagiert. Zudem kommt es auf die zeitliche Abstimmung, auf den Kairos von Ereignissen und Interventionen an. Die Kombination aus motivationaler Investition in den Behandlungsprozeß, der Beachtung der Aufnahmebereitschaft des Patienten und der kritischen Fluktuation in der Dynamik des therapeutischen Prozesses kann als notwendige Bedingung des Therapieerfolgs gelten.“
Zur Dissertation von Hermann Honermann geht es hier …

5. Mai 2009
von Tom Levold
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Krise als Katastrophenfilm

In seinem neuen Buch„Du mußt dein Leben ändern“ zeigt Peter Sloterdijk einmal mehr, dass er nicht nur zu den beeindruckensten Zeitdiagnostikern der Gegenwart gehört, sondern seine Diagnosen auch mit einem nachdrücklichen Imperativ zum Ausbruch aus der„lähmenden Harmlosigkeit sämtlicher gängiger Diskurse“ verbindet. In der heutigen TAZ ist ein lesenswertes Interview von Robert Misik mit ihm zu finden, in er u.a. auch die Ästhetisierung der gegenwärtigen Krise kritisiert:„Ich habe mit meinem Buch versucht, eine Art Megafon zu sein und zu formulieren, was aus der Krise unserer Zeit emaniert. Dabei geht es zunächst darum, die Realität der Krise überhaupt im Ernst zu begreifen. Wir müssen aufhören, die Krise zu ästhetisieren. (…) Die westliche Krisenästhetik geht auf die Romantik zurück, seit einem halben Jahrhundert beherrscht sie die Weltmassenkultur. Wir haben es fertiggebracht, Naturkatastrophen und Sozialkatastrophen als Horrorgenre zu ästhetisieren. Die Katastrophe ist für uns vor allem ein ästhetisches Konzept“ Die Überwindung der Krise liegt für Sloterdijk nicht mehr in der Veränderung der Welt, sondern nur noch in der Selbstveränderung:„Wir leben am Ende eines Zeitalters vereinseitigter Weltveränderung. Seit der Französischen Revolution behauptet die Forderung nach Weltveränderung den Vorrang vor der Selbstveränderung. Doch dieses Schema greift nicht mehr – nachdem man gesehen hat, zu welchen Ergebnissen die gewaltsame Weltveränderung von außen im Kommunismus geführt hat“
Zum Volltext des Interviews…

4. Mai 2009
von Tom Levold
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Wie der Tractatus zu Russell kam

In diesem Jahr feiert der Carl-Auer-Verlag sein 20-jähriges Jubiläum. Aber wer war eigentlich Carl-Auer? Die wenigsten Menschen aus unserem Feld haben eine persönliche Erinnerung an ihn. Kein Wunder, seine Tätigkeit blühte im Verborgenen. Dennoch hat er sich hin und wieder Zeitzeugen offenbart. Zum Beispiel dem Altmeister Carlos Sluzki (Foto: www.sluzki.com), mit dem er einen Abend am Kamin mit Tee und Schnaps verbrachte und ein Geheimnis der Philosophie-Geschichte enthüllte – wie nämlich das Manuskript von Wittgensteins tractatus philosophicus im ersten Weltkrieg aus der italienischen Gefangenschaft bei Monte Cassino an Wittgensteins berühmten Lehrer, Bertrand Russell gelangte, Carl Auer sei Dank.
Zum vollständigen Text der Enthüllung…

3. Mai 2009
von Wolfgang Loth
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Friedensförderung als Aufgabe von BeraterInnen?

In ihrem Aufsatz Counseling Professionals as Agents of Promoting the Cultures of Peace diskutiert Ayoka Mopelola Olusakin (Foto: http://www.unilagspgs.edu.ng/) Fragen der professionellen Friedensberatung. Sie beleuchtet sowohl die Bedeutung dieser Arbeit als auch die Herausforderungen für professionelle BeraterInnen als MaklerInnen für das Befördern von Kulturen des Friedens [Europ. J. of Scientific Research 17(2): 243-257, 2007]. Ayoka Mopelola Olusakin ist Associate Professor of Education und stellvertretende Dekanin der School of Postgraduate Studies an der University of Lagos, Akoka-Lagos in Nigeria. Nigeria mit seiner Mega-City Lagos bietet sich an, die Tragfähigkeit von Friedensbemühungen und die Konsequenzen von Friedenserleichternden, bzw. Friedensverstörenden Rahmenbedingungen in besonderer Weise im Blick zu haben. Die Autorin skizziert unterschiedliche Definitionen von “Frieden”, sowie themenrelevante Aspekte eines breiten Spektrums an Beratungs- und Therapiekonzepten. In einer Studie untersuchte sie kontextuelle Rahmungen von Friedensbemühungen. Sie befragte 268 Personen, die als professionelle BeraterInnen an einer Konferenz teilnahmen. Wie kaum anders zu erwarten, bevorzugten alle Frieden gegenüber Krieg, 94% beschrieben sich als erfahren im Umgang mit Strategien der Konfliktlösung. 90% bevorzugten gewaltfreie Methoden, um Frieden zu befördern, doch nur 52% gaben Kenntnisse in professioneller Friedensberatung an. In ihrem Resümee schreibt die Autorin, dass das Etablieren einer weltumspannenden Kultur des Friedens harte Arbeit sei. Alle Hände würden an Deck gebraucht, um Respekt vor der Umwelt, Mitgefühl, Gerechtigkeit, Toleranz, Kooperation, Zusammenarbeit, Solidarität und multikulturelle Wertschätzung wahr werden zu lassen. BeraterInnen müssten nicht nur glauben, sondern auch gemäß dieses Glaubens handeln, dass Frieden nicht nur ein ehrenwertes Ziel sei, sondern auch ein notwendiges. Der folgende Link öffnet den gesamten Band des E.J.S.R., nach Anklicken des Links daher auf S. 243 vorrollen:
Zum Aufsatz von Ayoka Mopelola Olusakin geht es hier…

2. Mai 2009
von Tom Levold
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Familientherapie und Drogenkonsum

Im November 2007 fand am Maudsley Hospital in London eine internationale Tagung zum Thema„Familientherapie des Substanzmissbrauches über die Lebensspanne“ statt, veranstaltet von der Sektion Familientherapie am dortigen Institut für Psychiatrie in Verbindung mit dem Journal of Family Therapy, das nun auch die Ergebnisse dieser Tagung publiziert hat. Altmeister in Fragen Sucht und Familie Peter Steinglass, der sich schon in den 70er Jahren mit diesem Thema beschäftigt hat, gehört mit Jenny Corless und K.A.H. Mirza zu den Gastherausgebern. In ihrem Editorial halten sie fest, dass das Thema des süchtigen Drogengebrauches nach wie vor ein marginales Thema in der Familientherapie/systemischen Therapie darstellt, obwohl es sich mittlerweile um einen ausgereiften Forschungs- und Praxisbereich handele. Neben allen offenen Fragen, die in diesem Heft auch angesprochen wird, werden als positives Ergebnis einer familienorientierten Suchtbehandlung hervorgehoben:„- the value of working therapeutically with whole families and systems rather than with the substance-misusing person alone; – a therapeutic stance that incorporates a non-blaming, collaborative approach rather than a hierarchical, confrontational style; – a recognition that clients can have multiple drug-related change goals, and while abstinence may be top of the list, reduced use and harm minimization activities can bring very worthwhile gains; – an expansion of outcome measures of success to include the psychosocial functioning of non-using family members as well as the substance misuser; – an awareness of the value of relationships, both within the family and via social networks, critical sources of support and positive reinforcement for therapeutic change; – an appreciation of the need to adapt the therapeutic approach to fit both family values and cultural beliefs of the larger community within which the family is embedded; – a sense of humility about the complexity and multi-deterministic causality of addictive behaviours along with the tenacity necessary to work constructively with families around managing chronic conditions like substance misuse disorders“
Zu den vollständigen abstracts…

1. Mai 2009
von Wolfgang Loth
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Mega-Cities

In zwei Jahren, so heißt es, werde die Hälfte der Erdbevölkerung in Städten leben. New York war vor 50 Jahren die einzige Stadt der Erde mit mehr als 10 Millionen Bewohnern. Heute gibt es bereits 19 Mega-Cities diesen Ausmaßes. In einem Aufsatz für die C.A.P.-News, einem Online-Journal des Centrums für angewandte Politikforschung, schreibt Chloé Lachauer, es gehe „in der Konsequenz darum, für die Zukunftsgesellschaft Lösungsansätze zu finden, mit diesen neuen Formen der Stadtlandschaften ökologisch, gesellschaftspolitisch und ökonomisch fertig zu werden. Bezeichnenderweise hat die größte Rückversicherung der Welt, die Münchner Rück, angesichts der neuesten Prognosen der Vereinten Nationen und anlässlich der UN-Konferenz für Katastrophenbegrenzung jüngst eine Studie publiziert, die die Mega-Cities der Zukunft als hoch komplexe Großrisiken betiteln, die nicht mehr versicherbar seien“. Nicht nur ökologische Katastrophen werden vorausgesehen, sondern auch „anarchische Gewaltzustände in den Städten“, und eine Art „’Urban Sprawl’ im Sinne einer riesenhaften ‚Slumisierung’“ (Foto: http://students.umf.maine.edu). Filme wie „Slumdog Millionär“ deuten das Elend zwar an, doch retten sie sich immer noch in illusionäre, individuelle (Er-)Lösungen. Ich gehe davon aus, dass systemtheoretische und systemische Sichtweisen nicht beim Entwickeln individueller Lösungswege stehen bleiben können. In einem Exposé von Balz Bodenmann (Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung der ETH Zürich) werden die zur Zeit übersehbaren Fakten zusammenfassend skizziert. Der Autor resümiert: „Der Weg der Städte im 21. Jahrhundert wird weder ohne Hindernisse noch einfach sein, zumal der wachsende Wohlstand grössere Ungleichgewichte sowohl innerhalb der einzelnen Länder als auch zwischen ihnen mit sich bringen wird. Die Wirtschaftsstruktur der betroffenen Länder, die Millionen Menschen zur Sicherung des Lebensunterhalts dient, wird ständig der Bedrohung durch eine fortschreitende, vom technischen Fortschritt vorangetriebene Globalisierung ausgesetzt sein. Deshalb wird einerseits die Ungleichheit zwischen den Stadtbewohnern weiterhin eine Herausforderung bleiben – und andererseits die Verbesserung der Lebensbedingungen der Stadtbevölkerung weiterhin eine zentrale Aufgabe der Stadtentwicklung darstellen.“
Zum Beitrag von Bodenmann geht es hier… und zum Beitrag von Lachauer hier…

30. April 2009
von Tom Levold
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Bioethik und Pädagogik

Die Verbindung von Bioethik und Pädagogik spielt in den momentanen Diskursen zur Reproduktionstechnologie keine zentrale Rolle. Alex Aßmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mainz und neuer systemagazin-Autor, hat sich aber in seinem„Plädoyer für eine Debatte“ über Bioethik – Posthumanismus – Pädagogik genau unter diesem Gesichtspunkt mit der Frage auseinandergesetzt:„Wollen wir wirklich, dass der Nachwuchs so gerät, wie wir ihn uns gewünscht hatten?“. In seinem Originalbeitrag für die Systemische Bibliothek im systemagazin lautet sein Fazit:„Wünschen wir sowohl dem Menschen als Gattung, die über eine kulturell überlieferte Vergangenheit verfügt und sich kontinuierlich auch in die Zukunft projiziert, als auch insbesondere unseren Kindern eine Gesellschaft, in der unter der Zeugung einer nachkommenden Generation ein vorrangig politischer und technokratischer Sachverhalt gemeint ist? Welche positive kulturelle (und damit prinzipiell tradierungswürdige) Bedeutung hat für uns die Tatsache, dass weder die Zeugung und die Schwangerschaft, noch die biologische Ausstattung unserer Kinder planbar sind und wie lässt sich dies begründen? Worin soll der Nutzen für unsere Kinder bestehen, an dieser Bedeutung auch zukünftig festzuhalten, das heißt: eigenständig zu einem Umgang mit den genannten Problemen zu finden? Wollen wir durch die Geburt und die biologische Anlage unserer Kinder nicht mehr überrascht werden, wollen wir tatsächlich, dass Kinder in ihrer biologischen Ausstattung unseren Erwartungen entsprechen? Wenn es möglich ist, diese Fragen zu beantworten, dann ist es auch möglich, Gewissheit darüber herzustellen, was die künstliche und planmäßige Reproduzierbarkeit des Menschen für „Verhältnisse und Verhalten“ (vgl. Mollenhauer 1996, S. 28 f.) nach pädagogischen Maßgaben zu bedeuten haben und haben werden. Ein erster Schritt wäre damit getan, pädagogisch Position zu aktuellen Sachverhalten der reproduktionsmedizinischen und gentechnologischen Forschung zu beziehen“
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29. April 2009
von Tom Levold
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Medikalisierung von Lebenskontexten? Systemische Therapie als evidenzbasiertes Verfahren

In einer aktuellen Arbeit für das„Psychotherapeuten- Journal“ 1/2009 stellen Rüdiger Retzlaff, Kirsten von Sydow, Wilhelm Rotthaus, Stefan Beher und Jochen Schweitzer mit„aktuellen Fakten, Entscheidungen und Aussichten“ die„Systemische Therapie als evidenzbasiertes Verfahren“ vor. Nach der Anerkennung der wissenschaftlichen Fundierung der Systemischen Therapie durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie geht es jetzt um die Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss G-BA, von dessem Votum die Aufnahme der Systemischen Therapie in die Richtlinienverfahren abhängt. Dementsprechend wird das Loblied der Evidenzbasierung auch hier weiter gesungen, weiß man ja, dass der G-BA auf allen anderen Ohren ohnehin taub ist. Leider wird damit aber auch ein Modell der RCT-orientierten Evidenzbasierung als state of the art der Psychotherapieforschung akzeptiert und für die Systemische Therapie übernommen, deren konstruktivistische Basis im Verlaufe dieser Operation aber nicht mehr recht erkennbar scheint. Die einzige Stelle in der vorliegenden Arbeit, die auf die kritischen Punkte überhaupt eingeht, bleibt konsequenterweise ziemlich im ungefähren:„Nach Veröffentlichung der Expertise zur Wirksamkeit der Systemischen Therapie (v. Sydow et al., 2007b) wurde vor der Gefahr der Übernahme eines einseitigen medizinisch-pharmakologischen Wissenschaftsverständnisses gewarnt, das den Besonderheiten des systemischen Modells nicht gerecht wird. In der Systemischen Therapie ist die Behandlung klinischer Störungsbilder im Sinne der ICD-10 in einen breiten Verstehenskontext eingebettet; Symptome werden als Ausdruck aneinander ankoppelnder biologischer, innerpsychischer und sozialer Interaktionen verstanden, und durch eine kooperative Entwicklung gesundheitsfördernder Kommunikationsmuster auflösbar gemacht (Was immer das heißen mag, TL). Insofern entsprechen sie den Anforderungen der Psychotherapie-Richtlinien, dass die Theoriesysteme von Therapieverfahren ‚gegenwärtigen, lebensgeschichtlichen und gesellschaftlichen Faktoren in ihrer Bedeutung für das Krankheitsgeschehen gerecht werden‘ müssen“ Operation gelungen, Patient tot?

28. April 2009
von Tom Levold
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Ronald D. Laing – persönlich

„He was a guru to the Beatles and a brilliant psychiatrist who redefined the family — but his own children remember only drink, adultery and violence“. Russell Miller hat in der Ausgabe der Online-Times einen so eindrucksvollen wie deprimierenden Artikel über den Aufstieg – und vor allem den Abstieg von Ronald D. Laing geschrieben, der zur Lektüre empfohlen sei. Laing, ein schottischer Psychiater und Psychoanalytiker, der 1927 in Glasgow geboren wurde, wurde in den 60er Jahren zu einer der bekanntesten Führer der Anti-Psychiatrie-Bewegung. Seine Arbeiten zum Zusammenhang von familiärer Interaktion und Schizophrenie wurden auch in der Familientherapie-Szene rezipiert, so etwa sein Aufsatz„Mystifizierung, Konfusion und Konflikt„, der im legendären, von Jürgen Habermas, Dieter Henrich und Niklas Luhmann herausgegebenen Sammelband„Schizophrenie und Familie“ 1969 bei Suhrkamp erschien. George Spencer-Brown arbeitete in den 60er Jahren mit Laing zusammen. Der Artikel in der Times zeigt die Schattenseite von Laing, der in den 70er Jahren das Interesse der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend verlor. Die eigenen Familienverhältnisse waren katastrophal, Gewalt, Alkohol- und Drogenkonsum bestimmen sein persönliches Leben. Er starb im Alter von 61 Jahren, mittellos und ohne feste Adresse, 1989 auf einem Tennisplatz in St. Tropez.
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26. April 2009
von Tom Levold
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Supervisionstools

„Tools sind Strukturierungsangebote, Strukturhilfen. Ihre Strukturelemente ermöglichen Reflexion, leiten Denkprozesse an, fokussieren, verdichten, reduzieren und erhöhen die Komplexität, steuern, geben Sicherheit, machen Verhalten in sozialen Kontexten erwartbar, sind Ermöglichungen. Auf der anderen Seite engen sie ein, verhindern die Beobachtung außerhalb des Rahmens, der Struktur, bringen bestimmte Ergebnisse hervor, andere nicht, verhindern die Kreativität des Chaos und der Unbegrenztheit. Sie determinieren Kommunikationsabläufe und strukturieren Entscheidungsprozesse“ So schreibt Heidi Neumann-Wirsig in ihrer Einleitung zu dem von ihr herausgegebenen Band über die„Methodenvielfalt der Supervision in 55 Beiträgen renommierter Supervisorinnen und Supervisoren“. Trotz aller Ambivalenz, was die aktuelle Tool-Fixiertheit des Beratungsdiskurses betrifft, ist hier eine eindrucksvolle Sammlung unterschiedlichster methodischer Instrumente zusammengekommen. Und was passiert, wenn man sich Supervisions-Tools aus der Perspektive eines Coaches ansieht? Das können Sie in der Rezension von Thomas Webers nachlesen. Immerhin findet auch er, dass„der Herausgeberin (insgesamt) ein schönes Handbuch gelungen (ist), das sicher über die Zielgruppe der Supervisoren hinaus weitere beraterisch Tätige als auch Ausbilder (bis hin zu Lehrern) ansprechen wird“
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25. April 2009
von Tom Levold
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Evaluation von Supervision und Coaching

Das neue Heft der Zeitschrift„Organisationsberatung, Supervision, Coaching“ ist dem Thema der Evaluation gewidmet. Zunehmend befasst sich Wirkungsforschung auch mit der berufs- und personenbezogenen Beratungspraxis in Organisationen. In diesem Heft geht es um die Wirksamkeit von Führungskräfte-Coaching, Supervision in der stationären Psychiatrie, Schulleitungs-Coaching, Online-Coaching für Nachwuchswissenschaftler, Erfassung der Weiterbildungsmotivation von TeilnehmerInnen einer Coaching-Ausbildung sowie um die Evaluation eines so genannten„High Profiling Coaching“. Spannend insbesondere für Systemiker ist die ausführliche Auseinandersetzung von Astrid Schreyögg mit dem 2008 erschienenen Buch des systemtheoretisch ausgerichteten Soziologen Stephan Kühl über Coaching und Supervision, in dem er beiden eine so große Ähnlichkeit bescheinigt, dass er sie unter dem Signum der„Personenorientierten Beratung in Organisationen“ zusammenfasst, womit Schreyögg nicht wirklich einverstanden ist.

24. April 2009
von Tom Levold
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Metaphern des Geschlechts

In einem äußerst interessanten Aufsatz, der in der neuen Ausgabe des Forums qualitative Sozialforschung erschienen ist, befasst sich der Metaphernforscher Rudolf Schmitt, Professor an der Hochschule für Sozialwesen in Zittau, mit der metaphorischen Konstruktion von Geschlecht. Seine Arbeit rezipiert die vorhandenen Studien, stellt zentrale Begriffe der kognitiven Metapherntheorie vor und versucht eine Revision derselben, welche dazu beitragen könnte, Metaphernanalysen der Konstruktion von Geschlecht theoretisch und forschungsmethodisch weiter zu entwickeln, wie es im abstract heißt. Dabei kritisiert er das mangelnde Verständnis der kognitiven Metapherntheorie für die „geschlechtsblinde und geschichtsvergessene“ Konzeption von Metaphern bei Lakoff und Johnson, die „von einer allgemein-menschlichen Körpererfahrung als Ausgangspunkt metaphorischen Denkens“ ausgingen. Andererseits seien viele Forschungsarbeiten von einer Tendenz gekennzeichnet, „nicht nur Unterschiede zu beschreiben, sondern sie auch herzustellen, wo sie nicht sind, sie durch eine Fokussierung zu übertreiben oder die gefundenen Differenzen durch wissenschaftliche Beschreibung nur zu verdoppeln, statt diese auch als hergestellte auszuweisen. Diese Formen beschreiben die alltäglich übliche, in der Forschung jedoch als methodischer Fehler zu diskutierende Praxis des doing gender“. Damit ist auch das Risiko verbunden, „Unterschiede über das vorhandene Maß hinaus zu betonen, Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern auszublenden sowie Überschreitungen von Geschlechtsstereotypen zu übersehen“.
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