systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

22. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Wie ich mal beim Formulieren half!

Was kaum jemand weiß: der Kofürst von Andorra, Nicolas Sarkozy, ist nicht nur einer der bedeutendsten Männer der Weltgeschichte, sondern hat auch maßgeblichen Anteil an der Öffnung der Mauer und der deutschen Wiedervereinigung. systemagazin freut sich, nach langem Zureden von Carla Bruni einen Exklusiv-Beitrag des berühmtesten Mauerspechtes der Welt präsentieren zu können:„Mon Dieu! Jeder Mensch in Allemagne weiß ja nun, dass ich als Erster am 9.11.1989 begonnen habe, mit einer Spitzhacke die Mauer zu zerlegen, und zwar von der Ostseite Berlins, wie zahlreiche Fotos belegen. Als zukünftigem Präsidenten eines Volkes, dass 200 Jahre zuvor das ancien régime auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen hat, hat mich damals schon gewundert, dass die Deutschen nicht von selbst auf diese Idee gekommen ist. Wahrscheinlich haben alle auf eine Abrissgenehmigung gewartet. Allons enfants! So lag es an mir, ein wenig Entwicklungshilfe zu leisten. Und wie Sie sehen, hat meine Initiative solchen Erfolg gehabt, dass mittlerweile von der Mauer gar nichts mehr zu sehen ist. Das ist aber nur die eine Hälfte der Geschichte“ Sie wollen die andere Hälfte auch wissen?
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21. Dezember 2009
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Thorsten Bonacker

„Funktionale Differenzierung produziert (…) genau jenen Widerspruch, auf dessen Hintergrund nichtintendierte Handlungsfolgen politisiert werden können. Unter funktionaler Differenzierung versteht man klassisch ein gesellschaftliches Differenzierungsprinzip, das besondere Mechanismen der Vergesellschaftung von Individuen etabliert. Inklusion, also die Einbeziehung von Individuen in gesellschaftliche Zusammenhänge etwa über soziale Rollen, wird in funktional differenzierten Gesellschaften durch Funktionssysteme organisiert. Der Wohlfahrtsstaat lässt sich in diesem Zusammenhang als Institution auffassen, die versucht, ein gewisses Maß an Inklusion dauerhaft abzusichern. Zugleich aber behalten die Funktionssysteme ihre Autonomie insofern, als sie jeweils eigene Kriterien für Inklusion und Exklusion, d.h. für soziale Berücksichtigung und Ausgrenzung entwickeln. Eine solche funktionssystemspezifische Steuerung von Inklusion und Exklusion hat zwei Folgen: Auf der einen Seite generiert sie das Postulat eines Inklusionsuniversalismus, weil niemand mehr aufgrund seiner Lebenslage und seines sozialen Status ausgeschlossen werden sollte. Insofern zielt funktionale Differenzierung ihrem Prinzip nach auf Allinklusion (…). Damit einher gehen relativ anspruchsvolle, legitime Erwartungen, an gesellschaftlichen Leistungen teilhaben zu können. Zugleich entwickeln sich egalitäre Gerechtigkeitsvorstellungen, die davon ausgehen, dass bei der Inklusion in Funktionssysteme alle Gesellschaftsmitglieder gleiche Chancen haben sollten. Auf der anderen Seite entsteht gerade dadurch, dass Inklusion auf autonome Teilsysteme übergeht, systembedingter Ausschluss. Funktionale Differenzierung verstärkt in diesem Sinne das Problem sozialer Ungleichheit und sozialer Ausgrenzung. Wir haben es also mit einer gleichzeitigen Universalisierung und Spezialisierung von Inklusion zu tun. Der paradoxe Effekt dieses Widerspruchs ist Exklusion aufgrund (der systemspezifischen Steuerung) von Inklusion. Die Enttäuschung, die von diesem Effekt ausgeht, bildet den Bodensatz für die Entstehung von Konflikten. Allerdings hat die Differenzierungstheorie und insbesondere die Systemtheorie genau diesen Zusammenhang zwischen sozialer Exklusion und sozialem Konflikt nicht nur weitgehend ignoriert, sie ist auch konzeptionell aufgrund eines sehr engen Exklusionsbegriffs nicht ohne weiteres in der Lage, die Frage nach der Konfliktträchtigkeit sozialer Exklusion zu beantworten“ (In: Exklusion als Macht. Zu den Bedingungen der Konfliktträchtigkeit sozialer Ausgrenzung. In: Journal für Konflikt- und Gewaltforschung 7 (2005), Heft 2, S. 41-67.)

21. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Vom Glück lässt sich leichter erzählen

Cornelia Hennecke hat die Maueröffnung am 9.11.1989 in Ostberlin erlebt:„Ich gehörte nicht zu denen, deren Weg dann in dieser Nacht nach Westberlin führte. Das passierte erst am 11. November 1989 und ich erinnere mich an eine Fülle unterschiedlichster Erlebnisse: nach den ersten Schritten in den Westen stand z.B. auf der Westberliner Seite der Bornholmer Brücke ein Truck, von dem (tonnenweise) Kaffeepäckchen und Bananen in die Massen geschmissen wurden. Das fand ich so beschämend, dass ich eigentlich am liebsten gleich wieder umgekehrt wäre. Als wir dann viel später das Brandenburger Tor von der für uns unbekannten Seite vor uns sahen, berührte mich dann doch die Idee sehr, eine wie auch immer – zumindest für uns Deutsche – bedeutsame Zeit mitzuerleben. Zwischen diesen beiden markierten Empfindungen gab es von nun an bis heute sehr unterschiedlich erlebte und empfundene Erfahrungen mit deutsch-deutscher Geschichte“ Gemischte Erfahrungen also (was sonst), von denen sie für den systemagazin-Adventskalender in ihrem schönen Beitrag aber nur die Glücklichen preisgibt.
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20. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Das große Beben

Wolfgang Traumüller war im Herbst 1989 auf einer Chorreise in Kalifornien und erlebte dort das Loma-Prieta-Erdbeben hautnah mit. Einige Zeit später bekam er das deutsche Beben über die Medien mit. Für den systemagazin-Adventskalender hat er darüber einen eindrucksvollen Beitrag geschrieben:„Eines Abends, als wir auf CNN in die Nachrichten schauten, begriff ich zuerst gar nicht, um was es ging. Strömende, nein hastende Menschenmengen, Autos, Aufregung, Zäune, die fielen, Leute, die auf Betonmauern saßen, hinauf und hinüber kletterten, hämmerten, meißelten, darauf tanzten, Teile bunt anmalten, sie umwarfen… Verrückte, ausgelassene und aufgelöste Stimmung. Bis ich im Kopf begriff, daß das zu Hause war, was meine Augen da sahen, dauerte es eine Weile. Politische Reden und Versprechungen der Großen und Dicken. Männer zumeist. Menschliche Reaktionen bei den Kleinen, Grauen und Frauen. Tränen von Ergriffenheit und Freude über eines der offenbar schönsten aller Enden, vom Schmerz der Erinnerung, Umarmungen, innerer und äußerer Bewegung, Rennen und Laufen. Und für mehr, als es vielleicht zugeben, auch von Entsetzen. Wie denn nun weiter?! Am fassungslosesten die Grenzwächter der NVA. Für viele war nun Schicht im Schacht. Mehr als eine Brücke und Häuser waren hier zusammen gebrochen. Eher so etwas wie eine Welt. – Auch wir schrien uns entgeistert und ungläubig an, ob es das war, was wir da sahen? Es war wohl so. Und es dauerte, bis auch wir uns etwas erholt hatten von dem, was da in endlosen Variationen unter mächtigen Wortsalven der Kommentatoren über den Bildschirm ging, und von dem vielen und hochprozentigen Bourbon, der uns beim Verdauen half. Ich mag eigentlich gar keinen Whiskey. Aber Begreifen braucht Zeit. Eher hilflos fingerte der Geist an den Eindrücken herum, bis das alles für uns wirklicher wurde“.
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19. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Sushi in San Francisco, La Palma und ein weiblicher Friseur aus Ost-Berlin

Wie offenbar viele der diesjährigen Adventskalender-Autoren war auch Lothar Eder am 9.11.1989 im Ausland, nämlich urlaubshalber auf La Palma und weit weit weg von der Mauer:„Der 9. November 1989 ließ für uns vom Mauerfall nichts ahnen und Mobiltelefone gab es damals noch nicht. Am 10. November erschien vormittags die aus Berlin stammende Besitzerin der Anlage mit einem Karton voller Piccolofläschchen, die sie an alle Bewohner mit der frohen Botschaft„die Mauer ist offen“ verteilte. Ungläubig hörten wir die Worte und ließen uns alles mehrmals erzählen, was unsere Vermieterin selbst nur als schmale Nachricht über ein Telefonat mit Deutschland und von einigen kurzen Berichten aus dem spanischen Fernsehen wußte“
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18. Dezember 2009
von Tom Levold
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Gehirn + Organisation – Betrachtungsweisen im Dialog

Unter diesem Titel eröffnete Bernd Schmid 2007 die erste Tagung des von ihm mitbegründeten„Forum Humanum“, einem„Aktionsbündnis zur Neubelebung von Kreativität und Gestaltungskraft in menschengerechten Organisationen“, in dem sich Wissenschaftler und Praktiker aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft zusammengeschlossen haben. Sein Vortrag ist nun auch in der Systemischen Bibliothek zu lesen:„wenn wir davon ausgehen, dass in der Wirtschaft und speziell in Organisationen der homo öconomicus am Werk ist, der nach persönlicher Optimierung alleine strebt, müssen wir uns um ein ausgeklügeltes Steuer- und Kontroll-System kümmern, damit dennoch Gemeinschaftsleistungen herauskommen. Wenn wir Organisationen als Ort, an dem Menschen zuhause sind, relevante Bindungen und Wertschätzungen erleben, einen Ort, an dem die Menschen Identität und Selbstverwirklichung leben wollen, müssen wir uns um Organisationskulturfragen kümmern. Die Implikationen und Konsequenzen sind dramatisch verschieden“
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18. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender 2009: Der Rabe, der Löwe und die Mauer

Arist von Schlippe befand sich in einem Selbsterfahrungsseminar mit Peter Heinl, in dem er über den Einsatz von kleinen Objektskulpturen neuen Zugang zu wichtigen Objekten seiner Geschichte bekommen hatte, während in Berlin die große deutsch-deutsche Skulptur Löcher bekam. (Und speziell für Dich liebe Cornelia: Es fehlen noch drei – und gute Besserung 🙂
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17. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Mauerfall in Estoril

Annette Kreuz lebt und arbeitet seit 1978 in Valencia (Spanien) als Psychologin und systemische Therapeutin, hat aber in Dortmund ihre Wurzeln. Hierzulande ist sie für ihre Tätigkeiten als EFTA-Vorstandmitglied wie auch als Generalsekretärin der EFTA bekannt geworden. Die Maueröffnung hat sie in Spanien mitbekommen, während einer Schulpflegschaftsversammlung – ihre kurze und prägnante Schilderung dieser Erinnerung
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16. Dezember 2009
von Tom Levold
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Interkulturelles Coaching

Interkulturelles Coaching bedarf mit Sicherheit einer gewissen interkulturellen Kompetenz.„Diese besteht nun nicht allein in einem Wissen um Gepflogenheiten, Umgangsformen usw. einer fremden Kultur, wie man sie in entsprechenden Trainings lernen kann, sondern darüber hinaus in einer „kulturreflexiven“ Haltung, nämlich sich die Relativität der eigenen kulturellen Prägungen bewusst zu machen und sich zu öffnen für das, was einem in der fremden Kultur begegnet. Sie lässt sich auch als „Cultural Awareness“ oder als „dialogische Haltung gegenüber dem Fremden“ beschreiben. Eine solche Haltung muss nun aber jeder Einzelne wiederum mit seiner individuellen Lebensgeschichte und beruflichen Karriere in Verbindung bringen können, er muss die zuweilen nicht leicht zu bewältigenden Veränderungen oder sogar Brüche, die häufig zunächst als „Kulturschock“ erlebt werden, in die eigene Biographie integrieren können, insbesondere wenn auch mitreisende Familienangehörige einbezogen sind. Für diese vielfältigen Herausforderungen kann ein darauf spezialisiertes Coaching zur Vorbereitung ebenso wie zur kontinuierlichen Begleitung wertvolle Dienste leisten“, schreibt Christoph Schmidt-Lellek in seinem Editorial zum etwas verspätet ausgelieferten Heft 3/2009 der Zeitschrift OSC (Organisationsberatung, Supervision, Coaching), das dem Thema„Interkulturelles Coaching“ gewidmet ist.
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16. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Mitten drin und doch verschlafen

„Während wir so ’nach drüben‘ schauten, fragte mich Rosemary, was ich denke, wie lange diese unsägliche Grenze denn noch stehen bleibt? Ich antwortete, dass ich letzte Woche noch gesagt hätte: so ca. 50 Jahre, aber nachdem ihnen die Einreise nach Ostberlin verweigert wurde, könnte ich auch sagen: noch 100 Jahre. Oder auch gar nicht mehr lange. Alles scheint möglich. – Wir verbrachten dann noch einen schönen Tag gemeinsam und ich hörte viel später von den Kollegen in Ost-Berlin, wie sie umsonst gewartet hatten. Der 9. November war ein langer Arbeitstag, an dem ich sehr spät das BIF verließ und zu Hause nur noch ins Bett fiel. Da ich oft durch den Grunewald nach Hause fuhr und die Innenstadt nicht streifte, sah ich auch nichts Ungewöhnliches unterwegs. Ich sah auch keine Nachrichten mehr“ So schildert Ulrike-Luise Eckhardt, Mitbegründerin des BIF in Berlin, ihren neunten November, den sie mit Rosemary Whiffen vom Tavistock Institute in Berlin verbrachte. Überrascht wurde sie dann am 10.11. früh durch die Nachrichten – und dann ging’s los.
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15. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Winterwanderlandschaft

Mit der Öffnung der Mauer setzte eine große ambulante Wanderungsbewegung Richtung Westen ein, aber es gab auch ein paar Mutige, die bereit waren, in die andere Richtung zu gehen, so auch Edelgard Struß, die am Sonntag nach dem 9.11.1989 mit drei Männern aus Frankfurt am Main in die Rhön zum Wandern fuhr und dann durch ein unvermutetes Gartentor in der Grenzanlage auf den speziellen Grenzstreifen der DDR stieß, was zum Wandern einlud, aber gleichzeitig die Frage aufwarf, ob man wohl auch wieder heil zurückkommen würde – man weiß ja nie…
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14. Dezember 2009
von Tom Levold
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Mit der Kultur gegen die Kultur

„Als Niklas Luhmann 1997 in den Räumen der Berliner Siemens AG über das Verhältnis von Kultur und Unternehmen sprechen sollte, schickte er ohne Umschweife vo raus, dass er Probleme mit der Kultur habe. Sie sei „kein eigenes System und komme zu oft vor“, wird er von Harry Nutt in einem Artikel der »taz« anlässlich seines Todes am 6. November 1998 zitiert. Was macht es demnach trotzdem interessant, sich dem Kulturbegriff mit einer Theorie zu nähern, welche maßgeblich von einem Soziologen geprägt wurde, der Kultur darüber hinaus als „einen der schlimmsten Begriffe, die je gebildet worden sind“, bezeichnet hat? Welches Angebot kann die Systemtheorie Luhmannscher Prägung der Debatte um den Kulturbegriff bieten? Welche Thesen bietet Luhmanns Theorie dem kultursoziologischen Diskurs, und welchen Stellenwert nehmen seine Überlegungen dort ein? Vor allem aber: wie kann die Systemtheorie nach Luhmann mit dessen Erbe und seinem schwierigen Verhältnis zur Kultur umgehen? Wohin hat Luhmann die Kultur verjagt, bzw. ist ihm diese Austreibung überhaupt gelungen?“. Mit diesen Fragen setzt sich Christian Colli, Sozialwissenschaftler und Human Resources Business Consultant, in einer Arbeit auseinander, die 2004 in der Reihe„Duisburger Beiträge zur Soziologischen Forschung“ unter dem Titel:„Mit der Kultur gegen die Kultur. Chancen und Grenzen des Kulturbegriffs bei Niklas Luhmann“ online erschienen ist.
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