systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

25. Dezember 2009
von Tom Levold
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Frohe Weihnachten!


An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Autorinnen und Autoren bedanken, die mit ihren Geschichten zum diesjährigen Adventskalender beigetragen haben! In der Hoffnung, dass Ihnen der vierte Advents-Kalender im systemagazin genauso viel Spaß gemacht wir mir, grüße ich Sie herzlich und wünsche Ihnen allen schöne Feiertage.

Tom Levold

24. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Fern sehen und doch so nah!

Obwohl politisch bestens informiert, war ich auf die Öffnung der Mauer schlicht und einfach nicht vorbereitet:„Auf dem Bildschirm war eine Menschenmasse zu sehen, die sich vor und auf einer Mauer tummelte, die Ähnlichkeiten mit der Berliner Mauer hatte, offensichtlich euphorisiert, mit Sektflaschen in der Hand, aber eindeutig nicht mein Video-Band. Nach mehrmaligem Hin- und Herschalten erfasste mich eine Ahnung, dass es sich hier nicht um eine Inszenierung handelte, sondern um aktuelle Nachrichten. Ähnlich ungläubig habe ich 12 Jahre später am 11.9. auf die Bildschirme in der Kölner U-Bahn gestarrt und erst zuhause glauben wollen, dass das, was ich da sah, Realität und nicht Fiktion war. Meine plötzlichen, für mich völlig überraschenden Tränen und mein Unvermögen, mit dem Seminar wie geplant zu starten, verdanktem sich einem Gefühl von Überwältigung, dem Gefühl, schockiert zu sein von einem Ereignis, das der Kognition sozusagen längst als fällig vor Augen stand, vom Affekt aber bislang als ausgeschlossen angesehen wurde. Dass die Wirklichkeit meiner Phantasie so weit vorauszueilen imstande war bzw. dass ich mit meinen Erwartungen der Realität so weit hinterhergehinkt war, beschämte mich. Immerhin war die aufgeladene Atmosphäre in der DDR, in Ungarn und in der CSSR seit Wochen beherrschendes Thema in den Medien gewesen“
Zum Adventskalender…

23. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Von innerer Mauer und schlechtem Gewissen

Nun wird der Adventskalender doch noch voll! Cornelia Tsirigotis aus Aachen sorgt trotz schwerer Erkältung für das Türchen zum 23.12., obwohl Aachen ganz ganz weit weg von Berlin war: „Ich gebe zu, für die Größe des geschichtlichen Moments sind meine Erinnerungen an den Abend des 9. November etwas dürftig. Viel spannender fand ich die Frage, mit der Tom zum Adventskalender einlud: Wann fiel die innere Mauer? Woraus besteht die eigentlich? Ich, ich habe doch keine innere Mauer?!?! Meine innere Mauer bestand eher aus „nichts“, oder aus „wenig“: wenig damit zu tun, immer wenig Menschen in der DDR gekannt, keine Verwandten gehabt, nur ganz entfernte, die mich mal als ich 12 Jahre alt war, für einen Nacht gegen ihre Tochter eintauschen wollten, damit die in Westberlin ihre Großmutter sehen konnte. Ich hatte Schiss und war froh, einen Kopf größer zu sein als Sigrid und darüber, dass mein Passbild keinerlei Ähnlichkeit bot, so dass der Plan fallen gelassen wurde“
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22. Dezember 2009
von Tom Levold
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Politiker gehen endlich wirkungsvoll gegen Erderwärmung vor!

Wie erst gestern abend bekannt wurde, hat es auf dem Kopenhagener Klimagipfel doch noch einen effektiven Durchbruch gegeben. Wie aus gut informierter Quelle zu erfahren war, haben sich die Politiker aller führenden Staaten der Welt darauf verständigt, ab Januar 2010 nur noch substantielle Aussagen zu machen und ansonsten zu schweigen. Eine Expertenkommission hatte errechnet, dass alleine durch das Einsparen der heißen Luft, die von Politikern jährlich an die Atmosphäre abgegeben wird, die Erderwärmung in den nächsten 10 Jahren um 1 Grad reduziert werden kann. Mit dieser Maßnahme wollen die Politiker zeigen, dass mit gutem Willen auch anspruchsvolle Ziele erreicht werden können. Der deutsche Außenminister Guido Graf Westerwelle hat dem Vernehmen nach allerdings bereits eine Ausnahmegenehmigung beantragt, da ein völliges Redeverbot, auf das es bei ihm ja in diesem Falle hinausliefe, für die Menschen in diesem Lande („Es ist Deutschland hier!“) nicht vermittelbar wäre. Was er sich dagegen vorstellen könne, sei ein Handel mit Emissionszertifikaten, wie er auch schon in der Industrie gebräuchlich sei. So könnten die Regierungen der reichen Industrieländer das Schweigen der Entwicklungsländer und der Nicht-Regierungsorganisationen unterstützen. Er wies angesichts der aktuellen Kälteperiode in Deutschland auch auf die soziale Dimension von Politikerreden hin:„Viele Menschen unterhalb der Armutsgrenze haben außer der heißen Luft, die ihnen kostenlos von der Regierung zur Verfügung gestellt wird, kaum etwas zu heizen. Schweigen wäre hier gerade zu Weihnachten und Neujahr das falsche Signal“.

22. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Wie ich mal beim Formulieren half!

Was kaum jemand weiß: der Kofürst von Andorra, Nicolas Sarkozy, ist nicht nur einer der bedeutendsten Männer der Weltgeschichte, sondern hat auch maßgeblichen Anteil an der Öffnung der Mauer und der deutschen Wiedervereinigung. systemagazin freut sich, nach langem Zureden von Carla Bruni einen Exklusiv-Beitrag des berühmtesten Mauerspechtes der Welt präsentieren zu können:„Mon Dieu! Jeder Mensch in Allemagne weiß ja nun, dass ich als Erster am 9.11.1989 begonnen habe, mit einer Spitzhacke die Mauer zu zerlegen, und zwar von der Ostseite Berlins, wie zahlreiche Fotos belegen. Als zukünftigem Präsidenten eines Volkes, dass 200 Jahre zuvor das ancien régime auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen hat, hat mich damals schon gewundert, dass die Deutschen nicht von selbst auf diese Idee gekommen ist. Wahrscheinlich haben alle auf eine Abrissgenehmigung gewartet. Allons enfants! So lag es an mir, ein wenig Entwicklungshilfe zu leisten. Und wie Sie sehen, hat meine Initiative solchen Erfolg gehabt, dass mittlerweile von der Mauer gar nichts mehr zu sehen ist. Das ist aber nur die eine Hälfte der Geschichte“ Sie wollen die andere Hälfte auch wissen?
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21. Dezember 2009
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Thorsten Bonacker

„Funktionale Differenzierung produziert (…) genau jenen Widerspruch, auf dessen Hintergrund nichtintendierte Handlungsfolgen politisiert werden können. Unter funktionaler Differenzierung versteht man klassisch ein gesellschaftliches Differenzierungsprinzip, das besondere Mechanismen der Vergesellschaftung von Individuen etabliert. Inklusion, also die Einbeziehung von Individuen in gesellschaftliche Zusammenhänge etwa über soziale Rollen, wird in funktional differenzierten Gesellschaften durch Funktionssysteme organisiert. Der Wohlfahrtsstaat lässt sich in diesem Zusammenhang als Institution auffassen, die versucht, ein gewisses Maß an Inklusion dauerhaft abzusichern. Zugleich aber behalten die Funktionssysteme ihre Autonomie insofern, als sie jeweils eigene Kriterien für Inklusion und Exklusion, d.h. für soziale Berücksichtigung und Ausgrenzung entwickeln. Eine solche funktionssystemspezifische Steuerung von Inklusion und Exklusion hat zwei Folgen: Auf der einen Seite generiert sie das Postulat eines Inklusionsuniversalismus, weil niemand mehr aufgrund seiner Lebenslage und seines sozialen Status ausgeschlossen werden sollte. Insofern zielt funktionale Differenzierung ihrem Prinzip nach auf Allinklusion (…). Damit einher gehen relativ anspruchsvolle, legitime Erwartungen, an gesellschaftlichen Leistungen teilhaben zu können. Zugleich entwickeln sich egalitäre Gerechtigkeitsvorstellungen, die davon ausgehen, dass bei der Inklusion in Funktionssysteme alle Gesellschaftsmitglieder gleiche Chancen haben sollten. Auf der anderen Seite entsteht gerade dadurch, dass Inklusion auf autonome Teilsysteme übergeht, systembedingter Ausschluss. Funktionale Differenzierung verstärkt in diesem Sinne das Problem sozialer Ungleichheit und sozialer Ausgrenzung. Wir haben es also mit einer gleichzeitigen Universalisierung und Spezialisierung von Inklusion zu tun. Der paradoxe Effekt dieses Widerspruchs ist Exklusion aufgrund (der systemspezifischen Steuerung) von Inklusion. Die Enttäuschung, die von diesem Effekt ausgeht, bildet den Bodensatz für die Entstehung von Konflikten. Allerdings hat die Differenzierungstheorie und insbesondere die Systemtheorie genau diesen Zusammenhang zwischen sozialer Exklusion und sozialem Konflikt nicht nur weitgehend ignoriert, sie ist auch konzeptionell aufgrund eines sehr engen Exklusionsbegriffs nicht ohne weiteres in der Lage, die Frage nach der Konfliktträchtigkeit sozialer Exklusion zu beantworten“ (In: Exklusion als Macht. Zu den Bedingungen der Konfliktträchtigkeit sozialer Ausgrenzung. In: Journal für Konflikt- und Gewaltforschung 7 (2005), Heft 2, S. 41-67.)

21. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Vom Glück lässt sich leichter erzählen

Cornelia Hennecke hat die Maueröffnung am 9.11.1989 in Ostberlin erlebt:„Ich gehörte nicht zu denen, deren Weg dann in dieser Nacht nach Westberlin führte. Das passierte erst am 11. November 1989 und ich erinnere mich an eine Fülle unterschiedlichster Erlebnisse: nach den ersten Schritten in den Westen stand z.B. auf der Westberliner Seite der Bornholmer Brücke ein Truck, von dem (tonnenweise) Kaffeepäckchen und Bananen in die Massen geschmissen wurden. Das fand ich so beschämend, dass ich eigentlich am liebsten gleich wieder umgekehrt wäre. Als wir dann viel später das Brandenburger Tor von der für uns unbekannten Seite vor uns sahen, berührte mich dann doch die Idee sehr, eine wie auch immer – zumindest für uns Deutsche – bedeutsame Zeit mitzuerleben. Zwischen diesen beiden markierten Empfindungen gab es von nun an bis heute sehr unterschiedlich erlebte und empfundene Erfahrungen mit deutsch-deutscher Geschichte“ Gemischte Erfahrungen also (was sonst), von denen sie für den systemagazin-Adventskalender in ihrem schönen Beitrag aber nur die Glücklichen preisgibt.
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20. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Das große Beben

Wolfgang Traumüller war im Herbst 1989 auf einer Chorreise in Kalifornien und erlebte dort das Loma-Prieta-Erdbeben hautnah mit. Einige Zeit später bekam er das deutsche Beben über die Medien mit. Für den systemagazin-Adventskalender hat er darüber einen eindrucksvollen Beitrag geschrieben:„Eines Abends, als wir auf CNN in die Nachrichten schauten, begriff ich zuerst gar nicht, um was es ging. Strömende, nein hastende Menschenmengen, Autos, Aufregung, Zäune, die fielen, Leute, die auf Betonmauern saßen, hinauf und hinüber kletterten, hämmerten, meißelten, darauf tanzten, Teile bunt anmalten, sie umwarfen… Verrückte, ausgelassene und aufgelöste Stimmung. Bis ich im Kopf begriff, daß das zu Hause war, was meine Augen da sahen, dauerte es eine Weile. Politische Reden und Versprechungen der Großen und Dicken. Männer zumeist. Menschliche Reaktionen bei den Kleinen, Grauen und Frauen. Tränen von Ergriffenheit und Freude über eines der offenbar schönsten aller Enden, vom Schmerz der Erinnerung, Umarmungen, innerer und äußerer Bewegung, Rennen und Laufen. Und für mehr, als es vielleicht zugeben, auch von Entsetzen. Wie denn nun weiter?! Am fassungslosesten die Grenzwächter der NVA. Für viele war nun Schicht im Schacht. Mehr als eine Brücke und Häuser waren hier zusammen gebrochen. Eher so etwas wie eine Welt. – Auch wir schrien uns entgeistert und ungläubig an, ob es das war, was wir da sahen? Es war wohl so. Und es dauerte, bis auch wir uns etwas erholt hatten von dem, was da in endlosen Variationen unter mächtigen Wortsalven der Kommentatoren über den Bildschirm ging, und von dem vielen und hochprozentigen Bourbon, der uns beim Verdauen half. Ich mag eigentlich gar keinen Whiskey. Aber Begreifen braucht Zeit. Eher hilflos fingerte der Geist an den Eindrücken herum, bis das alles für uns wirklicher wurde“.
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19. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Sushi in San Francisco, La Palma und ein weiblicher Friseur aus Ost-Berlin

Wie offenbar viele der diesjährigen Adventskalender-Autoren war auch Lothar Eder am 9.11.1989 im Ausland, nämlich urlaubshalber auf La Palma und weit weit weg von der Mauer:„Der 9. November 1989 ließ für uns vom Mauerfall nichts ahnen und Mobiltelefone gab es damals noch nicht. Am 10. November erschien vormittags die aus Berlin stammende Besitzerin der Anlage mit einem Karton voller Piccolofläschchen, die sie an alle Bewohner mit der frohen Botschaft„die Mauer ist offen“ verteilte. Ungläubig hörten wir die Worte und ließen uns alles mehrmals erzählen, was unsere Vermieterin selbst nur als schmale Nachricht über ein Telefonat mit Deutschland und von einigen kurzen Berichten aus dem spanischen Fernsehen wußte“
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18. Dezember 2009
von Tom Levold
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Gehirn + Organisation – Betrachtungsweisen im Dialog

Unter diesem Titel eröffnete Bernd Schmid 2007 die erste Tagung des von ihm mitbegründeten„Forum Humanum“, einem„Aktionsbündnis zur Neubelebung von Kreativität und Gestaltungskraft in menschengerechten Organisationen“, in dem sich Wissenschaftler und Praktiker aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft zusammengeschlossen haben. Sein Vortrag ist nun auch in der Systemischen Bibliothek zu lesen:„wenn wir davon ausgehen, dass in der Wirtschaft und speziell in Organisationen der homo öconomicus am Werk ist, der nach persönlicher Optimierung alleine strebt, müssen wir uns um ein ausgeklügeltes Steuer- und Kontroll-System kümmern, damit dennoch Gemeinschaftsleistungen herauskommen. Wenn wir Organisationen als Ort, an dem Menschen zuhause sind, relevante Bindungen und Wertschätzungen erleben, einen Ort, an dem die Menschen Identität und Selbstverwirklichung leben wollen, müssen wir uns um Organisationskulturfragen kümmern. Die Implikationen und Konsequenzen sind dramatisch verschieden“
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18. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender 2009: Der Rabe, der Löwe und die Mauer

Arist von Schlippe befand sich in einem Selbsterfahrungsseminar mit Peter Heinl, in dem er über den Einsatz von kleinen Objektskulpturen neuen Zugang zu wichtigen Objekten seiner Geschichte bekommen hatte, während in Berlin die große deutsch-deutsche Skulptur Löcher bekam. (Und speziell für Dich liebe Cornelia: Es fehlen noch drei – und gute Besserung 🙂
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17. Dezember 2009
von Tom Levold
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Adventskalender: Mauerfall in Estoril

Annette Kreuz lebt und arbeitet seit 1978 in Valencia (Spanien) als Psychologin und systemische Therapeutin, hat aber in Dortmund ihre Wurzeln. Hierzulande ist sie für ihre Tätigkeiten als EFTA-Vorstandmitglied wie auch als Generalsekretärin der EFTA bekannt geworden. Die Maueröffnung hat sie in Spanien mitbekommen, während einer Schulpflegschaftsversammlung – ihre kurze und prägnante Schilderung dieser Erinnerung
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