24. Februar 2010
von Tom Levold
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Liebe Rosmarie,
75 Jahre, das ist eine stolze Zahl – und dahinter zeigt sich eine stolzes Lebenswerk! Meine Freude ist, dass ich, nachdem wir uns 1987 näher kennengelernt haben, über fast ein Vierteljahrhundert Deine Person und Dein Schaffen aus nächster Nähe mitbekommen habe – ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin.
Was hast Du nicht alles in den letzten 30 Jahren zur Entwicklung unseres Feldes beigetragen! Die von Dir initiierten und organisierten Tagungen waren nicht nur alle ein Hort des intellektuellen Vergnügens, großzügiger Gastlichkeit und immer stimmiger Atmosphäre, sie haben auch stets besondere Themen aufgegriffen, verdichtet und ihnen Wege bereitet, die sich für den systemischen Diskurs als wichtig und notwendig erwiesen haben. Ein besonderer Genuss ist dem größeren Publikum aber stets entgangen: die Symposien ohne Publikum zwischen den Kongressen in feinem und einfallsreichen Ambiente, auf denen Du mit eingeladenen Gästen an den Konturen des kommenden Kongresses gearbeitet und das Füllhorn Deiner Gastfreundschaft ausgeschüttet hast. Welch eine Idee! Und welche Großzügigkeit!
Bevor ich Dich persönlich kennenlernte, las ich Anfang der 80er Jahre Deine Texte. Schon da war mehr als deutlich, dass Du kein Interesse an der Entwicklung einer reduzierten klinischen Perspektive hattest, sondern das Thema der Arbeit in und an Beziehungen immer auch als profundes sozialwissenschaftliches Projekt angesehen hast. Und wie kaum jemand sonst ist es Dir gelungen, diese komplexen Perspektivenverschränkungen zu Themen von Körper, Seele, Beziehung und Gemeinschaft auf so lesbare und elegante Weise zu Papier zu bringen – vor allem aber: Kooperationen anzustiften mit solchen, die an einer solchen Perspektivenerweiterung ihre Freude haben. Immer war dabei neben dem inhaltlichen Interesse Deine Person als Autorin und Herausgeberin sichtbar: eben als Angebot, Dich auch ganz persönlich zu nehmen. Hinter Theorie hast Du Dich nie versteckt! Darüber hinaus gehörst Du zu den wenigen in der Zunft, die auch über unser Feld hinaus, sei es im Radio, im TV oder in Brigitte, Breitenwirkung entfaltet haben.
Der Gefahr der Prominenz, nur noch im Saft der eigenen Redundanz und Selbstvermarktung zu schwimmen, bist Du dabei nicht erlegen. Simple Sprüche sowie jede Art von Kitsch (nicht zuletzt System-Kitsch, Gender-Kitsch und Betroffenheits-Kitsch, die ja auch in unserer community anzutreffen sind) waren Dir ein Gräuel. Streit gingst Du nicht aus dem Weg, weil Dein Interesse eher darin lag, zu zeigen, dass die Dinge komplizierter sein können, als man sie gelegentlich (auch als systemische TherapeutIn) haben möchte.
Kein Wunder, dass ich mich bei Dir und Euch zuhause gefühlt habe. Die Einladungen zu Seminaren und Veranstaltungen kann ich nicht mehr zählen. Aber das Gefühl, bei Euch zuhause zu sein, mit Euch Freude und Sorgen zu teilen, war von Anfang an bis heute das, was zählt.
Dein 75. Geburtstag ist eine Gelegenheit, Dir für all dies zu danken. Du hast mir Vieles ermöglicht und mein Selbstvertrauen gestärkt (z.B. durch die Übergabe Deiner Herausgeberschaft von System Familie an mich). Eine wunderbare Erfahrung war es, Dir das mit meiner Freundschaft vergelten zu dürfen – und nicht zuletzt ist aus unserer Freundschaft auch eine Freundschaft unserer Familien erwachsen!
Ich wünsche Dir alles Gute und vor allem: Gesundheit, Kraft und Gelassenheit für die nächsten Jahre, d.h. Resilienz, schöne Rituale, eine gute affektive Rahmung, viel Familienwelt und sowenig Chronisches wie möglich!
Dein Tom
Zum Geburtstag habe ich zu einer kleinen Geburtstagsparty im systemagazin eingeladen – und eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden bringen Dir heute hier ein Ständchen
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