systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

13. Mai 2010
von Tom Levold
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Meine Familiengeschichte in Träumen. Spurensuche über Generationen

Christa Schmidt ist Psychoanalytikerin in der Nähe von München und hat ein Buch über ihre familienorientierte Traumtherapie geschrieben, die belastende Geheimnisse, Tabus und Muster aufdecken helfen, Ablösungsprozesse erleichtern und Hinweise auf familiäre Fähigkeiten und Begabungen ermöglichen soll. Helmut Kuntz aus Saarbrücken hat das Buch sehr positiv besprochen:„Nachdem ich das Buch zur Besprechung erhalten hatte, habe ich seine 152 Seiten in einem Rutsch gelesen, nur unterbrochen durch einen Spaziergang, weil ich mich halb schwindelig gelesen hatte. Die Spannung, welche von dem Buch ausgeht, macht das leicht möglich. Wer sich ein theoretisches Fachbuch erwarten würde, wäre vielleicht enttäuscht. Die Autorin beherrscht die ganz eigene Kunst, ihr Thema so in Worte zu fassen, dass es beim Lesen gleichzeitig unterhält. Es ist keineswegs ein Nachteil, wenn ein Buch, welches schwierige Inhalte transportiert, dennoch einen gewissen Unterhaltungswert besitzt, der dem inhaltlichen Verstehen zugute kommt. Christa Schmidt schreibt ganz nahe an den Menschen, die ihr als Patientinnen ihr Vertrauen schenken, und ihrer Geschichte. Sich selbst will sie dabei auch nicht distanziert abstinent halten, läuft jedoch an keiner Stelle Gefahr, sich in Übertragungsverstrickungen zu verlieren. Ihre innere Haltung, die sich in und zwischen den Zeilen mitteilt, spricht sowohl für Professionalität wie Menschlichkeit“
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12. Mai 2010
von Tom Levold
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Sex, Schuld und Ernährung

Peter Schneider, geboren 1957 in Dorsten, lebt und arbeitet als Psychoanalytiker in Zürich. Bekannt ist er über die Schweizer Grenzen hinaus für seine scharfsichtigen zeitdiagnostischen Beobachtungen. In der gestrigen Online-Ausgabe des„Freitag“ hat er ein lesenswertes Interview über die gegenwärtigen Diskurse über Ernährung, Gesundheit und „Work-Life-Balance“ gegeben:
„Offenkundig hat sich die Frage des Schuldigwerdens von der Sexualität in die Bereiche Ernährung und Gesundheit verlagert. Der Sex hingegen ist durch Naturalisierung weitgehend dem Moraldiskurs entzogen worden. Nur als Anekdote: In Zürich gibt es regelmäßig schwul-lesbische Wochen, anlässlich derer Zoo-Führungen unter dem Titel „Homosexualität im Tierreich“ angeboten werden. Dort sieht man dann, dass Sex in jeder Spielart etwas ganz Natürliches ist – Pädophilie ausgenommen. Beim Essen gibt es keine analoge Beruhigung. Da wird es sogleich schuldhaft. Wer Übergewicht hat, raucht und trinkt und sich nicht genügend bewegt, ist schuld an der Kostenexplosion im Gesundheitswesen. Er soll sich etwas schämen. Gesündigt zu haben, bekennen nur die Schlanken und Fitten, wenn Sie mal ausnahmsweise Schokolade gegessen haben.
Freitag: Das Unangenehme daran ist, dass man dann immer gleich von sich sprechen muss.
Bei den Themen Gesundheit und Ernährung kann man jetzt tatsächlich den Spruch durchexerzieren, dass das Private politisch ist. Und zwar indem man ganz konkret vorrechnet, dass es uns soundsoviel kostet, wenn die Leute Übergewicht haben. Das lässt sich dann mit einer Präventionsmaschinerie in der Pädagogik verknüpfen, wo Kindern ein gesundes Frühstück beigebracht wird und den Eltern ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihrem Kind nicht dieses oder jenes mit in die Schule geben. Dieses Netz, das Foucault Mitte der siebziger Jahre am Beispiel des Sex beschrieben hat, lässt sich bei Ernährung und Gesundheit viel alltagsnäher spannen“
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11. Mai 2010
von Tom Levold
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Family Systems Psychiatry: Principles, Good Practice Guidelines, Clinical Examples, and Challenges

Jochen Schweitzer, Julika Zwack, Elisabeth Nicolai, Gunthard Weber und Nadja Hirschenberger berichten in einem 2007 im„American Journal of Orthopsychiatry“ erschienenen Artikel von ihrem von 1997-2002 durchgeführten Projekt zur Implementierung systemischer Konzepte in die psychiatrische Versorgung, aus dem unter anderem auch das SYMPA-Projekt resultierte.„This article describes a collaborative action research project, carried out in Germany and designed to promote the integration of family systems thinking and methods into the core practices of everyday psychiatric care. During 1997–2002, “good practice” guidelines were compiled in an initial research project, involving 17 in- and outpatient psychiatric services. In the second phase of the project (2002–2008), the approach is now well established, being taught and evaluated in three state hospitals in Germany. This article outlines the development of the project and the application of family systems psychiatry principles, demonstrating their feasibility and value in a number of different psychiatric hospitals. Two clinical vignettes illustrate the usefulness of the family systems approach as a comprehensive framework for delivering recovery-focused inpatient care“
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10. Mai 2010
von Tom Levold
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Organisationen in Bewegung: Gibt es einen Trend zur Person?

Danach fragen Hannah Rieger und Andrea Tippe in einem Beitrag zum Thema„Ich und Wir: Entwicklung der Person im Spannungsfeld der Organisation“ aus gruppendynamischer Perspektive, der im Internet zu finden ist:„In Organisationen und für die darin arbeitenden Personen ist gegenwärtig die Fähigkeit zu einer umfassenden Selbstorganisation gefragt. Selbstorganisation wird ein immer wichtigeresPrinzip sowohl in hierarchischen Organisationen als auch in Netzwerken. Das bedeutet, dass Selbstmanagement und Selbststrukturierung für die Person im Zentrum des Gestaltungsansatzes ihrer Arbeit stehen. Auf der Ebene der Zusammenarbeit – d.h. auf der Ebene des Wir – ist Kooperationsfähigkeit und Bereitschaft zur Partizipation dabei wichtig. Die dafür notwendigen Lernprozesse für Personen finden im Arbeitsalltag wenig Raum. Darüber hinaus sind Unternehmen immer seltener bereit, die Kosten für die Entwicklung der Personen in Hinblick auf diese neuen Anforderungen zu tragen. Die Investition in das Lernen ist immer mehr von den betroffenen Personen selbst zu finanzieren. Für die Begleitung der individuellen Entwicklung – über die eigene Organisation hinaus – entsteht damit ein neuer Markt. Personen können ihre individuellen Stärken und Potenziale vermehrt zum eigenen Nutzen und zum Nutzen im Miteinander einsetzen. Die Ambivalenz zwischen Autonomie und Abhängigkeit muss von den Personen mit der jeweiligen Organisation immer wieder neu verhandelt werden. Unter Selbstorganisation versteht man in der Gruppendynamik eine autonome, bewusste Gestaltung innerhalb eines vorgegebenen Rahmens. Selbstorganisation beinhaltet die Übernahme von Verantwortung für das Handeln der Person und deren Konsequenzen. Unbewusste, sich wiederholende Handlungsmuster, die auf kollektiv geteilten Menschen- und Weltbildern basieren, sind Aspekte von Selbstorganisation“
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9. Mai 2010
von Wolfgang Loth
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Wenn Kinder ihre Eltern drangsalieren

Im Jahr 2004 publizierte Eddie Gallagher zwei Beiträge im Australian and New Zealand Journal of Family Therapy, in denen er darüber nachdachte, wie sinnvoll mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet werden könne, die ihre Eltern drangsalierten („Parents Victimised by Their Children“, ANZJFT 25(1): 1-12; „Youth Who Victimise Their Parents“, ANZJFT 25(2): 94–105). Im ersten Text diskutiert Gallagher einige Grundlagen und Möglichkeiten der Arbeit mit den Eltern. Der zweite Text, der auch online zur Verfügung steht, konzentriert sich auf die Arbeit mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen. Für die praktische Arbeit dürfte eine Sammlung von Fragen interessant sein, die im Wesentlichen verschiedene Möglichkeiten ins Spiel bringen, wie Verhaltensimpulse, die bislang womöglich auch die tätigen Kinder und Jugendlichen „überwältigten“, im besten Sinne relativiert werden können: in Beziehung gesetzt zu erlebten Ausnahmen, zu bisher wirksamen Mythen über Schwäche, Macht oder Gewalt, zur Erfahrung tatsächlicher Stärke, oder zur Erfahrung von Selbstkontrolle und Wählen können. Das alles sollte nicht mit der Weisheit letzter Schluss verwechselt werden, imponiert jedoch durch das unverdrossene Annehmen der Möglichkeit, auch unter erschwerten Bedingungen miteinander ins Gespräch zu kommen.
Zum Text über die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen geht es hier…

8. Mai 2010
von Tom Levold
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FDP in der Rating-Krise

Mit den Entscheidungen der Rating-Agentur Standard & Poor’s, zunächst die Programme der FDP zur Steuersenkung als Schrottpapiere zu bezeichnen, dann die Glaubwürdigkeit der Parteiführung und gestern auch noch die Spendenwürdigkeit der Partei abzuwerten und den Parteivorsitzenden als Low-Performer einzustufen, verschärfte sich die aktuelle Krise der Freidemokraten dramatisch. Die Wahlprognosen für die Landtagswahl in NRW stürzten daraufhin steil unter die Fünf-Prozent-Hürde ab. Die Partei ist seither in Aufruhr. Außenminister und Parteivorsitzender Guido Westerwelle beschuldigte die Ratingagentur in diesem Zusammenhang, dass das Timing von Standard & Poor’s nicht besonders glücklich gewesen sei. Es wäre besser gewesen, die Analysten hätten mit ihrer Veröffentlichung bis nach den Wahlen und solange gewartet, bis alle versprochenen Spenden bei der Partei eingegangen wären, so Westerwelle. Er kündigte an, dass die FDP eine eigene Rating-Agentur unter dem Vorsitz von Rainer Brüderle („Rating muss sich wieder lohnen!“) zur Bewertung der politischen Parteien in Deutschland gründen werde, von der er sich eine faire Bewertung erwarte.

6. Mai 2010
von Wolfgang Loth
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Ressourcenorientierung und Narrative Therapie

Wem die Praxistauglichkeit ressourcenorientierter Konzepte ein Anliegen ist, findet bei Michael Hoyt immer wieder reichhaltige, fundierte und kreative Anregungen. Im Jahr 2002 veröffentlichte Victor Yalom ein Interview mit Michael Hoyt. Äußerer Anlass war die seinerzeit erfolgte Publikation von Hoyts Buch „Some Stories are Better than Others“ (siehe Besprechung im systemagazin). In diesem Gespräch entfaltet sich nicht nur eine Fülle von anregenden Impulsen für die Praxis, sondern auch ein nachhaltiger Eindruck von der souveränen Haltung, in der sich Hoyt den drängenden Herausforderungen unserer Profession zwischen ökonomisierten Managementvorgaben und biologistischen Wirkversprechen stellt. Mehrfach unterstreicht Hoyt, wie wichtig es sei, dass wir unsere Erinnerung an die positiven Gründe wach halten, weswegen wir in diesen Beruf gegangen sind, und macht dennoch keinen Hehl daraus, dass dies nicht immer leicht sei. Im Übrigen gibt Hoyt wieder einmal zu erkennen, wie viel Potenzial darin steckt, die Kundigkeit der Hilfesuchenden selbst anzunehmen und entsprechend zu handeln. Das Interview illustriert aufs Beste, was die vielleicht schon etwas abgegriffene Floskel „über den Tellerrand schauen“ tatsächlich meinen könnte.
Zum Gespräch von Victor Yalom mit Michael Hoyt geht es hier…

5. Mai 2010
von Tom Levold
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Neurokapitalismus

In der Ausgabe 6/2009 erschien im Merkur ein lesenswerter Artikel von Ewa Hess und Hennric Jokeit zum Thema„Neurokapitalismus“, der aktuell auch im Online-Magazin EUROZINE zu lesen ist:„Die Depression aber war die erste seelische Volkskrankheit, gegen die die moderne Neurowissenschaft prompt ein Mittel gefunden hatte. Depression und Angst wurden jetzt im synaptischen Spalt zwischen Neuronen verortet und genau dort behandelt. Eine Schnittstelle war nunmehr ausgemacht, die unmittelbar und präreflexiv das Leiden am Selbst und der Welt zumindest zu lindern imstande war, wo zuvor nur reflexive Psychotherapie agierte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt gesellte sich zum ungleichen Paar Kapitalismus / Neurowissenschaft ein dritter Partner: die aufblühende pharmazeutische Industrie. Waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Versuche einer Linderung seelischer Leiden durch sedierende Barbiturate, Elektroschocktherapie und Psychochirurgie geprägt, zeichnete sich schon in den dreißiger Jahren der auch von Freud prognostizierte Siegeszug der Neuropsychopharmakologie ab. Kann es ein Paradox sein oder gehört es zu jenen Selbstverständlichkeiten, die aus allzu offensichtlichen Gründen lange verborgen bleiben, dass der Erfolg von Freuds Psychoanalyse und der der heutigen Neurowissenschaften auf ähnlichen Prämissen basieren? Der Erfolg der Psychoanalyse gründete darauf, dass medizinisch relevante Psychiatrie und Psychologie mit Kunst, Kultur, Pädagogik, Wirtschaft und Politik verwoben wurden und so wesentliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durchdrangen. Die Neurowissenschaften scheinen zu Beginn des 21. Jahrhunderts zumindest den Anspruch zu erheben, eine vergleichbare Rolle künftighin einnehmen zu können“
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4. Mai 2010
von Tom Levold
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Ein Tagebuch langsamer Therapie

Schon in Heft 1/2009 der Familiendynamik hat Konrad P. Grossmann seine Überlegungen zum„Abschied von narrativer Therapie“ in die Form von Tagebuchnotizen einer Bergwanderung gebracht. Sein aktuelles Buch bedient sich ebenfalls dieser Form und reflektiert Grossmanns„Gedanken zu Psychotherapie und Evolution“:„Die Evolutionstheorie ist eine Theorie des Wandels: Das macht sie auch zu einer zentralen Bezugstheorie der Psychotherapie – einer Theorie, die individuelle und interaktionelle Wandlungsphänomene im Kontext bio-psycho-sozialer Problemstellungen/Störungen fokussiert. Wie erklärt sich aus einem evolutionären Blickwinkel das Zustandekommen von Problemen wie Lösungen? Welche Implikationen birgt eine evolutionäre Lesweise für die therapeutische Haltung und die Praxis systematischer Therapie? Welchen Randbedingungen und Prinzipien unterliegt ein therapeutisches Entwickeln von Lösungen? Welche Funktion und Bedeutung kommt der Therapiebeziehung unter eine ko-evolutionären Blickwinkel zu?“ Andrea Brandl-Nebehay hat das Buch für systemagazin gelesen:„Hier klingt das titelgebende Rahmenthema an: die therapeutische Langsamkeit. Die Bahnung von Alternativen ist ein Wandel in kleinen Schritten. Langsame Therapie meint, kleine Veränderungen seien wichtiger als große; ein Fokus, eine Leitunterscheidung pro Therapiestunde; ‚einen Unterschied säen und der Seele von KlientInnen bei ihrem Wachsen zuschauen‘ (…). Tagebücher haben es – wie andere Werke freilich auch – in sich, vor allem über ihren Autor zu erzählen. Nicht immer fühle ich mich anschlussfähig an Konrad Grossmanns Überlegungen des Tages, erlebe mich über viele Seiten hin überfordert und der blanken Ignoranz überführt. Aber dann stoße ich auf Fallgeschichten, auf Wegzeichen, Sätze und Gedanken, die ich ob ihrer literarischen Kraft immer wieder lesen muss; ein Tagebuch zum Heulen schön“
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3. Mai 2010
von Tom Levold
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Nossrath Peseschkian gestorben

Am 27.4.2010 ist Nossrat Peseschkian (* 18. Juni 1933 in Kaschan, Iran) in Wiesbaden gestorben. Er war ein iranisch-deutscher Nervenfacharzt, Psychiater und Psychotherapeut und Begründer der „Positiven Psychotherapie“. Im Iran geboren und aufgewachsen, kam Peseschkian 1954 zum Studium nach Deutschland und studierte Medizin in Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main und Mainz. Nach seiner Facharztweiterbildung (Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin), der Promotion und der psychotherapeutischen Weiterbildung in Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Vereinigten Staaten eröffnete er 1968 zunächst eine Tagesklinik in Wiesbaden. Gleichzeitig entwickelte er eine ausgedehnte wissenschaftliche und Seminartätigkeit auf dem Gebiet der Tiefenpsychologie, die schließlich zur Entwicklung der „Positiven Psychotherapie“ führte. Sie gehört zu den humanistisch-psychodynamischen Verfahren.
1971 gründete er den Wiesbadener Weiterbildungkreis für Psychotherapie und Familientherapie, später die Wiesbadener Akademie für Psychotherapie (WIAP, seit 2000 staatlich anerkannt als Aus- und Weiterbildungsinstitut für Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie), 1977 die Deutsche Gesellschaft für Positive Psychotherapie e. V.. Die Wiesbadener Akademie ist heute eines der führenden tiefenpsychologischen Institute Deutschlands. Bis Ende 2006 wurden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg ca. 38000 Ärtze, Psychologen und Pädagogen fort- und weitergebildet. Peseschkian und seine Kollegen hielten Seminare in über 60 Staaten und veröffentlichte über 26 Bücher. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte war die Verwendung von Geschichten und Lebensweisheiten in der Psychotherapie. Peseschkian war seit 1971 Dozent an der Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen und Honorarprofessor des Nationalen Psychoneurologischen Forschungsinstituts Bechterew in Sankt Petersburg. Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Transkulturelle Psychotherapie und die Familientherapie. Heute gibt es etwa 100 Zentren für Positive Psychotherapie in etwa 33 Ländern. Peseschkian war Begründer und Leiter der Internationalen Akademie für Positive und Transkulturelle Psychotherapie – Prof. Peseschkian-Stiftung (seit dem Jahr 2005). Peseschkian war verheiratet und hat zwei Kinder und vier Enkel. Seine Frau Manije ist Familientherapeutin und seine beiden Söhne sind als Psychiater und Psychotherapeuten in Wiesbaden tätig. Dr. med. habil. Hamid Peseschkian leitet die Wiesbadener Akademie für Psychotherapie (WIAP) und Dr. med. Nawid Peseschkian leitet das Sozialpsychiatriezentrum für Kinder und Jugendliche. Peseschkian war Anhänger der Bahai-Religion, über die er ebenfalls einige Schriften verfasste (Informationen: Wikipedia).

1. Mai 2010
von Tom Levold
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„Unterm Strich zähl ich“

Eugene Epstein, Manfred Wiesner und Lothar Duda haben das aktuelle Heft der Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung als Gastherausgeber gestaltet und eine interessante Mischung von Beiträgen psychotherapeutischer, soziologischer, kulturwissenschaftlicher und historischer Provenienz zusammengetragen, die um die Frage nach der„psychotherapeutischen Konstruktion des Subjekts“ kreisen, durchaus unterfüttert mit dem Verdacht, dass Psychotherapie (und im Zuge des Mainstreamings des systemischen Ansatzes auch die Systemische Therapie) mit der Übernahme postmoderner„Ich-„,„Selbst-“ und„Identitätskonstruktionen“ ihr dekonstruktivistisches Potential verloren hat und zum Anpassungsprogramm für flexible und arbeitsmarktangepasste Menschen degeneriert ist. Auch wenn die Beiträge nur am Rande mit Psychotherapie direkt zu tun haben und teilweise ironisch-polemisch daher kommen, könnten sie vielleicht doch geeignet sein, die etwas ermattete Debattenkultur im systemischen Feld wieder etwas zu beleben.
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30. April 2010
von Tom Levold
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Handbook of Self-Determination Research

Das Handbook of Self-Determination Research der beiden Psychologie-Professoren der Universität Rochester in schon 2002 erschienen und seit 2004 auch in einer preisgünstigeren Softcover-Version erhältlich. Wolfgang Loth hat es ausführlich besprochen:„Das Ausgehen von Grundbedürfnissen und das Reflektieren von Lebensumständen auf der Basis relativ kohärent erscheinender Grundlagen vermag aus neueren systemtheoretischen Blickwinkeln vermutlich wie von (vor)gestern wirken. Mag sein. Ich halte jedoch dafür, dass auch ein systemisch-konstruktivistisches (und erst recht ein systemisch-existenzielles) Herangehen an „die Dinge des Lebens“ nur dann „Sinn macht“, wenn es nicht formal oder formalistisch geschieht. D.h.: auch systemische TherapeutInnen werden eine Form finden müssen, mit sich im Reinen zu sein (auch mit dem, was nicht rund läuft), wenn sie mit dem im Reinen sein wollen, was KlientInnen von ihren so erlebten Lebenswirklichkeiten mitteilen. Dabei hat sich für mich die Möglichkeit zunehmend als hilfreich erwiesen, das miteinander in Beratung und Therapie Gestaltete danach zu befragen: in welchem Ausmaß trage ich dazu bei, dass jemand sich bestärkt fühlen kann, seine eigenen Qualitäten als gute Basis für nächste gute Schritte zu nehmen? In welchem Ausmaß trage ich dazu bei, dass jemand Vertrauen schöpft in die Möglichkeit, sich auf andere zu beziehen, und in diesem Bezogensein sowohl standzuhalten als auch sich getragen zu fühlen? In welchem Ausmaß trage ich dazu bei, dass jemand sich ermutigt fühlt, die eigenen Fähigkeiten einzusetzen, sie zu üben und weiterzuentwickeln, und weiter: sie anzuerkennen als ihren Beitrag zu einem ausreichend guten Leben für sie selbst und andere? Wenn ich das dann anschließend reflektieren kann, inwieweit sich das sinnstiftend angeschlossen hat aneinander und zur Stärkung sozialer Adressen geführt hat, um so besser. Ich kann das Buch nun nicht als Standardlektüre für PraktikerInnen empfehlen, dazu ist es wohl als Kost für die –baren Leseminuten zu komplex. Doch diejenigen, die im Forschungsbetrieb handeln, könnten ihr Betreiben mit dem vorliegenden Reader sicher befördern. Insgesamt möchte ich dazu ermuntern, den Blick offen zu halten für Möglichkeiten, die sich aus dem SDT-Ansatz ergeben“
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