systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

18. November 2010
von Tom Levold
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Guter Sex trotz Liebe

Nach seinem erfolgreichen (und überaus lesenswerten) Buch„Systemische Sexualtherapie“ hat Ulrich Clement 2006 ein Buch verfasst, dass sich allgemeinverständlich direkt an Menschen richtet, die sich in ihren erotischen und sexuellen Beziehungen weiterentwickeln wollen. 2008 erschien bei Ullstein eine Taschenbuchausgabe. Hans-Georg Pflüger hat das Buch rezensiert:„Wenngleich der Inhalt nicht gänzlich meiner Vorstellung von Intimkultur entspricht, weil mir die wärmende Seele fehlt, so lässt der Autor durch seine Erfahrung und Zuversicht die Kraft und den Mut wachsen, sich diesem Thema zu öffnen, weil er stets auf die Vielfalt der Möglichkeiten der sexuellen körperlichen Routine zu begegnen hinweist. Allen, die einen Kick für die Partnerschaft wünschen, auch bzgl einer Auseinandersetzung mit ihren Autonomie- und Bindungsbedürfnissen, kann das Buch hilfreich für Spiel, Spannung und Lust sein“
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18. November 2010
von Tom Levold
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Stoppt Botox-Politiker-Versuche

Rund 50 Vertreter der Europäischen Koalition zur Abschaffung der Politikerversuche (ECEAE) demonstrierten am 28.10.2010 vor der Niederlassung des amerikanischen Botox-Herstellers Allergan. Die Forderung: Die Firma soll endlich vorhandene politikerversuchsfreie Testmethoden für ihre Produkte validieren und einsetzen. Allergan ist der Marktführer von Produkten aus dem Nervengift Botulinumtoxin. Für jede Produktionseinheit wird ein qualvoller Politikerversuch durchgeführt. Hochrechnungen zufolge werden einige Hundert Politiker allein für die Allergan-Botulinumtoxin-Präparate Botox®, Botox Cosmetics® und Vistabel® jedes Jahr massiv gequält. Besonders eklatant ist der Fall des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berluscolini, der seit Jahren im Rahmen einer Versuchsreihe mit Botox vollgepumpt wird. Der Konzern behauptet seit Jahren, an »Alternativ-Verfahren« zu arbeiten, doch mehr als Lippenbekenntnisse waren dies bisher nicht. Im Rahmen des halbjährlichen Treffens der ECEAE demonstrierten Vertreter aus 10 Ländern vor dem Allergan-Büro in Brüssel. Als Reaktion heuerte der Konzern eine PR-Firma an, da sie selbst nicht weiß, wie sie mit dem Problem umgehen soll. Ein Armutszeugnis für den Global Player. Die Forderung nach der Etablierung tierversuchsfreier Testmethoden besteht nicht erst seit gestern. Der Verein Ärzte gegen Politiker-Versuche hat 2007 eine Kampagne gegen die grausamen Botox-Politikerversuche gestartet und diese zusammen mit seinen Partnern bei der ECEAE europaweit ausgeweitet. Eine Undercover-Recherche der britischen Partnerorganisation BUAV in einem englischen Labor brachte das Leid der Politiker auch visuell zu Tage. Besonders heikel ist die Problematik im Fall Berluscolini insofern, als dieser

16. November 2010
von Tom Levold
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Zur Unterkomplexitat der Differenzierungstheorie

Die Wissenschaftssoziologin Karin Knorr-Cetina (Foto: Uni Konstanz) hat unter diesem Titel in einem Aufsatz von 1992„Empirische Anfragen an die Systemtheorie“ formuliert, die auch heute noch nach wie vor höchst relevant sind:„Diese empirische Anfrage an die Differenzierungstheorie, insbesondere diejenige Luhmann’scher Prägung) gesteht dieser eine zwar analytisch lose, aber nichtsdestotrotz treffende Interpretation institutioneller Spezialisierung in modernen Gesellschaften zu. Was sie nicht zugesteht, ist eine adäquate Rekonstruktion der internen Umwelt bzw. des internen Funktionierens der in Frage stehenden Funktionsbereiche. Entgegen Charakterisierungen in den Termini einer endogenen Logik und selbstbezogenenAutopoiesis wird auf die Heterogenität der Sprachspiele und Praktiken hingewiesen, die sich in diesen Bereichen findet. Die Differenzierungstheorie ignoriert, wie spezialisierte Bereiche durch Strukturierungsformen, die Funktionsdifferenzierungsgrenzen unter- laufen, sowohl ennbglicht als auch immer wieder ersetzt werden. Damit verbunden ist eine Kritik der ,ontologischen‘ Realitätskonzeption der Differenzierungstheorie, die zwar Selbstorganisation postuliert, aber nicht zulässt, dass realzeitliche Bereiche sich sowohl differenziert als auch undifferenziert, sowohl selbst-organisiert als auch nicht selbst-organisiert, oder weder in den einen noch in den anderen Kategorien konstituieren könnten. Alternativen zu dieser Vorgehensweise sind theoretische Reflexivität sowie eine Theorie der Praxis. Die Kritikpunkte werden durch Beispiele aus dem Bereich der Wissenschaft illustriert“ Der Artikel, der ursprünglich in der Zeitschrift für Soziologie erschienen ist, ist auch im Internet zu lesen.
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15. November 2010
von Tom Levold
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Ausschreibung für den wissenschaftlichen Förderpreis der Systemischen Gesellschaft 2011


Die Systemische Gesellschaft (SG), Deutscher Verband für Systemische Forschung, Therapie, Supervision und Beratung e.V., schreibt im Wechsel mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) einen wissenschaftlichen Förderpreis aus. Die Ausschreibung verfolgt das Ziel, die Relevanz Systemischen Denkens für die therapeutische und beraterische Praxis zu verdeutlichen und die Forschung in diesem Bereich anzuregen. Ausgezeichnet wird die beste Arbeit, die empirische Forschungsdesigns entwickelt, die eine mit Systemischen Modellen kompatible und innovative Methodik aufweist und die sich auf praxisrelevante Bereiche aus der Therapie, Gesundheitsversorgung, Supervision, Beratung und auf institutionelle Innovationsprozesse bezieht.Der wissenschaftliche Förderpreis ist mit 3.000,- Euro dotiert.
Die Preisvergabe findet im Mai 2011 in Berlin statt.
Der Preis ist bewusst als Förderpreis konzipiert. Vor allem jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind angesprochen, die sich mit Diplomarbeiten, Dissertationen, Habilitationen oder anderen (auch außeruniversitären) Projekten qualifizieren. Ein unabhängiges fünfköpfiges Gutachtergremium entscheidet, wer den Preis erhält.
Die Arbeiten reichen Sie bitte bis zum 15. Dezember 2010 in dreifacher Ausführung an:
Systemische Gesellschaft e.V.
Frau Prof. Dr. Liz Nicolai
„Wissenschaftlicher Förderpreis“
Waldenserstraße 2-4
D-10551 Berlin
mail: info@systemische-gesellschaft.de

14. November 2010
von Tom Levold
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Systemische Organisationsentwicklung und Beratung bei Veränderungsprozessen

Nino Tomaschek hat bereits 2006 im Carl-Auer-Verlag ein Handbuch mit diesem Titel herausgegeben, das im vergangenen Jahr in zweiter Auflage erschienen ist. Es umfasst Beiträge prominenter AutorInnen, u.a. Roswita Königswieser, Oswald Neuberger, Andreas Bergknapp, Hans Rudi Fischer, Kurt Buchinger und Ruth Seliger. Karin Wisch hat vor einiger Zeit das Buch rezensiert und resümiert:„Das vorliegende Buch ist nicht nur ein Handbuch mit Anleitungen und Erfahrungsberichten, es ist auch ein Werkzeugkasten mit unterschiedlich komplexen Werkzeugen, um Veränderungsprozesse zu gestalten. Die oben beschriebenen Ansätze machen nur einen kleinen Teil des Handbuches aus. Das Buch ist erfrischend für erfahrene Systemiker, die sich Reflexionen und Anregungen im Alltag wünschen. Außerdem bietet es sprachliche Bilder und Formulierungen, um systemische Vorgänge in Veränderungsprozessen zu erklären und zu aktivieren“
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13. November 2010
von Tom Levold
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Ernst von Glasersfeld ist gestorben

Am Freitag, dem 12.11.2010, ist der Philosoph und Mitbegründer des radikalen Konstruktivismus, Ernst von Glasersfeld, in Massachusetts, seiner Wahlheimat, an einem Pankreas-Tumor gestorben. Das teilte der Philosoph Josef Mitterer in Wien mit, der den Nachlass von Glasersfelds verwalten wird (hier eine ausführliche Nachricht). In einem Interview, das Reinhard Voss im Jahre 2000 anlässlich eines Vortrages an der Universität Koblenz-Landau mit von Glasersfeld führte, äußerte sich dieser skeptisch hinsichtlich der Zukunft des Konstruktivismus:„Pessimistisch war ich dahingehend, daß ich nicht glaube, dass der Konstruktivismus eine allgemeine Haltung wird. Da hat sich meiner Ansicht nach nichts geändert. Ich glaube, es wird lange dauern, aus Gründen, die ich schon öfter gesagt habe. Wenn man anfängt, konstruktivistisch zu denken, dann kommt man drauf, dass man fast alles, was man vorher gedacht hat, umkrempeln muß. Da ist fast nichts von den früheren Auffassungen, das man beibehalten kann. Und es ist eine anstrengende und vor allem sehr ungemütliche Sache. Die meisten Leute scheuen sich davor und schieben den Konstruktivismus deshalb lieber beiseite. Ob es mit der Zeit dazu kommt, dass das eine allgemeine Einstellung wird, das weiß ich nicht. Wenn man bedenkt, was mit Vico geschehen ist, der der erste Konstruktivist war, dann schaut das nicht sehr hoffnungsvoll aus“. Möge er nicht recht behalten! An seinem Todestag genau vor einem Jahr, am 12.11.2009, erhielt von Glasersfeld die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien für sein Lebenswerk, das hoffentlich in unserer Erinnerung bleiben wird.

12. November 2010
von Tom Levold
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Tagungsbericht „Familienrat – Family Group Conference (FGC)“ 30.9.-1.10.2010

Vom 30.9.-01.10.2010 fand das 4. bundesweite Netzwerktreffen zu „Familienrat – Family Group Conference (FGC)“ in Frankfurt/Main an der Fachhochschule – Fachbereich für Soziale Arbeit und Gesundheit – statt. Teilgenommen haben über 140 Teilnehmer/-innen aus dem Bundesgebiet. Vertreten waren Kollegen/-innen u.a. aus dem Main-Taunus-Kreis, Stuttgart und Baden-Württemberg, Rosenheim, Hamburg, Köln, Kassel, Dresden, Frankfurt/Main, Berlin, Bremen, Münster, Darmstadt, Nordfriesland, Wuppertal, und Österreich. Das Netzwerktreffen bietet den bundesdeutschen Praktiker/innen jährlich die Gelegenheit zum Austausch über gesammelte praktische Erfahrungen und die Weiterentwicklung des Familienrats in Deutschland. Heike Hör und Andreas Hampe-Grosser haben für das systemagazin einen Tagungsbericht verfasst, der
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9. November 2010
von Tom Levold
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Krise – Herausforderung und Chance

Hans Lieb, im systemischen Feld durch zahlreiche Arbeiten zur Theorie und Praxis systemischer Theorie bekannt, hat im vergangenen Jahr einen Aufsatz über Krisenbewältigung geschrieben, dessen erster Teil„Krisenbewältigung als schöpferischer Prozess“ in systhema 1/2009 erschienen ist: hier„werden Kernmerkmale, Arten und potenzielle Inhalte von Krisen beschrieben mit einer sich normativ daraus ergebenden „guten Krisenbewältigung“. Es folgen Konsequenzen für Krisenintervention und Krisenbewältigung in Therapie und Beratung. Bei der Darstellung der „Innenansichten“ von Krisen werden diese in Anlehnung an Verena Kast als potenziell schöpferische Prozesse verstanden. In diesen erweist sich die Begegnung mit darin enthaltenen „primären Gefühlen“ als Ressource. Im zweiten Teil werden vier praktisch- empirisch ermittelte Krisenbewältigungstypen vorgestellt („schnelle Handler – einsame Wölfe – vernebelnde Differenzierer – chronische Krisler“). Deren Identifikationen haben sich sowohl in Selbstdiagnosen wie in Therapie und Beratung als nützlich erwiesen“
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8. November 2010
von Tom Levold
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Beobachtung, Information und Kommunikation

Die philosophische Dissertation von Dirk Rathje aus Hamburg soll nach eigenem Anspruch„von einem Minimum an Annahmen zu systemorientiert-konstruktivistischen Begriffsbestimmungen rund um die Beobachtungen Information und Kommunikation“ führen. In der Einleitung heißt es:„Diese Arbeit liefert Definitionsversuche im Umfeld der Begriffe Beobachtung, System, Information und Kommunikation. Methodisch wird dabei versucht, von einem Minimum an Annahmen auszugehen (1. Maxime) und ein Maximum an Anwendbarkeit züerreichen (2. Maxime). Als Folgen dieser Maximen werden Systemorientierung, der Konstruktivismus sowie hohe Grade an Interdisziplinarität, Abstraktion und Formalisierung ausgemacht. Die Beobachtung (und nicht das beobachterunabhängige Sein) wird in dieser Arbeit zum grundlegenden Begriff: Alles ist Beobachtung und kann in Beziehung zueinander beobachtet werden. Insbesondere ist auch die Beobachtung eine Beobachtung (1. Axiom). Zudem beobachten wir in einer Zeit: Wir beobachten immer im Jetzt, können aber vergangene Beobachtungen beobachten (erinnern) und mögliche zukünftige Beobachtungen beobachten (prognostizieren). Dabei können wir beobachten, dass bestimmte zukünftige Beobachtungen (viable Prognosen) in vergangene Beobachtungen übergehen (2. Axiom). Die wesentliche Funktion von Wissenschaft wird darin gesehen, unsere Prognosefähigkeit zu erhöhen. Die erkenntnistheoretischen Axiome werden im Rahmen des sogenannten minimalen Systemformalismus formalisiert. Darin werden unter anderem die Begriffe System, Beziehung, Bezeichnung, Vokabular, Abstraktion, Begriff, unscharfe Abstraktion, zeitliches System, Dynamik, Autopoiese und Kausalität entwickelt. Mit dem Rüstzeug des minimalen Systemformalismus lassen sich Beobachtungsprozesse, informationsbasierte Prozesse und Kommunikationsprozesse als zeitliche Abläufe beschreiben, bei denen mindestens eine Beobachtung höherer Ordnung beobachtet wird“
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6. November 2010
von Tom Levold
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Couple and Family Therapy Theory and Practice

Im Editorial von Heft 3/2010 der Family Process schreibt die demnächst scheidende Herausgeberin Evan Imber-Black, dass das Verhältnis von Forschungsarbeiten und theoretisch bzw. an der Praxis orientierten Beiträgen in der Zeitschrift etwa drei zu eins beträgt. Etwas resigniert stellt sie fest, dass sich trotz ihres Bemühens an diesem Verhältnis seit Beginn ihrer Herausgeberschaft 2004 nicht viel verändert hat. Mit der aktuellen Ausgabe legt sie aber ein Themenheft zur„Couple and Family Therapy Theory and Practice“ vor, dass eine ganze Reihe interessanter inhaltlicher Beiträge enthält, u.a. von Celia Falicov, Froma Walsh, Victoria Dickerson und Janine Roberts. Die Texte sind in drei Schwerpunkte untergliedert:„Expanding Definitions of Sex and Sexuality in Couple and Family Therapy“,„Expanding Cultural Definitions in Couple and Family Therapy“ und„Expanding Definitions of the Therapist-Family-Community-Culture Relationship“.
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5. November 2010
von Tom Levold
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Fachverband für Biografiearbeit FaBIA e.V. gegründet

Witten. Am 25. 10.2010 wurde an der Privaten Universität Witten/Herdecke der Fachverband für Biografiearbeit e.V. (FaBiA) gegründet.
Der Fachverband hat sich zum Ziel gesetzt, Biografiearbeit in Deutschland im Bereich Praxis und Wissenschaft zu fördern und Qualitätsstandards zu entwickeln. Angeleitete, bewusste Biografiearbeit setzt Wissen und eine Haltung der Achtsamkeit voraus. Wer sich auf sie einlässt, setzt Prozesse in Gang, die das Leben verändern. Daher ist ein bestimmtes Maß an Professionalität zum Schutz des Gegenübers und zum Selbstschutz eine Notwendigkeit. Dem Fachverband kann beitreten, wer ein Hoch- oder Fachhochschulstudium oder eine gleichwertige Ausbildung, die in besonderer Weise zur Biografiearbeit befähigt, absolviert hat und ein Praxis- oder Forschungsfeld in dem er oder sie Biografiearbeit betreibt, nachweisen kann. Der Verband versteht sich als Forum zum Austausch der Fachleute und sucht den Dialog mit Einrichtungen und Instituten, in denen Biografiearbeit betrieben wird, sowie mit angrenzenden Fachgebieten.
Als Vorsitzende des Verbandes, der seinen Sitz in Kassel hat, wurde Herta Schindler (Systemische Lehrtherapeutin, Systemisches Institut Kassel) von den Gründungsmitgliedern gewählt. Ihre Stellvertreter/innen sind Dr. Almute Nischak (Ethnologin, systemische Familientherapeutin, Tübingen) und Thomas Schollas (Systemischer Therapeut und Supervisor, Kiel). Prof. Dr. Arist von Schlippe, wurde zum Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats gewählt. Im Herbst 2011 wird der Fachverband zu einer ersten Tagung mit dem Titel „Biografiearbeit im Dialog“ nach Kassel einladen.
Der Begriff „Biografiearbeit“ ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Formen professionell und wissenschaftlich unterstützter Erinnerungsarbeit. Dies geschieht zum einen im Kontext von Psychotherapie, aber auch in der Rekonstruktion von Lebensgeschichten im Rahmen von Projekten oder in der biografischen Forschung. Über die wissenschaftliche Biografieforschung hinaus spielt Biografiearbeit heute eine Rolle in zahlreichen Berufsfeldern, sei es im Bereich der Seniorenarbeit, in der Trauerbegleitung, in der sich ausweitenden Arbeit mit Pflegefamilien oder im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Im klinischen Bereich und in der therapeutischen Arbeit hilft sie bei der Suche nach der Entstehung und Bedeutung von Symptomen und dient zur Generierung von Ressourcen, die heilende Prozesse unterstützen. Das Gemeinsame all dieser Formen ist, dass sie sich mit den Geschichten befassen, die Menschen erzählen: „Geschichten sind für Menschen das zentrale Ordnungsmuster, das sie ihr Leben als ein kohärentes Ganzes erfahren lässt“, sagt Professor Arist von Schlippe, Inhaber des Lehrstuhls für Führung und Dynamik von Familienunternehmen an der Privaten Universität Witten/Herdecke und eines der Gründungsmitglieder.
Anders als noch im vergangenen Jahrhundert sind die Biografien von Menschen individueller und brüchiger geworden. Die Vielfalt der Lebensformen und Lebensweisen hat zugenommen. Was in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts überwiegend für Frauen zutraf, gilt jetzt auch beinahe durchgängig für Männer: Die Erwerbsbiografie der meisten Menschen in unserer westlichen Kultur ist von zahlreichen Wechseln und Zeiten der Arbeitslosigkeit geprägt. Die Notwendigkeit, sich selbst zu „erfinden“ und die Erfahrungen des eigenen Lebens, insbesondere die Brüche, sinnvoll in das Ganze der Identität einzuordnen, ist heute notwendiger denn je. Dies gilt in nahezu allen Lebensphasen. Daher ist Biografiearbeit heute in den unterschiedlichsten Kontexten von großer existenzieller Bedeutung. Biografiearbeit bietet eine schöpferische Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben oder Aspekten davon, in der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft miteinander verknüpft werden. Sie wird sowohl von einzelnen Personen als auch von Personengruppen wahrgenommen. Subjekt der Biografiearbeit kann ein einzelner Mensch, eine Familie, ein Unternehmen, ein Ort und anderes mehr sein.

Fachverband für Biografiearbeit

c/o Systemisches Institut Kassel
Ludwig-Mond-Straße 45a
34121 Kassel

info@hertaschindler.de
www.FaBiA-eV.de (in Kürze)