systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

24. November 2010
von Tom Levold
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Bad or mad?

Das Thema Forensik ist im psychotherapeutischen Diskurs bedauerlicherweise reichlich unterrepräsentiert. Immerhin ist die Frage nach dem Umgang mit Gewalttätern in unserer Gesellschaft ein massenmedial aufbereitetes Dauerthema, das freilich in erster Linie unter sicherheitspolitischen Aspekten behandelt wird. Die Soziologin Franziska Lamott und der Psychiater Friedemann Pfäfflin von der Sektion für Forensische Psychotherapie an der Universitätsklinik Ulm haben für die Zeitschrift„Psychotherapie & Sozialwissenschaft“ ein spannendes Themenheft zu„Psychotherapie und Forensik“ gestaltet, das sich schwerpunktmäßig mit Forschungsfragen auseinandersetzt. Kathrin Mörtl und Franziska Lamott beschreiben nachvollziehbar die praktischen Schwierigkeiten beim Einsatz von Forschungsinstrumentarien in der Befragung forensischer Patienten, eine qualitative Arbeit von Thomas Ross et al. untersucht„kognitive Konzepte und Reflektionsebenen von Mitarbeitern des Maßregelvollzuges“ und Svenja Taubner legt mit Florian Juen eine Studie zum Thema„Gewalt in der Spätadoleszenz“ unter einer bindungstheoretischen Perspektive vor. Zum Thema Psychotherapieforschung passt auch ein wunderschöner und beispielhaft ausführlicher Tagungsbericht von Kathrin Mörtl vom 41. International Meeting of the Society for Psychotherapy Research in Nord-Kalifornien. Außerdem finden sich zwei Fallgeschichten im aktuellen Heft, darunter eine des Mitherausgebers Friedemann Pfäfflin, der einen bemerkenswerten Fall aus seiner eigenen zurückliegenden forensischen Begutachtungspraxis schildert, der hoffentlich zum Nachdenken anregt.
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23. November 2010
von Tom Levold
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Another Call!

Liebe Leserinnen und Leser,
der diesjährige Adventskalender unter dem Thema„Von Klienten lernen“ ist auf gutem Wege. Schöne Geschichten sind schon zusammen gekommen. Allerdings braucht es noch einige Beiträge, damit der Kalender auch bis zum 24.12. funktioniert. Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal an das Vorhaben erinnern. Worum es geht? Jeder von uns hat also Erfahrungen gemacht, was es heißt, von Klienten zu lernen. Zu lernen, was funktioniert, obwohl man es nicht erwartet hat – oder: was nicht funktioniert, obwohl man damit gerechnet hat. Klientensysteme vermittelt uns Professionellen ein Gefühl für die eigene Bedeutung oder auch: Bedeutungslosigkeit. Immer geht es in Therapie und Beratung um ein Geschehen, das Überraschungen und Lerneffekte für alle Beteiligten bereithält. Von diesen Überraschungen und Lerneffekten ist im persönlichen Kontakt viel, in Lehrbüchern eher weniger die Rede. Es geht hier nämlich mehr um Geschichten und Erlebnisse als um Konzepte und Programme. Um diese Geschichten geht es hier. Im Adventskalender 2010 möchte ich gerne Ihre Geschichten veröffentlichen, in denen Sie von Erlebnissen in Therapie- und Beratungsprozessen (in den unterschiedlichsten Kontexten) erzählen, die Sie in Ihrer eigenen Entwicklung geprägt, berührt oder vorangebracht haben, in denen Sie überrascht, belehrt oder in Ihren eigenen Annahmen korrigiert wurden. Was haben Sie von Ihren Klienten lernen können? Alle Geschichten, die etwas zu erzählen haben, werden auch veröffentlicht (auch wenn es mehr als 24 Beiträge sind). Ich freue mich auf Ihre Einsendungen unter tom.levold@systemagazin.de, auch noch in die ersten Dezembertage hinein.

23. November 2010
von Tom Levold
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Die Liebe wiederfinden

„In „Die Liebe wiederfinden“ versammelt Hartwig Hansen Sequenzen aus Paarberatungen. Therapeutisch und didaktisch redlich leitet er das Buch ein mit einigen Sätzen zu seinem methodischen Hintergrund, seiner Arbeitsweise und der hier getroffenen Auswahl. Die „Schlüsselszenen“ sind ausgewählt, „um nachvollziehbar zu machen, was Paarberatung will, macht und kann. Nicht mehr und nicht weniger.“ Diesem Anspruch, das darf vorweg genommen werden, wird das Buch in ganz hervorragender Weise gerecht. (…) Nicht die Demonstration spektakulärer Problemkonstellationen und sensationeller Spontanerfolge macht den Reiz des Büchleins aus. Es ist, auf der Seite der Paare, die Vielfalt wie auch die „Alltäglichkeit“ der Beziehungsprobleme, die Menschen in die paartherapeutische Praxis treibt. Und es ist die anschauliche Darstellung des Beratungshandelns, mit der Hansen eine erstklassige Visitenkarte für sich und seine Profession abgibt“ So urteil Rezensent Martin Osinski über das aktuelle Buch von Hartwig Hansen, das 2009 im Balance Buch Verlag in Bonn erschienen ist.
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21. November 2010
von Tom Levold
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Fremdheit als soziale Konstruktion. Eine Studie zur Systemtheorie des Fremden

Kai-Uwe Hellmann (Foto: K.-U. Hellmann), Privatdozent am Soziologischen Institut der TU Berlin mit dem Forschungsschwerpunkt Wirtschafts- und Konsumsoziologie hat 1997 in dem von Herfried Münkler herausgegebenen Band„Die Herausforderung durch das Fremde“ (Berlin: Akademie Verlag, S. 401-459) Ideen einer„Systemtheorie des Fremden“ entwickelt:„Dabei ist gerade die öffentliche Debatte über Fremdheit durch eine auffällige Ambivalenz gekennzeichnet. Einerseits wird Fremdheit als Chance, ja als Herausforderung begriffen, die vor neue Aufgaben stellt – Stichwort ‚Multikulturalismus‘ – und einen flüchtigen Vorgeschmack auf Kommendes vermittelt. Andererseits wird Fremdheit als Krise, ja als Bedrohung erfahren, die auf Grenzen der Verträglichkeit von Verschiedenheit verweist – Stichwort ‚Überfremdung‘ – und einen bitteren Nachgeschmack von längst Vergangen-Geglaubtem hinterläßt. In jedem Fall drängt sich der Eindruck auf, an einem Scheideweg zu stehen, was die Bewältigung zentraler Probleme der modernen Gesellschaft betrifft. Dabei dürfte es generell um die Frage gehen, wie eine Gesellschaft mit Neuerungen, Abweichungen, Forderungen nach Veränderung und Wandel umgeht, ob mit Neugier, vor allem aber Offenheit oder nicht. Das betrifft zwar nicht nur das politische System. Doch demonstriert gerade die ‚Politische Kybernetik‘ (Deutsch 1969), also die Art und Weise, wie ein politisches System sich selbst auf Verunsicherung, auf Veränderung, auf Lernen einstellt, inwiefern nicht nur die „Kalkulation von Strukturänderungen zum normalen Geschäft der Politik“ gehört, sondern auch „das lernfähige Denken in einem Horizont anderer Möglichkeiten“ (Luhmann) insgesamt ein Licht wirft auf die Lernfähigkeit einer gesellschaftlichen Ordnung (…). Dabei stellt gerade Fremdheit diese Fähigkeit auf die Probe: Denn je nachdem, ob man Fremdheit akzeptiert oder ablehnt, Fremde fördert oder verfolgt, sind unterschiedliche Optionen angesprochen, die eine Gesellschaft im Umgang mit Fremdheit bereithält.“
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20. November 2010
von Tom Levold
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Noam Omer: Eine Entdeckung

Haim Omer ist – nicht nur in Deutschland – mittlerweile ein über die systemische Szene hinaus bekannter Mann. Sein Sohn Noam, 28 Jahre alt, beginnt gerade, sich einen Namen als Künstler zu machen. Vater und Sohn sind dabei auf eine besondere Art und Weise miteinander verbunden, über die die Internet-Seite von Noam Omer eindrücklich und berührend Auskunft gibt. Dessen künstlerische Begabung erweist sich als eine unerwartete und faszinierende Rettung vor dem Hintergrund einer Lebensgeschichte, die – geprägt von einer massiven Lernbehinderung und Schwierigkeiten, sich in sozialen Kontexten gut zu orientieren – als Geschichte des Scheiterns gelesen werden könnte. Die Kraft seiner Bilder, die Eindringlichkeit und Präsenz seiner großformatigen Darstellungen, die sich im Internet nur erahnen lassen, sprechen eine andere Sprache. Das Reden„über“ die Bilder, die Kommunikation mit dem Kunstbetrieb freilich ist das, was Haim Omer für seinen Sohn übernommen hat und das er als seine„Sancho Pansa-Rolle“ bezeichnet, gleichwohl aber auch als seine„zweite Karriere“ als„storyteller of Noam’s art“, die mittlerweile einen großen und bedeutenden Teil in seinem Leben einnimmt. In seinen Texten auf der website von Noam berichtet Haim Omer von dieser besonderen Partnerschaft:„These developments took place in spite of Noam’s deep difficulties in forging personal or professional connections. In this respect, Noam’s difficulties create an almost unpassable barrier, for his cognitive disabilities are particularly marked in the social field. Whereas other young artists may organize themselves in groups (for instance, jointly running a gallery, or initiating a group event), know how to join communal projects, and are able to present themselves in a persuasive manner, for Noam these options are all but closed. This liability, and the understanding that Noam has no alternative to his career as an artist, led to the creation of our father-son partnership, where I am responsible for all contacts with the art world. Since Noam is the spiritual mover in our partnership, I see us as a Don Quixote-Sancho Panza duo. Like the original Sancho, my role gradually merged with that of Don Quixote’s. In addition to the correspondence with people in the art world, I started to write texts for Noam’s catalogues. The texts would originate in conversations with Noam, or with Noam and the curator of an exhibition (e.g., with Yaniv Shapira who was the curator of two of his exhibitions). Noam participates in all the meetings I arrange with art people and pretty quickly he starts speaking in his peculiar manner, which gives rise surprise and sometimes to some embarassment. The reason is that in the current art discourse, the verbal and conceptual aspects are part and parcel of the work’s presentation. Noam does not express himself in such ways: he talks about his works much more concretely, like a craftsman about his materials. He talks about brushes, ways of diluting the color, texture, stains, and dirt. He is a sort of dinosaur in the way he expresses himself: the concept, the “aboutness”, the hidden meanings are foreign to his mind. The titles of his exhibitions provide no explanatory, philosophical or psychological meanings, but are direct and unsophisticated: “Monkey n’ flower”, “Compassion”, “Sermon to the Fishes”. My partnership with Noam is one of my major life activities, I might even say, a second career, stocked with emotional highs and lows. The rejection of an article or book that I wrote never caused me such pain as a gallerist’s or curator’s refusal to meet with us. I am, of course, the recipient of the refusals, but Noam sometimes gets some of the fallout. Fortunately, he is slowly learning to react to these situations not only by becoming depressed, but also by adding some hours of work to his weekly schedule and by increasing his self-demands. Sometimes he feels strengthened by the confrontation“
Gegenwärtig arbeiten beide an einem Projekt in Deutschland (zu sehen ab dem 27.3.2011 in Kolvenburg, Billerbeck und im Stadtmuseum Coesfeld), das die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Familien von Haim Omer und seines Freundes Arist von Schlippe in der Zeit des zweiten Weltkrieges zum Inhalt hat.
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19. November 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch

Heute vor 10 Jahren ist Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch gestorben, eine Pionierin der Familientherapie und systemischen Therapie in Deutschland. Ihre Ausbildung machte sie in den USA und in Kanada in den frühen 70er Jahren und gehörte dann, nach einer kurzen Phase der Zusammenarbeit mit Horst Eberhard Richter in Gießen, zu den Gründungsmitgliedern der Heidelberger Gruppe um Helm Stierlin. Viel geschrieben hat sie nie. Ihre bescheidene, liebevolle und wertschätzende Art hat aber viele Weiterbildungsteilnehmer sowie Kolleginnen und Kollegen aus der systemischen Szene sehr nachhaltig beeindruckt. In einem Aufsatz über Paartherapie schrieb sie 1998 etwas, dass auch für ihre Art sehr charakteristisch war:„Dass dem Kunstbegriff ein hohes Maß an Können, an spezifischen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten innewohnt, ist für alle Bereiche der darstellenden und bildenden Kunst unbestritten. Dies gilt auch für die Paartherapie. Hier sind in den je unterschiedlichen Konzeptionen (psychoanalytischen, verhaltenstherapeutischen, systemischen) in den letzten Jahren sehr spezifische Verhaltenskataloge entwickelt worden, so dass diese Verfahren lern- und lehrbar sind. Bestimmte Frage-, Aufgaben- und Interventionsformen, aber auch Hilfstechniken wie etwa Fragebögen, Rollenspiele, Skulpturarbeit, Familienbrett, Trauminterpretationen, Genogrammarbeit oder Familienaufstellungen sind bereits hinlänglich entwickelt und beschrieben worden (…). Aber gutes Können macht noch nicht Kunst aus. Es muss eingebettet und geprägt sein von einer wohlwollend-zugeneigten therapeutischen Haltung. Begriffe wie Allparteilichkeit (…), Neutralität (…), Neugier (…), Respekt (…) und interessiertes, selbstreferentielles Beobachten (…) sind zwar notwendige Zutaten, fassen aber meines Erachtens immer noch zu kurz. Dazu kommt eine persönliche Ausstrahlung, geprägt von eigener Lebenserfahrung und Reife, die ein intuitives Maß an Mitschwingen und„affektiver Bezogenheit“ …) ermöglichen. Dieses Schwingen wird gerne mit der Musik vergleichen, etwa mit„dem blinden Tanz zur lautlosen Musik“ (Guntern),„als gemeinsames Improvisieren von Solisten, die durch immer neue Variationen und Modulationen (schließlich) gemeinsam zu einer verbindlichen Melodie (finden)“ (Ludewig). Das intuitive, aber auch reflektierte Zusammenwirken der Geschichten des Paares mit der therapeutischen Wahrnehmung dieses„Paartanzes“ und der Verknüpfung mit dem eigenen Standpunkt kann dann zu einem ebenso wirkungsvollen wie kunst- und ästhetisch genussvollen Ganzen führen, so dass die Worte des alten Römers Falvius auch für die Paartherapie gelten mögen:„Die gemeinsamen Schritte durchs Leben sind nicht leicht, jeder hört die Musik anders. Aber der gemeinsame Tanz ist wunderbar“ (In: Am Anfang war das Paar – und dann? Zum Stand der Kunst in der Paartherapie. In: Kontext 29 (2): S. 129-136)

18. November 2010
von Tom Levold
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Guter Sex trotz Liebe

Nach seinem erfolgreichen (und überaus lesenswerten) Buch„Systemische Sexualtherapie“ hat Ulrich Clement 2006 ein Buch verfasst, dass sich allgemeinverständlich direkt an Menschen richtet, die sich in ihren erotischen und sexuellen Beziehungen weiterentwickeln wollen. 2008 erschien bei Ullstein eine Taschenbuchausgabe. Hans-Georg Pflüger hat das Buch rezensiert:„Wenngleich der Inhalt nicht gänzlich meiner Vorstellung von Intimkultur entspricht, weil mir die wärmende Seele fehlt, so lässt der Autor durch seine Erfahrung und Zuversicht die Kraft und den Mut wachsen, sich diesem Thema zu öffnen, weil er stets auf die Vielfalt der Möglichkeiten der sexuellen körperlichen Routine zu begegnen hinweist. Allen, die einen Kick für die Partnerschaft wünschen, auch bzgl einer Auseinandersetzung mit ihren Autonomie- und Bindungsbedürfnissen, kann das Buch hilfreich für Spiel, Spannung und Lust sein“
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18. November 2010
von Tom Levold
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Stoppt Botox-Politiker-Versuche

Rund 50 Vertreter der Europäischen Koalition zur Abschaffung der Politikerversuche (ECEAE) demonstrierten am 28.10.2010 vor der Niederlassung des amerikanischen Botox-Herstellers Allergan. Die Forderung: Die Firma soll endlich vorhandene politikerversuchsfreie Testmethoden für ihre Produkte validieren und einsetzen. Allergan ist der Marktführer von Produkten aus dem Nervengift Botulinumtoxin. Für jede Produktionseinheit wird ein qualvoller Politikerversuch durchgeführt. Hochrechnungen zufolge werden einige Hundert Politiker allein für die Allergan-Botulinumtoxin-Präparate Botox®, Botox Cosmetics® und Vistabel® jedes Jahr massiv gequält. Besonders eklatant ist der Fall des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berluscolini, der seit Jahren im Rahmen einer Versuchsreihe mit Botox vollgepumpt wird. Der Konzern behauptet seit Jahren, an »Alternativ-Verfahren« zu arbeiten, doch mehr als Lippenbekenntnisse waren dies bisher nicht. Im Rahmen des halbjährlichen Treffens der ECEAE demonstrierten Vertreter aus 10 Ländern vor dem Allergan-Büro in Brüssel. Als Reaktion heuerte der Konzern eine PR-Firma an, da sie selbst nicht weiß, wie sie mit dem Problem umgehen soll. Ein Armutszeugnis für den Global Player. Die Forderung nach der Etablierung tierversuchsfreier Testmethoden besteht nicht erst seit gestern. Der Verein Ärzte gegen Politiker-Versuche hat 2007 eine Kampagne gegen die grausamen Botox-Politikerversuche gestartet und diese zusammen mit seinen Partnern bei der ECEAE europaweit ausgeweitet. Eine Undercover-Recherche der britischen Partnerorganisation BUAV in einem englischen Labor brachte das Leid der Politiker auch visuell zu Tage. Besonders heikel ist die Problematik im Fall Berluscolini insofern, als dieser

16. November 2010
von Tom Levold
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Zur Unterkomplexitat der Differenzierungstheorie

Die Wissenschaftssoziologin Karin Knorr-Cetina (Foto: Uni Konstanz) hat unter diesem Titel in einem Aufsatz von 1992„Empirische Anfragen an die Systemtheorie“ formuliert, die auch heute noch nach wie vor höchst relevant sind:„Diese empirische Anfrage an die Differenzierungstheorie, insbesondere diejenige Luhmann’scher Prägung) gesteht dieser eine zwar analytisch lose, aber nichtsdestotrotz treffende Interpretation institutioneller Spezialisierung in modernen Gesellschaften zu. Was sie nicht zugesteht, ist eine adäquate Rekonstruktion der internen Umwelt bzw. des internen Funktionierens der in Frage stehenden Funktionsbereiche. Entgegen Charakterisierungen in den Termini einer endogenen Logik und selbstbezogenenAutopoiesis wird auf die Heterogenität der Sprachspiele und Praktiken hingewiesen, die sich in diesen Bereichen findet. Die Differenzierungstheorie ignoriert, wie spezialisierte Bereiche durch Strukturierungsformen, die Funktionsdifferenzierungsgrenzen unter- laufen, sowohl ennbglicht als auch immer wieder ersetzt werden. Damit verbunden ist eine Kritik der ,ontologischen‘ Realitätskonzeption der Differenzierungstheorie, die zwar Selbstorganisation postuliert, aber nicht zulässt, dass realzeitliche Bereiche sich sowohl differenziert als auch undifferenziert, sowohl selbst-organisiert als auch nicht selbst-organisiert, oder weder in den einen noch in den anderen Kategorien konstituieren könnten. Alternativen zu dieser Vorgehensweise sind theoretische Reflexivität sowie eine Theorie der Praxis. Die Kritikpunkte werden durch Beispiele aus dem Bereich der Wissenschaft illustriert“ Der Artikel, der ursprünglich in der Zeitschrift für Soziologie erschienen ist, ist auch im Internet zu lesen.
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15. November 2010
von Tom Levold
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Ausschreibung für den wissenschaftlichen Förderpreis der Systemischen Gesellschaft 2011


Die Systemische Gesellschaft (SG), Deutscher Verband für Systemische Forschung, Therapie, Supervision und Beratung e.V., schreibt im Wechsel mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) einen wissenschaftlichen Förderpreis aus. Die Ausschreibung verfolgt das Ziel, die Relevanz Systemischen Denkens für die therapeutische und beraterische Praxis zu verdeutlichen und die Forschung in diesem Bereich anzuregen. Ausgezeichnet wird die beste Arbeit, die empirische Forschungsdesigns entwickelt, die eine mit Systemischen Modellen kompatible und innovative Methodik aufweist und die sich auf praxisrelevante Bereiche aus der Therapie, Gesundheitsversorgung, Supervision, Beratung und auf institutionelle Innovationsprozesse bezieht.Der wissenschaftliche Förderpreis ist mit 3.000,- Euro dotiert.
Die Preisvergabe findet im Mai 2011 in Berlin statt.
Der Preis ist bewusst als Förderpreis konzipiert. Vor allem jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind angesprochen, die sich mit Diplomarbeiten, Dissertationen, Habilitationen oder anderen (auch außeruniversitären) Projekten qualifizieren. Ein unabhängiges fünfköpfiges Gutachtergremium entscheidet, wer den Preis erhält.
Die Arbeiten reichen Sie bitte bis zum 15. Dezember 2010 in dreifacher Ausführung an:
Systemische Gesellschaft e.V.
Frau Prof. Dr. Liz Nicolai
„Wissenschaftlicher Förderpreis“
Waldenserstraße 2-4
D-10551 Berlin
mail: info@systemische-gesellschaft.de