systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

11. Januar 2011
von Tom Levold
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Bunte Vielfalt

Eine bunte thematische Vielfalt soll in Heft 3/2010 von systhema die Leserschaft einladen,„sich inspirieren zu lassen, einzulassen oder auch über nicht Nachvollziehbares auszulassen“, schreibt Ursel Winkler in ihrem Editorial, wobei sie offenlässt, was denn unter die Rubrik„Nicht Nachvollziehbares“ fallen könnte. Zum Inhalt schreibt sie:„Uwe Hameyer setzt sich in seinem engagierten Beitrag mit dem Menschenbild, wesentlichen Begründungen und essentiellen Inhalten einer Schule, die sich als lernende Organisation begreift und organisiert, auseinander. Auf der Basis der Handlungsmaxime„das Unmögliche denken und das Mögliche versuchen“ – ohne dabei in die Falle von Aktualismus und Aktivismus zu treten – zeigt er Grundzüge eines qualitätsorientierten Wissensmanagements auf. Auch Eva Kaiser-Nolden setzt auf die systemimmanenten Kräfte einer sich selbst organisierenden Organisation, wenn sie deren Ordnungskräfte und Charakteristika analysiert und anschließend konkrete Arbeitsansätze für systemische Organisationsentwickler ableitet. In ihrem Beitrag über die Arbeit in einer stationären Jungenwohngruppe in der Kinder- und Jugendhilfe setzt sich Kristin Stier kritisch mit der Einführung von Anspruch und Wirklichkeit einer systemischen Grundhaltung und den Konsequenzen auf die Entwicklung der Arbeit mit den Systemen Team, Wohngruppe und Familie auseinander. Die Methode von Marte Meo und die sogenannte Meridian-Energie-Arbeit sowie mögliche bzw. notwendige Verbindungen mit systemischem Handwerkszeug stehen im Mittelpunkt der Erfahrungsberichte“

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10. Januar 2011
von Tom Levold
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Was lernt die systemische Praxis von der Neurobiologie

Im von Reinert Hanswille herausgegebenen Sammelband„Systemische Hirngespinste“, der sich mit den Herausforderungen der Hirnforschung für die systemische Theorie und Praxis beschäftigt und 2009 in Göttingen bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienen ist, befindet sich auch ein Beitrag von Rainer Schwing, in dem dieser für ein wechselseitiges Anregungsverhältnis zwischen Neurobiologie und Systemischer Forschung und Praxis plädiert.„Nach dem gesagten ist klar, dass ich viele Techniken und Haltungen der systemischen Therapie und Beratung durch die neurobiologische Forschungslage bestätigt sehe, und dass ich andererseits in vielen Ergebnissen spannende Anregungen finde, das eigene Repertoire zu überdenken, zu modifizieren oder zu erweitern. Ich denke, wir können mit Selbstbewusstsein und gleichzeitig einer lernoffenen Bescheidenheit auf die Neurobiologie zugehen – letzteres sollte uns von unserer konstruktivistischen Grundhaltung ja eigentlich selbstverständlich sein. Wir sollten uns beeinflussen lassen, wenn Veränderungen und Erweiterungen unserer theoretischen / methodischen Ausstattung einen größeren Nutzen für unsere Klienten versprechen. Andererseits haben Systemikerinnen einzigartige Begriffe entwickelt, um zu verstehen und zu begreifen, wie aus Interaktionen Realitäten entstehen, Eigenschaften von Menschen geformt, gestärkt oder geschwächt werden, wie sich dabei die Lernprogramme der Protagonisten miteinander verzahnen und Probleme chronifiziert oder gelöst werden. Wir sollten also auch beeinflussen, um unsere theoretischen Ansätze, unsere Fragestellungen und Forschungsbedarfe aktiv einzubringen, damit vermehrt neurobiologische Forschungsprogramme entworfen werden, die die Komplexität der Synchronisationsprozesse in sozialen Systemen erfassen können. Der Kreis schließt sich also, wenn wir auch fragen, was die Neurobiologie von der systemischen Therapie lernt. Das geschieht aber nur, wenn wir etwas dafür tun, dass es geschieht. Und das wird neue Spuren des Erfolgs hervorbringen“ Der Beitrag ist als Manuskript (PDF) auch auf der website von Schwings Praxis-Institut herunterzuladen,
und zwar hier…

9. Januar 2011
von Tom Levold
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Sarah Palins Zielscheiben

Diese schöne Zielscheiben-Sammlung entstammen der website von Sarah Palin, Tea-Party-Frontfrau und Waffenfanatikerin aus Alaska. Da weiß man gleich, wo man draufhalten muss. Nach dem Mordanschlag auf Gabrielle Giffords in Arizona, bei dem 6 Menschen ums Leben kamen und die die Kongressabgeordnete noch in Lebensgefahr schwebt, ist Frau Palin auch gerne bereit, für die Opfer zu beten, wie sie heute schnell auf ihrer Seite kundtat:„My sincere condolences are offered to the family of Rep. Gabrielle Giffords and the other victims of today’s tragic shooting in Arizona. On behalf of Todd and my family, we all pray for the victims and their families, and for peace and justice“ Zuvor hatte Gifford, die schon mehrfach bedroht wurde, sich zur Zielscheibenaktion von Palin folgendermaßen geäußert:„“Sarah Palin has the crosshairs of a gun sight over our district and when people do that, they’ve gotta realize there are consequences to that action.”
Hier das dazu gehörige Video…

7. Januar 2011
von Tom Levold
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Die Kunst stillzusitzen

Tim Parks ist ein bekannter englischer Übersetzer und Schriftsteller, dessen Werke normalerweise nicht im Scanbereich des systemagazins liegen. Ronald Mileswki, psychologischer Psychotherapeut aus Bochum, hat für systemagazin eine Rezension von Parks aktuellem Werk verfasst, das schon die Bestsellerlisten erklommen hat:„Die Kunst stillzusitzen. Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung“. Weder Roman noch Sachbuch, schildert es Parks 20jährige Schmerzensgeschichte, begleitet von trostlosen Erfahrungen mit der Schulmedizin, bis ihm allmählich mit Hilfe von Entspannungs- und Meditationstechniken Schmerzlinderung und -auflösung gelingen. Kein leichter Weg, da ihn das esoterische Brimborium, das vielen dieser Techniken angeheftet wird, als überzeugten Skeptiker nervt, belustigt, abstößt. Die Pointe liegt darin, dass er, ein Mann des Wortes, erkennt, dass er von den Wörtern lassen, von der Beschreibung zum Erleben finden muss, um gesund zu werden, aber schließlich auch zurück zu den Wörtern finden muss, um diese Erfahrungen kommunizieren zu können.
Zur vollständigen Rezension…

5. Januar 2011
von Tom Levold
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Liebe, Demenz und Soziale Arbeit

Ronny Lindner, Diplom-Sozialpädagoge und Sozialarbeiter (Foto: Carl-Auer-Verlag), ist in der systemischen Szene durch sein Buch„unbestimmt bestimmt. Soziale Beratung als Praxis des Nichtwissens“ bekannt geworden, das 2004 im Carl-Auer-Verlag erschienen ist (Zur Rezension von Wolfgang Loth im systemagazin hier). Im Zusammenhang mit seiner langjährigen Tätigkeit in der Alzheimer-Hilfe hat er nun eine systemtheoretische Studie über„Liebe, Demenz und Soziale Arbeit“ verfasst, die in der Systemischen Bibliothek erstmals veröffentlicht wird. In der Einleitung skizziert Lindner sein Programm:„Luitgard Franke beendet ihre Untersuchungen zur „Demenz in der Ehe“ mit der Erkenntnis, dass der Fokus in der Arbeit mit Demenzkranken und deren Angehörigen wesentlich stärker auf Beziehungsaspekte gelegt werden muss als es die derzeitige Praxis tut. Sie zeigt, dass die Orientierung an der Unterstützung von Autonomiebestrebungen bei Angehörigen und die einseitige Betonung ihrer Entlastung in der Regel Widerstände erzeugt, an denen sich die weitere Angehörigenberatung dann recht umständlich abarbeiten muss. Weiterhin verweist Franke darauf, dass im Demenzbereich tätige Organisationen dazu neigen, Aspekte der Erkrankung und des medizinischen bzw. pflegerischen Umgangs mit ihr zu betonen, weil die theoretischen Grundlagen für die Arbeit in Demenzkontexten überwiegend aus eben jenen Fachbereichen stammen. Die Überlegungen der Helfer sind somit an Strukturen ausgerichtet, die eher dazu geeignet sind, krankheitsspezifische und pflegerische Beobachtungen zu machen als beziehungsorientierte. Der Grund für diese unangemessenen Reduktionen liegt nach Franke in einem Theoriedefizit bezüglich der Paarthematik, das auf die praktische Arbeit in Demenzkontexten durchschlägt und das es abzubauen gilt.
Der vorliegende Text nimmt diesen Auftrag an. Er fußt auf der Überzeugung, dass Demenzkranken und deren Betroffenen nicht (nur) damit geholfen werden kann, dass man sie zeitweise voneinander trennt und dass intime Beziehungen nach und nach in Pflegebeziehungen überführt werden. Solche Überlegungen fallen Sozialarbeitern nicht schwer, da ein Großteil der theoretischen Grundlagen, auf denen ihre Praxis aufbaut, eher beziehungs- als personenorientiert gestrickt ist. Die Berücksichtigung des sozialen Kontextes hat inzwischen Eingang in nahezu jede sozialarbeiterische Hilfeplanung gefunden. Die zunehmende Beschäftigung von Sozialarbeitern in Demenzkontexten führt also beinahe zwangsläufig zu einem Bedürfnis nach der diesbezüglichen Erweiterung von Perspektiven. Das damit auch neue und veränderte Problemlagen sichtbar werden, also Schwierigkeiten von Demenzfamilien, die zuvor nicht berücksichtigt wurden, liegt auf der Hand.
Den Ausgangspunkt der nachstehenden Überlegungen bildet eine Kippfigur, die Franke den Praktikern für die Beratung von Familien, die mit den Konsequenzen einer Demenzerkrankung umgehen müssen, ans Herz legt. Die eine Seite dieser Figur bildet die Pflegebeziehung, die andere die Ehebeziehung. Im Zuge der Entscheidung für eine der beiden Seiten werden jeweils spezifische Wahrnehmungen, Deutungsmuster und eigene Verhaltensausrichtungen provoziert. Im Sinne des Erweiterns von Handlungsspielräumen ihrer Klientel können Sozialarbeiter dann mit Angehörigen daran arbeiten, ihre Beziehung gemäß der Entscheidung für die entsprechende Seite auszurichten.
Diese Kippfigur wird nachfolgend aufgegriffen und in die Überlegungen einbezogen, wenngleich letztlich darüber hinausgegangen wird. Dafür werden zu Beginn einige allgemeine theoretische Vorannahmen zu Familien und Liebesbeziehungen erörtert (Abschnitt I), anschließend wird untersucht, wie sich solche Systeme verändern, wenn sie mit Demenzerkrankungen konfrontiert werden (Abschnitt II). Schließlich folgt eine Durchleuchtung der Darlegungen hinsichtlich sozialarbeiterisch verwertbarer Schlussfolgerungen (Abschnitt III).
Um die von Franke geforderte Betonung des Beziehungsaspektes zu gewährleisten und somit beim Abbau des angesprochenen Theoriedefizites möglichst effizient zu sein, werden sich die nachstehenden Darlegungen relativ komplexer Theoriemittel bedienen. Mithilfe der Systemtheorie Luhmannscher Bauart (und Fuchsscher Weiterentwicklungen) wird der Abstraktionsgrad der üblicherweise in Demenzkontexten vorgenommenen Betrachtungen deutlich erhöht werden. Daraus erwächst z. B. der Vorteil, dass viele Überlegungen im Hinblick auf Intimsysteme und Familiensysteme analog vorgenommen werden können. Wann immer passend, wird der Text auf diese Analogien eingehen. Weiterhin soll gezeigt werden, dass eine Demenzerkrankung nicht den operativen (bzw. semantischen), also existentiellen Part der Beziehung irritiert, sondern vielmehr in deren Umwelt „agiert“. Es bleibt also – sofern das erwünscht ist – ein Bereich kommunikativer Sinnreproduktion bestehen, der „liebesexklusiv“ ist und nicht von der Erkrankung erfasst werden kann. Im Gegenteil: Wir werden sehen, dass die Liebe dazu tendiert, vermeintlich dezidiert krankheitsbezogene Kommunikation zu okkupieren und sie dem Beobachter als „liebesexklusiv“ zu präsentieren.
Schließlich wird es möglich sein, die Frankesche Kippfigur in ein Tetralemma zu überführen und die Ansätze für sozialarbeiterische Interventionsversuche somit zu vervielfachen. Auch die dabei produzierten Erkenntnisse werden im letzten Abschnitt auf ihre Tauglichkeit für Soziale Arbeit in Demenzkontexten hin untersucht und bei Bedarf „metamethodisch“ aufbereitet“
Zum vollständigen Text geht es hier…

4. Januar 2011
von Tom Levold
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systeme 2/2010

Die aktuelle Ausgabe von systeme bietet Beiträge von Johannes von Tiling, Jürgen Kriz, Maria Staubach und Thomas Friedrich-Hett. Aus dem Editorial zusammengeschrieben: von Tiling argumentiert in „Sozialkonstruktionistische Psychologie und ihre praktische Anwendung. Möglichkeiten einer Neuausrichtung“, wie der gegenwärtige Soziale Konstruktionismus aus seiner Sicht sein Potenzial verschenkt, im Sinne eines psychologischen Forschungsprogramms – welches also Konzepten individueller Handlung und Subjektivität Platz lässt – verstanden zu werden. Jürgen Kriz führt uns in ein Anliegen der personzentrierten Systemtheorie ein, welches in einer Berücksichtigung der Interaktion zwischen unterschiedlichen Prozessebenen – körperlich, psychisch, interaktiv und sozial-kulturell – besteht. Mit dem Konzept des „Sinn-Attraktors“ analysiert sein Beitrag ordnende und Sinn generierende Aspekte in den Prozessen, mit denen wir der Welt begegnen, und in jenen, mit denen die Welt uns begegnet. Maria Staubach schreibt über „Co-produzierende ExpertInnen – Eine Antwort auf grundlegende Beratungsdilemmata“, wobei u. a. Ergebnisse einer von ihr durchgeführten empirischen Untersuchung zu Kompetenzfeldern in der Beratung skizziert werden. Und schließlich werden wir mit Thomas Friedrich-Hetts kurzweiliger Einführung in „Positives Altern – Reflexionen zur Dekonstruktion einer (noch) unbeliebten Lebensphase“ wir mit Möglichkeiten und Potenzialen des Alterns vertraut gemacht, die optimistisch stimmen.
Zu den vollständigen abstracts…

2. Januar 2011
von Tom Levold
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Aus der Praxis

Das neue Jahr beginnen wir mit einer Zeitschriftennachlese 2010. Das letzte Heft von Kontext versammelt einige Beiträge aus der Praxis für die Praxis. Drei Beiträge beschäftigten sich mit praktischen Aspekten systemischer Beratung. Joseph Richter, der als Motopäde/Mototherapeut und systemischer Therapeut in einer Familienberatungsstelle tätig ist, präsentiert ein Konzept systemisch-psychomotorischer Familienberatung, in dem Kinder und Eltern in einem gemeinsamen Spiel-Setting in die familientherapeutische Arbeit einbezogen werden, anstatt – wie so häufig – Angebote in getrennten Settings zu bekommen. Jürgen Beushausen konkretisiert in seinem Aufsatz das gängige Schlagwort der »Ressourcenorientierung« und präsentiert eine Vielzahl ressourcenorientierter stabilisierender Übungen, die sich insbesondere für die Arbeit mit Menschen in Krisensituationen oder traumatisierten Menschen eignen. Manuel Barthelmess, in Regensburg als Familientherapeut, Supervisor und Coach in freier Praxis tätig, fokussiert in seinem Beitrag »Welchen ›Beraterhut‹ habe ich eigentlich auf?« auf die Differenz von Prozessberatung und Wissensberatung, die jeweils eine andere Grundhaltung im Umgang mit Aufträgen und Anliegen im Beratungsprozess erfordern, in der Praxis aber zunehmend gleichermaßen angefragt werden. Für den Autor ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer »gekonnten Jonglage mit Beraterhüten«, die es erlaubt, sich passgenau auf die Bedürfnisse des zu beratenden Systems einzustellen. In der Reihe der Interviews mit Pionieren des systemischen Ansatzes ist schließlich noch ein langes und ebenso spannendes wie unterhaltsames Gespräch von Wolf Ritscher mit Joseph Duss-von Werdt zu lesen, dem Gründungsherausgeber der »Familiendynamik«, der von seinem langen Weg von der Philosophie und Theologie über die katholische Eheberatung hin zur systemischen Therapie und zur Mediation erzählt. In der Reihe »Klassiker wieder gelesen« präsentiert Andrea Brandl-Nebehay, Nachfolgerin von Ludwig Reiter und Joachim Hinsch als Leiterin des Instituts für Ehe- und Familientherapie in Wien, den von Ludwig Reiter, Johannes Ewald Brunner und Stella Reiter-Theil herausgegebenen Sammelband »Von der Familientherapie zur Systemischen Perspektive«, der 1988 erstmals (und 1997 in einer inhaltlich weitgehend überarbeiteten Form erneut) erschien und auch die Ausbildungserfahrungen der Rezensentin nachdrücklich geprägt hat.

31. Dezember 2010
von Tom Levold
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Partnerschaft und Ehe – Entscheidungen im Lebensverlauf

Das Forschungsinstitut Sinus Sociovision hat für das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend eine Studie zu Einstellungen, Motiven und Kenntnissen des rechtlichen Rahmens von Partnerschaft und Ehe erstellt, die online zu lesen ist. In der Zusammenfassung heißt es:„Mit den gesellschaftlichen Veränderungen der Ehe- und Familienwirklichkeit ist eine gravierende Veränderung des Verständnisses von Ehe (und Familie) verbunden. Die Vorstellung, bei der Ehe handle es sich um eine vom Willen der Partner unabhängige, auf ein ganzes Leben ausgerichtete Institution, ist um eine interindividuelle Sicht auf Ehe und Familie als Gestaltungsaufgabe fruchtbar ergänzt. Verantwortung füreinander ist dabei eng an Liebe gekoppelt – während bestehender Partnerschaft sind Solidarität und fairer Nachteilsausgleich für die Partner wichtig und selbstverständlich. Ob und unter welchen Umständen über das Scheitern der Ehe hinaus nachwirkende Verpflichtungen sinnvoll sein könnten, wird deutlich kritischer hinterfragt. Insofern sind die aktuellen Veränderungen des Unterhaltsrechts, das in den 70er-Jahren die nacheheliche fortwirkende Verantwortung sehr stark gemacht hatte, vom Ehe- und Solidaritätsverständnis der Bevölkerung getragen. Die korrespondierende Frage allerdings, ob die geltenden Regelungen für die bestehende Ehe tatsächlich den institutionellen Rahmen schaffen, den die meisten Paare sich heute für eine gleichberechtigte Partnerschaft wünschen, lässt politischen Handlungsbedarf erkennen. Die Akzeptanz des Abbaus nachehelichen Nachteilsausgleichs korrespondiert mit Erwartungen an die Gestaltung gleichberechtigter Teilhabe während bestehender Ehe. Die meisten Paare heiraten, um ihrer „Partnerschaft einen festen Rahmen“ zu geben (85 %). Sie erwarten – sozusagen blind – dass dieser (staatlich angebotene) Rahmen einen fairen Ausgleich zwischen den Partnern gewährleistet. Dabei erweisen sich ihre Annahmen über die geltenden Rege- lungen aber häufig als falsch. Begriffe wie „gesetzlicher Güterstand“ oder „Ehegatten- splitting“ sowie deren inhaltliche Bedeutung sind in der jüngeren Altersgruppe der Verheirateten bei weit über 50 % unbekannt. Intuitiv gehen diejenigen, die den rechtlichen Rahmen der Ehe schätzen, ihn für alles in allem fair halten, seine Details aber nicht kennen, davon aus, dass ihnen während bestehender Ehe alles gemeinsam gehört.
Dabei gibt es klare Geschlechterunterschiede: Männer glauben stärker an die Ehe als Institution. Sie erwarten deutlich mehr als Frauen, mit der Heirat eine Partnerschaft krisenfester und langlebiger zu machen.
Die hohe Zustimmung zu der Aussage „Da viele junge Menschen nicht abschätzen können, was im Laufe des Lebens alles auf sie zukommt, muss das Familienrecht diese Unwägbarkeiten durch faire Regelungen berücksichtigen (84 %)“ ist als Auftrag an den Gesetzgeber zu lesen, nach der Neuregelung des nachehelichen Unterhalts auch die Regelungen des Ehegüterrechts einer Prüfung zu unterziehen und dabei den Wunsch nach stärkerem Solidarausgleich in bestehender Partnerschaft mindestens im Wahlgüterstand und bei der steuerrechtlichen Begünstigung Rechnung tragen“
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