systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

16. Januar 2011
von Tom Levold
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Presserklärung der DGSF

„Viele systemische Berater und (Familien-)Therapeuten sind in der ambulanten und stationären psychiatrischen Versorgung tätig. Sie tragen dort dazu bei, dass die zahlreichen und folgenreichen zwischenmenschlichen Aspekte psychischer Störungen durch eine gute Zusammenarbeit der Behandler mit Patienten und deren Angehörigen sowie weiteren sozialen Netzwerken lösungsorientiert bearbeitet werden. Durch günstige Mitgestaltung dieser Beziehungen tragen sie auch dazu bei, dass Psychopharmaka möglichst sparsam eingesetzt werden können. Eine ausschließlich pharmakologisch optimierte Behandlung, die nicht an die unterschiedlichen subjektiven Krankheitstheorien und Lösungsstrategien aller Beteiligten anschlussfähig ist, führt allzu häufig zu Machtkämpfen, schlechter Zusammenarbeit, Nichteinnahme verschriebener und eingekaufter Medikamente und somit im Endeffekt zu Geldverschwendung.
Mit Besorgnis beobachten wir seit langem, dass in der Forschungsförderung psychopharmakologische Studien weit mehr gefördert werden als psychosoziale und speziell familien-/systemorientierte Studien. Besonders besorgt uns, dass die Pharmaindustrie sehr häufig Auftraggeber dieser Studien ist und nach vorliegenden Untersuchungen auch selektiv vor allem Pharmastudien mit positiven Ergebnissen veröffentlicht werden. Wenn nun auch noch die Pharmaindustrie direkt zum Anbieter psychiatrischer Versorgung wird, und dies in einem Monopolvertrag für ein ganzes Bundesland, so droht im Extremfall eine Situation, in der eine Industrie sich selbst evaluiert und als Monopolist ihre Produkte selbst vermarktet. Eine von privaten Profitinteressen unabhängige Patientenversorgung ist dann nicht mehr zu erwarten.
Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie fordert daher gemeinsam mit der DGSP und vielen anderen Vereinigungen, dass auch niedersächsische Psychosepatienten weiterhin eine nicht von Industrieinteressen gesteuerte, rationale Versorgung bekommen sollen.“
 
Für den Vorstand der DGSF
Prof. Dr. Jochen Schweitzer, Vorsitzender
Universitätsklinikum Heidelberg, Institut für Medizinische Psychologie 

16. Januar 2011
von Tom Levold
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Wohlbefinden fördern

Dieser einfache und schöne Titel schmückt ein Buch der Gießender Psychotherapeutin Renate Frank, das 2010 in der Reihe„Leben lernen“ bei Klett-Cotta erschienen ist. Peter Kaimer hat eine begeisterte Rezension verfasst:„Wie bereits anfangs bekannt, möchte ich dieses Buch wärmstens empfehlen, wenn man sich kundig machen möchte, welche Ideen eine Psychotherapie ressourcenorientierter machen könnte. Und wenn man danach auch die eine oder andere Idee seinen KlientInnen oder PatientInnen anbieten möchte. Allerdings wird die Überraschung nicht ausbleiben, wie kreativ unsere KundInnen diese Ideen auf ihre je eigene Art und Weise in ihren Alltag integrieren werden“
Zur vollständigen Rezension (dazu noch eine weitere kurze von Hans-Georg Pflüger)…

14. Januar 2011
von Tom Levold
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Förderung der sozialen Kompetenz und anderer Soft Skills bei Führungskräften

Das letzte Heft von OSC 2010 ist dem Führungskräfte-Coaching gewidmet. Astrid Schreyögg fasst die Beiträge des aktuellen Heftes folgendermaßen zusammen:„Gabriela Heller geht anhand einer qualitativen Studie der Frage nach, „inwieweit durch Business-Coaching auch eine allgemeine Entwicklung der Persönlichkeit verfolgt“ wird. Sie zeigt, dass in Coachingprozessen neben berufsbezogenen Sachthemen auch relevante Lebensthemen von Führungskräften bearbeitet werden sollten. Auf der Basis eines Rollenmodells von Lippmann zeigt die Autorin, dass eine nachhaltige Optimierung im Beruf letztlich auch der Persönlichkeitsentwicklung im Sinne von Life-Coaching bedarf. Und dabei ergibt sich dann automatisch die Förderung mehrerer Soft Skills. Im nachfolgenden Beitrag befasst sich Gerhard Liska mit dem„Zusammenhang von Führungsqualität und Burnout- bzw. Mobbingprävention“. Der Autor fragt, inwieweit solche destruktiven Phänomene als Erscheinungen des organisatorischen Systems zu werten sind, genauer als Ausdruck der Organisationskultur. Da diese aber in erster Linie von Führungskräften geprägt wird, ergibt sich hier immer die Frage nach deren sozialen Kompetenzen. Deshalb plädiert der Autor für eine gezielte prophylaktische Arbeit mit Führungskräften. Andreas Schulz zeigt, wie Supervision auf dem Hintergrund psychodramatischer Arbeit unterschiedliche„Selbst-Aspekte“ wie Selbstwert, Selbstachtung, Selbstsorge oder Selbstwirksamkeit befördern kann. Als Stärkung der„inneren Autorität“ dient solche Arbeit nicht nur zur Stärkung der Identität, sondern auch zur Förderung der sozialen Kompetenz von Fach- und Führungskräften. Wolfram Schulze beschäftigt sich mit„Coaching im Rahmen von Bedrohungsmanagement“, wie es bei Stalking und besonders bei Amokläufen notwendig ist. Der Autor zeigt, dass Führungskräfte, die in ihrem Einflussbereich derartige Gewaltphänomene erleben, vor allem bei der Regulation von Emotionen unterstützt werden sollten. In solchen Fällen sei nämlich eine spezifische Facette sozialer Kompetenzen gefordert. Coaching mit diesem Fokus empfiehlt der Autor besonders männlichen Führungskräften, weil sie eher als weibliche dazu neigen, ihre Angst zu verleugnen und deshalb zu unangemessenen Handlungsstrategien verleitet werden. Rainer Bäcker konfrontiert uns im nächsten Beitrag sogar mit einer überaus unschönen Realität des modernen Managements. Im Zuge„humanistisch-psychologischer Weltverschönerung“ sei den meisten Personalentwicklern entgangen, dass viele Führungskräfte heute regelrecht„entgleist“ sind. Aus seiner Sicht als Managementdiagnostiker zeichnet er ein geradezu verheerendes Bild von manchen Führungskräften. Im Sinne von„Derailment“, was schon seit etlichen Jahren in der US-amerikanischen Forschung verhandelt wird, seien viele von ihnen eklatant überfordert bzw. der Geschwindigkeit und Komplexität des heutigen Wirtschaftslebens in keiner Weise gewachsen. Der Autor gibt zu bedenken, dass solche Phänomene mit traditionellen Formen der Managementdiagnostik kaum zu erfassen sind, er plädiert vielmehr für Auswahlverfahren, bei denen viel umfassender auf soziale Faktoren, also die Soft Skills geachtet wird. In ihrem Praxisbericht zeigt uns Nadja Lehmann, dass in der Supervision immer mal wieder biographische Exkurse notwendig sind. In ihrem Fallbeispiel geht es um eine analoge Erfahrung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Menschen aus der DDR nach der Wende. Diese heute allzu häufig verdrängten Kränkungen, die Menschen in der Nachwendezeit durch Westdeutsche erlebt haben, hinterließen besonders bei der jungen Generation ihre Spuren. Im Diskurs stellt lngo Steinke drei Modelle für das Qualitätsmanagement vor, die mit ihren jeweiligen Besonderheiten und Vorgehensweisen beschrieben und im Hinblick auf eine Anwendbarkeit für das Coaching bewertet werden. Angesichts dieses Beitrags wird deutlich, dass es sich hier um eine längst überfällige Debatte handelt“
Zu den vollständigen abstracts…

12. Januar 2011
von Tom Levold
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Zwischen Mandelkern und Mozartkugel Neurobiologiekongress in Salzburg, 1.-3.7.2011

Wer noch Lücken in seinem Fortbildungsplan für dieses Jahr hat, sollte sich den Kongress Neurobiologie der Psychotherapie – Perspektiven und systemtherapeutische Innovationen unbedingt vormerken und sich rechtzeitig anmelden. Wie schon vor zwei Jahren organisiert Günter Schiepek an seinem aktuellen Arbeitsplatz in der Mozartstadt einen großen und erstklassig besetzten Kongress zu neuen Befunden und Perspektiven aus der Gehirnforschung. Interessant ist diese Veranstaltung für systemische Praktiker, Forscher und theoretisch Interessierte, da der Anwendungsbezug zur Psychotherapie im Vordergrund steht. Das vorläufige Programm spiegelt eine enorme inhaltliche Dichte und auch Weite der Vorträge und Workshops wider. Allem zugrunde legt Schiepek eine Sichtweise, die das Gehirn wie auch die Psychotherapie konsequent als komplexe, nichtlineare und selbstorganisierende Systeme, deren Dynamik in der Komplexitätsforschung und Synergetik modelliert und empirisch erfasst wird, geht. Als besonderer Akzent von Salzburg 2011 wollen wir die Frage stellen, ob wir uns mit diesen Entwicklungen, welche das Gehirn ebenso wie den psychologischen Prozess der Therapie als selbstorganisierende Systeme modellieren, nicht nur auf dem Weg einer systemischen Neurowissenschaft, sondern auch hin zu einer systemischen Psychotherapie befinden, so Schiepek in der Tagungsankündigung. Als Besucher und systemagazin-Berichterstatter der Vorgängertagung in 2008, aber natürlich auch der diesjährigen Veranstaltung, kann ich den Besuch des Kongresses sowohl fachlich als auch atmosphärisch nur wärmstens empfehlen.

Andreas Manteufel, Bonn

11. Januar 2011
von Tom Levold
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Bunte Vielfalt

Eine bunte thematische Vielfalt soll in Heft 3/2010 von systhema die Leserschaft einladen,„sich inspirieren zu lassen, einzulassen oder auch über nicht Nachvollziehbares auszulassen“, schreibt Ursel Winkler in ihrem Editorial, wobei sie offenlässt, was denn unter die Rubrik„Nicht Nachvollziehbares“ fallen könnte. Zum Inhalt schreibt sie:„Uwe Hameyer setzt sich in seinem engagierten Beitrag mit dem Menschenbild, wesentlichen Begründungen und essentiellen Inhalten einer Schule, die sich als lernende Organisation begreift und organisiert, auseinander. Auf der Basis der Handlungsmaxime„das Unmögliche denken und das Mögliche versuchen“ – ohne dabei in die Falle von Aktualismus und Aktivismus zu treten – zeigt er Grundzüge eines qualitätsorientierten Wissensmanagements auf. Auch Eva Kaiser-Nolden setzt auf die systemimmanenten Kräfte einer sich selbst organisierenden Organisation, wenn sie deren Ordnungskräfte und Charakteristika analysiert und anschließend konkrete Arbeitsansätze für systemische Organisationsentwickler ableitet. In ihrem Beitrag über die Arbeit in einer stationären Jungenwohngruppe in der Kinder- und Jugendhilfe setzt sich Kristin Stier kritisch mit der Einführung von Anspruch und Wirklichkeit einer systemischen Grundhaltung und den Konsequenzen auf die Entwicklung der Arbeit mit den Systemen Team, Wohngruppe und Familie auseinander. Die Methode von Marte Meo und die sogenannte Meridian-Energie-Arbeit sowie mögliche bzw. notwendige Verbindungen mit systemischem Handwerkszeug stehen im Mittelpunkt der Erfahrungsberichte“

Zum vollständigen Inhaltsverzeichnis…

10. Januar 2011
von Tom Levold
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Was lernt die systemische Praxis von der Neurobiologie

Im von Reinert Hanswille herausgegebenen Sammelband„Systemische Hirngespinste“, der sich mit den Herausforderungen der Hirnforschung für die systemische Theorie und Praxis beschäftigt und 2009 in Göttingen bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienen ist, befindet sich auch ein Beitrag von Rainer Schwing, in dem dieser für ein wechselseitiges Anregungsverhältnis zwischen Neurobiologie und Systemischer Forschung und Praxis plädiert.„Nach dem gesagten ist klar, dass ich viele Techniken und Haltungen der systemischen Therapie und Beratung durch die neurobiologische Forschungslage bestätigt sehe, und dass ich andererseits in vielen Ergebnissen spannende Anregungen finde, das eigene Repertoire zu überdenken, zu modifizieren oder zu erweitern. Ich denke, wir können mit Selbstbewusstsein und gleichzeitig einer lernoffenen Bescheidenheit auf die Neurobiologie zugehen – letzteres sollte uns von unserer konstruktivistischen Grundhaltung ja eigentlich selbstverständlich sein. Wir sollten uns beeinflussen lassen, wenn Veränderungen und Erweiterungen unserer theoretischen / methodischen Ausstattung einen größeren Nutzen für unsere Klienten versprechen. Andererseits haben Systemikerinnen einzigartige Begriffe entwickelt, um zu verstehen und zu begreifen, wie aus Interaktionen Realitäten entstehen, Eigenschaften von Menschen geformt, gestärkt oder geschwächt werden, wie sich dabei die Lernprogramme der Protagonisten miteinander verzahnen und Probleme chronifiziert oder gelöst werden. Wir sollten also auch beeinflussen, um unsere theoretischen Ansätze, unsere Fragestellungen und Forschungsbedarfe aktiv einzubringen, damit vermehrt neurobiologische Forschungsprogramme entworfen werden, die die Komplexität der Synchronisationsprozesse in sozialen Systemen erfassen können. Der Kreis schließt sich also, wenn wir auch fragen, was die Neurobiologie von der systemischen Therapie lernt. Das geschieht aber nur, wenn wir etwas dafür tun, dass es geschieht. Und das wird neue Spuren des Erfolgs hervorbringen“ Der Beitrag ist als Manuskript (PDF) auch auf der website von Schwings Praxis-Institut herunterzuladen,
und zwar hier…

9. Januar 2011
von Tom Levold
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Sarah Palins Zielscheiben

Diese schöne Zielscheiben-Sammlung entstammen der website von Sarah Palin, Tea-Party-Frontfrau und Waffenfanatikerin aus Alaska. Da weiß man gleich, wo man draufhalten muss. Nach dem Mordanschlag auf Gabrielle Giffords in Arizona, bei dem 6 Menschen ums Leben kamen und die die Kongressabgeordnete noch in Lebensgefahr schwebt, ist Frau Palin auch gerne bereit, für die Opfer zu beten, wie sie heute schnell auf ihrer Seite kundtat:„My sincere condolences are offered to the family of Rep. Gabrielle Giffords and the other victims of today’s tragic shooting in Arizona. On behalf of Todd and my family, we all pray for the victims and their families, and for peace and justice“ Zuvor hatte Gifford, die schon mehrfach bedroht wurde, sich zur Zielscheibenaktion von Palin folgendermaßen geäußert:„“Sarah Palin has the crosshairs of a gun sight over our district and when people do that, they’ve gotta realize there are consequences to that action.”
Hier das dazu gehörige Video…

7. Januar 2011
von Tom Levold
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Die Kunst stillzusitzen

Tim Parks ist ein bekannter englischer Übersetzer und Schriftsteller, dessen Werke normalerweise nicht im Scanbereich des systemagazins liegen. Ronald Mileswki, psychologischer Psychotherapeut aus Bochum, hat für systemagazin eine Rezension von Parks aktuellem Werk verfasst, das schon die Bestsellerlisten erklommen hat:„Die Kunst stillzusitzen. Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung“. Weder Roman noch Sachbuch, schildert es Parks 20jährige Schmerzensgeschichte, begleitet von trostlosen Erfahrungen mit der Schulmedizin, bis ihm allmählich mit Hilfe von Entspannungs- und Meditationstechniken Schmerzlinderung und -auflösung gelingen. Kein leichter Weg, da ihn das esoterische Brimborium, das vielen dieser Techniken angeheftet wird, als überzeugten Skeptiker nervt, belustigt, abstößt. Die Pointe liegt darin, dass er, ein Mann des Wortes, erkennt, dass er von den Wörtern lassen, von der Beschreibung zum Erleben finden muss, um gesund zu werden, aber schließlich auch zurück zu den Wörtern finden muss, um diese Erfahrungen kommunizieren zu können.
Zur vollständigen Rezension