Vom 14. bis 16. September diesen Jahres fand in Wiesbaden die wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) statt, die unter dem Titel „Karussell der Kulturen – systemisch-interkulturelle Arbeit in der Einwanderungsgesellschaft“ stand. Barbara Kuchler hat einen sehr informativen Tagungsbericht verfasst, der auch denjenigen, die nicht an der Tagung teilnehmen konnten, eine gute inhaltliche Einordnung ermöglicht.
Barbara Kuchler, München: Beratungen im Dorf der Unbeugsamen: Bericht von der DGSF-Jahrestagung 2023
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Ein Viertel der in Deutschland lebenden Menschen hat in irgendeiner Weise eine Migrationsgeschichte, und im Übrigen auch ein zunehmender Anteil der systemischen Praktiker, wenn auch noch deutlich weniger als ein Viertel. Angesichts dessen ist es zeitgemäß, dass die diesjährige Tagung der DGSF sich mit dem Thema Kultur und interkultureller Austausch beschäftigte. Anregend und durchaus nicht in allem einig waren die Vorträge, Workshops und Diskussionsbeiträge, die unter dem Titel „Karussell der Kulturen“ in Wiesbaden geboten wurden.
Um den Begriff der Kultur macht man dabei besser einen weiten Bogen. Es gibt zweihundertfünfzig verschiedene Kulturbegriffe, konnte man lernen, was einerseits abschreckend ist, andererseits aber auch praktisch, denn es gilt dann: „Woran immer Sie bei diesem Begriff denken, es ist richtig“ (Kirsten Nazarkiewicz). Aber auch wenn man nicht sagen kann, was Kultur eigentlich ist: Dass Kulturen öfter zusammenstoßen und dass die Koexistenz verschiedener Kulturen nicht immer einfach ist, kann jeder täglich erleben. Dabei ist „Kultur“ manchmal auch ein Tarnbegriff für „Rasse“ (ein Begriff, der in Deutschland gar nicht geht), oder alternativ „Ethnizität“ (ein möglicher, aber nicht immer leichtgängiger Begriff) (Astride Velho). Die Tagung beschäftigte sich auch mit Fragen in dieser zweiten Richtung, also Fragen von Rassismus und Diskriminierung, die ja in gewissem Maß quer zur Kulturdimension liegen – denn nicht jeder, der rassistisch diskriminiert wird, hat zwangsläufig auch einen anderen Kulturhintergrund, und nicht jeder, der kulturell anders sozialisiert ist, ist ethnisch oder sonst äußerlich erkennbar.
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