Hier nun die versprochene Rezension zweier Einführungen in das Werk von Maurice Merlau-Ponty anlässlich des gestrigen hundertsten Geburtstag des französischen Philosophen. Diesen kann man nämlich zum Anlass nehmen, im Kontrast zur systemtheoretischen„Entsozialisierung“ des Körpers dessen Bedeutung als Basis jedweder Erfahrung, Beobachtung und Praxis noch einmal in den Blick zu nehmen. Die Fundierung jeder Wahrnehmung und Erfahrung im Körper, den Merleau-Ponty als Leib fasst, steht im Mittelpunkt seiner Philosophie. Diese hat heutzutage nicht gerade Hochkonjunktur, was man an den spärlichen Würdigungen seines Geburtstages in den Medien ablesen kann. Zu sehr mag seine Philosophie mit dem politisch-philosophischen Diskurs der Theorie im Frankreich der 40er und 50er Jahre (in den Les Temps Modernes) in Verbindung gebracht werden, womöglich auch mit seinen Wurzeln in einem katholischen Kontext, als dass er für aktuelle Debatten anschlussfähig erscheint. Dennoch scheint mir gerade in Bezug auf die Frage des Konstruktivismus, wie und auf welche Weise denn wir unsere Wirklichkeit hervorbringen, eine Beschäftigung mit Merleau-Ponty auch heute noch gewinnbringend. Zwei Einführungsbände sollen den Zugang zu seinem Werk erleichtern. Stephan Günzel, Raum- und Medientheoretiker an der Universität Potsdam, und Christian Bermes, Philosophieprofessor an der Universität Trier, haben sich zur Aufgabe gestellt, das Werk Merleau-Pontys zusammenzufassen. Beide Bücher haben etwa gleichen Seitenumfang, unterscheiden sich aber im Format ebenso wie in der inhaltlichen Vorgehensweise. Ich habe beide Bücher mit Gewinn gelesen. Der Bermer-Band verlangt dem Leser etwas weniger ab, was es gerade für diejenigen attraktiver machen dürfte, die sich noch nicht mit Merleau-Ponty beschäftigt haben. Eine Lektüre des Originals können beide Bände nicht ersetzen, sie machen aber darauf neugierig. Das ist gut so, denn eine Theorie des Leibes bzw. der körperbasierten sozialen Praxis erscheint mir auch für aktuelle theoretische Debatten unverzichtbar.
Zur vollständigen Rezension
Merleau-Ponty zum Zweiten
15. März 2008 | Keine Kommentare