In einem kurzen und klaren Aufsatz in der gestrigen Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau konstatiert der Bochumer Medientheoretiker Niels Werber, derzeit Lehrer für Medienkultur an der Bauhaus-Universität in Weimar, einen fundamentalen Wandel der Gesellschaft, der sich in der Auflösung des klassischen begrifflichen Gegensatzes von Krieg und Frieden offenbart:„Dass diese„neuen“ oder„asymmetrischen Kriege“ nicht mehr Krieg heißen, sondern Konflikt, militärische Operation oder Kampf, könnte man für einen euphemistischen Etikettenschwindel halten, um störende Hegungen wie die Genfer Konventionen, die Ächtung bestimmter Waffen oder die Haager Landkriegsordnung zu umgehen, aber es geht um viel mehr: Mit der Unterscheidung von Krieg und Frieden geht ein Begriffspaar verloren, das seit der Antike der Selbstbeschreibung der Kulturen gedient und das Selbstverständnis der Gesellschaften orientiert hat.
Die erfolgreiche Karriere des Nicht-Kriegs erschüttert nicht nur die Begriffsarchitektur der Völker- und Menschenrechte, sondern eröffnet eine neue Epoche gesellschaftlicher Selbstbeschreibungen, die ohne den Gegensatz von Krieg und Frieden auskommen müssen. Nach den alten Regeln wird nicht mehr gespielt, ob es neue gibt, ist noch unklar. Der vollständige Verlust an begrifflicher, rechtlicher, politischer und kultureller Bestimmtheit, wie sie dem alten Begriffspaar Krieg und Frieden einmal zukam, verweist auf eine Lage, in der„Interventionen“,„Maßnahmen“,„Special Operations“ und„Preemptive Strikes“,„rechtsfreie Zonen“,„Ausnahmezustände“ oder Fälle wie die von Murat Kurnaz oder Alexander Litwinenko niemanden mehr überraschen können. Die Gesellschaft, die sich an die Effekte des allenthalben und allerorten geführten Nicht-Krieg gewöhnt hätte, wäre eine andere. Sie wäre„entsichert“ (Tom Holert/Mark Terkessidis). Der Friede wäre ihr unbekannt“
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Krieg und Frieden
4. Februar 2007 | Keine Kommentare