Heft 1
Levold, Tom, Foertsch, Dörte, Bauer, Petra, Beher, Stefan & Bräutigam, Barbara (2019): Editorial: Die Kunst zu hören. In: Kontext, 50(1), S. 3-4.
Levold, Tom (2019): In eigener Sache. In: Kontext, 50(1), S. 5-7.
Rober, Peter (2019): Die Komplexität des Zuhörens in der Familientherapie. In: Kontext, 50(1), S. 8-25.
Abstract: Mit diesem Beitrag möchte ich unterstreichen, wie komplex und keineswegs selbstverständlich das Zuhören in der Familientherapie ist. Ich benenne drei Arten des Zuhörens: mit den Ohren, mit den Augen und mit dem Herzen. Mit den Ohren hört der/die Therapeut/in der Geschichte zu, die der/die Klient/in erzählt. Mit den Augen kann er/sie sehen, was das auf der emotionalen Ebene für den/die Klienten/Klientin bedeutet, und beobachten, wie die anderen Familienmitglieder darauf reagieren (z. B. ihr Zögern o. Ä.). Und dann ist da das Zuhören mit dem Herzen. Der/die Therapeut/in zeigt spontan Reaktionen auf das, was während der Sitzung geschieht, und indem er/sie darauf reagiert, kann er/sie wiederum bemerken und überrascht darüber sein, was das in ihm/ihr heraufbeschwört. Dieser Blick auf die Komplexität des Zuhörens wird durch Fallbeispiele illustriert, insbesondere durch den bemerkenswerten Fall von Mick und seinen Dinosauriern.
Levold, Tom (2019): Hören 1. und 2. Ordnung. In: Kontext, 50(1), S. 26-44.
Abstract: Im systemischen Diskurs sind visuelle Metaphern dominant, zum Hören und Zuhören ist hier wenig zu finden. Auch die Literatur zur Gesprächsführung ist primär an Fragen orientiert und nicht am Zuhören. Der Aufsatz beschreibt die Unterschiede zwischen Hören und Zuhören und arbeitet die Bedeutung des Zuhörens für Therapie und Beratung heraus. Sprechen und Zuhören werden als wechselseitiger Prozess dargestellt, in dessen Verlauf verborgene Aspekte des Problemerlebens als »Thema hinter dem Thema« sowie mögliche Lösungen erkennbar werden. Dabei spielt die Erfassung unterschiedlicher linguistischer und paralinguistischer Elemente von Klientennarrativen eine bedeutsame Rolle. Abschließend werden die Konsequenzen dieser Konzeption für die Frage einer aktiven Strukturierung von Therapiegesprächen erörtert.
Meier, Ulrike (2019): Zu/Hören im Zeitalter der konstruktivistischen Wende. In: Kontext, 50(1), S. 45-67.
Abstract: Der Beitrag nähert sich Prozessen des Verstehens und der Verständigung unter einem doppelten Fokus. Er untersucht das kommunikative Handeln aus der Perspektive des Zuhörens, das er zugleich in den Kontext einer konstruktivistischen Beobachtertheorie stellt. Während mit der Konstruktionshypothese von Wirklichkeit das hochdynamische Geschehen der Kommunikation als Konstruktions- und nicht als Übertragungsvorgang erkennbar wird, zeigt sich Kommunikation aus der Perspektive des Zuhörens darüber hinaus als ein Resonanzgeschehen, in dem besonders imaginäre Prozesse, Impulse, die sich der Sprachlichkeit entziehen, als dynamisierende Kräfte kommunikativen Handelns erkennbar werden. Wird das imaginäre Geschehen, das besonders gut in der persönlichen Begegnung erfahrbar wird, bewusst wahrgenommen, zeigen sich damit zugleich Regulative, die Kommunikation gestaltbarer sowie das Zuhören als Handlungsmacht erfahrbar machen. Mit einem konstruktivistischen Verständnis kommunikativen Handelns wandelt sich darüber hinaus das Aktive in ein Interaktives Zuhören.
Trip, Frank, Wirtz, Claudia & Volkerts, Claudia (2019): Schweigen in der Therapie – eine essenzielle Fähigkeit. In: Kontext, 50(1), S. 68-75.
Abstract: Für Therapeut/innen jeder Schule ist neben allen Fragetechniken, Methoden und möglichen Interventionen eine weitere Fähigkeit essenziell – das Schweigen. Es kann von Bedeutung werden, sich damit zu befassen, wann es an der Zeit ist, Fragen zu stellen und wann es eher gut sein kann, bewusst nichts zu sagen. Kann das Schweigen Effekte auf den Verlauf therapeutischer Gespräche haben? Im Verlauf der vierjährigen Weiterbildung am BIF wurde deutlich, dass Klienten besonders dann zu eigenen Lösungen verholfen werden kann, wenn gewusst wird, wann es sinnvoll ist, Fragen zu stellen und wann, auch bewusst nichts zu sagen. Dieser Erfahrung soll im Folgenden in einem Vergleich zu Pausen und Unterbrechungen in der Musik nachgegangen werden. Dazu wird beispielhaft in kurzer Form die Bedeutung von Pausen in der Musik erörtert. Im Bereich der Musik und der Musikwissenschaften gibt es darüber erheblich mehr Literatur. Dargestellt wird der Versuch, theoretische Beispiele aus der Musik auf das therapeutische Handeln zu übertragen.
Lieb, Beate (2019): Tagungsbericht: „Die Kunst zu hören“ – Viele verschiedene Ebenen! Berlin, 14.4.2018. In: Kontext, 50(1), S. 76-78.
Bleckwedel, Jan (2019): Plädoyer für einen aufgeklärten Humanismus – Zuversicht in Zeiten der Gegenaufklärung. In: Kontext, 50(1), S. 79-86.
Mietz, Jürgen (2019): Rezension – Harald Pühl (2018): OrganisationsMediation – Grundlagen und Anwendungen gelungenen Konfliktmanagements. Gießen (Psychosozial-Verlag). In: Kontext, 50(1), S. 88-89.
Herwig-Lempp, Johannes (2019): Rezension – Sandra Rendgren (2018): Information Graphics. Köln (Taschen). In: Kontext, 50(1), S. 90-91.
Räthke, Ricarda (2019): Rezension – Andreas Patrzek & Stefan Scholer (2018). Systemisches Fragen in der Kollegialen Beratung. Weinheim (Beltz). In: Kontext, 50(1), S. 91-92.
Schenk, Marion (2019): Rezension – Günther Mohr (2017): Resilienzcoaching für Menschen und Systeme. Köln (EHP-Verlag). In: Kontext, 50(1), S. 93-94.
Saechtling, Leonie (2019): Rezension – Roman Hoch & Heliane Schnelle (2018): Systemische Therapie und Beratung mit Bildimpulsen. Weinheim (Beltz). In: Kontext, 50(1), S. 94-95.
Beyer, Thomas (2019): Rezension – Elmar Brähler & Wolfgang Herzog (Hrsg.)(2018): Sozialpsychosomatik. Das vergessene Soziale in der Psychosomatischen Medizin. Stuttgart (Schattauer). In: Kontext, 50(1), S. 95-96.
Schenk, Marion (2019): Rezension – Alexander Cherdron (2014): Väter und ihre Söhne: Eine besondere Beziehung. Heidelberg (Springer). In: Kontext, 50(1), S. 96-98.
Müller, Norbert (2019): Rezension – Harald Wenske (2016): Systemische Einwandbehandlung. Der Dialog macht den Unterschied. Heidelberg (Carl-Auer). In: Kontext, 50(1), S. 98-100.
Heft 2
Beher, Stefan, Bauer, Petra, Bräutigam, Barbara & Levold, Tom (2019): Editorial. In: Kontext, 50 (2), S. 129-130.
Bünder, Peter, Sirringhaus-Bünder, Annegret & Baatz-Kolbe, Christel (2019): Würde statt Scham. Wertschätzung als Element einer systemischen Grundhaltung und entwicklungsfördernder Impuls in der video-basierten MarteMeo-Methode. In: Kontext, 50 (2), S. 131-148.
Abstract: Der Artikel beschreibt – basierend auf einer systemischen Grundhaltung – die Essentials der video-basierten MarteMeo-Methode in Bezug auf die Dimensionen Wertschätzung und Respekt, um insbesondere den Menschen eine Hilfe anbieten zu können, die in ihrem Leben oftmals Beschämung und Entwürdigung erfahren haben.
Hörmann, Martina (2019): Neues im Möglichkeitsraum. Impulse für die systemische Beratung im 21. Jahrhundert und deren Konsequenzen für die Aus- und Weiterbildung. In: Kontext, 50 (2), S. 149-162.
Abstract: Systemische Beratung im 21. Jahrhundert kann auf langjährig bewährte Konzepte zurückgreifen. Zugleich gilt es aktuelle gesellschaftliche und fachliche Diskurse aufzugreifen und zu integrieren. Dazu gehören beispielsweise die Idee einer gender- und diversitysensiblen Beratung, die Auseinandersetzung mit neuen Möglichkeiten von digitaler Beratung sowie die eigenständige Profilierung von Beratung in Abgrenzung zur Psychotherapie. Inwiefern diese Impulse zur Weiterentwicklung von systemischer Beratung beitragen können, wird an einem Beispiel diskutiert. Dabei wird der Begriff des Möglichkeitsraumes im Beitrag in einer doppelten Weise verwendet: Zum einen will systemische Beratung Möglichkeitsräume von und für Klientinnen und Klienten öffnen und erweitern und so neue Lösungen ermöglichen. Zum anderen gilt es, didaktische Möglichkeitsräume für Beratungslernende in einem kompetenzorientierten Lernprozess zu schaffen.
Klenke-Lüders, Bettina (2019): Systemische Kinderwunschberatung. Effektive Unterstützung in einer belasteten Lebensphase. In: Kontext, 50 (2), S. 163-178.
Abstract: Ungewollte Kinderlosigkeit führt zu einer tiefgreifenden Veränderung des alltäglichen Lebens. Frauen und Männer finden in dieser belasteten Lebensphase durch die psychosoziale Kinderwunschberatung eine wertvolle Unterstützung. Nach einer Definition der ungewollten Kinderlosigkeit werden die Arbeitsweise der psychosozialen Kinderwunschberatung vorgestellt und die gängigen Interventionen der systemischen Beratung in einem Tableau visualisiert. Die besonderen Möglichkeiten eines spezifisch systemisch ausgerichteten Beratungsprozesses werden herausgearbeitet und durch Beispiele aus der Praxis illustriert. Familienplanung ist ein biografisches Thema: im Lebensverlauf findet das krisenhafte Ereignis der ungewollten Kinderlosigkeit in der Gegenwart des Erwachsenenalters statt – zwischen Kindheit und Jugend im Herkunftssystem und der erhofften Familienbildung samt Generationenfolge in der Zukunft. Diese transgenerationale Betrachtungsweise wird in einer spezifisch systemischen Kinderwunschberatung berücksichtigt. Das geplante Wunschkind von Anfang an als Systemmitglied zu würdigen, ermöglicht einen Perspektivenwechsel. Insbesondere bei den Überlegungen im Rahmen einer geplanten Gametenspende, also einer Familienbildung mit Hilfe Dritter, ist die Einbeziehung der Interessen des Wunschkindes ein Gewinn. Denn angesichts der Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin, der ethischen Gesichtspunkte und rechtlichen Vorgaben entfaltet die ungewollte Kinderlosigkeit über die private Ebene hinaus eine politische Dimension. In einer systemisch ausgerichteten Kinderwunschberatung können diese vielfältigen Implikationen auch in Verantwortung und Vorsorge für das geplante Wunschkind und zukünftige Familiensystem reflektiert werden.
Schwertl, Walter & Staubach, Maria (2019): Dialoge der Liebenden oder Bekämpfung von Krankheit – Eine Streitschrift. In: Kontext, 50 (2), S. 179-192.
Abstract: Wir sprechen von Paarberatung (wahlweise von Interviews) in Abgrenzung von Paartherapie. Die Logik von Psychotherapie (Heilung von Krankheit) ist mit der Logik von Paarberatung nicht vereinbar. Die primäre Setzung ist Liebe. Paare lassen sich als Beobachter 1. Ordnung verstehen. Paarberatung fordert Beobachtung 2. Ordnung. Die gewählte Sprache muss zur Setzung Liebe passen. Das Neutralitätsgebot ist als konstituierendes Merkmal von Paarberatung unverzichtbar. Männer und Frauen konzipieren ihre Lebensentwürfe in einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Epoche, in einer sozialen Schicht. Kurz gesagt, in einer bestimmten Kultur. Die in dieser Kultur entwickelten Lebensentwürfe sind in Partnerschaften eingewoben. Die Auflösung von Partnerschaften hat daher immer eine Zäsur des Lebensentwurfs zur Folge. Kunden, Fachliteratur, Literatur über die Liebe von Männern und Frauen und das eigene gelebte Leben haben uns zu folgendem Schluss kommen lassen: Alle gemachten Aussagen und Behauptungen sind kontingent und als einstweilig anzusehen. In Paarberatung bleibt uns nur Wandel als stabiler Faktor.
Schweitzer, Jochen & Bräutigam, Barbara (2019): Ich persönlich halte die Mehrpersonenorientierung für wichtiger als die Erkenntnistheorie. Jochen Schweitzer im Gespräch mit Barbara Bräutigam. In: Kontext, 50 (2), S. 193-208.
Editorische Vorbemerkung: Ich habe bei Jochen Schweitzer den größten Teil mei- ner familientherapeutischen Ausbildung gemacht und bin ihm seit vielen Jahren – soweit das im Rahmen der doch nicht unbeträchtlichen geografischen Ent- fernung zwischen Heidelberg und Stralsund möglich ist – fachlich und freund- schaftlich verbunden. Insbesondere in den Zeiten, in denen ich vorwiegend klinisch-praktisch gearbeitet habe, habe ich mich innerlich viel mit »meinem« innerlich repräsentierten Jochen unterhalten – also lieber Jochen wie würdest du jetzt diesen sturen Bock von Vater einladen, sich an einer famosen syste- mischen Intervention zu beteiligen, jetzt sag schon!!! Insofern finde ich es jetzt äußerst reizvoll, die reale Gelegenheit zu haben, ihn nach Lust und Laune zu befragen. Das Gespräch findet im Mutterhaus des Vandenhoeck & Ruprecht- Verlags in Göttingen statt.
Herwig-Lempp, Johannes (2019): Rezension – Janusz Korczak (2018): Wie man ein Kind lieben soll (17., überarb. Neuaufl.). Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Kontext, 50 (2), S. 210-211.
Wackenroder, Sabine (2019): Rezension – Astrid Riedener Nussbaum & Maja Storch (2018): Ich pack‘s! Selbstmanagement für Jugendliche – ein Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Züricher Ressourcen Modell (4., unveränd. Aufl.). Bern (Hogrefe). In: Kontext, 50 (2), S. 212-214.
Gebhardt, Tina (2019): Rezension – Detlef Scholz (2018): Die Kunst des unglücklichen Lehrens. Eine Anleitung in neun Schritten. Heidelberg (Carl-Auer). In: Kontext, 50 (2), S. 214-215.
Berg, Mathias (2019): Rezension – Kirsten von Sydow & Ulrike Borst (Hrsg.) (2018): Systemische Therapie in der Praxis. Weinheim (Beltz). In: Kontext, 50 (2), S. 215-217.
Grotmann, Elisabeth (2019): Rezension – Gerhard Bliersbach (2018): Mit Kind und Kegel. Ein Ratgeber für Patchworkfamilien. Gießen (Psychosozial-Verlag). In: Kontext, 50 (2), S. 217-218.
Kallenbach, Ingo M. (2019): Rezension – Eckard König & Gerda Volmer (2018): Handbuch Systemische Organisationsberatung (3., komplett überarb. Aufl.). Weinheim (Beltz). In: Kontext, 50 (2), S. 218-220.
Hollick, Ulrike (2019): Rezension – Konrad P. Grossmann (2018): Wenn Kinder größer werden. Familientherapie mit älteren Kindern und Jugendlichen. Heidelberg (Carl-Auer). In: Kontext, 50 (2), S. 220-221.
Hansen, Hartwig (2019): Rezension – Bruno Hildenbrand (2018): Genogrammarbeit für Fortgeschrittene – Vom Vorgegebenen zum Aufgegebenen. Heidelberg (Carl-Auer). In: Kontext, 50 (2), S. 221-223.
Schlipf, Thomas (2019): Rezension – Thea Bock & Gerhard Dieter Ruf (2018): Eine Frage der Haltung: Psychosen verstehen und psychotherapeutisch behandeln. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Kontext, 50 (2), S. 223-224.
Heft 3
Levold, Tom, Petra Bauer, Stefan Beher & Barbara Bräutigam (2019): Editorial: „Fallgeschichten“. In: Kontext, 50 (3), S. 249-251.
Abstract: Wir alle haben täglich in unserer Praxis mit einer Vielzahl von Fällen zu tun – in Therapie und Beratung, in Supervision, Coaching und anderen Feldern systemischer Praxis. In Supervisionen und Intervisionen sind unsere Erfahrungen Thema, exemplarische und bedeutsame Erlebnisse mit Klientensystemen sind Gegenstand von Weiterbildungsveranstaltungen ebenso wie Gesprächsstoff in informellen kollegialen Begegnungen. In der Publikationsöffentlichkeit scheint uns jedoch die Kultur der Falldarstellung und Fallerzählung, die ja in der Geschichte der Psychotherapie eine lange Tradition hat, immer noch unterentwickelt zu sein. Zwar finden sich in den meisten praxisbezogenen Büchern und Aufsätzen Fallvignetten, die aber weniger die spezifische Dynamik eines Fallverlaufs nachzeichnen, sondern überwiegend erfolgreiche Interventionen illustrieren oder theoretische Aussagen plausibilisieren sollen. Die Fallbeispiele folgen in diesen Fällen den theoretischen oder praktischen Prämissen der Autor/innen, ihr »Eigenleben« kommt dabei aber unter die Räder des Nicht-Mitgeteilten. Das finden wir bedauerlich, weil das Lernen am Fall (im Unterschied zur Theorie- oder Methodenvermittlung) eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen sollte.
Aus diesem Grund hatten wir schon in Heft 4/2011 die Leserinnen und Leser des Kontext eingeladen, für ein Kasuistik-Heft Fallgeschichten einzusenden. Dabei wollten wir keine inhaltlichen Vorgaben machen, da wir in erster Linie an den individuellen Erfahrungen interessiert waren. Wichtig war uns nur, dass nicht »die theoretische Beschlagenheit oder die Grandiosität des eigenen Handelns als Therapeutin oder Berater im Vordergrund stehen« sollten, sondern die Eigendynamik des spezifischen Falles mit ihrem eigenen dramatischen oder weniger dramatischen Auf und Ab.
Ahlers, Corina (2019): Ein freundlicher Kroate in Wien und seine »schwierige« Tochter. In: Kontext, 50 (3), S. 252-259.
Abstract: Legt man das Schema Steve de Shazers zugrunde, das Klient/innen in Besucher, Beschwerdeführer und Kunden einteilt, lässt sich Herr Milic als Kunde mit Migrationshintergrund beschreiben (de Shazer, 1989). In einem kleinen Dorf in Kroatien bei Verwandten aufgewachsen, in der Oberstufe dann bei anderen Verwandten in Zagreb, da die Eltern, Hilfsarbeiter, ohne ihn nach Wien aufgebrochen sind, als Gastarbeiter der 60er Jahre, die mittlerweile hier in Pension geblieben sind. Seine Schwester, in Wien zur Welt gekommen, habe es deutlich schlechter erwischt als er: Beengende Wohnung, die Eltern entwurzelt, depressive Stimmung, wenig Förderung. Intelligent und unterqualifiziert sei sie geblieben, ebenso unzufrieden. Sie habe sich wohl deshalb in die Siebenten-Tags-Adventisten geflüchtet, in denen sie aufgehe. Seine Kindheit und Jugend in Kroatien mit den netten Verwandten, die sich gern um ihn gekümmert haben, schildert er als erfüllend. Herr Milic kommt mit neunzehn Jahren nach Wien, um Wirtschaft zu studieren. Der Krieg hindert ihn daran, das Studium zu beenden, obwohl ihm nicht viel fehlt. Geld schicken, Verwandte aufnehmen, schlechtere Bedingungen für das Erlangen der Visa: Er geht arbeiten. Heute ist er als Techniker ohne Studium selbstständig. Er macht es gut, bekommt Aufträge. Seine Frau hat er noch in Zagreb geheiratet. Frisch verheiratet kommen sie beide nach Wien. Sie macht 38-jährig eine psychosoziale Ausbildung und arbeitet heute als Beamtin. Manche Faktoren, die Werner und Smith in ihrer Hawaii-Studie über Resilienz herausgearbeitet haben (1992), sind bei Herrn Milic vorhanden: Ohne Zweifel eine hohe Intelligenz, gute Freunde, fördernde elterliche Bezugspersonen in Kroatien, eine Kameradin an seiner Seite zum richtigen Zeitpunkt.
Altmeyer, Susanne (2019): 27 Stunden Intensiv-EMDR. In: Kontext, 50 (3), S. 260-267.
Abstract: Anfang November 2017 erhielt ich eine E-Mail. »Sehr geehrte Damen und Herren, ich trete mit einer etwas ungewöhnlichen Bitte an Sie heran: Seit vielen Jahren arbeite ich mit EMDR, besuche Kurse und Tagungen, bin in einer Intervisionsgruppe mit Kolleginnen/Kollegen und weiß mir mit einer langjährigen Patientin, die frühkindlichen sexuellen Missbrauch durch ihren Vater erlitt, keinen Rat. Nun habe ich auf einer Tagung einen Vortrag einer englischen Kollegin über Intensiv-EMDR gesehen und ich habe meine Patientin gefragt, ob sie sich auf einen solchen Therapiemodus einlassen könne. Sie hat ja gesagt, und jetzt suche ich einen Ort in Deutschland, an dem ein solches stattfinden könnte. Mein Vorschlag und auch meine Bitte an Sie: Gibt es aus Ihrem Team jemanden, der eine solche Intensivbehandlung durchführen könnte? Wenn möglich eine Frau und wenn möglich im stationären Umfeld. Vielen Dank für Ihre Gedanken dazu. Viele Grüße«. Ich kann mich noch gut an die Gefühle erinnern, die beim Lesen dieser Zeilen in mir aufstiegen, eine Mischung aus Neugier, Tatendrang und Skepsis sowie ein leichtes Überforderungsgefühl. Ich wusste von dem Vortrag der Kollegin, die komplex traumatisierte Menschen mit Intensiv-EMDR behandelte und gute Ergebnisse erzielte. Das Überforderungsgefühl bezog sich auf die Vorstellung des organisatorischen Aufwandes, der zu betreiben wäre, wenn ein Therapeut unserer klinischen Einrichtung eine Woche lang für eine Patientin mehrere Stunden zur Verfügung stehen sollte. Die Skepsis resultierte aus meinem generellen Zweifel daran, dass mehrere Stunden Psychotherapie pro Tag an mehreren Tagen hintereinander für die menschliche Psyche zuträglich sein kann.
Bräutigam, Barbara (2019): »Mutti telefoniert mit China« – der Versuch im Festhalten loszulassen. In: Kontext, 50 (3), S. 268-275.
Abstract: Die therapeutische Arbeit mit Frau O. ist weder besonders erfolgreich verlaufen noch ist sie abgeschlossen – ob sie eine Fortsetzung findet, ist beim Verfassen dieses Textes noch unklar. Ich habe sie für diesen Kontext ausgewählt, weil sie für mich einen zentralen, häufig vorkommenden, aber in der Prägnanz wie bei Frau O. sich doch selten zeigenden Aspekt in der therapeutischen Arbeit markiert und die Selbstwirksamkeitsideen von Therapeut/innen ziemlich attackieren kann. Die Motivation, eine Therapie zu beginnen, hat ja zumeist etwas mit Veränderungswünschen zu tun, ist aber oft gekoppelt mit Ängsten, Zweifeln und mehr oder weniger bewussten Widerständen, ob diese Veränderung möglich oder auch wünschenswert sei. Diese Ambivalenz durchzog die gesamte bisherige Arbeit mit Frau O., faszinierte und ermüdete mich gleichermaßen, gab aber darüber hinaus den Anstoß, sich mit diesem Phänomen im Rahmen der hier vorgestellten Kasuistik näher auseinanderzusetzen.
Kellermann, Ingrid (2019): Trauer als therapeutisches Thema. In: Kontext, 50 (3), S. 276-281.
Abstract: Tod und Trauer sind ein Thema, das in therapeutischen Settings immer wieder vorkommt. Ich möchte einen Therapieverlauf vorstellen, der mich berührte. Wie kann ein junger Mann den Tod seiner Frau überwinden? Dabei handelte es sich nicht um einen Tod durch Krankheit oder Unfall, die Frau meines Klienten starb unmittelbar nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes. Herr Z. hatte sich auf die Therapie und auf mich eingelassen, es entstand ein Prozess von Beziehungsarbeit, aber auch Realisation des Unglücks, eine Integration der Verstorbenen ins weitere Leben und eine Transformation der Trauer in einen neuen Lebensabschnitt. Bei aller Trauer, Wut und Verzweiflung schaffte es Herr Z., sich neu zu orientieren, ohne den Verlust zu verleugnen – was mich faszinierte. Herr Z. wurde von der Gemeindepfarrerin an mich verwiesen. Die Pfarrerin hatte das Paar im Juli 2013 getraut. 2014 wurde die Frau schwanger. Die Schwangerschaft verlief unproblematisch, am 3. Januar 2015 setzten die Wehen ein. Am 5. Januar wurde das Kind nach zwanzigstündigen Wehen geboren. Das neugeborene Kind lag der Mutter auf der Brust, als der Kreislauf der Mutter kollabierte. Der diensthabende Arzt drückte das neugeborene Baby dem Vater in die Arme und die Frau kam unmittelbar in den OP. Sie fiel ins Koma. Am 7. Januar wurden die lebensverlängernden Maschinen abgestellt und Frau Z. verstarb. Eine Geschichte, die berührt. Was motivierte den Mann, so direkt um Hilfestellung anzufragen? War es sein Wunsch gewesen oder wurde er geschickt, handelte es sich also eher um einen Zwangskontext? Vor mir saß ein junger Mann, der mich traurig und wehmütig ansah. Er berichtete, dass seine Frau bei der Geburt von Hanna, der gemeinsamen Tochter, verstorben sei. Er vermisse sie so sehr. Er hatte nach dem Tod seiner Frau die Tür des gerade erst erbauten Hauses abgeschlossen und war zu seinen Eltern zurückgezogen. Hanna wurde von der Großmutter liebevoll aufgenommen. Herr Z. war in sein Kinderzimmer zurückgezogen.
Klein, Rudolf (2019): Die Möglichkeit für Möglichkeiten. In: Kontext, 50 (3), S. 282-289.
Abstract: Dem Erstkontakt mit Herrn H. war eine mehrwöchige Krankschreibung vorausgegangen, bei der er aus Versehen den für die Krankenkasse bestimmten Teil seiner Krankmeldung mit den Diagnosen F 10.24 und F 43.1 – Alkoholabhängigkeit mit gegenwärtigem Substanzgebrauch und posttraumatische Belastungsstörung – an den Arbeitgeber geschickt hatte. Im Rahmen eines Gesprächs mit seinem Chef wurde ihm eine ambulante Therapie empfohlen, zu der der Chef nicht nur den Kontakt herstellen, sondern auch die Kosten übernehmen wollte.
Zum Erstgespräch erschien ein übergewichtiger, motorisch unsicher wirkender, wortkarger Mann, bei dem ich anfangs unsicher war, ob er meine Fragen verstand. Er sei 53 Jahre alt, als Angestellter beschäftigt und lebe seit dem Tod seiner Eltern vor zehn Jahren alleine. Seit Jahren trinke er große Mengen Alkohol und könne sich nur an kürzere Phasen reduzierten Trinkens erinnern. Die jetzige Krise sei Folge eines rätselhaften Impulses, das Trinken sofort einzustellen, nachdem er »plötzlich« den chaotischen Zustand seiner Wohnung realisierte: überall Bier-, Schnaps- und Weinflaschen. Er habe allerdings nicht damit gerechnet, solch heftige Entzugserscheinungen zu haben. Wegen dieses Zusammenbruchs sei er seit einigen Wochen in hausärztlicher Betreuung. Dort sei eine Leberzirrhose festgestellt worden. Er werde medikamentös durch Diazepam unterstützt. Dann deutete er – mit Mühe seine Fassung bewahrend – an, dass es da »etwas« in seinem Leben gäbe, das ihn seit Jahren begleite und extrem belaste.
Rufer, Martin & Sabine Forster (2019): Vertrauen – ein Dialog über die Therapie zwischen Sabine Forster und Martin Rufer. In: Kontext, 50 (3), S. 290-296.
Abstract: S. F: (Klientin): Herr Rufer, Sie haben mich angefragt, ob ich Interesse hätte, mit Ihnen einen Artikel zu gestalten in Form eines Dialogs, über die Entwicklung der Beziehung zwischen Ihnen als Therapeut/Berater und mir als Ihre Klientin. Dies tue ich gerne, möchte mich an dieser Stelle für ihr Vertrauen bedanken und mich als erstes den Leser/innen kurz vorstellen und schildern, aus welchem Anlass ich 2012 mit Ihnen Kontakt aufgenommen habe. Ich (45 Jahre) bin Musikerin/Geigerin, arbeite als Orchestermusikerin und Instrumentalpädagogin und lebe zurzeit in Bern, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Die wiederholten und zum Teil sehr heftigen Auseinandersetzungen mit einer meiner Schwestern (zwei Jahre älter, ebenso Musikerin/Cellistin), waren damals der Anlass der Kontaktnahme mit Ihnen. Diese war mit meiner Schwester abgesprochen und war ebenso ihr Bedürfnis.
M. R. (Therapeut): Erstmal herzlichen Dank für Ihre spontane Zusage. Wir beide wissen ja nicht, was daraus wird. Sicher ist, dass die Möglichkeit, bei Bedarf den therapeutischen Prozess wieder aufzunehmen, nicht gefährdet, sondern bestenfalls sogar unterstützt wird. Persönlich kenne ich Sie ja seit den Gesprächen mit Ihrer Schwester (2012), die sich damals (2007) unter anderem in Sorge um Sie, die blockierte, geschwisterliche Beziehung und mögliche Auswirkungen auf ihre eigene junge Familie bei mir gemeldet hat. Bekannt sind Sie mir allerdings, wenn auch nur indirekt, aus der Zeit meiner Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo daselbst in den 90er Jahren – ausgelöst durch Ihre Anorexie – eine Familientherapie stattgefunden hat. Daraus vielleicht auch meine erste Frage an Sie: Was hat Ihnen denn rückblickend auf die fast 30 Jahre geholfen bzw. Ihre Entwicklung gehemmt? Und welche Rolle und Bedeutung kamen in all diesen Jahren – zum Guten wie zum Schlechten – den Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen zu?
Schindler, Hans (2019): Frau J. ordnet ihr Leben. Der Prozess der verschiedenen Begegnungen. In: Kontext, 50 (3), S. 297-302.
Abstract: Vor neun Jahren betritt eine zierliche Frau leicht asiatischen Aussehens meine Praxis. Sie war damals 49 Jahre alt und war von einer Kollegin an mich überwiesen worden. Sie hatte zwei Töchter, 24 und 25 Jahre alt. Vom Vater der Kinder hatte sie sich getrennt, als die Töchter noch keine zehn Jahre alt waren. Aktuell berichtet sie von einer Beziehung zu einem deutlich jüngeren Mann, der eine Psychose-Diagnose hat. Sie ist Sozialpädagogin und arbeitet im Bereich beruflicher Qualifikation. Sie kommt, weil sie sowohl berufliche wie persönliche Fragen bewegen. Ihre leibliche Mutter ist verheiratet, doch dieser Ehemann ist nicht Frau J.s leiblicher Vater. Als selbständige Kauffrau im Ost-West-Handel hatte ihre Mutter eine Romanze mit einem japanischen Geschäftsfreund, aus der Frau J. hervorgegangen ist. Heute weiß sie, dass sie mit zwei Jahren zur Adoption freigegeben wurde. Sie kam zu einer kinderlosen, streng katholischen Arbeiterfamilie. Erst als Jugendliche wurde sie darüber informiert, dass dies nicht ihre leiblichen Eltern sind. Seit ihrem 19. Lebensjahr hat sie Kontakt zur ihrer leiblichen Mutter. Weder ihre Adoptiveltern noch ihre Töchter wissen von den gelegentlichen Treffen. Auch der Ehemann der leiblichen Mutter ist nicht informiert. Ihre leibliche Mutter ist nicht sehr warmherzig, es fühle sich eher wie eine »Geschäftsbeziehung« an. Ich erlebe eine ernste Frau, die von einem »schweren« Leben berichtet. Die zweite Sitzung beginnt sie mit dem Satz: »Beruflich habe ich es momentan nicht einfach«, kommt dann aber sofort wieder auf Familienthemen zu sprechen. Das Verhältnis zu den Adoptiveltern ist sehr widersprüchlich, ihre ältere Tochter habe sie gefragt, ob sie ihnen nicht verzeihen könne. Ich frage an dieser Stelle noch nicht nach, was die Tochter mit »verzeihen« gemeint hat. Dieses wichtige Thema wird erst später angesprochen. Seit Frau J. in die Schule ging, fühlt sie sich »wertlos«. Wie die Adoptiveltern dazu beigetragen haben, daran kann sie sich nicht mehr erinnern. In der Pubertät hat die Mutter sie als »frühreif« und »hässlich« bezeichnet. Das hat wehgetan.
Chmielorz, Markus (2019): Leserbrief zum Kontextartikel »Walter Schwertl und Maria L. Staubach: Dialoge der Liebenden oder Bekämpfung von Krankheit – Eine Streitschrift«, KONTEXT 50, 2, S. 178-192. In: Kontext, 50 (3), S. 304-306.
Waubert de Puiseau, Rosemi (2019): Rezension – Christian Hennig (2018): Humane Arbeit – Herausforderungen für die Beratung. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Kontext, 50 (3), S. 307-308.
Faust, Mirjam (2019): Rezension – Astrid Hochbahn (2018): Bring Deine Idee zum Leuchten. Die KREATIV-Methode zur erfolgreichen Realisierung von Projekten – für Beruf, Gründung und Unternehmensentwicklung. Regensburg (metropolitan). In: Kontext, 50 (3), S. 308-309.
Ehrhardt, Antje (2019): Rezension – Martin Kramer (2019): Aufstellungsarbeit im Klassenzimmer – Nonverbale Kommunikationssysteme – ein stiller Paradigmenwechsel. Seelze (Klett/Kallmeyer). In: Kontext, 50 (3), S. 310-311.
Kandziora, Elisabeth (2019): Rezension – Hartwig Hansen (2019): Lieben ist schöner als Siegen – Paartherapie live in 100 Schlüsselsätzen. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Kontext, 50 (3), S. 311-312.
Beher, Stefan (2019): Rezension – Bruce E. Wampold, Zac E. Imel & Christoph Flückiger (2017): Die Psychotherapie-Debatte: Was Psychotherapie wirksam macht. Bern (Hogrefe). In: Kontext, 50 (3), S. 312-318.
Korittko, Alexander (2019): Rezension – Wiltrud Brächter & Bernd Reiners, B. (Hrsg.) (2018). Neue Wege im Sand. Systemisches Sandspiel und Kindorientierte Familientherapie. Heidelberg (Carl-Auer). In: Kontext, 50 (3), S. 318-319.
Heft 4
Bräutigam, Barbara, Petra Bauer, Stefan Beher & Tom Levold (2019): Editorial: 40 Jahre Kontext. In: Kontext, 50 (4), S. 349-351.
Feißt, Martin (2019): Leben zwischen Krankheit und Delikt – problematische Selbst- und Weltverhältnisse im Maßregelvollzug. In: Kontext, 50 (4), S. 352-371.
Abstract: Gemäß der Grundannahme des Maßregelvollzugs werden Menschen, die in einer Maßregelvollzugsklinik (§63 StGB) untergebracht sind, aufgrund eines angenommenen Nexus zwischen psychischer Erkrankung und begangenem Delikt für (in Teilen) schuldunfähig erklärt. Die Frage ist nun, wie – und ob überhaupt – es möglich ist, vor dem Hintergrund dieser unumgänglichen Setzungen und der damit verbundenen geschlossenen therapeutischen Unterbringung ein »Kohärenzgefühl« (Antonovsky) herzustellen. Dies wird anhand zweier Beispiele aus der forensischen Psychiatrie untersucht, die mit der Kontexturanalyse (Vogd) ausgewertet wurden. Im ersten Fall wird die Verbindung von Krankheit und Schuldunfähigkeit zurückgewiesen und somit eine Kohärenz der Selbst- und Weltverhältnisse (Vogd) erschwert. Im zweiten Fall zeigt sich, dass eine sogenannte Krankheitseinsicht aus systemtheoretischer Perspektive als »epistemological shift« (Bateson) beschrieben werden kann. In beiden Fällen wird deutlich, dass eine solche Veränderung der erkenntnistheoretischen Prämissen für eine mögliche Entlassung unabdingbar, aber keineswegs einfach zu vollziehen sind. Der vorgestellte Ansatz soll einen Beitrag zu einer systemtheoretisch geprägten, qualitativen Psychotherapieforschung leisten.
Weihe-Scheidt, Renate (2019): Systemische Familientherapie im psychiatrischen Kontext. In: Kontext, 50 (4), S. 372-390.
Abstract: Der Artikel befasst sich mit Familien- und Paartherapie im Rahmen stationärer psychiatrischer Behandlungen. Zunächst wird der Kontext der eigenen Tätigkeit als externe Familientherapeuten am Zentrum für Psychiatrie Emmendingen (Südbaden) dargestellt. Anschließend werden Ziele und Themen der Familien- und Paargespräche herausgearbeitet und das therapeutische Vorgehen anhand von kurzen Fallvignetten illustriert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Identifikation und Veränderung spezifischer Interaktions- und Kommunikationsmuster.
Kriz, Jürgen & Tom Levold (2019): »Das Wichtigste ist, zu denken, nicht so sehr Fakten zu lernen«. Jürgen Kriz im Gespräch mit Tom Levold. In: Kontext, 50 (4), S. 391-414.
Abstract: Am 5.12.2019 feierte Jürgen Kriz seinen 75. Geburtstag. Aus Anlass dieses bevorstehenden Ereignisses fand das Gespräch schon im Herbst 2017 im Haus von Jürgen Kriz in Osnabrück statt.