Jürgen Kriz feiert heute seinen 80. Geburtstag und systemagazin gratuliert von Herzen. Vor fünf Jahren haben viele Kolleginnen und Kollegen ihm anlässlich seines 75. Geburtstages an dieser Stelle ihre Glückwünsche übermittelt und für sein jahrzehntelanges Wirken für die wissenschaftliche Anerkennung der systemischen und humanistischen Therapieverfahren sowie für seine zahlreichen wissenschaftlichen und theoretischen Beiträge zur Fundierung dieser Verfahren gedankt. Das kann man auch heute eigentlich nur wiederholen.
Seine akademische Laufbahn und seine breitgefächerten Forschungsinteressen haben einen bedeutenden Einfluss auf die Bereiche Psychotherapie, klinische Psychologie und Forschungsmethodik ausgeübt. Nach seinem Studium an den Universitäten Hamburg und Wien, wo er sich mit Psychologie, Philosophie, Pädagogik sowie Astronomie und Astrophysik befasste, promovierte er 1969 zum Dr. phil. in Wien. Im Alter von 27 Jahren wurde er bereits ordentlicher Professor für Statistik an der Universität Bielefeld und wechselte dann 1974 auf den Lehrstuhl für Empirische Sozialforschung, Statistik und Wissenschaftstheorie an der Universität Osnabrück, bis er ab 1980 bis zu seiner Emeritierung – ebenfalls in Osnabrück – die Professur für Psychotherapie und Klinische Psychologie innehatte.
Hier vermittelte er vielen Generationen von Studenten ein kritisches Verständnis der Grundlagen und Methoden unterschiedlicher Verfahren, vor allen auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschungsmethodik und Wissenschaftstheorie in der Psychologie im Allgemeinen und der Psychotherapie im Besonderen. Im Kampf um die Anerkennung der systemischen Therapie und der humanistischen Therapieverfahren als wissenschaftlich anerkannte Verfahren zeigte er unermüdlich die Beschränktheit eines linearen, unterkomplexen Wissenschaftsverständnisses auf, das vermeintlich in der Lage sei, einzelne Wirkfaktoren zu isolieren und als unabhängige Variablen in Wirksamkeitsstudien zu untersuchen. Auch wenn diese Positionen (leider) letztlich bei der wissenschaftlichen Anerkennung der Systemischen Therapie keine Rolle gespielt haben, weil sich auch die Betreiber dieser Anerkennung der fatalen Anforderung „pseudo-quantitativer Datenbelletristik“ (Kriz) unterworfen haben (den humanistischen Verfahren wird diese Anerkennung nach wie vor verwehrt), gehören die Beiträge von Jürgen Kriz auch in Zukunft zum unverzichtbaren Grundbestand eines systemischen Wissenschaftsverständnis.
Das Kernelement und die Synthese seiner beruflichen Tätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten ist die Entwicklung seiner „Personzentrierten Systemtheorie“, in der er psychische, interpersonelle, kulturelle und körperliche Prozesse als unterschiedliche Ebenen biopsychosozialer Systemdynamiken integriert. In einem zweistündigen Vortrag, den er 2016 auf einer Tagung in Köln gehalten hat, entwickelt er die Grundideen der Personzentrierten Systemtheorie auf eine sehr anschauliche Weise, wie hier zu sehen ist.
Lieber Jürgen,
es ist großartig zu sehen, wie sehr du immer noch mit deinen Themen unterwegs bist und gleichzeitig dein Leben mit vielen Reisen auf gute Weise genießen kannst. Dass Du auch zukünftig deinen privaten und beruflichen Leidenschaften angeregt und genussvoll nachgehen kannst, wünsche ich dir und der gesamten systemischen Community von Herzen!
Lieber Herr Kriz,
als ich in den 70ern Psychologie studiert habe, war „der Kriz“ ein Standardwerk für Statistik in den Sozialwissenschaften, von daher sind Sie mir seit Langem ein Begriff.
Viele Jahre später erfuhr ich mit freudigem Erstaunen von Ihrer wissenschaflichen Verbindung zur systemischen Therapie. Dankenswerterweise haben Sie damals im wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie eine Lanze für die systemische Therapie gebrochen und – in meinen Worten – den verhaltenstherapeutisch dominierten Laden im positiven Sinne „aufgemischt“.
Erfreulicherweise werben Sie auch für die humanistischen Verfahren. Die Entwicklungs- und Wachstumsorientierung in der Psychotherapie ist nach ihrer Hochzeit in den 70er und 80er Jahren durch die zunehmende Verhaltenstherapeutisierung und scheinbare Verwissenschaftlichung leider schwer unter die Räder gekommen. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang eine Stimme wie die Ihre.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Alles Gute zu Ihrem 80. Geburtstag!
Lothar Eder
Lieber Jürgen,
herzliche Gratulation und willkommen im Kreis der 80er! Ich wünsche Dir ein weiteres fruchtbares Jahrzehnt mit ungebrochener Begeisterung im Nachdenken und Vermitteln Deiner Gedanken – für uns alle immer ein Gewinn.
Beste Grüße
Wilhelm
Lieber Jürgen, ich war schon als an der universitären Eintöntigkeit klinischer Psychologie und deren selektiven Methodenfetischismen leidender Student (D)ein Fan! Mit den besten Wünschen zu Deinem Ehrentag (passenderweise direkt aus der Uni Bielefeld): Stefan
Lieber Jürgen,
Die allerbesten Wünsche und Grüße für Dich zum 80ten! Wow!
Ich habe und hatte das Privileg, seit 30 Jahren mit Dir in verschiedenen Rollen/ Funktionen zusammenarbeiten zu dürfen, etwa als Studierender, als wissenschaftliche Hilfskraft, als Diplomand, als Ko-Autor und Kollege in verschiedenen akademischen sowie fach- und berufspolitischen Kontexten. Als Studierender begeisterten mich etwa die Versuchsanordnungen, die Du in den Vorlesungsräumen der alten Gebäude der Klinischen Psychologie der Uni Osnabrück in der Knollstr neben den historischen Gebäuden der alten „Irrenanstalt“ aufbautest, um Selbstorganisation zu veranschaulichen. Als wissenschaftliche Hilfskraft hat mich Deine wohlwollende Ermutigung und Dein freundliches Zutrauen in meine (irgendwie wissenschaftlich-akademischen) Kompetenzen sehr „empowert“ (das nennt man dann wohl Nachwuchsförderung…. :-)) Als Diplomand schätzte ich sehr einerseits die Freiheiten, die Du mir gewährtest, meine Empirie selbständig und kreativ durchzuführen, andererseits, dass Du bei Unterstützungsbedarfen allzeit gerne und kompetent ansprechbar warst. Auch Ko-Autorenschaft war mit Dir immer erstaunlich „easy“ – vllt, weil ich als ohnehin irgendwie sozialisierter „Krizeaner“ nicht allzu weit von Deiner Denke entfernt war, aber auch, weil Du jene Momente, in denen ich alternative Wege im Text beschritt, diese „einfach“ meist (wieder) wohlwollend und freundlich toleriert hast. Als systemischer Kollege wage ich die Einschätzung, dass ohne Deine über viele, viele Jahre getätigten unermüdlichen fach- und berufspolitischen Anstrengungen für psychotherapeutische Verfahrensvielfalt etwa im Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie die sozialrechtliche Anerkennung der systemischen Psychotherapie ein (noch) viel schwierigeres Unterfangen dargestellt hätte. Als akademischer Kollege schätze ich ungemein den Bogen, den Du aufspannst, von den Mühen der Ebenen statistischer Empirie über die genialischen gestaltpsychologischen Wahrnehmungskalküle der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts (auch wenn etwa Wolfgang Metzger noch bis in die 60er Jahre in Frankfurt/Münster wirkte) zu den strukturwissenschaftlichen Abstraktionen der Theorien dynamischer Systeme. Als psychotherapeutischer Kollege ist mir bis heute eine große Hilfe Deine Übersetzungsleistungen dieser Theorien in die konkrete psychotherapeutische Praxis! Las uns gerne beim nächsten Treffen anstoßen, lieber Jürgen, und sei ganz herzlichst gegrüßt
Matthias (Ochs)
Lieber Jürgen,
persönlich und postalisch habe ich schon gratuliert. Nun auch noch einmal öffentlich. Es gehört zu den besonderen, lebensentscheidenden Begegnungen, Dich vor, wie wir herausgefunden haben, knapp 50 Jahren (na gut, 2 Jahre fehlen noch, um genau zu sein) getroffen zu haben. Auch an dieser Stelle Danke für alles, was ich von Dir lernen konnte.
In freundschaftlicher Verbundenheit
Dein
Arist
Lieber Jürgen
„12.02.2010: Prof.Dr.Jürgen Kriz wird mit Feierstunde in den Ruhestand verabschiedet.“ So stand es zwar geschrieben, Dein unermüdliches Engagement aber spricht eine andere Sprache. Dass Du Dich als Humanist und Systemiker über Jahre und bis heute und oft gegen den Wind für ein integratives Verständnis von Psychotherapie und Beratung engagierst, zollt grossen Respekt. Dass die ST nun „drinnen“ und die HT nach wie vor „draussen“ ist, ist beschämend, auch für uns Systemiker. In einem dialektischen Sinne gelesen, ist es aber vielleicht auch eine Chance im Diskurs.
Auch wenn ich mich nun, zwar fünf Jahre jünger, aus dem Berufsfeld verabschiede und Du bleibst, gehören die supportiven Begegnungen mit Dir (nicht zuletzt die fulminante Rezension meines ersten Buches „Erfasse komplex, handle einfach : Systemische Psychotherapie als Praxis der Selbstorganisation, 2012/13 ind der FamDyn) zum festen Bestandteil meines Gepäcks unterwegs in neues, offenes Gelände.
Auch in diesem Sinne, lieber Jürgen, meine besten Wünsche zu Deinem 80!
herzlich
Martin