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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Inklusion/Exklusion: Rhetorik – Körper – Macht

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In einer beeindruckenden Aufholjagd (mit dem Erscheinen mehrerer Hefte ist es den Herausgebern von„Soziale Systeme“ gelungen, nach langen Verzögerungen wieder an den aktuellen Jahrgangsnamen anzuschließen. Schon vor Ostern erschien das Heft 2/2008 und machte damit den Jahrgang komplett. Eindrucksvoll auch, dass dieses Tempo nicht mit einem Qualitätseinbruch verknüpft war. Im Gegenteil, das aktuelle Heft, ein 250 Seiten starker Band, beweist, dass gerade die systemtheoretische Diskussion in der Gegenwart (im Unterschied übrigens zu den Diskursen innerhalb der systemischen Therapieszene) hoch differenziert und spannend geführt wird und Spielraum für alle möglichen Theorie-Anschlüsse bietet. Die soziologisch und zeitdiagnostisch höchst relevante Fragestellung nach Inklusions- und Exklusionsdynamiken in unserer Gesellschaft ist die zentrale Fragestellung des Heftes. In ihrem Editorial schreiben die Herausgeber Sina Farzin, Sven Opitz und Urs Stäheli:„Die Unterscheidung Inklusion/Exklusion dominiert wie kaum eine andere die zeit- und kulturdiagnostischen Debatten der vergangenen Jahre. Es ist vor allem ihre ‚dunkle Seite‘ der Exklusion, die eine beeindruckende Konjunktur bei der Beschreibung ebenso vielfältiger wie unterschiedlicher sozialer Phänomene erfährt. Die steigende soziale Ungleichheit auch in den sogenannten Kernländern des westlichen Wohlfahrtsstaatsmodels scheint ebenso wie die Abschottung ebendieser Länder gegenüber ungewollter Migration die zunehmende Verfestigung sozialer Binnen- und Außengrenzen zu bezeugen. Zugleich scheinen diese und angelagerte aktuelle Konflikte von einer Refundamentalisierung kollektiver Identitätspolitiken befeuert, die auf eine klare Exklusion des ‚Anderen‘ zielt. Dabei gerät in der öffentlichen ebenso wie in der soziologischen Debatte – zumindest dort, wo sie zeitdiagnostische Ziele verfolgt – häufig die konstitutive Verknüpfung sozialer Inklusion und Exklusion in den Hintergrund. Dass die hier nur stichwortartig genannten Phänomenbereiche zunächst weniger von einer einfachen Zunahme faktischer Exklusion zeugen als von Verschiebungen und Veränderungen innerhalb differenzierter und kontingenter Inklusions-/Exklusionsordnungen wird deutlich, wenn man sich ihnen aus der Perspektive einer differenztheoretisch organisierten Sozialtheorie nähert. Besonders systemtheoretische Ansätze, aber auch das weite Feld der sogenannten poststrukturalistischen Theorien sensibilisieren für die konstitutive Verknüpfung beider Seiten der Unterscheidung und die damit einhergehenden Dynamiken gesellschaftlicher lnklusions- und Exklusionsarrangements (…). Dass der systematische Einbezug einer differenztheoretischen Perspektive dabei auch die Theorien selbst vor zentrale Herausforderungen stellt, wird deutlich, wenn man den differenztheoretischen Anspruch reflexiv wendet und nach den theoriestrategischen Entscheidungen und Unterscheidungen fragt, die dem jeweilligen Inklusions- und Exklusionsverständnis vorausgehen“ Die Aufsätze des Heftes beziehen sich dabei auf unterschiedliche Aspekte der Thematik, die„Fragen der rhetorischen Figurierung, Fragen der Verkörperung sowie Fragen der Machtverhältnisse“ aufwerfen, Gesichtspunkte, die gerade für eine Weiterentwicklung der Systemtheorie unabdingbar sind. Eine anspruchsvolle, aber spannende Lektüre!
Zu den vollständigen abstracts…

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