Harald Wasser, psychoanalytisch wie systemtheoretisch inspirierter Autor, hat interessante Überlegungen„Zur systemtheoretischen Konstitution von Gegenständen“ angestellt, die sich mit der Frage auseinandersetzen, worin denn eine systemtheoretische Phänomenologie bestehen kann, wenn sich diese nicht mehr ohne weiteres – wie bei Husserl (Foto: Wikipedia) – aus dem erlebenden Bewusstsein ergibt:„Der besondere Weg Luhmannscher Systemtheorie besteht ( ) darin, sich vom Anspruch einer Phänomenologie des Erlebens insoweit zu lösen, als auch ganz andere Beobachter, die nicht in der Lage sind, zu erleben (stattdessen aber vielleicht: zu kommunizieren), als Beobachter von Phänomenen in Frage kommen. Eine weitere Besonderheit besteht dann darin, sich (wie es z.B. Freud in seiner Praxis einer »freischwebenden Aufmerksamkeit« gegenüber den »freien Assoziationen« seines Analysanden vorgemacht hat) auf die Beobachtung anderer Beobachter »aufzuschalten« und damit auf eine Theorie der Beobachtung zweiter Ordnung umzuschalten. Beobachtet man Theorien anderer Beobachter, so stellen diese zunächst etwas dar, das sich grundsätzlich durch nichts von anderen Phänomenen unterscheidet und so fallen sie sozusagen in die Phänomenologie. Eben darum lassen sie sich beobachten, ohne sogleich nach dem Schema des beobachteten Beobachters, etwa: nach »wahr« und »falsch« beurteilt werden zu müssen. Phänomenologisch gesehen existieren ja auch Einhörner nicht anders als Pferde. Um das prüfen zu können, bedarf es nur eines Blicks in die Literatur der Märchen und Sagen. Dort sind sie leicht als kommunikative Phänomene nachweisbar, ebenso wie Hexen und Götter und ewige Liebe. Die Phänomenologie konstatiert Phänomene. Sie behauptet folglich nicht, dass die von ihr notierten Phänomene für alle Beobachter und immer gelten. Wechselt ihr Blick in die Naturwissenschaft, etwa die Zoologie, so wird sie umgekehrt konstatieren müssen, dass (und sogar: warum) aus Sicht dieses Beobachters Einhörner keineswegs existieren. Die phänomenologische Arbeitsweise der Systemtheorie ist also treffend dadurch charakterisiert, dass sie die ihr gegebenen (und das heißt immer zugleich: die von ihr erzeugten!) Phänomene auf eine Weise beobachtet, in der sich eigene Beobachtungen als Beobachtungen anderer Beobachter manifestieren können (second order cybernetics)“ Der Artikel ist online auf www.hauptsache-philosophie.de zu lesen.
Im Auge des Betrachters
29. November 2008 | Keine Kommentare