Zu diesem Thema ist von Psychotherapeuten recht wenig zu hören und zu lesen. Um so lobenswerter, wenn nun ein Heft (mit dem gewohnten interdisziplinären Ansatz) der„Psychotherapie im Dialog“ diesem Schwerpunkt gewidmet ist. Die Herausgeber Bettina Wilms und Wilhelm Rotthaus schreiben:„Geistig behinderte Menschen haben – wie alle anderen auch – die Möglichkeit, psychische Störungen und Krankheiten zu entwickeln, und sie tun dies häufiger als die sog. normal intelligenten Menschen. Vor allem ihre in unserer kognitiv orientierten Welt erschwerten Lebensbedingungen und die immer noch ausgeprägte Diskriminierung, die sie erfahren, führen zu einer drei− bis viermal höheren Häufigkeit psychischer Auffälligkeiten. Allerdings werden diese psychischen Störungen oft nicht als solche wahrgenommen, weil das auffällige Verhalten der geistigen Behinderung zugeschrieben wird, was man mit dem schönen Begriff des diagnostic overshadowing kennzeichnet“ Diesem Schattendasein der Psychotherapie für geistig Behinderte wollen sie mit diesem Heft entgegentreten. Dabei zeigen sich in den versammelten Aufsätzen einige gemeinsame Grundüberzeugungen:„Psychotherapie für psychisch gestörte oder kranke geistig Behinderte ist ein wichtiges Angebot, von dem sie – wie alle anderen Menschen – wesentlich profitieren. Eine ausschließliche Orientierung an einem Psychotherapieverfahren ist wenig Erfolg versprechend. Vielmehr befürworten die Autorinnen und Autoren eine genaue Prüfung, welches psychotherapeutische Vorgehen bei welchem Patienten unter welchen Kontextbedingungen zum Erreichen welchen Therapieziels indiziert ist.l Die jeweils eingesetzten Methoden müssen – und das gilt wiederum im Prinzip für alle Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden – an die jeweils individuellen Fähigkeiten des Patienten angepasst werden, was bei geistig behinderten Patienten die Berücksichtigung einiger genereller Aspekte erfordert. Unter diesen Voraussetzungen können auch komplexe Behandlungsmodule wie beispielsweise die DBT oder solche aus der interpersonellen Psychotherapie bei geistig behinderten Menschen eingesetzt werden. Schließlich besteht auch Einigkeit darin, dass es einen fließenden Übergang zwischen Heilpädagogik und Psychotherapie gibt und dass wichtige Erkenntnisse für beide gleichermaßen gelten“
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Geistige Behinderung
30. Juni 2008 | Keine Kommentare