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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Geben und Nehmen

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Die Debatte um Hellinger ist in der letzten Zeit ziemlich verstummt. In der Aufstellungsarbeit hat sich die Spreu vom Weizen getrennt, unter all dem Weltanschauungsgetümmel ist eine Methode erkennbar geworden, die – auf angemessene Weise und im richtigen Kontext angewandt – nützliche Anregungen zur Erfassung latenter Sinnstrukturen vermitteln kann. Das ist beruhigend, vor allem aber auch, dass der ideologische Furor der Auseinandersetzung abgeklungen ist, der – wenngleich durch die apodiktischen Heilsbotschaften der Hellinger-Gemeinde initiiert – sich auch auf der Gegenseite nicht weniger heftig artikulierte, was letztlich eine Entdifferenzierung der Diskussion geradezu zwangsläufig machte. Wer sich dieser Entdifferenzierung immer auf bewunderswerte Weise nicht nur entzog, sondern die Diskussion in seiner Doppelfunktion von Aufsteller und kritischer Beobachter stets durch höchst differenzierte Weise bereicherte, ist der Kölner Soziologe und Gruppentherapeut Oliver König. 1997 veröffentlichte er seine„soziologischen Anmerkungen zu einem psychotherapeutischen Konzept“, nämlich„Geben und Nehmen“ in einem Aufsatz in der„Familiendynamik“, in dem die offenkundigen, aber weder von Hellinger noch von anderen Diskutanten explizierten Anschlüsse an die Soziologie des Austausches (hier: in der Familie) herausgearbeitet werden:„Aus soziologischer Sicht stellt sich der in den letzten Jahren bekannt gewordene psychotherapeutische Ansatz Bert Hellingers, der u.a. an die kontextuelle Therapie von Boszormenyi-Nagy anschließt, als Austauschtheorie dar. Die zugrundeliegenden Annahmen spielen eine zentrale Rolle in den Arbeiten der Ethnologen bzw. Soziologen Marcel Mauss und Claude Levy-Strauss, sowie dem mikrosoziologischen Ansatz von George C. Homans sowie den daran anschließenden Rational-Choice Theorien. Beide Varianten von Austauschtheorien sind in der Soziologie sowohl auf das Generationen- wie auf das Geschlechterverhältnis angewandt worden. Zum Abschluss werden die Überlegungen von Hellinger auf dem Hintergrund der dargestellten soziologischen Beiträge interpretiert“ Dieser Aufsatz, dessen Qualität auch daran erkennbar ist, dass er auch ohne Hellinger-Debatte außerordentlich spannend zu lesen ist, ist nun in der Systemischen Bibliothek zu finden.
Zur Systemischen Bibliothek geht es hier entlang…

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