In einem Aufsatz aus dem Jahre 2001 (Familiendynamik 3/2001, S. 302-322) haben Arnold Retzer und Hans Rudi Fischer sich dafür ausgesprochen, in der Beratung von Familienunternehmen auch familientherapeutische Perspektiven einfließen zu lassen. Zu Anfang des Textes heißt es:„Familienunternehmen sind sowohl für die beteiligten Familien als auch volkswirtschaftlich ausgesprochen bedeutungsvoll. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind mehr als 75 % aller Unternehmen Familienunternehmen, und über 70% aller unselbständig Erwerbstätigen sind in Familienunternehmen beschäftigt. Mehr als 50% der Familienunternehmen überleben nicht die Übergabe von der 1. an die 2. Generation. Damit besteht in der Nachfolgeproblematik eine existentielle Gefährdung der Unternehmen und der betroffenen Mitarbeiter. Angesichts der Tatsache, dass fast alle mittelständischen Unternehmen Familienunternehmen sind, ist zu erwarten, dass das Phänomen Generationenwechsel hochaktuell sein müsste. Ein Blick auf die von den Unternehmerverbänden veröffentlichten Zahlen bestätigt dies. Vorsichtige Berechnungen gehen allein in Österreich von gegenwärtig 70.000 Unternehmen aus, die vor einem Generationswechsels stehen. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) hat allein für 1999 76.000 übergabereife Unternehmen erfasst. Davon wurden ca. 32.000 an Familienmitglieder übergeben, 38.000 verkauft und ca. 5.700 mangels Nachfolger stillgelegt. In den kommenden Jahren stehen ca. 300.000 deutsche Unternehmen (mit mehr als 2,5 Mio. Euro Umsatz) vor der für die Unternehmen existenziellen Frage, wie die Nachfolge zu regeln ist. Gegenwärtig versterben um die 30 % aller Unternehmer, ohne die Nachfolge testamentarisch geregelt zu haben. In den meisten Fällen führt dies zu schweren Krisen für die Unternehmen, weil die Erben meist schnell zerstritten sind. Nicht selten führt das zum Konkurs bzw. der Liquidation des Unternehmens. Für den Unternehmer bzw. die Unternehmerin, die die Nachfolge regeln will, stehen neben Familienrechtsfragen hauptsächlich gesellschafts-, erb- und steuerrechtliche Fragen im Vordergrund. Daher ist das Problembündel, das sich um den Generationswechsel und die Nachfolgeregelung bei Familienunternehmen rankt, bisher eine Domäne von Juristen, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf der Klärung der ökonomischen, steuerlichen und juristischen Randbedingungen für das Fortbestehen des Unternehmens. Angesichts der Tatsache, dass viele Generationswechsel selbst wenn sie von Anwälten und Steuerfachleuchten gut vorbereitet sind nicht aus ökonomischen Gründen scheitern, sondern im weiteren Sinne aus familiendynamischen, halten wir es für sinnvoll, sich sowohl als Familientherapeut als auch als Organisationsberater den spezifischen Fragen und Herausforderungen von Familienunternehmen zu stellen“ Der Aufsatz ist auch im Internet nachzulesen.
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Die Familie und das Familienunternehmen
21. Oktober 2009 | Keine Kommentare