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Die blinden Flecken der systemischen Beratung

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In einem pointierten Text über die„Beobachtung der Beobachtungen durch systemische Berater“, der auf seiner website zu finden ist, hat der Soziologie Stefan Kühl drei blinde Flecke systemischer Beratung ausgemacht:„Jedes System schafft sich dadurch, dass es sich von der Umwelt unterscheidet, blinde Flecken. Glaubt man den neoliberalen und marxistischen Ideologien, dann unterscheidet sich ein Unternehmen von anderen Organisationen dadurch, dass es profitorientiert ist und vieles andere, an dem man sich auch orientieren könnte – man denke beispielsweise an Menschheitsbeglückung, Wohlfahrtspflege oder religiöse Verwirklichung – in den Bereich des (für das Unternehmen) Unvorstellbaren verschiebt. Die typische Verwaltung ist an einer gesetzeskonformen Prozessierung von Personalausweis-, Bau- und Sozialhilfeanträgen orientiert und – jedenfalls in ihrem operativen Kern – weitgehend blind für die Effekte, die durch die strikte Anwendung von „Wenn-dann-Regeln“ produziert werden. Die systemische Beratung parasitiert an den blinden Flecken ihrer in der Regel organisierten Klientensysteme. „Ein Beobachter“, so die Kurzformel Niklas Luhmanns, „kann nicht sehen, was er nicht sehen kann“, und die systemischen Berater – als Beobachter eines Beobachters – versprechen dem Beobachteten, etwas zu sehen, was der „beobachtete Beobachter nicht sehen kann“. Das machen sicherlich auch andere Beratungsansätze; die systemische Beratung zeichnet sich gegenüber anderen Beratungsansätzen aber dadurch aus, dass sie sich ihrer Rolle als „Parasit“ bewusst ist und sich hier – ganz in der Tradition der Systemtheorie – zur positiven Funktion dieses „Parasitentums“ bekennt. Aber was für die Klientensysteme gilt, gilt natürlich auch für die Beratersysteme. Auch die systemischen Berater produzieren durch ihre Unterscheidungen eigene blinde Flecken. Alles Beobachten – auch das Beobachten der Beobachtung durch die systemischen Berater (und natürlich auch die hier vorgenommene Beobachtung der Beobachtungen der systemischen Berater) – verfährt mit den eigenen Unterscheidungen naiv und produziert dadurch zwangsläufig eigene blinde Flecken. Welches sind die blinden Flecken der systemischen Beratung, die – natürlich dann auf Kosten eigener blinder Flecken – beobachtet werden können?“ Kühl verweist hier zumindest auf drei: 1. Macht, 2. Organisation, 3. Misserfolge.
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