An dieser Stelle werden, wie die Leserschaft bemerkt haben dürfte, nicht nur Neuerscheinungen präsentiert, auch nicht nur sogenannte Klassiker, sondern grundsätzlich Bücher, die es wert sind, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt. Nicht immer sind diese Bücher, auch wenn ihr Erscheinen nur wenige Jahre zurückliegt, noch als lieferbare Bücher verzeichnet. Dennoch bietet das Internet zunehmend die Möglichkeit, auch an solche Bücher zu gelangen, nicht nur über Online-Antiquariate, sondern auch über Anbieter wie Amazon. Aus diesem Grund präsentiert systemagazin heute eine gründliche Rezension (von 1998 für„Traverse. schweizerische Zeitschrift für Geschichte„) von Oliver König über das Buch des jüdischen Historikers George L. Mosse über„Das Bild des Mannes. Zur Konstruktion der modernen Männlichkeit“, das 1997 im Fischer-Verlag erschienen ist. Übrigens ist diese Besprechung wie viele andere von Oliver König ein gutes Beispiel dafür, dass die Rezension durchaus als eine eigene Gattung von Fachliteratur gelten sollte, die entsprechend gepflegt werden muss und dann auch noch nach Jahren lesenswert bleibt, was in Hinblick auf die gegenwärtige Rezensionskultur leider nicht immer behauptet werden kann.
Bei dem vorliegenden Buch von George L. Mosse entdeckt König„ein Paradox
, dass auch in den Anfängen der Frauenforschung wirksam war. Wird in kritischer Absicht ein zugespitztes Bild des Geschlechterverhältnisses beschrieben, dann wird eine Veränderung meist nur als Utopie denkbar, ablesbar an einer Überbetonung der Rolle von Emanzipationsbewegungen im gesellschaftlichen Wandel, so auch bei Mosse. Sozialstrukturelle Rahmenbedingungen und ihre Veränderungen erscheinen dann nur noch als Epiphänomene gegenüber einem aufgrund seiner Stabilität fast schon wieder naturalisiertem Bild von Geschlecht. Aber mit dem Kontext verändert sich auch die Bedeutung von Geschlechtsstereotypen, selbst wenn sie im Erscheinungsbild gleich geblieben sein mögen. Und vor allem verändert sich das Verhältnis zwischen Diskurs einerseits, Sozialstruktur und Lebenswelt andererseits. So bleiben viele Fragen nicht nur unbeantwortet, sondern auch ungestellt. Neben der Tatsache, daß es sich trotzt mancher Redundanzen um ein gut geschriebenes Buch handelt, liegt die Wichtigkeit einer Arbeit wie dieser wohl auch woanders. Denn hier wird, wie schon in der Frauenforschung, die Kategorie Geschlecht ins Zentrum einer Gesellschaftsgeschichte gestellt, und zwar in ihrer Ausprägung als Maskulinität und zudem durch einen grand old man der Zunft. Und auch wenn Mosse manchen trotz seiner Bekanntheit als ein akademischer Außenseiter gilt
, verdeutlicht dies, daß diese Sichtweise im Zentrum allmählich Fuß zu fassen beginnt“
Zur vollständigen Besprechung
Das Bild des Mannes
23. Februar 2007 | Keine Kommentare