Heft 1
Reddemann, Luise (2017): Transgenerationale Weitergabe von Traumata. In: systeme 31 (1): 6-21.
abstract: Im Ankündigungstext der Tagung war zu lesen: „Begegnungskompetenz – was macht Profis hilfreich?“ und dass von Profis erwartet wird, „dass sie den Kontext, die Situation, die Lebenslage und die Befindlichkeit ihrer Klienten relativ schnell und differenziert erfassen und einordnen. Dazu brauchen sie Wissen, Erfahrung und Intuition“. Für mich gehört seit längerem das genaue Erfassen der kollektiven und historischen Bedingungen der Lebensgeschichten meiner Patientinnen unabdingbar zu diesen Forderungen.
Borst, Ulrike (2017): So nah und doch auch fern. Die Dialektik des Fallverstehens in der Begegnung. In: systeme 31 (1): 22-42.
abstract: Eine gute therapeutische Beziehung gilt als einer der wirksamsten Faktoren in der Psychotherapie. Naturgemäß ist jedoch unterdeterminiert, was eigentlich unter einer hilfreichen Beziehung zu verstehen ist; noch weniger ist bestimmbar, was eine Begegnung – als im Moment verdichtete Beziehung – hilfreich macht. In diesem Beitrag wird zunächst untersucht, welche dialektischen Verhältnisse eine Begegnung ausmachen, um dann an einem Fallbeispiel zu zeigen, wie in einer (zunächst zu scheitern scheinenden) therapeutischen Beziehung Begegnung entsteht. Im Weiteren wird Bezug zur Wirksamkeitsforschung genommen, um anschließend darzustellen, wie das Begegnen-Können bei professionellen Helferinnen zu verbessern sein könnte und, in heutigen Begriffen gesprochen, Begegnungskompetenz erworben werden kann.
Wedekind, Erhard & Hans Georgi (2017): Kontextsensibilität, Präsenz und Begleitung. Überlegungen zu einem psychoanalytisch-systemischen Begegnungskonzept. In: systeme 31 (1): 43-64.
abstract: Wie sieht eine systemische Arbeit mit psychodynamischem Hintergrundverständnis in der praktischen Handhabung aus? Der Artikel beschreibt zunächst holzschnittartig konvergente und divergente Entwicklungen in Psychoanalyse und Systemik. Danach konzentrieren sich die Autoren auf drei zentrale Orientierungsebenen: Kontextsensibilität, Präsenz und Begleitung. Die praxeologische Darstellung dieser Ebenen verdeutlicht die professionelle Haltung und Positionierung, die sich aus Sicht der Autoren in ihrer Arbeit bewährt hat.
Loth, Wolfgang (2017): Beisteuern zu hilfreichen Veränderungen – explizite Zugänge, implizite Entwicklungen. In: systeme 31 (1): 65-87.
abstract: Kann man als Beraterin oder Therapeutln „alles richtig“ machen und dennoch falsch liegen? Auch wenn diese Frage abwegig klingt, führt sie vielleicht mitten ins Herz der Dynamik professionellen psychosozialen Helfens. Einerseits scheinen Leitlinien, Flussdiagramme und andere (insbesondere störungsspezifische) Vorgaben Zugänge zum Helfen explizit zu machen, geben Begrifflichkeiten, Entscheidungspunkte und Richtungen vor. Andererseits kommt es nicht selten vor, dass etwas beschrieben wird, was schließlich geholfen habe, das von Helferinnen selbst gar nicht als entscheidend wahrgenommen wurde. Das passt zwar zur Annahme der Autonomie von Sinnsystemen, stellt andererseits jedoch eine Herausforderung dar, besonders dann, wenn Helferinnen ihr Tun ernst nehmen. Sie sehen sich trotz möglicher Klarheit expliziter Beschreibungen oft genug als Teil impliziter Entwicklungen, deren Ausgang nicht einseitig in ihrer Hand liegt. Ich möchte deutlich machen, dass dies kein Nachteil ist, sondern ein guter Ausgangspunkt für hilfreiches Beisteuern. Das Konzept des Entwickeins Klinischer Kontrakte dient dabei als Reflexionsschema und als Orientierungshilfe.
Zwack, Julika (2017): Entscheiden im Dilemma – was bleibt, wenn nichts geht? In: systeme 31 (1): 88-107.
abstract: Das Durchleben und -leiden dilemmatischer Situationen gehört zum Alltag vieler Berufsgruppen. Wie lässt sich zu einer tragfähigen Entscheidung gelangen, wo eine gute Lösung nicht in Sicht ist? Was hilft, sich in beruflichen Zwickmühlen bewusst zu positionieren statt sich ohnmächtig auszuliefern? Anhand von Fallbeispielen illustriert der Beitrag Haltungen und Interventionen, die Beraterin wie Klientin dabei unterstützen, stimmige Entscheidungen zu treffen und auch im Dilemma das Gefühl von Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit aufrechtzuerhalten.
Mesensky, Alexandra (2017): Kreativ Erlebensraum schaffen und damit Ausdruck unterstützen. In: systeme 31 (1): 108-122.
abstract: Im Rahmen einer Psychotherapie bedeutet Kreativität das Verlassen üblicher Denkmuster. Durch divergentes Denken lässt sich das meiste im Raum Geschehende nutzen und in etwas Hilfreiches wandeln. Dieser Wechsel der Ebenen ermöglicht, durch eine neue Perspektive neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten einzubringen und diese nutzbar werden zu lassen. Manche Methoden helfen sogar, diese anderen Perspektiven – im geschützten Rahmen eines therapeutischen Settings – nicht nur zu denken, sondern sie auch zu erleben, was eine weitere Dimension für Klientinnen eröffnet. Dieser „ Erlebensraum „ ist Inhalt des Artikels.
Kornberger, Manfred W. (2017): Ein systemtheoretisch fundiertes bio-psycho-soziales Erklärungsmodell zur Entstehung von Wahn und Halluzinationen. In: systeme 31 (1): 123-150.
abstract: Auf Basis der Theorie dynamischer Systeme, der Emotionsforschung sowie spezifischer Forschungsbefunde wird ein Störungsmodell für Wahn und Halluzinationen erstellt, welches dynamische und nonlineare Aspekte berücksichtigt Um die theoretischen und empirischen Aspekte zu integrieren, wird die Methode der idiografischen Systemmodellierung nach Schiepek verwendet. Das resultierende Modell wird einem Expertenrating unterzogen. Im Ergebnis resultiert ein umfassendes, längsschnittlich angelegtes, komplexes und dynamisches bio-psycho-soziales Störungsmodell, dessen Validität von Experten auf dem Gebiet bestätigt wird. Das Modell erlaubt die Integration von Einzelbefunden und fördert damit ein ganzheitliches Verständnis der individuellen Symptomatik. Außerdem kann das Modell für psychoedukative Zwecke, für die Ableitung von therapeutischen Interventionen sowie für die Formulierung weiterer Forschungshypothesen verwendet werden.
Schmidt, Siegfried J. (2017): Walter Schwertl wird 70. In: systeme 31 (1): 151-153.
Schwertl, Walter (2017): Rezension – Andreas Blasius & Ulrich Schmitz-Roden (2014): Bewusst erziehen. Nachdenkliches zum bewussten Umgang mit Erziehung (in schwierigen Zeiten). Wiesbaden (Springer VS). In: systeme 31 (1): 154-155.
Loth, Wolfgang (2017): Rezension – Maria Borcsa & Peter Stratton (Hrsg.) (2016): Origins and Originality in Family Therapy and Systemic Practice. Cham (Springer International Publishing Switzerland). In: systeme 31 (1): 155-158.
Sommerhuber, Sabine (2017): Rezension – Renate Jegodtka & Peter Luitjens (2016): Systemische Traumapädagogik. Traumasensible Begleitung und Beratung in psychosozialen Arbeitsfeldern. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: systeme 31 (1): 159-160.
Loth, Wolfgang (2017): Rezension – Jürgen Kriz (2017): Subjekt und Lebenswelt. Personzentrierte Systemtheorie für Psychotherapie, Beratung und Coaching. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: systeme 31 (1): 160-166.
Hinsch, Joachim (2017): Rezension – Elisabeth Wagner & Ulrike Russinger (2016): Emotionsbasierte systemische Therapie. Intrapsychische Prozesse verstehen und behandeln. Stuttgart (Klett-Cotta). In: systeme 31 (1): 166-168.
Trenkler, Luigi (2017): Rezension – Eduard Waidhofer (2015): Die Neue Männlichkeit. Wege zu einem erfüllten Leben. Munderfing (Fischer & Gann). In: systeme 31 (1): 169-170.
Heft 2
Litzenberger, Margarete (2017): Selbstwirksamkeit – ein Schlüsselfaktor in der Psychotherapie. In: systeme 31 (2): 184-206.
abstract: Wie kann es gelingen, KlientInnen in der Psychotherapie dabei zu unterstützen, dass sie sich (wieder) als selbstwirksam erleben, also ausreichend kompetent, um erfolgreich handeln zu können? Der vorliegende Artikel geht von den Wirkfaktoren in der Psychotherapie aus und begibt sich auf die Suche nach der passenden therapeutischen Haltung und geeigneten Methoden der Systemischen Therapie, um Selbstwirksamkeit im therapeutischen Prozess zu fördern. Abgerundet wird die Darstellung durch ein Fallbeispiel, das einen Therapieverlauf veranschaulicht, in dem das Thema Selbstwirksamkeit eine zentrale Rolle spielt.
Vosberg, Sybille (2017): Systemische Rechtsberatung im gerichtlichen Verfahren wegen Sorgerecht. In: systeme 31 (2): 207-223.
abstract: Wie passt eine familienrechtliche Beratung in das systemische Handlungsfeld? Exemplarisch wird eine Systemische Beratung von Joining bis zum Contracting durch eine Rechtsanwältin beschrieben. Im Fall geht es um das Sorgerecht der Eltern für ihr Kind nach der Trennung. Es erfolgt eine Auseinandersetzung über die Haltung und Rolle der Beraterin sowohl aus juristischer als auch aus systemischer Sicht.
Kleve, Heiko (2017): Das Tetralemma der Unternehmerfamilie. Skizze eines systemischen Forschungsprogramms. In: systeme 31 (2): 224-243.
abstract: Mit diesem Beitrag wird das Ziel verfolgt, die systemtheoretische Reflexion und Forschung zu Unternehmerfamilien anhand der vier- bzw. fünfseitigen Struktur des (erweiterten)Tetralemmas zu systematisieren. Ausgehend von der zweiseitigen Struktur der Unternehmerfamilie, in der die Logiken des Familiären und des Unternehmerischen aufeinandertreffen und dabei nicht selten Paradoxien, Ambivalenzen und Dilemmata hervorrufen, die Familien- und/oder Unternehmensmitglieder verwirren können, werden drei weitere Perspektiven präsentiert. Zum einen wird gefragt, wie sich in einer Unternehmerfamilie Familie und Unternehmen verbinden. Zum anderen betrachten wir die Kontexte, die diese Verbindung insbesondere in gesellschaftlicher Hinsicht rahmen, beeinflussen und herausfordern. Damit kommt schließlich die Frage in den Fokus, ob und wie sich Unternehmerfamilien den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels stellen und welche Transformationen dadurch ausgelöst werden.
Unterholzer, Carmen & Herbert Gröger (2017): Eigene Stärken wieder entdecken. Systemische Gruppenpsychotherapie und der Einsatz von Feedbackinstrumenten am Beispiel einer Jahresgruppe. In: systeme 31 (2): 244-264.
abstract: Der Artikel beschreibt das Design und den Ablauf einer geschlossenen systemischen psychotherapeutischen Jahresgruppe, die von den Autor_innen in freier Praxis angeboten wurde. Neben den konkreten Erfahrungen der Teilnehmer_innen und der Leiter_innen steht der Aspekt der Evaluierung im Sinn von practitioner research im Mittelpunkt. Die Fragebögen des Partners for Change Outcome Management System sowie Mitschriften von einzelnen Passagen der Sitzungen dienten als Basis dafür. Es ergibt sich ein differenziertes Bild von sowohl positiven als auch zumindest tendenziell negativen Auswirkungen der Verwendungen dieses Feedbackinstruments. Als Teil der diesbezüglichen Ergebnisse wird auch dargestellt, was im Design der Jahresgruppe im darauf folgenden Jahr konkret verändert wurde.
Geyerhofer, Stefan (2017): Internalisieren von Lösungen Oder: Was tun am Ende einer erfolgreichen Psychotherapie? In: systeme 31 (2): 265-291.
abstract: Der Artikel beschreibt Theorie und Praxis des Internalisierens von Lösungen. Anhand von Beispielen aus ambulanter und stationärer Therapie und therapieähnlichen Kontexten wird versucht die Bedeutung dieser Techniken am Ende einer erfolgreichen Therapie und Beratung zu veranschaulichen. Deren Ziel ist es, Lösungen innerhalb der Person zu verankern, damit sie KlientInnen über die Therapie hinaus als Ressource, als Fähigkeit zur Verfügung stehen. Es werden spezifische Fragetechniken, ebenso wie Methoden zum Festschreiben von Lösungen wie Urkunden, Abschlussberichte, Interviews, Siegesfeiern und der Einsatz von ehemaligen KlientInnen in der Therapie mit Beispielen veranschaulicht.
Köhler-Ludescher, Andrea & Stefan Geyerhofer (2017): Paul Watzlawick – Person, Leben und Werk. In: systeme 31 (2): 292-307.
abstract: Paul Watzlawick – Wirklichkeitsforscher und Weltkärntner, PopBestseller unter den Philosophen – titelten ihn die Medien. Er war originell und zugleich traditionell, meinte ein Kollege über den Querdenker. Er führte ein abenteuerreiches Leben, das neben einer wissenschaftlichen Seite, die recht gut bekannt ist, auch eine philosophisch spirituelle Seite hatte, die bis dato weniger Beachtung gefunden hat. Auf den nächsten Seiten wollen wir Ihnen in die Person Paul Watzlawick und in dieses erkenntnisreiche und außergewöhnliche Leben einen Einblick verschaffen – aus der Sicht seiner Großnichte, die versucht hat in einem Buch sein Leben aufzuarbeiten, und aus Sicht eines ehemaligen Schülers und späteren Kollegen. Dabei wollen wir selektiv ein paar „Geschichten“ herauspicken, die aus unserer Sicht interessante Aspekte des Weges dieses bekannten österreichischen Kommunikationswissenschaftlers, systemischen Psychotherapeuten und Konstruktivisten hervorheben.
Spierling, Klaus Henner (2017): „Nicht meine Eltern nerven, sondern der Diabetes“. Multifamilienarbeit – ein erweitertes Behandlungssetting bei juveniler Diabetes Mellitus Typ 1. In: systeme 31 (2): 308-317.
abstract: Mehrfamilienarbeit ist eine aus der Systemischen Therapie heraus entwickelte Methode, die in den Kontexten der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Jugendhilfe und in der Schule in den letzten Jahren wachsende Anerkennung erfährt und deren Wirksamkeit belegt ist. Im Bereich der Pädiatrie und insbesondere bei chronischer Erkrankung gibt es dagegen noch vergleichsweise wenig Anwendungsfelder. Der vorliegende Artikel beschreibt Projekterfahrungen mit Multifamilienarbeit bei Jugendlichen, die an Diabetes Mellitus Typ 1 erkrankt sind, und ihren Familien an der Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg (Wümme) gGmbH und fasst erste Ergebnisse zusammen. Multifamilienarbeit zeigt sich als vielversprechender ergänzender Ansatz, der insbesondere familiäre Resilienzfaktoren und Kommunikation in den Familien stärken kann.