Heft 1
Oestereich, Cornelia (2016): Systemische Perspektiven zur weltweiten Migration – Interkulturelle Orientierung in unübersichtlichen gesellschaftspolitischen Situationen. In: systeme 30 (1): 5-32.
abstract: Millionen von Menschen fliehen aktuell vor Krieg, Verfolgung und Tod, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Existenz. Millionen Flüchtende suchen in Deutschland und Europa Schutz und Sicherheit. Der Beitrag beschreibt Hintergründe und Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Interkulturelle Kompetenz, Kultursensibilität und die Erfahrung interkultureller Systemischer Therapie und Beratung können systemischen PraktikerInnen Orientierung geben mit den Themen der aktuellen Migration und in der Behandlung und/oder Beratung der Geflüchteten. Viele Geflüchtete mit traumatischen Erfahrungen brauchen kultursensible Systemische Beratung und Therapie, die ihre Resilienz stärkt und zur Er-Findung einer zukunftsgewandten Lebenserzählung beiträgt. Systemische PraktikerInnen sollten sich als BürgerInnen und politische Mitglieder der Gesellschaft zu den Themen der Zuwanderung positionieren und sich auf der Grundlage der Errungenschaften der Aufklärung und einer systemischen Haltung für Vielfalt, Offenheit, Durchlässigkeit und Transparenz und die Erweiterung von Handlungsoptionen in unserer Gesellschaft einsetzen.
Schiepek, Günter (2016): Systemische Praxis lernen. In: systeme 30 (1): 33-53.
abstract: Insoweit sich systemische Therapie und Beratung auf das Theoriespektrum komplexer selbstorganisierender Systeme bezieht, ist daraus ein umfassendes Praxiskonzept entstanden. Zentrale Elemente dieses Konzepts sind einerseits eine systemische Fallkonzeption, bestehend aus einer Erfassung von individuellen und interpersonellen Ressourcen sowie der idiographischen Systemmodellierung, und andererseits ein kontinuierliches Monitoring des Therapie- bzw. Beratungsprozesses. Dieses Monitoring erlaubt die Analyse und Darstellung der systemischen Eigenschaften (z.B. Musterveränderungen) eines persönlichen Entwicklungsprozesses mit einer auf den Einzelfall zugeschnittenen Erfassungsmethodik. Damit ist es die Grundlage von Prozessreflexion und Prozesssteuerung. Dieser Beitrag stellt das praktische Vorgehen dar, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der didaktischen Vermittlung in der systemischen Aus- und Weiterbildung.
Spierling, Klaus Henner (2016): Kidstime Workshops – ein Projekt mit Multifamilienarbeit für Familien mit psychisch erkrankten Elternteilen. In: systeme 30 (1): 54-74.
abstract: Kinder psychisch kranker Eltern sind eine bekannte Hochrisikogruppe, die lange vernachlässigt wurde und die in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt gerät. Es mangelt jedoch weiterhin an wirksamen niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten insbesondere im ländlichen Raum. Die in London am Marlborough Familiy Service und am St. Pancras Hospital in den 1990er Jahre entwickelten und später am Anna-Freud-Centre fortgeführten „kidstime workshops“ bieten als multifamilientherapeutisch ausgerichtetes Angebot eine als wirksam nachgewiesene Unterstützung für betroffene Familien. Am Agaplesion Diakonieklinikum in Rotenburg besteht seit März 2015 bislang einmalig in Deutschland ein entsprechendes Angebot. Erste ermutigende Projekterfahrungen werden in diesem Artikel dargestellt und diskutiert.
Koppetsch, Cornelia (2016): Die Wiederkehr der Konformität? Wandel der Mentalitäten – Wandel der Generationen. In: systeme 30 (1): 75-87.
Borcsa, Maria, Katia Charalabaki & Katerina Theodoraki (2016): Familien im Kontext von wirtschaftlicher und sozialer Destabilisierung: Ein metamodernes griechisches Drama. In: systeme 30 (1): 88-99.
Reddemann, Luise (2016): Imagination als heilende Kraft. In: systeme 30 (1): 100-110.
Gerhard, Walter (2016): Rezension – Konrad Peter Grossmann (2016): Psychotherapie mit Männern. Heidelberg (Carl-Auer). In: systeme 30 (1): 111-113.
Osemann, Birgit (2016): Rezension – Sabine Holdt & Markus Schönherr (2015): Lösungsorientierte Beratung mit getrennten Eltern. Ein Praxishandbuch. Stuttgart (Klett-Cotta). In: systeme 30 (1): 113-114.
Loth, Wolfgang (2016): Rezension – Sabine Klar & Lika Trinkl (Hrsg.) (2015): Diagnose: Besonderheit. Systemische Psychotherapie an den Rändern der Norm. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: systeme 30 (1): 114-117.
Gröger, Herbert (2016): Rezension – Haim Omer (2015): Wachsame Sorge. Wie Eltern ihren Kindern ein guter Anker sind. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: systeme 30 (1): 117-118.
Heft 2
Fornaro, Patrick (2016): „Bedeutsame Momente“ in der Therapie. Mikroprozessforschung im Spannungsfeid zwischen quantitativen und qualitativen Methoden am Beispiel der Systemischen Paartherapie. In: systeme 30 (2): 132-162.
abstract: Dass Paartherapien wirksam sind, belegen zahlreiche Studien. Viel zu wenig ist allerdings über die Wirkmechanismen von Therapie bekannt. Prozessforschung kann helfen besser zu verstehen, was in Therapien eigentlich geschieht. Sie möchte Therapeutinnen konkrete Anhaltspunkte an die Hand geben, wie sie Augenblick für Augenblick ihre Entscheidungen über das Vorgehen im Sitzungsverlauf treffen können. Der Artikel gibt Einblick in die Inhalte eines abgeschlossenen Promotionsprojekts. Vor dem Hintergrund systemisch-konstruktivistischer Epistemologie und Modellbildung näherte sich dieses dem therapeutischen Prozess über dreiminütige Therapieabschnitte, die detailliert qualitativ und quantitativ beforscht wurden. Einbezogen wurden Daten auf unterschiedlichen zeitlichen Auflösungsebenen (von Hundertstelsekunden über Minuten. Therapiestunden, Tage, Wochen und Monate) und aus unterschiedlichen Blickwinkeln (Innenperspektive. Außenperspektive. Prozessmessungen). An der praktischen Umsetzung eines solchen Forschungsparadigmas wird sein Potenzial für das Generieren praxisrelevanter Erkenntnisse erkennbar. Es wird deutlich, dass die Definition der „Bedeutsamkeit“ eines Moments in der Therapie aus systemischer Sicht immer an den Standpunkt einer Beobachterin geknüpft bleibt.
Loos-Hilgert, Vera & Erhard Wedekind (2016): Mehrgenerationale Bindungsdynamik in der Systemischen Paartherapie. Bindungsmuster und affektive Kommunikation bei Paaren. In: systeme 30 (2): 163-175.
abstract: Bei Paaren mit einer langjährig anhaltenden Vorwurfsdynamik, die aber nicht zur Trennung führt, wurde eine auffällig häufige Konstellation von Nähevermeidungs- und Angstbindungsmuster festgestellt, die die Beteiligten in ihren Ursprungsfamilien herausbildeten. Diese Konstellation wird anhand einer Fallvignette auf der Paarebene als ein vorprogrammiertes Missverständnis analysiert. Für ein Vorgehen in der Paartherapie wird eine deutlich suggestive Positionierung des therapeutischen Teams als „Lobby für die Beziehung“ entwickelt, die dem Paar Zugänge zu Ressourcen und Kompetenzen eröffnen kann.
Hinsch, Katharina (2016): Das Facettenmodell der Sexualität. In: systeme 30 (2): 176-203.
abstract: Ich möchte im vorliegenden Artikel das Facettenmodell der Sexualität als ein sexualtherapeutisches Instrument vorsteilen, das sich für meine Praxis als äußerst brauchbar erwiesen hat. Im Wesentlichen geht es dabei um das Erzählen verschiedener Motive, Sexualität zu wollen, also von Zugängen zum sexuellen Begehren, und verschiedener Aspekte von Sexualität. Diese Motive und Aspekte werden in sechs Facetten zusammengefasst: Beziehung, Emotion, Bestätigung, Vitalität, Abenteuer, Spiritualität. Das Wort „Facette“ habe ich gewählt, weil ich die Facettenaugen der Schmetterlinge und die Facetten von geschliffenen Diamanten mag – die Facetten sind auf ganz unterschiedlichen Seiten des Sehens anzutreffen. Einige Fallbeispiele verdeutlichen die Anwendung in der Praxis.
Grießmann-Gehrt, Tajana (2016): Umgang und therapeutisches Vorgehen bei häuslicher Gewalt in der Systemischen Paarberatung. In: systeme 30 (2): 204-219.
abstract: Paarberatungen stellen häufig sehr komplexe Anforderungen an TherapeutInnen. Die Beratung kann durch den Umstand erschwert werden, dass häusliche Gewalt, d.h. partnerschaftliche Gewalt, zwischen den Partnerinnen bestand oder besteht. Dieser Artikel soll Aufschluss über diesen diffizilen Sachverhalt geben. Dabei soll zunächst der Begriff der Systemischen Paarberatung als auch der Begriff der häuslichen Gewalt sowie deren Folgen und Erklärungen zur Entstehung kurz erläutert werden. Nachfolgend wird der persönliche und professionelle Umgang der Therapeutin/des Therapeuten mit dieser Gewaltform und Möglichkeiten therapeutischen Vorgehens in der Paarberatung aufgezeigt.
Vosberg, Sybille (2016): Systemische Scheidungs- und Trennungsmediation. In: systeme 30 (2): 220-236.
abstract: Wie kann eine systemisch-lösungsorientierte Mediation gelingen, wenn sich die Ehefrau partout nicht trennen will und der Ehemann seit zwei Jahren mit einer anderen Frau zusammenlebt? Im vorliegenden Beitrag wird sowohl systemtheoretisch als auch reflexiv ein Mediationsprozess beschrieben. Der Beitrag geht dabei auf den Umgang mit Veränderungsprozessen und Ungewissheiten sowie auf Fragen der Neutralität ein.