systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

systeme 1996

Heft 1

Klaus Kießling (1996): Normalität und (psychische) Abweichung – Krise traditioneller Modelle und Wege zu ihrer Bewältigung. In: systeme  10 (1), S. 4–30.

abstract:  „So verhält sich doch kein normaler Mensch.“ – Ein solcher Satz klingt ganz alltäglich: er kann mit einem diskriminierenden Kopfschütteln einhergehen, er kann aber auch die Einsicht nach sich ziehen, daß dieser Mensch professioneller Hilfe bedarf. In jedem Fall stellt sich die Frage, was normales von abweichendem Verhalten unterscheidet. Der Beitrag erörtert zunächst die klinisch-praktische Not wendigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Thema Normalität, bevor verschiedene Normbegriffe vorgestellt werden. Daran schließt sich die Frage an, welche Instanzen in einem Gemeinwesen die Diskussion um Normalität bestimmen. In der Geschichte von Medizin und Psychologie bildete sich dazu eine Vielfalt von paradigmatischen Perspektiven heraus. Heute verlieren traditionelle Konzepte von Normalität jedoch ihre ausgewählter Form sozialphilosophische bindende Kraft; darum werden In Theorien herangezogen, um die Krise überkommener Normalitätsmodelle zu beleuchten und Konturen ihrer sozialwissenschaftlichen Bewältigung auszumalen.

Ludwig Reiter (1996): Familie und psychosomatische Krankheit. Theoretische und klinische Perspektiven. In: systeme  10 (1), S. 31–44.

abstract:  im ersten Teil des Beitrags wird am Beispiel der „psychosomatischen Familie“ dargestellt, wie die Kritik an der Spezifitätstheorie zur Weiterentwicklung klinischer Konzepte führte. Im zweiten Teil wird anhand einer Falldarstellung eine vom Autor vorgeschlagene klinische Heuristik erläutert. Den Schluss bilden Überlegungen über den Zusammenhang zwischen klinischen Theorien und der Professionalität in der Systemischen Therapie.

Barbara Hasiba (1996): Das Herz haben, Sterben zuzulassen. In: systeme  10 (1), S. 45–74.

abstract:  Aus der Sicht, daß Hellung das Ziel in der Rückgewinnung der Autonomie hat und existentielle Krankheit eine Anpassungsleistung im individuellen Lebensprozess fordert, wird in diesem Artikel versucht, auf die Schwierigkeiten und Herausforderungen in der Arzt-Patient-Beziehung bei der Begleitung von Krebskranken einzugehen. Der anschließende Bericht einer Langzeitbegleitung einer an Brustkrebs erkrankten Patientin will Möglichkeiten aufzeigen, systemisches Denken und Handeln in der Allgemeinpraxis als eine mögliche Orientierung zu integrieren.

Wolfgang Loth (1996): Ein heuristisches Schema zum Unterscheiden psychosozialer Hilfeangebote – ein Diskussionsbeitrag. In: systeme  10 (1), S. 75–86.

abstract:  Im vorliegenden Text schlage ich ein überschaubares und handhabbares Schema zum Unterscheiden psychcsczialer Hilfeangebote vor. Es greift auf die Dimensionen „Prämissen“, „Handeln“ und „Evaluation“ zurück, deren Pole inhaltlich unterscheidend beschrieben werden. Auf dieser Grundlage lassen sich sowohl (wie im vorliegenden Fall) idealtypische Beschreibungen ableiten, wie auch Einschatzungen unterschiedlicher Becbachterinnen und Beobachter ordnen. Die Anwendung des Schemas auf Systemische Therapie wird gezeigt. Des weiteren vermitteln Vergleiche der idealtypisch unterschiedenen Profile von Systemischer Therapie und anderen Verfahren einen Eindruck von den Möglichkeiten des vorgestellten Schemas.

Herbert Hofreither & Eva Stöckl-Lacina (1996): Spiegel oder Maske? Anmerkungen zur Psychologie des Gesichts als Ausdruck menschlicher Identität. In: systeme  10 (1), S. 87-91.

Corina Ahlers ( 1996): Das Phänomen H.: Der Zeitgeist schwankt, wer kommt zu Fall? In: systeme 10 ( 1), S. 92-96.

Gerda Klammer & Fridolin Matauschek (1996): 4. Systemische Werkstatt am Institut für Ehe- und Familientherapie, Wien 15. -16. Jänner 1996. In: systeme  10 ( 1), S. 97-102.

Ferdinand Wolf (1996): 1. Europäische Konferenz für Kurzzeittherapie vom 13.-15. September 1995 in Bremen. In: systeme  10 ( 1), S. 102-103.

Ferdinand Wolf (1996): Eine Reise nach Prag. In: systeme  10 ( 1), S. 104-105.

Guido Strunk (1996): Rezension – Karl Toifl (1995): Chaos im Kopf. Chaostheorie – ein nichtiinearer Weg für Medizin und Wissenschaft. Wien/München/Bern (Verlag Wilhelm Maudrich). In: systeme  10 ( 1), S. 106-108.

Wolfgang Loth (1996): Rezension – Arist von Schlippe & Jochen Schweitzer (1996): Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Göttingen/Zürich (Vandenhoeck & Ruprecht). In: systeme  10 ( 1), S. 109-110.

Wolfgang Loth (1996): Steven Friedman (Hrsg) (1995): The Reflecting Team in Action. Coliaborative Practice in Family Therapy. New York/London (The Guilford Press). In: systeme  10 (1), S. 110-111.

Gerda Klammer (1996): Rezension –  Wolfgang Eberling & Jürgen Hargens (1996): Einfach kurz und gut. Zur Praxis der lösungsorientierten Kurztherapie. Dortmund (Borgmann). In: systeme  10 ( 1), S. 111-112.

Gerda Klammer (1996): Rezension – Michael Durrant (1996): Auf die Stärken kannst du bauen. Lösungsorientierte Arbeit in Heimen und anderen stationären Settings. Dortmund (verlag modernes lernen). In: systeme  10 ( 1), S. 112-114.

Sabine Klar, Ina Manfredini & Leonore Steininger (1996): Psychotherapieprojekte der ÖAS – Wien. Erster Erfahrungsbericht. In: systeme  10 ( 1), S. 120-124.


Heft 2

Ludwig Reiter (1996): Zur Kritik der Heidelberger Psychosenkonzeption – eine Untersuchung am Beispiel von Arnold Retzers Buch »Familie und Psychose«. In: systeme  10 (2), S. 4–15.

abstract:  Der Beitrag untersucht die theoretischen, empirischen und ethischen Grundlagen der von der Heidelberger Gruppe entwickelten Psychosentheorie über den Zusammenhang von Familie und Psychose. Es wird gezeigt, daß die Typologie von Familien der syndromologischen Spezifitätstheorie verpflichtet ist, die durch zahlreiche Forschungsarbeiten widerlegt wurde. Das von Amold Retzer verwendete experimentelle Design wird als der gegenwärtigen Lage aller Spezifitätstheorien (Psychosomatik, Psychoonkologie) unangemessen dargestellt, da es vordringlich dem Zweck der Immunisierung des Heidelberger Ansatzes dient. Einige Möglichkeiten, brauchbare Ideen des Heidelberger Ansatzes weiterzuentwickeln, werden skizziert. Abschliessend wird die Ansicht vertreten, daß die Heidelberger Psychosentypologie beim gegenwärtigen Stand ihrer Ausarbeitung die professionellen Standards nicht erfüllt und aufgegeben werden sollte.

Elisabeth Wagner (1996): Systemische Einzeltherapie im Zwangskontext. In: systeme  10 (2), S. 16–33.

abstract:  Im vorliegenden Artikel wird diskutiert, welche Aspekte systemisch-konstruktivistischen Denkens bei der Arbeit mit Gewalttätem im Zwangskontext hilfreich sind und welche spezifischen Schwierigkeiten sich bei der Anwendung dieser Konzepte ergeben. Vorteilhaft erscheint die explizite Thematisierung des Therapieauftrages und die Sensibilität für die Kontextabhängigkeit von Wahrnehmung und Verhalten. Der Verzicht auf eine Persönlichkeitstheorie und auf spezifische Krankheitsmodeile wird als problematisch diskutiert.

Henry Vorpagel & Joachim Hinsch (1996): Systemische Therapie mit Suchtpatienten: Von der Pathologisierung zur Funktionalisierung. In: systeme  10 (2), S. 34–45.

abstract:  Im ersten Teil des Beitrages wird der Versuch unternommen, die Entwicklung des Drogenproblems in seiner Komplexität kritisch darzustellen. Es wird beschrieben, wie im Zusammenspiel bestimmter Lösungsstrategien aller betroffenen Helfer- und Kontrollsysteme um das Thema Droge ein Problemsystem entsteht. Im zweiten Teil wird die Hersteilung eines therapeutischen Systems beschrieben. Der Drogenkonsum wird als eine gültige Lösungsstrategie des Patienten begriffen und die damit verbundenen Ziele werden herausgearbeitet. In der Therapie werden andere Lösungsmöglichkeiten gesucht. Ein Falibeispiel illustriert diesen Prozess.

Guido Strunk (1996): Versuch einer systemischen Modellbildung. In: systeme  10 (2), S. 46–64.

abstract:  Der folgende Beitrag stellt ein einfaches Verfahren zur systemischen Modellbildung und Diagnostik anhand eines Beispiels dar. Es wird eine knappe theoretische Einordnung der Methode versucht, wobei Unterschiede zu kategorisierenden und quantifizierenden diagnostischen Verfahren aufgezeigt werden. Der zugrunde liegende Systembegriff wird erläutert. Der „Output“ der Methode besteht in der Identifikation von vier Schlüsselelementen des zu betrachtenden Systems und einer graphischen Darstellung der Systemzusammenhänge, Allerdings steht dabei weniger eine wissenschaftlich exakte Modeilbildung im Vordergrund als vielmehr das spielerische Umgehen mit Perspektiven auf ein System. Da die Methode inhaltlich offen ist, können verschiedene Fragestellungen bearbeitet werden. Das konkrete Praxisbeispiel stammt aus dem Bereich der Grundschule. Dabei ging es darum, das komplexe System einer Grundschule in seinen Vemetzungen zu verstehen. Das Beispiel wird ausführlich dargestellt, so daß die Möglichkeiten und Grenzen der Methode für die Praxis deutlich werden.

Tom Andersen (1996): Systemische Familientherapie: Divergieren und Konvergieren von Themen. In: systeme  10 (2), S. 65–67.

abstract:  Ich bin weder ein Philosoph noch ein Historiker, aber an beidem ein bisschen interessiert. Da ein großer Teil dieses kurzen Aufsatzes unter diesen beiden Perspektiven entstanden ist, sollen der Leser und die Leserin wissen, daß meine allgemeineren Äußerungen aus zwei Quellen stammen: Georg Henrik von Wright und Age Wifstad. Der kleinere und speziellere Teil über Familientherapie stammt von mir selbst. Ich würde gerne Synonyme für divergieren und konvergieren finden. Divergieren steht auch für ausbreiten, fragmentieren, auseinander dividieren. Regeln mißachten oder differenzieren; konvergieren für: sammeln, vereinen, etwas erzwingen oder kontrollieren.

Sabine Klar (1996): Meine Vorurteile über Vorurteile. Gedanken zum Thema systemische Psychotherapie und Politik. In: systeme  10 (2), S. 68-72.

abstract:  Wenn wir etwas aussagen, eine Handlung initiieren, eine Entscheidung treffen, eine Gegenposition einnehmen wollen, müssen wir die Komplexität des auch noch anders Sagbaren, Entscheidbaren reduzieren. Wir stellen Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen Wahrnehmungen, zwischen Wahrnehmungen und Begriffen, zwischen Wahrnehmungen und Verhaltensweisen, zwischen Verhaltensweisen und Bewertungen, zwischen Bewertungen und Gefühlen her, obwohl im Prinzip auch noch andere Verknüpfungen möglich wären. Aus der Auswahl bestimmter Verknüpfungen ergeben sich Festlegungen. Jede Festlegung ermöglicht zwar einerseits weitere Verknüpfungen (z.B. mit daraus resultierenden Handlungen), enthält aber auch das Risiko, daß die Festlegung sich in einem bestimmten Kommunikationssystem als falsch bzw. unpassend erweist. Aus einer Festlegung erwachsen weitere (über den Prozess des Denkens und über die Kommunikation mit anderen Personen zu diesem Thema). Dennoch sind Festlegungen im alltäglichen Handlungsraum notwendig.

Stefanie Friedlmayer & Judith Illetschek (1996): Global Dialogue – Diversity and Unity. 8th IFTA World Congress. 4. -10. Jull 1996 in Athen und Kyllini. In: systeme  10 (2), S. 74-75.

Clemens Stieger & Victor W. Gotwald (1996): Ein „Familienfest“ der Kurztherapeuten und -therapeutinnen in Wien oder von der Systemischen Therapie zur „Therapeutenfamilie“? Eindrücke von der Konferenz „The Global Reach of Brief Therapy 2“ vom 28. – 30. Juni 1996 am i.S.T. in Wien. In: systeme  10 (2), S. 75-78.

Wolfgang Loth ( 1996): Rezension – Hans Schindler (Hrsg) (1996): Unheimliches Heim. Von der Famlie ins Heim und zurück!?! Familientherapeutische und systemische Ideen für die Heimerziehung. Dortmund (Verlag modernes lernen). In: systeme 10 ( 2), S. 79-80.

Markus Hölzl ( 1996): Rezension – Werner Langthaler, Günter Schiepek (Hrsg) (1995): Selbstorganisation und Dynamik in Gruppen. Münster (Lit Verlag). In: systeme 10 ( 2), S. 80-80.

Jürgen Hargens ( 1996): Rezension – Rosmarie Welter-Enderlin & Bruno Hildenbrand (1996): Systemische Therapie ais Begegnung. Stuttgart (Klett-Cotta). In: systeme 10 ( 2), S. 81-81.

Jürgen Hargens (1996): Rezension – Ben Furman & Tapani Ahola (1995): Die Zukunft ist das Land, das niemandem gehört … Probleme lösen im Gespräch. Stuttgart (Klett-Cotta). In: systeme  10 (2), S. 82-82.

Guido Strunk (1996): Rezension – Heinz Hummitzsch (1995): Psychotherapie. Ein schulenübergreifender Ansatz. Heidelberg (Asanger Verlag). In: systeme  10 (2), S. 82-84.