systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

Familiendynamik 2009

Borst, Ulrike, Hans Rudi Fischer & Schlippe, Arist von (2009): Editorial: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Das 34. Jahr der Familiendynamik. In: Familiendynamik 34 (1): 1-3.

Grossmann, Konrad (2009): Abschied von narrativer Therapie. In: Familiendynamik 34 (1): 6-16.

abstract: Eingebettet in die Tagebuch-Notizen einer Bergwanderung wer den Reflexionen zur Verwandlung therapeutischer Modellbildung und Identität wiedergegeben. Zu Beginn stellt der Autor zentrale Prämissen narrativer Therapietheorie nach Michael White vor und skizziert, was im Kontext narrativer Therapietheorie »unerzählt« bzw. marginalisiert ist. Im weiteren Verlauf der Wanderung wird narrative Modellbildung einem (synergetischen) Verständnis von Therapie als Lernvorgang gegenübergestellt. Psychotherapie wird in diesem Zusammenhang als Anregung von Kontextveränderung bzw. als Hemmung dominanter und Aktivierung/Bahnung alternativer Potentiale des Erlebens, Denkens, Verhaltens und Interagierens gelesen. Im Abschluss werden Verbindungslinien zwischen dem Lernmodell von Therapie und narrativer Praxeologie gezogen.

Bleakney, Lesley Anne & Harald Welzer (2009): Strukturwandel des Familiengedächtnisses. Ein Werkstattbericht. In: Familiendynamik 34 (1): 18-25.

abstract: Indem sich Familien Geschichten erzählen, verhandeln sie immer auch Vergangenheiten und Zukünfte – solche der ganzen Familie, aber auch die ihrer einzelnen Mitglieder. Insbesondere für die Entwicklung, Förderung und Steuerung persönlicher beruflicher Aspirationen spielen Kommunikationen in der Familie nach wie vor eine zentrale Rolle. Seit aber mit den Strukturveränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in den sozialen Regulierungssystemen auch die biografischen Projekte der jüngeren Genera tionen unter verstärkten Leistungs- und Erfolgsdruck geraten sind, sind die Zukunftshorizonte der einzelnen Generationsangehörigen in den Familien unterschiedlich lang geworden. Dieses Phänomen wird im Rahmen eines international vergleichenden Projekts untersucht, das mit Familienerzählungen von Dreigenerationenfamilien in Deutschland, USA und Luxemburg arbeitet.

Gabriel, Yannis (2009): Geschichten und Geschichtenerzählen in Organisationen. In: Familiendynamik 34 (1): 26-29.

abstract: Der narrative Ansatz hat in der Organisationsforschung bereits eine längere Tradition. Geschichten verknüpfen personale und soziale Identitäten und sind so ein zentrales Medium der Sinnstiftung in Organisationen und der Entwicklung organisationaler Identität. Der Aufsatz gibt einen Überblick über das noch sehr begrenzte, aber vielversprechende Feld narrativer Organisationsforschung.

Boothe, Brigitte (2009): Die Geburt der Psyche im elterlichen Erzählen. In: Familiendynamik 34 (1): 30-43.

abstract: Erzählend lässt ein Erwachsener das Kind zur Person werden, zum Individuum mit Motiven, Emotionen und Handlungsrepertoire. Erzählend integriert er das Kind ins soziale Umfeld, macht vergangene Erfahrung neu und lebendig im Hier und Jetzt, organisiert im Nachhinein Erregung, Unruhe, Unsicherheit und Unbehagen und gestaltet das Ereignis in der Erzählung so, dass Wunschmotive darin als Verlockungsprämien zur Erscheinung kommen. Erzählen ist auch Selbstmitteilung: Es ist eine Leistung der sozialen Integration, der egozentrischen Vereinnahmung von Wirklichkeit, der Regieführung und eine Maßnahme der Befindlichkeitssteuerung. Erzählen ist Daseinsaneignung, ist Verwandlung des Gegebenen in Menschenwelt. Es braucht dabei das mitvollziehende und empathische Gegenüber. Erzählen entsteht aus Spannung und gestaltet Spannung; dabei werden kreative Ressourcen im Spiel narrativer Gemeinschaftsbildung erschließbar.

Fischer, Hans Rudi (2009): Über das Marionettentheater. Ein kritischer Blick auf die Hirnforschung und die Möglichkeiten der Psychologie. In: Familiendynamik 34 (1): 44-57.

abstract: Eine der spektakulären neurobiologischen Hypothesen lautet: Willensfreiheit ist eine Illusion. Experimentellen Studien zufolge hinken unsere bewussten Entscheidungen den neurophysiologisch determinierten Entscheidungen zeitlich immer hinterher. Ausgehend von Heinrich von Kleists Essay »Über das Marionettentheater« und dieser Metaphorik werde ich solche und verwandte Hypothesen in den Zusammenhang des Leib-Seele-Problems stellen und von dort aus die Kategorienfehler und Paradoxien aufzeigen, denen solche Positionen aufsitzen. Neben wissenschaftstheoretischen und wissenschaftslogischen Überlegungen werden Argumente der philosophischen Anthropologie genutzt, um zu zeigen, dass wir den Menschen nicht anders begreifen können, als dass ihm die Freiheit als Fähigkeit und mithin die Verantwortung, seinen Willen im Gestrüpp vielfältiger Determinationen selbst zu bestimmen, gegeben und aufgegeben ist. Unser Rechtssystem, unser Gesundheitssystem, unsere ganze Kultur fußt auf dem Begriff der Person und dem konstitutiven Gedanken der Willensfreiheit. Ich werde einen veritablen Begriff von Willensfreiheit vorschlagen, der dem, was wir in Psychologie, Psychotherapie oder in alltäglicher Kommunikation tun, einen plausiblen Sinn gibt.

Kornhuber, Hans Helmut & Lüder Deecke (2009): Hirntätigkeit und Willensfreiheit. In: Familiendynamik 34 (1): 58-59.

Lieb, Hans (2009): Persönlichkeitsstörung aus systemischer Sicht. In: Familiendynamik 34 (1): 60-73.

abstract: Von der Unterscheidung in »Landkarte« und »Gebiet« ausgehend, wird die These aufgestellt, dass der Begriff »Persönlichkeitsstörung« eine Form von Landkarte darstellt, die im psychotherapeutischen »Land« keine hilfreiche Orientierung bietet. Im Gegenteil, wer ihn verwendet, verfängt sich in Widersprüchen und begibt sich auch auf ethisch schwieriges Terrain. Deshalb wird vorgeschlagen, diesen Begriff nicht weiter zu verwenden. Diese Schlussfolgerung wird argumentativ untermauert. Dazu wird aus systemisch-konstruktivistischer Sicht eine Perspektive der Beobachtung zweiter Ordnung auf das mit dieser Diagnose operierende Diagnostizieren eingenommen. Dieser Blick erlaubt herauszufinden, welche sozialen Umstände konstitutiv sind für die Vergabe einer solchen Diagnose. Damit können die diesem Begriff innewohnenden Aporien herausgearbeitet werden, die allesamt darin bestehen, dass der Begriff voraussetzt, was er bestreitet. Es wird, der Logik dieses Beitrags folgend, kein Vorschlag gemacht, wie »Persönlichkeitsstörungen« zu behandeln seien. Es wird aber darauf verwiesen, wie Therapeuten vorgehen können, wenn sie mit Interaktionsstilen zu tun haben, auf die sich der Begriff der »Persönlichkeitsstörung« bezieht, und wie sie Probleme behandeln können, die erst durch diese Diagnosen entstanden sind.

Schmitt, Alain & Martin F. Weckenmann (2009): Settingdesign in der (systemischen) Therapie mit Kindern. Teil I: Indikationen. In: Familiendynamik 34 (1): 74-91.

abstract: Bis heute scheint die alte Frage offen, ob in der Therapie mit Kindern diese allein oder unter Mitberatung oder unter systematischem Einbezug der Eltern zu behandeln seien oder ob Eltern allein oder die Familie als Ganzes im Fokus der Bemühungen stehen sollen. Die empirischen Antworten und die theoretischen Positionen verschiedener Schulen und Gründerfiguren stimmen sehr gut überein: Das Setting sollte multi-systemisch sein; Kindereinzeltherapie ist allermeistens wenig(er) effizient und mitunter kontraindiziert. Jedes Teilsystem (peers, Geschwister, Eltern, Kind, Familie, Schule usw.) kommt als Ursache und Aufrechterhalter der Probleme in Frage und trägt viel zu Diagnostik, Prozess und Lösung bei. Im Gegensatz zum State-of-the-Art wird weltweit und seit langem die klinische Praxis von Settings dominiert, bei denen Kinder einzeln unter mehr oder weniger unsystematischem Einbezug der Eltern behandelt werden oder Eltern allein beraten werden. Die Kluft zwischen Theorie, Empirie und Praxis sollte überbrückt und das Setting multisystemisch und als nachhaltige Intervention gesehen und genutzt (s. Teil II, Heft 2/09) werden.

Borst, Ulrike, Hans Rudi Fischer & Schlippe, Arist von (2009): Feldpost: Wie provozieren? In: Familiendynamik 34 (1): 92-93.

Fischer, Hans Rudi & Helm Stierlin (2009): Ohne Kontroversen wird’s schnell langweilig! Hans Rudi Fischer im Gespräch mit Helm Stierlin zur Geschichte und Zukunft der Familientherapie. In: Familiendynamik 34 (1): 94-98.

Borst, Ulrike (2009): Der besondere Fall: Zwischen Leben und Tod. In: Familiendynamik 34 (1): 99-100.

Michelmann, Anni (2009): Systemische Therapie/Familientherapie auf dem gerichtlichen Prüfstand: Wer bestimmt, was wissenschaftlich anerkannt ist? In: Familiendynamik 34 (1): 101-102.

Kriz, Jürgen (2009): Zurückgeschaut – Texte, die prägend waren: Humberto R. Maturana, Francisco J. Varela (1987): Der Baum der Erkenntnis. Wie wir unsere Welt durch unsere Wahrnehmung erschaffen – die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. In: Familiendynamik 34 (1): 103-105.

Weyand, Gabriele (2009): Erzählen, Erinnern, Vergessen – Der Film Cachè. In: Familiendynamik 34 (1): 106-108.

Fischer, Hans Rudi (2009): Rezension – Hans J. Markowitsch & Harald Welzer (2006): Das autobiographische Gedächtnis. Hirnorganische Grundlagen und biosoziale Entwicklung. Stuttgart (Klett-Cotta), 2. Aufl. In: Familiendynamik 34 (1): 109-110.

Friedrich-Hett, Thomas (2009): Rezension – Klaus G. Deissler (Hrsg.) (2006): Familienunternehmen beraten. Positionen und Praxisbeispiele. DiskurSys – Ressourcen zur Beratungspraxis, Bd. 2. Bielefeld (transcript). In: Familiendynamik 34 (1): 110-112.

Vogt, Manfred (2009): Rezension – Steve de Shazer & Yvonne Dolan (2008): Mehr als ein Wunder – Lösungsfokussierte Kurztherapie heute. Heidelberg (Carl-Auer). In: Familiendynamik 34 (1): 112-113.

Hargens, Jürgen (2009): Leserbrief: Wieso? Warum? Weshalb? Oder: Was verbinden Respektlosigkeit, systemische Beschreibungen und Bindungstheorie? In: Familiendynamik 34 (1): 114-118.

Rufer, Martin (2009): Leserbrief: Gedanken zu den »Systemischen Identitäten« (FD 4/2008). In: Familiendynamik 34 (1): 119-119.

Borst, Ulrike (2009): Editorial: »Die Nabelschnur ist die Mutter aller Ketten«. In: Familiendynamik 34 (2): 121-121.

Lütkehaus, Ludger (2009): Von der schweren Geburt der Geburtsphilosophie. In: Familiendynamik 34 (2): 124-135.

abstract: Anders als in der christlich- abendländischen Tradition, die den Menschen auf den Tod hin zu verstehen versucht, stellt der Autor seine Philosophie der Geburt vor. Gerade weil man die Geburt oft nicht als »Geschenk des Lebens«, sondern als Anfang eines leidbehafteten Lebens betrachten muss und vollends in letzter Zeit, seit die Fortschritte der Bio-, Gen- und Medizintechnologie die Geburt als »optional« erscheinen lassen, ist eine Philosophie der Gebürtlichkeit notwendig. In Auseinandersetzung u. a. mit Hannah Arendt und Peter Sloterdijk wird dargelegt, dass durch das Faktum der Natalität durch jeden von uns ein Anfang in die Welt kommt, der uns zugleich die Gabe verleiht, einen Anfang zu setzen. Dennoch ist es der Inbegriff der Fremdbestimmung, in die Welt hineingeboren zu sein. Je technischer, je willentlicher die Herstellung, umso deutlicher wird die Willenlosigkeit der Existenz. Die alten Leitmetaphern (das »Geschenk des Lebens », das Erblicken des »Lichtes der Welt«) taugen nicht mehr zur Rechtfertigung, dass es gut war, zu erzeugen. Das Verhältnis der Schöpfer zu den Geschöpfen, der Eltern zu den Kindern muss neu bestimmt werden. Es obliegt der Welt, die »Neuankömmlinge« willkommen zu heißen; und es ist die Verantwortung der Erzeuger, ihre unmündigen Kinder zur Mündigkeit zu befähigen.

Fivaz-Depeursinge, Elisabeth (2009): Trianguläre Kommunikation von Babys in »Zwei-für-einen«- versus »Zwei-gegen-einen«-Dreiecken. In: Familiendynamik 34 (2): 136-145.

abstract: Säuglinge nutzen ihre soziale Kompetenz sehr früh, um nicht nur in Dyaden, sondern auch in Triaden zu kommunizieren. Dies gilt insbesondere in dem Dreieck, das sie mit Mutter und Vater bilden. Die Entwicklung dieser triangulären Kommunikation ist zu einem großen Teil durch die Art geprägt, in der sich die Eltern in der Beziehung zu ihrem Kind gegenseitig unterstützen oder schwächen. Während trianguläre Kommunikation in »Zwei-für-einen«-Allianzen gefördert wird, dient sie in »Zwei-gegen-einen«- Koa litionen der elterlichen Konfliktregulation. Solche Prozesse können bereits in der frühen Kindheit beobachtet und bis in die Schwangerschaft, in der sich das elterliche Bündnis formt, zurückverfolgt werden.

Suess, Gerhard J. (2009): Kommunikation und Beziehung in Familie und Gleichaltrigenwelt. Die Grundpfeiler der Entwicklung der Person in den ersten sechs Lebensjahren. In: Familiendynamik 34 (2): 146-155.

abstract: Die Art und Weise, wie ein Kind in wichtigen Beziehungen lernt, seine Bedürfnisse zu kommunizieren, formt die Entwicklung seiner Person. Frühe Bindungserfahrungen sind deshalb grundlegend, weil sie Entwicklungspfade einleiten und über innere Bindungsmodelle zunehmend für eine Stabilisierung von Entwicklung sorgen. Diese Bindungsmodelle werden später auf den Gleichaltrigenkontext ausgedehnt und entweder bestätigt oder korrigiert. Die Kenntnis dieser dynamischen Prozesse und der sich entfaltenden Kräfte, die entweder für eine Beibehaltung oder eine Veränderung von Entwicklungsverläufen sorgen, ist informativ für Prävention und Intervention. Frühe Hilfen werden dabei ebenso nahegelegt wie integrative Interventionsansätze, die die ständigen Transaktionen zwischen Repräsentation, Interaktion in gegenwärtigen Beziehungen sowie der Geschichte der zurückliegenden Anpassung nicht nur in der Familie, sondern auch in der Gleichaltrigenwelt ansprechen.

Cierpka, Manfred (2009): Keiner fällt durchs Netz. Wie hoch belastete Familien unterstützt werden können. In: Familiendynamik 34 (2): 156-167.

abstract: In den letzten Jahren haben sich in der psychosozial orientierten Prävention immer stärker familienunterstützende Maßnahmen durchgesetzt, um Kinder vom Beginn ihres Lebens an in ihrer Entwicklung zu fördern. Vorsorge ist insbesondere erforderlich, wenn ein Säugling in eine Familie mit hohen Belastungen hineingeboren wird. Diese »hoch belasteten Familien« müssen unterstützt werden, damit sie ihren Kindern angemessen gute Umgebungsund Reifungsbedingungen zur Verfügung stellen können. In Familien mit angemessenen Ressourcen kommt es entsprechend weniger häufig zur Gefährdung des Kindeswohls. Strategien mit Geh- statt mit Kommstrukturen sind notwendig, um die »hoch belasteten Familien« zu erreichen. Das Projekt »Keiner fällt durchs Netz« wird gegenwärtig in neun Gebietskörperschaften (Landkreisen, Städten) implementiert.2 Der Ansatz sieht ein dreischrittiges Vorgehen vor, um die Familien zu erreichen, über ein Jahr zu begleiten und ihnen, falls notwendig, weitere Hilfen zu ermöglichen. Dieser Interventionsansatz zeichnet sich durch folgende drei Aspekte aus: 1.) Risikokonstellationen in einer Partnerschaft/Familie werden von niedergelassenen GynäkologInnen bei schwangeren Frauen bzw. Frauen nach der Geburt auf der Geburtshilfe-Station (vom dortigen Team, im Konsens) anhand einer Risikocheckliste als belastet eingeschätzt; 2. Begleitungen werden durch Familienhebammen initiiert; 3. zu sätzliche Hilfen werden bei Bedarf mit einbezogen. In den Regionen werden Ko ordinationsstellen und ein »Netzwerk für Eltern« etabliert, in denen die Vertreter der frühen Hilfesysteme zusammenarbeiten.

Funcke, Dorett (2009): Komplizierte Verhältnisse: Künstliche Befruchtung bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Einblicke in eine neue Lebensform. In: Familiendynamik 34 (2): 168-180.

abstract: Im Zentrum dieses Beitrags steht die sozialisatorische Triade, deren Relevanz in der Spätmoderne angesichts der Pluralität von Familienformen umstritten ist. Nach einem kurzen Überblick über verschiedene Positionen zum Fa milienbegriff und einem Kapitel, das über medizinische und rechtliche Faktoren des Familienbildungsprozesses bei gleichgeschlechtlichen Paaren informiert, werden drei Fallbeispiele von Frauenpaaren vorgestellt, die sich auf dem Wege der künstlichen Befruchtung den Kinderwunsch erfüllt haben. Von zentralem Interesse ist die Frage, ob die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft mit künstlich gezeugten Kindern einen Beleg dafür liefert, dass in Zukunft Familie vor dem Hintergrund der Entkopplung von Elternschaft und Paarbeziehung zu analysieren ist.

Weckenmann, Martin F. & Alain Schmitt (2009): Settingdesign in der (systemischen) Therapie mit Kindern. Teil II: Interventionen. In: Familiendynamik 34 (2): 182-192.

abstract: Teil I (Familiendynamik, 34, 1/2009, 74 − 91) hat die Bedeutung des Settings in der Therapie mit Kindern, den Umgang verschiedener Schulen damit und relevante Forschungsergebnisse gezeigt. Hier werden an Beispielen Perspektiven aufgezeigt, von denen aus das Setting gestaltet und als Intervention genutzt werden kann. Diese sind die Autonomie des Kindes, das Gebot der Transparenz, die Auftragslage, die Arbeitsfähigkeit des therapeutischen Systems, institutionelle und gesellschaftli che Kontexte, die Idee der Kinderreparatur und die Belastung der Eltern. Immer ist das Setting auch eine Botschaft und kann in Bezug auf Lösungen nützlich oder hinderlich sein.

Schlippe, Arist von, Hans Rudi Fischer & Ulrike Borst (2009): Feldpost: Sei echt! Wie kann man »echt« und professionell handeln? In: Familiendynamik 34 (2): 193-195.

Zulauf, Ulrich & Heinz Herzka (2009): Das Interview: Ulrich Zulauf im Gespräch mit Heinz Herzka. In: Familiendynamik 34 (2): 196-200.

Straus, Doris (2009): Der besondere Fall: Wer ist das bedürftige Kind. In: Familiendynamik 34 (2): 201-204.

Rotthaus, Wilhelm (2009): Berufspolitik: Gutachten des WBP zur Anerkenneung der Systemischen Therapie. In: Familiendynamik 34 (2): 205-206.

Buchholz, Michael B. (2009): Zurück-Geschaut: Gregory Bateson – Ein Meta-Logiker. In: Familiendynamik 34 (2): 207-208.

Fischer, Hans Rudi (2009): FilmDynamik: Amors Pfeil: Wie kommt Sinn in die Welt? Die fabelhafte Welt der Amélie…. In: Familiendynamik 34 (2): 209-215.

Wäschle, Robert (2009): FilmDynamik: Keiner Weniger (Not One Less). Was Kinder trotz widriger Umstände vermögen. In: Familiendynamik 34 (2): 216-217.

Schlippe, Arist von (2009): Rezension – Christiane Bauer & Thomas Hegemann (2008): Ich schaffs! – Cool ans Ziel. Das lösungsorientierte Programm für die Arbeit mit Jugendlichen. Heidelberg (Carl Auer Systeme). In: Familiendynamik 34 (2): 218-218.

Lanfranchi, Andrea (2009): Rezension – Heinz Walter (Hrsg.) (2008): Vater, wer bist du? Auf der Suche nach dem »hinreichend guten« Vater. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Familiendynamik 34 (2): 218-220.

Müller, Marita & Christiane Werner (2009): Rezension – Jordan Sonnenblick (2008): Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde – und warum. Hamburg (Carlsen); Michael G. Bauer (2008). Nennt mich nicht Ismael! München (Hanser); Dowd, Siobhan (2008). Der Junge, der sich in Luft auflöste. Hamburg (Carlsen). In: Familiendynamik 34 (2): 220-221.

Duss-von Werdt, Josef, Jochen Schweitzer, Gabriella Selva, Daniel Krähenbühl, Erhard Wedekind, Günther Emlein, Alen Vukovic, Tina Maurer, Michael Grabbe & Tom Levold (2009): Stimmen zum Relaunch. In: Familiendynamik 34 (2): 222-223.

Schweitzer, Jochen & Schlippe, Arist von (2009): Editorial: Über die Familiengrenzen hinaus – zurück zu den Wurzeln? In: Familiendynamik 34 (3): 225-225.

Asen, Eia (2009): Multifamilientherapie. In: Familiendynamik 34 (3): 228-235.

abstract: Der Beitrag beschreibt Geschichte und Entwicklung der Multifamilientherapie und die verschiedenen Anwendungsbereiche dieses therapeutischen Verfahrens. Techniken und therapeutische Prinzipien werden erläutert und Forschungsergebnisse kurz präsentiert, die die Wirksamkeit dieses Ansatzes unterstreichen. Multifamilientherapie ist in den letzten Jahren auch im deutschsprachigen Raum populär geworden, und sie lässt sich sowohl im ambulanten, tagesklinischen Bereich wie auch in Jugendamtseinrichtungen und Schulen durchführen.

Borduin, Charles M. (2009): Multisystemische Therapie bei antisozialem Verhalten Jugendlicher. In: Familiendynamik 34 (3): 236-245.

abstract: Die theoretischen und klinischen Grundlagen der Multisystemischen Therapie (MST) beruhen auf Forschungsergebnissen über die Determinanten antisozialen Verhaltens Jugendlicher. Darüber hinaus bezieht sich die MST auf sozial-ökologische Modelle, in denen die Familie des Jugendlichen, seine Peer-Gruppe, die Schule und die Nachbarschaft als miteinander verbundene Systeme angesehen werden, die auf dynamische und rückbezügliche Weise das Verhalten der einzelnen Familienmitglieder beeinflussen. Klinische Untersuchungen zeigen die langfristigen Wirkungen der MST: Sie reduziert kriminelle Aktivitäten und die Zahl der Inhaftierung Jugendlicher. Die Wirksamkeit der MST kann zum einen der Tatsache zugeschrieben werden, dass der jeweilige Interventionsfokus sich exakt auf die verursachenden Bedingungen der Jugendkriminalität richtet, und zum anderen der Tatsache, dass die Leistungen direkt im sozialen Umfeld des Jugendlichen erfolgen und daher besonders ökologisch valide sind.

Omer, Haim & A. von Schlippe (2009): Stärke statt Macht. »Neue Autorität« als Rahmen für Bindung. In: Familiendynamik 34 (3): 246-254.

abstract: Die Grundsätze von elterlicher Präsenz und gewaltlosem Widerstand werden unter der Perspektive des Bindungsbegriffs diskutiert. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der »neuen Autorität« vorgestellt. Das Ziel des »Elterncoachings« nach diesem Konzept ist nicht die Kontrolle des Kindes, sondern die Wiederherstellung einer beeinträchtigten Bindung zwischen Kind und Eltern. Die psychische Sicherheit des Kindes wird gefördert durch die verlässliche Präsenz, die wachsame Sorge, die Beharrlichkeit und Ausdauer der Eltern. Die Betonung von elterlicher Selbst-Kontrolle statt Kontrolle über das Kind, von Beharrlichkeit statt unmittelbarer Vergeltung, von Transparenz und Vernetzung statt einer strengen Hierarchie und von Versöhnungsschritten statt Mechanismen von Belohnung und Bestrafung eröffnet neue Beziehungsmöglichkeiten zwischen Eltern und Kind. Es wird angestrebt, dass sich bei den Beteiligten »Arbeitsmodelle« entwickeln, die nicht einer Logik der Kontrolle folgen, sondern einer Logik der Verbundenheit.

Ollefs, Barbara, A. von Schlippe, Haim Omer & Jürgen Kriz (2009): Jugendliche mit externalem Problemverhalten. Effekte von Elterncoaching. In: Familiendynamik 34 (3): 256-265.

abstract: Der Artikel beschreibt die erste bundesweite Erhebung zur Überprüfung der Effekte des Elterncoachings im gewaltlosen Widerstand (nach Omer & v. Schlippe). Eine Elterngruppe, die an einem Elterncoaching teilgenommen hatte (N=59, ECG), eine Stichprobe von Eltern, die an einem TEEN Triple P-Elternprogramm teilgenommen hatten (N=21, TPG), und eine Wartekontrollgruppe (N=9, WKG) wurden miteinander verglichen. In allen Gruppen zeigten die Kinder (von 11 bis 18 Jahren) oppositionelles, aggressives, dissoziales Verhalten bzw. Störungen in der Aufmerksamkeit. Als Erhebungsinstrumente wur den eingesetzt: ein »Fragebogen zur Elterlichen Präsenz«, die »Child Behavior Checklist«, das »Beck-Depressions- Inventar« und der »Erziehungsfragebogen für Jugendliche«. Die Ergebnisse zeigen in beiden Interventionsgruppen signifikante Verbesserungen in der »Elterlichen Präsenz«. Verbesserungen im »externalen Problemverhalten » der Kinder und Jugendlichen lassen sich nur in der ECG, nicht in der TPG feststellen. Ein verbessertes »Erziehungsverhalten der Eltern« und ein signifikanter Rückgang der »elterlichen Hilflosigkeit und Depressivität« sind in beiden Interventionsgruppen zu verzeichnen. Die psychometrische Überprüfung des »Fragebogens zur Elterlichen Präsenz« zeigt signifikante Interkorrelationen mit den anderen eingesetzten Instrumenten.

Grabbe, Michael (2009): Es gibt keinen Weg zu einer guten Beziehung – eine gute Beziehung ist der Weg. Bündnisrhetorik und praktische Beziehungsgestaltung von Eltern mit ihren Kindern. In: Familiendynamik 34 (3): 266-274.

abstract: Eine Kernfrage in hocheskalierten Eltern-Kind-Beziehungen ist, wie die Beteiligten wieder zu einer Art des gemeinsamen Sprechens gelangen, das ihnen ermöglicht, sich wieder zusammenzuschließen – sei es für ein gemeinsames Ziel oder gegen ein Problem. Der Begriff »Bündnisrhetorik« verdeutlicht die besondere Bedeutung der gesprochenen Sprache und der damit verbundenen Haltung. Es werden eskalationsfördernde Positionen und Haltungen beschrieben, anschließend werden »Dimensionen einer »guten Beziehung« erarbeitet, die sich in der Balance zwischen einer Reihe von Polen ausdrückt: Nähe vs. Distanz; Autonomie vs. Bindung; Lust vs. Pflicht; Instabilität und Aufregung vs. Stabilität und Sicherheit; Bestimmen vs. Sich-Anschließen; Geben vs. Nehmen. In all diesen Dimensionen kann daran gearbeitet werden, eine verlorengegangene gute Beziehung »wiederzufinden«.

Lemme, Martin, Ruth Tillner & Angela Eberding (2009): Neue Autorität in der Schule. In: Familiendynamik 34 (3): 276-283.

abstract: Ausgehend von einer kurzen Darstellung, unter welchen Umständen Lehrer ihre Präsenz verlieren können, wird im Artikel beschrieben, was professionelle Präsenz und neue Autorität bedeuten und wie sie wahrgenommen werden. Professionelle Präsenz wird anhand von sechs Prinzipien näher erläutert. Anhand von sechs Aspekten werden Tools und Interventionen auch anhand von Beispielen beschrieben, die im »präsenten« Handeln genutzt werden können. Systematisch eingesetzt, können sie von einzelnen Lehrpersonen bis hin zu ganzen Kollegien zu einem Konzept entwickelt werden. Die AutorInnen berichten anhand von Beispielen von ihren Erfahrungen in verschiedenen Schulen und vermitteln ein Bild, wie Lehrerinnen durch eigene Stärkung sowohl präventiv als auch akut mit destruktivem und gewaltbereitem Verhalten umgehen können.

Retzlaff, Rüdiger, Stefan Beher, Wilhelm Rotthaus, Jochen Schweitzer & Sydow, Kirsten von (2009): Systemische Therapie mit Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen. Zum aktuellen Stand der Wirksamkeitsforschung. In: Familiendynamik 34 (3): 284-295.

abstract: Dieser Artikel gibt einen Überblick über Wirksamkeitsstudien, die seit Fertigstellung der Expertise zur Systemischen Therapie im Jahr 2006 identifiziert wurden und zusammen mit dieser die Grundlage bilden, auf der Systemische Therapie in Deutschland sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene die Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) erreicht hat. Nach einer Diskussion der Forschungslage werden mögliche Auswirkungen auf die systemische Praxis und Forschung sowie auf die systemischen Ausbildungen reflektiert.

Fischer, Hans Rudi, Schlippe, Arist von & Ulrike Borst (2009): Feldpost: Welche Einladungen nehme ich an? In: Familiendynamik 34 (3): 296-297.

Gimeno, Alberto & Schlippe, Arist von (2009): Familientherapeutische Instrumente in Familienunternehmen. Arist von Schlippe im Gespräch mit Prof. Dr. Alberto Gimeno. In: Familiendynamik 34 (3): 298-301.

Büll, Sonja, Charles M. Borduin, Haim Omer, Schlippe, Arist von & Jochen Schweitzer (2009): Der besondere Fall: Die überforderten Großeltern. In: Familiendynamik 34 (3): 302-307.

Levold, Tom (2009): Zurück-Geschaut: Das »Rätsel Ödipus« – ein guter Begleiter. In: Familiendynamik 34 (3): 308-310.

Weyand, Gabriele (2009): FilmDynamik: Gesprengte Ketten – Effi Briest in einer Neuverfilmung. In: Familiendynamik 34 (3): 311-314.

Hegemann, Thomas (2009): Rezension – Eia Asen & Michael Scholz (2009): Praxis der Multifamilientherapie. Heidelberg (Carl-Auer Systeme). In: Familiendynamik 34 (3): 315-315.

Stierlin, Helm (2009): Rezension – Klaus Mücke (2008): Wer nicht handelt, wird behandelt.
Systemische Lehr- und Lerntexte zu psychiatrischen und psychosozialen Problemlösungen für Betroffene, Angehörige und Professionelle. Potsdam (ÖkoSysteme). In: Familiendynamik 34 (3): 316-317.

Fischer, Hans Rudi (2009): Rezension – Hans Helmut Kornhuber & Lüder Deecke (2007): Wille und Gehirn. Bielefeld (Edition Sirius). In: Familiendynamik 34 (3): 317-319.

Borst, Ulrike & Hans Rudi Fischer (2009): Editorial: Alles Biologie. In: Familiendynamik 34 (4): 321-321.

Hambrecht, Martin (2009): Junge Menschen und beginnende Psychose. In: Familiendynamik 34 (4): 324-332.

abstract: Schizophrene Erkrankungen beginnen meist im frühen Erwachsenenalter und bringen erhebliche psychosoziale Risiken mit sich. Schizophrenien nehmen deshalb unter den Psychosen eine besondere Stellung ein. Bis zur Diagnose vergehen nicht selten mehrere Jahre mit nicht-psychotischen Krankheitsanzeichen und wachsendem Leidensdruck für Patient und Umfeld. Da vor allem ersterkrankte junge Männer noch in der Herkunftsfamilie leben, reagiert immer das gesamte Familiensystem. In den weltweiten Früherkennungs- und Frühbehandlungsinitiativen haben sich neben psychosenahen Prodromalsymptomen vom Betroffenen selbst wahrnehmbare Defizite in Denken und Wahrnehmen als besonders psychoseprädiktiv erwiesen. Verschiedene krankheitsimmanente, psychologische und soziale Hürden erschweren den Zugang zu den Betroffenen. Vertrauensbildung und therapeutisches Bündnis haben für Beratung, Diagnostik und Therapie größte Bedeutung. Im psychosefernen und im psychosenahen Frühverlauf sind unterschiedliche Interventionsstrategien indiziert (Psychotherapie bzw. Pharmakotherapie), für die es erste Wirksamkeitshinweise gibt. Die falsch-positive Zuweisung zu einer Behandlung und andere ethische Bedenken sind den Risiken einer verzögerten Behandlung gegenüberzustellen.

Greve, Nils, Martin Vedder & Thomas Hummelsheim (2009): Psychosen und die Dynamik in gemeindepsychiatrischen Hilfesystemen. In: Familiendynamik 34 (4): 334-344.

abstract: Die Arbeit mit psychotischen Klienten und ihren Familien in einem gemeindepsychiatrischen Kontext wird anhand mehrerer Beispiele dargestellt und unter systemischen Blickwinkeln reflektiert. Als charakteristische Besonderheiten werden die hohe Komplexität von Beziehungsparadigmata, das hohe Ausmaß an unerwarteten Entwicklungen, das Neben- und Miteinander vieler Hilfeformen und die Einbettung systemischer Gespräche in den psychiatrischen Kontext herausgestellt. Veränderungen sind auch nach jahrelanger Stagnation noch möglich, sie entstehen aus unserer Sicht gerade in der Verbindung beratender und therapeutischer Gespräche in Problemsystemen mit vielfältigen Formen der Behandlung, Rehabilitation und Eingliederungshilfe.

Baer, Niklas & Tanja Fasel (2009): «Sie wäre so begabt«. Die Arbeitssituation von Menschen nach Psychosen. In: Familiendynamik 34 (4): 346-359.

abstract: Junge Menschen nach einer psychotischen Krise sind gefährdet, im weiteren Verlauf rasch aus dem Erwerbsleben ausgegliedert zu werden, was für sie selbst und für ihre Angehörigen mit verzögerter Gesundung und verminderter Lebensqualität verbunden ist. Das berufliche Desintegrationsrisiko ist nicht allein durch die behindernden Krankheitsfolgen und die Stigmatisierung psychotischer Erkrankungen begründet, sondern in erheblichem Maße einigen Besonderheiten der psychiatrischen und rehabilitativen Betreuung zuzuschreiben. Die psychiatrische Behandlung kümmert sich kaum um die Arbeitssituation ihrer Patienten und über setzt ihr Wissen nicht für rehabilitative Fragestellungen; umgekehrt orientiert sich die arbeitsrehabilitative Betreuung zunehmend an pädagogischen Konzepten, die psychisch Kranken nicht gerecht werden. Diese Fragmentierung der Hilfen versagt angesichts der anstehenden Neuorientierungsprozesse der psychotisch erschütterten Patienten und ihrer Angehörigen. Eine wirksame berufliche Unterstützung junger Menschen nach einer Psychose muss interdisziplinär und langfristig angelegt geschehen und das Wissen der Angehörigen aktiv einbeziehen. Zudem sollte die Psychiatrie Angebote entwickeln, welche die Arbeitgeber der Betroffenen unterstützen. Das Integrationspotenzial junger Menschen nach psychotischen Krisen ist heute noch bei weitem nicht ausgeschöpft.

Kaser, Karl (2009): Familiale Netzwerke in Krisensituationen. Migrantinnen und Migranten aus Balkano-Anatolien. In: Familiendynamik 34 (4): 360-368.

abstract: Der Beitrag untersucht Familiendynamiken von Migranten und Migrantinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei (Balkano- Anatolien), die sich in Krisensituationen (Krankheit, Altenbetreuung) befinden. Das empirische, qualitative Material entstand in Zusammenarbeit mit einem Gesundheitsarbeiter im Herbst 2008 in Graz/Österreich. Die Analyse zeigt, dass das kulturell erwünschte Ziel – nämlich die Betreuung durch eine verwandte weibliche Person – in der Migrationssituation nur selten realisiert werden kann. Institutionalisierte Betreuung in Form ärztlicher Konsultationen wird gern in Anspruch genommen, nicht jedoch Pflege durch außerfamiliale Dienste. Letzteres weist gewiss einen finanziellen Aspekt auf, deutet jedoch auch auf traditionelle geschlechtliche Rollenzuschreibungen hin. Andererseits zeigt der empirische Befund, dass die vermeintliche Familienzentriertheit von MigrantInnen aus Balkano-Anatolien ihre Grenzen hat. Der Autor hat wenig praktische Erfahrung mit den familialen Netzwerken von Migrantinnen und Migranten in Migrationssituationen. Seine Kompetenz liegt in der historisch-anthropologischen Familien- und Genderforschung.

Aderhold, Volkmar & Ulrike Borst (2009): Viele Wege in die Psychose. Neue Empirie zur alten Hypothese von Vulnerabilität und Stress. In: Familiendynamik 34 (4): 370-385.

abstract: Nach einem kurzen Überblick über die neusten Forschungsergebnisse zu Genetik und Neurobiologie der Schizophrenie werden Entwicklungs- und Umweltfaktoren aufgeführt, die das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken, erhöhen. Als besonders bedeutsam haben sich unter ihnen die »sozialen« Stressoren Traumatisierung, Urbanizität, Ablehnung und soziale Notlage erwiesen. Die Kombination von genetischem und Umweltrisiko wurde in aufwändigen Adoptions- und High-Risk-Studien untersucht, die hier ebenfalls zusammenfassend dargestellt werden. Schlussfolgernd wird gefordert, präventive und therapeutische Ansätze vor allem im Abbau des sozialen Stresses und in der Unterstützung der Familien zu suchen. Hierfür muss eine neue, nicht stigmatisierende Kooperation mit den Familien gesucht werden. Aber auch die gemeinschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung für junge Menschen mit Psychose-Risiko muss verstärkt wahrgenommen werden. Die Verengung der Forschungsperspektive auf die Neurowissenschaften ist aufzugeben.

Borst, Ulrike, Hans Rudi Fischer & Schlippe, Arist von (2009): Feldpost: Wie hast du’s mit den Krankenkassen? In: Familiendynamik 34 (4): 386-387.

Ciompi, Luc & Ulrike Borst (2009): «Affekte wirken als Motoren und Organisatoren des Denkens«. Ulrike Borst im Gespräch mit Luc Ciompi. In: Familiendynamik 34 (4): 388-393.

Simon, Dominique (2009): Der besondere Fall: Die Brille bestimmt das Sehen – und vielleicht sogar den Verlauf einer schweren psychischen Erkrankung? In: Familiendynamik 34 (4): 394-396.

Rufer, Martin (2009): Berufspolitik. Von der Sehnsucht nach Zuwendung oder: Wie steht es um die Psychotherapie im Gesundheitswesen der Schweiz? In: Familiendynamik 34 (4): 398-399.

Hildenbrand, Bruno (2009): Zurück-Geschaut. Familien erklären die Welt. David Reiss‘ »The Family’s Construction of Reality«. In: Familiendynamik 34 (4): 400-401.

Fischer, Hans Rudi (2009): FilmDynamik – Der Sprung: Parabel eines Überganges. Der Film »Billy Elliot. I will dance«. In: Familiendynamik 34 (4): 402-407.

Schiepek, Günter (2009): Rezension – Thomas Fuchs (2008): Das Gehirn – ein Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch- ökologische Perspektive. Stuttgart (Kohlhammer). In: Familiendynamik 34 (4): 408-410.

Schlippe, Arist von (2009): Rezension – Andreas Kossert (2009).Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945. (4., überarb. Aufl.) München (Siedler). In: Familiendynamik 34 (4): 410-411.

Stierlin, Helm (2009): Rezension – Pauline Boss (2008). Verlust, Trauma und Resilienz. Die therapeutische Arbeit mit dem »uneindeutigen Verlust«. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Familiendynamik 34 (4): 411-412.

Zierep, Eckhard (2009): Rezension – Sigrid Haselmann (2008). Psychosoziale Arbeit in der Psychiatrie – systemisch oder subjektorientiert? Ein Lehrbuch. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Familiendynamik 34 (4): 412-414.

Chmielorz, Markus (2009): Leserbrief: Regenbogenfamilien. In: Familiendynamik 34 (4): 415-415.