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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Familiendynamik 1986

Heft 1

Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1986): Zu diesem Heft: Theoretisches zur Familientherapie. In: Familiendynamik 11(1), S. 1-1

Horst Ramsenthaler (1986): Theoretische Grundlagen der Familientherapie. Ein Klärungsversuch auf der Basis des Regelbegriffs von L. Wittgenstein. In: Familiendynamik 11(1), S. 2–15

abstract: Die Familientherapie hat sich in den letzten fünfzehn Jahren als eigenständige Therapieform etabliert. Ihre führenden Vertreter betonen, daß ihren Ansätzen eine völlig neue Epistemologie zugrunde liegt, die sie im Rückgriff auf die Kybernetik zu explizieren versuchen. In diesem Aufsatz wird deutlich gemacht, daß der Bezug auf die Kybernetik klärungsbedürftig ist. Die Grundlagen der Familientherapie lassen sich viel zwangloser mit Hilfe des Regelbegriffs Wittgensteins rekonstruieren: Familien können als Gruppen beschrieben werden, in denen Regeln gelten, die das Miteinanderumgehen ihrer Mitglieder leiten. Symptome stellen sich auf diesem Hintergrund als verstehbare Reaktionen des identifizierten Patienten auf »gestörte« Regelkonstellationen dar. Die Rekonstruktion der Familientherapie mit Hilfe des Regelbegriffs erlaubt es, die Doppelbindungstheorie und paradox wirkende Interventionsformen (z.B. Symptom Verschreibung) zu klären und in das gesamte Therapiemodell zu integrieren.

Kurt Ludewig (1986): Von Familien, Therapeuten und Beschreibungen – Vorschläge zur Einhaltung der »logischen Buchhaltung«. In: Familiendynamik 11(1), S. 16–28

abstract: Anhand der epistemologischen Erkenntnisse zeitgenössischer Autoren wie Maturana, Varela und von Foerster wird ein Rahmen abgesteckt, der es erlaubt, widersprüchliche Auffassungen aus der neueren Literatur zur Familientherapie kritisch zu sichten, und sie nach Überprüfung ihrer logischen Stimmigkeit wieder zu einem theoretischen Ganzen zu integrieren. Hierfür wird als notwendig erachtet, die Bereiche physikalischer, biologischer und sozialer Phänomene getrennt zu behandeln. Es wird gezeigt, daß Konzepte wie Linealität, Zirkularität, Individuum und Familie durchaus sinnvoll verwendet werden können, sofern sie auf den ihnen gemäßen Phänomenbereich bezogen werden. Genauso kann man von der Therapie mit Familien sprechen, obwohl es sich dabei um die therapeutische Interaktion mit Individuen handelt.

Klaus G. Deissler & Peter W. Gester (1986): Autosystemische Transformation – Trancephänomene, systemische Utilisierung oder Selbstveränderung. In: Familiendynamik 11(1), S. 29–56

abstract: Was wirkt eigentlich bei systemischen Interventionen? Ist es der Therapeut, der die Veränderung verursacht, sind es besondere Phänomene während der Therapiesitzung, die sich am besten mit hypnotherapeutischen Begriffen erklären lassen, oder ändert die Familie autonom ihre Organisationstruktur angeregt durch therapeutische Maßnahmen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der folgende Aufsatz mehr oder minder explizit: Im ersten Teil werden einige theoretische Grundgedanken erläutert, die den Verständnishintergrund unserer therapeutischen Arbeit erweitern und verdeutlichen sollen. Im zweiten Teil der Arbeit stellen wir ein Fallbeispiel dar, bei dem insbesondere die intendierten Wirkungen einer schriftlichen Intervention erklärt werden. Dieser Aufsatz gibt keine vorgefertigten Antworten; es werden jedoch mögliche Antwortrichtungen dargestellt. Wir hoffen also, daß dieser Aufsatz den Leser dazu anregt, solche Fragen aufzuwerfen, die für zukünftige Suchrichtungen der Forschung relevant sein können.

Walter Schurian (1986): Das »angeschlossene« System in der Therapie – Zu Alfred Hrdlickas Gedanken über »Randolectil«. In: Familiendynamik 11(1), S. 57–70

abstract: In systemtheoretisch orientierten Therapieformen lassen sich »offene« von »geschlossenen« Systemen unterscheiden. Ausgehend von Alfred Hrdlickas Gedanken zu »Randolectil«, in der der Künstler seine Erfahrungen mit der Psychotherapie reflektiert, läßt sich zudem ein »angeschlossenes System« unterscheiden. Dies setzt sich zusammen aus: der Begleitung des Kranken durch eine normal sich verhaltende Vertrauensperson, das störende Einhaken in dessen Wahnvorstellungen, die Neustrukturierung und die Selbstorganisation von Verhaltens- und Denkweisen. Statt dem auf vorgegebenen Wissen und Zielvorgaben beruhenden Eingreifen, Beeinflussen und Verändern des Kranken durch einen Therapeuten, geht es beim »angeschlossenen System« um eine mittelbare Verstärkung von Störungen. Der Kranke wird an seinem Verhalten erkannt, darin ernst genommen und mit einem gesund funktionierenden Verhalten kontrastierend konfrontiert.

Roland Schleiffer (1986): Es lebe die Differenz! Gedanken zum Heidelberger Kongreß „Familiäre Wirklichkeiten – 10 Jahre Heidelberger Familientherapie“, 16.-18. Mai 1985. In: Familiendynamik 11(1), S. 71-73

Ludwig Reiter (1986): Der 2. europäische Kongreß für Psychotherapieforschung. 3.-7. September 1985 in Louvain-la-Neuve. In: Familiendynamik 11(1), S. 74-74

Marianne Krüll (1986): Rezension – Fritz B. Simon & Helm Stierlin: Die Sprache der Familientherapie. Ein Vokabular. Kritischer Überblick und Integration systemtherapeutischer Begriffe, Konzepte und Methoden. In: Familiendynamik 11(1), S. 75-77

Michael Göpfert (1986): Rezension – John Bowlby: Das Glück und die Trauer. Herstellung und Lösung affektiver Bindungen. In: Familiendynamik 11(1), S. 77-78

Paul Watzlawick (1986): Rezension – Fritz B. Simon: Der Prozeß der Individuation. Über den Zusammenhang von Vernunft und Gefühlen. In: Familiendynamik 11(1), S. 78-79

Manfred Enders (1986): Rezension – Bradford P. Keeney: Aesthetics of Change. In: Familiendynamik 11(1), S. 80-81

Josef Duss-von Werdt (1986): Rezension – Alfred Lange & Onno van der Hart: Directive Family Therapy. In: Familiendynamik 11(1), S. 81-81


Heft 2

Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1986): Zu diesem Heft: Aus Forschung und Praxis. In: Familiendynamik 11(2), S. 89-89

Reinhard Plassmann (1986): Prozeßphantasien: zur Technik der systemischen Einzeltherapie. In: Familiendynamik 11(2), S. 90–108

abstract: Die Auswertung einer größeren Anzahl ambulanter Psychotherapien ergibt, von welchen gedanklichen Voraussetzungen beim Patienten und beim Therapeuten Wandlung oder Stillstand im Behandlungsprozeß abhängen. Je nach dem, wie das Leiden des Patienten von ihm selbst oder von seinem Therapeuten gesehen wird, und je nach dem, wie der therapeutische Prozeß gesehen und gestaltet wird, tritt Wandlung oder Stillstand ein. Die entsprechenden blockierenden oder wandlungskompetenten Prozeßphantasien beim Therapeuten oder beim Patienten werden beschrieben. Besonders häufig treten sie nicht direkt mitgeteilt als bewußte Erwartung zutage, sondern in indirekter Form eingewoben in andere sprachliche Mitteilungen. Gerade die wirksamsten therapeutischen Mitteilungen enthalten implizit jene beschriebenen wandlungskompetenten Prozeßphantasien. Paradoxien, Symptomverschreibungen, Vorannahmen und andere therapeutisch bewährte Sprach- und Interaktionsfiguren werden unter diesem Gesichtspunkt betrachtet.

Claus Buddeberg, Jörg Merz, Robert Frei, Bernhard Limacher & Elmar Brähler (1986): Paarkonflikte in Ehen krebskranker Frauen. In: Familiendynamik 11(2), S. 109–123

abstract: Der Beitrag berichtet über einige Ergebnisse einer prospektiven Untersuchung über die Auswirkungen eines Mammakarzinoms auf die Paarbeziehung neu erkrankter Frauen. Spätere Brustkrebspatientinnen leben häufiger in problembelasteten Ehen als andere Frauen. Die Konflikte und die Krankheitsverarbeitung in den einzelnen Ehen sind jedoch recht verschieden und nicht krankheitstypisch. Paarbeziehungen von Brustkrebspatientinnen können aber nicht verallgemeinernd als konflikthaft und auffällig bezeichnet werden. Für die Auswirkungen der Krebserkrankung spielen noch andere Faktoren wie z.B. das Alter der Frau, sowie die Art der Primär- und Nachbehandlung eine Rolle. Die Ergebnisse sprechen eher gegen Vorstellungen einer sogenannten »typischen Krebspersönlichkeit« bzw. »typischen Krebsfamilie«.

Giuliana Prata (1986): Ein Ehekonflikt mit Suizidversuch des Ehemannes. In: Familiendynamik 11(2), S. 124–143

abstract: Eine Familie kommt wegen eines gravierenden älteren Ehekonflikts (mit Trennung und zwei Suizidversuchen des Ehemannes) in die Beratung. Der erste Teil der Sitzung ist der Informationsschöpfung gewidmet, die sich angesichts der allgemeinen Zurückhaltung als wenig fruchtbar erweist. Die Therapeutin wechselt daraufhin die Taktik und nimmt eine sorgfältige »Überprüfung der Motivationen für eine Familientherapie« vor. Am Schluß der Sitzung räumt sie den Kindern Platz ein, die unter der Situation leiden, sich kaum geäußert haben und denen die Eltern die Suizidversuche des Vaters »verheimlicht« haben; sie gibt der Situation einen neuen Rahmen, indem sie die Rollen der Kinder als vollwertige Glieder des familiären Systems aufwertet. Es handelt sich um eine einmalige Konsultation, auf die 14 Monate später eine katamnestische Nachkontrolle folgt. Diese zeigt, daß der Konflikt der Eltern zwar noch nicht gelöst ist, sie aber immerhin in gutem Einvernehmen unter dem gleichen Dach wohnen und die Kinder nunmehr glücklich und sozial gut integriert sind.

Heinz Alex Schaub & Freda Schaub-Harmsen (1986): Einelternfamilien aus der Sicht der betroffenen Kinder – Versuch einer familienorientierten Gruppenarbeit. In: Familiendynamik 11(2), S. 143–150

abstract: Der Aufsatz zeigt aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen die psychosozialen Probleme von Einelternfamilien. Mit familienorientierter Gruppenarbeit wurde versucht, den Dialog zwischen den Eltern und ihren Kindern zu fördern. Thematisch konzentrierten die Autoren sich dabei auf die Bedeutung des Trennungs- und Scheidungsprozesses sowie auf psychosoziale Überforderungen und Überlastungen im neuen Familiensystem.

Michael Parmentier (1986): Der verhexte Zoo – Oder: Reise in der Untergrund der bürgerlichen Familie. Ein siebenjähriges Mädchen erzählt eine Geschichte. In: Familiendynamik 11(2), S. 151–161

Maria Bosch (1986): Bericht über eine Tagung: Weinheimer Expertenaustausch zu Aus- und Weiterbildung in Familientherapie. In: Familiendynamik 11(2), S. 162-164

Michael Göpfert (1986): Rezension – Ian R.H. Falloon &Jeffrey L. Boyd: Family Care of Schizophrenia. In: Familiendynamik 11(2), S. 165-166

Michael Göpfert (1986): Rezension – Michael P. Nichols: Family Therapy – Concepts and Methods. In: Familiendynamik 11(2), S. 166-167

Fritz B. Simon (1986): Rezension – Matthias C. Angermaier & Asmus  Finzen (Hrsg.): Die Angehörigengruppe. Familien mit psychisch Kranken auf dem Weg zur Selbsthilfe. In: Familiendynamik 11(2), S. 167-168

Ulf Berwaldt (1986): Rezension – Martin R. Textor (Hrsg.): Das Buch der Familientherapie. Sechs Schulen in Theorie und Praxis. In: Familiendynamik 11(2), S. 168-169

Renate Wiesner (1986): Rezension – Anna Auckenthaler: Klientenzentrierte Psychotherapie mit Paaren. In: Familiendynamik 11(2), S. 169-170

Renate Wiesner (1986): Rezension – Kurt Hahlweg, Ludwig Schindler & Dirk Revenstorf: Partnerschaftsprobleme – Diagnose und Therapie. Handbuch für den Therapeuten. In: Familiendynamik 11(2), S. 170-170

Ursula Schmidt-Bluntschli (1986): Rezension – Carol Gilligan: Die andere Stimme. In: Familiendynamik 11(2), S. 171-172

Wilfried Becker (1986): Rezension – Wolfgang Buchholz: Lebensweltanalyse. Sozialpsychologische Beiträge zur Untersuchung von krisenhaften Prozessen in der Familie. In: Familiendynamik 11(2), S. 172-173


Heft 3

Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1986): Rezension – Zu diesem Heft: Neue Perspektiven in der Familientherapie. In: Familiendynamik 11(3), S. 181-181

Steve de Shazer, Insoo Kim Berg, Eve Lipchik, Elam Nunally, Alex Molnar, Wallace Gingerich & Michele Weiner-Davis (1986): Kurztherapie – Zielgerichtete Entwicklung von Lösungen. In: Familiendynamik 11(3), S. 182–205

abstract: Im folgenden Beitrag wird die am Brief Family Therapy Center entwickelte Form von Kurztherapie beschrieben. Der Titel, den wir bewußt an den des klassischen Aufsatzes von Weakland, Fisch, Watzlawick und Bodin (1974) »Brief Therapy: Focused Problem Resolution« (dt.: Kurztherapie – Zielgerichtete Problemlösungen) angelehnt haben, bringt zum Ausdruck, daß der hier dargestellte Ansatz nach unserer Auffassung sowohl vom Konzept her als auch was seine Entwicklung betrifft, mit dem von Weakland et al. (1974) eng verbunden ist.

Peggy Penn (1986): «Feed-Forward« – Vorwärts-Koppelung: Zukunftsfragen, Zukunftspläne. In: Familiendynamik 11(3), S. 206–222

abstract: »Feed-Forward« – Vorwärts-Koppelung – ist eine Technik, die Familien dazu ermutigt, sich ihr Beziehungsmuster zu einem künftigen Zeitpunkt vorzustellen. Fragen nach der Zukunft, verbunden mit positiver Konnotation, versetzen die Familie in eine Metaposition bezüglich ihres Dilemmas und sind veränderungswirksam in dem Maße, wie sie neue Lösungswege für alte Probleme eröffnen.

Tedy Hubschmid & Christina Kurz (1986): Das Elternkind. In: Familiendynamik 11(3), S. 223–233

abstract: In großen Familien mit mehreren Kindern, in unvollständigen Familien und in Familien mit schweren Problemen beobachten wir oft Elternkinder. Das sind Kinder, die ihren Eltern beistehen und jüngeren oder kranken Geschwistern gegenüber elterliche Aufgaben übernehmen. In der vorliegenden Arbeit wird anhand von zwei Fallbeispielen und einigen theoretischen Überlegungen der von Minuchin stammende Begriff des Elternkindes näher gefaßt, und es wird gezeigt, wie wir damit in der Therapie umgehen. Wir schließen mit einigen Überlegungen zur Frage, wie sich diese oft undankbare Rolle auf ihren Träger auswirken kann.

Ludwig Reiter & Egbert Steiner (1986): Paradigma der Familie: Turings Maschine oder autopoietisches System? In: Familiendynamik 11(3), S. 234–248

abstract: Das psychotherapeutische Handeln aller Schulen ist in nicht direkt empirisch testbare vortheoretische Rahmenkonzepte, seit Kuhn sogenannte »Paradigmen«, eingebunden. Diese enthalten Aussagen über den Menschen im allgemeinen und über das Wesen von Krankheit und Gesundheit. In der Familientherapie bildet heute zwar die Allgemeine Systemtheorie ein wichtiges Basiskonzept für Theorie und Technik; diese wird aber in letzter Zeit durch neue epistemologische Konzepte der Biologie in Frage gestellt. Es wird hier zunächst versucht, einen wissenschaftsgeschichtlichen und -theoretischen Rahmen darzustellen, um damit dann den Stellenwert dieser neuen Theorien im Blick auf grundlegende Kontroversen um ontologische Fragen und Konzepte von Pathologie besser bestimmen zu können.

Stephan Baerwolff (1986): Zum Aufsatz »Autosystemische Transformation«. In: Familiendynamik 11(3), S. 249-251

Esther Wanschura & Hildegard Katschnig (1986): Zwei Familientherapeutinnen beim Symposium. Sehr persönliche Impressionen zum 8. Internationalen Symposium »Familien im Alltag«, Zürich, 25. bis 28. September 1985. In: Familiendynamik 11(3), S. 252-254

Ludwig Reiter (1986): Rezension – Walter Becher: Der Blick aufs Ganze. Das Weltbild Othmar Spanns. In: Familiendynamik 11(3), S. 255-255

Claus Buddeberg (1986): Rezension – Dan G. Hertz & Hans Molinski: Psychosomatik der Frau. Entwicklungsstufen der weiblichen Identität in Gesundheit und Krankheit. In: Familiendynamik 11(3), S. 256-256

Kurt Lüscher (1986): Rezension – F. Ivan  Nye (Hrsg.): Family Relationships. Rewards and Costs. In: Familiendynamik 11(3), S. 257-257

Ludwig Reiter (1986): Rezension – Ewald Johannes Brunner: Grundfragen der Familientherapie. Systemische Theorie und Methodologie. In: Familiendynamik 11(3), S. 257-258

Claus Buddeberg (1986): Rezension – Dirk Zimmer: Sexualität und Partnerschaft. Grundlagen und Praxis psychologischer Behandlung. In: Familiendynamik 11(3), S. 259-259


Heft 4

Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1986): Zu diesem Heft: Das Individuum in systemischer Sicht. In: Familiendynamik 11(4), S. 265-265

Helm Stierlin, Gunthard Weber, Gunther Schmidt & Fritz B. Simon (1986): Zur Familiendynamik bei manisch-depressiven und schizoaffektiven Psychosen. In: Familiendynamik 11(4), S. 267–282

abstract: Die Autoren berichten über 22 Familien, in denen eine manisch-depressive und über 11 Familien, in denen eine schizoaffektive Psychose diagnostiziert wurde. Alle diese Familien zeigten sich als extrem starre und gebundene Systeme. Sie waren überwiegend durch eine »einengende elterliche Komplementarität« und widersprüchliche Delegationen charakterisiert. Weiter teilten sie typische Grundannahmen und Überzeugungen. »Manisch-depressive« Familien wiesen sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede im Vergleich mit Familien auf, in denen sich schizophrene oder schwere psychosomatische Störungen diagnostizieren ließen.

Michael White (1986): Ängste bekämpfen und Ungeheuer zähmen. Ein Ansatz zur Behandlung von Kinderängsten. In: Familiendynamik 11(4), S. 283–293

abstract: Die vorliegende Arbeit betrachtet Kinderängste im Kontext der familiären Interaktion. Die These des Autors lautet, daß die Überlebens- und Entwicklungschance solcher Ängste davon abhängt, ob in der Familie ein »Unterstützungssystem für Ängste« existiert. Die Einzelheiten eines solchen Unterstützungssystems lernt man kennen, indem man untersucht, wie die Familienmitglieder unabsichtlich an der Aufrechterhaltung des »Lebensstils der Angst« mitwirken. Zur Diskussion gestellt werden Interventionsverfahren, die der Unterbrechung dieser Mitwirkung dienen. Dazu gehören die Einführung einer nichtbedrohlichen interaktionellen Beschreibung des Problems sowie ein strukturiertes Ritual zum Angriff auf den Lebensstil der Angst. Abschließend wird das Vorgehen anhand eines Fallbeispiels illustriert.

Jürg Willi (1986): Die Ehe im Alter in psycho-ökologischer Sicht. In: Familiendynamik 11(4), S. 294–306

abstract: Altersehen stehen im Geruch der Erstarrung in Gewohnheiten und der hoffnungslosen Perpetuierung lebenslanger ungelöster Konflikte. Diese Sicht wird in Frage gestellt. In keinem anderen Lebensalter treten in oftmals so kurzer Zeit so tiefgreifende Veränderungen der Beziehungssysteme und der psycho-ökologischen Bedingungen ein. Krisen in Altersehen sind oft Überforderungen in der Adaptation an diese Veränderungen. Krisenintervention im Alter ist deshalb oft weit erfolgversprechender als allgemein angenommen wird. Die ökologisch-systemischen Umstellungen können Chancen zu neuen koevolutiven Entwicklungen sein. Besondere Probleme bietet die Koevolution der Partner da, wo durch Gebrechlichkeit des einen das zuvor bestehende Kräftespiel in der Partnerschaft zusammenbricht und neu organisiert werden muß. Die Psychopathologie der Altersehen läßt sich mit den formalen Prinzipien des Kollusionskonzeptes, der progressiv-regressiven Polarisierungen, des Abgrenzungsprinzips und der Selbstwertbalance erfassen.

Manfred Cierpka (1986): Zur Funktion der Grenze in Familien. In: Familiendynamik 11(4), S. 307–324

abstract: Grenzüberschreitungen markieren die kritischen Stellen im Entwicklungsprozeß und zwingen die Familie zu Veränderungen ihrer Rollen und der damit in Zusammenhang stehenden Regeln. Unsere Hypothese ist, daß sich Grenzen entsprechend der Situation und dem Kontext definieren müssen und das Potential an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in einer Familie an diesen Definitionsprozessen abzulesen ist. In Krisensituationen, u. a. auch in den Schwellensituationen der lebenszyklischen Phasen, treten Veränderungen der Grenzen auf drei verschiedenen Ebenen auf, die sich wechselseitig bedingen und hierarchisch gegliedert sind. Neben den Selbstgrenzen der individuellen Mitglieder meinen wir die Grenzen auf der interpersonalen Ebene, die Dyaden, Triaden und zwischen den Subsystemen. Auf der dritten, der Systemebene, beschreiben wir die Familienumweltgrenze.

Egbert Steiner & Ludwig Reiter (1986): Zum Verhältnis von Individuum und sozialem System: Hierarchie, strukturelle Koppelung oder Interpenetration? In: Familiendynamik 11(4), S. 325–342

abstract: Das Verhältnis von Individuum und sozialem System wurde in der Familientherapie bisher theoretisch eher unzureichend gefaßt. Die vorliegende Arbeit stellt drei paradigmatische Modelle dieses Verhältnisses dar, wie sie in den letzten Jahren im Rahmen der allgemeinen Systemtheorie entwickelt wurden. Es wird besonders die Theorie von N. Luhmann herausgearbeitet, dessen Konzept der Interpenetration die Selbstreferenz psychischer und sozialer Systeme theoretisch einbezieht und so für die Weiterentwicklung der Theorie der Familientherapie vielversprechend erscheint.

Brian W. Cade (1986): Kurz-Familientherapie mit der »Zauberer von Oz«-Methode – Ein Interview mit Steve de Shazer. In: Familiendynamik 11(4), S. 343–350

Katharina Ley (1986): Rezension – Harold & MargaretFeldman (Hg): Current Controversies in Marriage and Family. In: Familiendynamik 11(4), S. 351-351

Fritz B. Simon (1986): Rezension – Douglas R. Hofstadter: Gödel, Escher, Bach. Ein Endloses Geflochtenes Band. In: Familiendynamik 11(4), S. 351-353

Marianne Krüll (1986): Rezension – Frido Mann: Professor Parsifal. Autobiographischer Roman. In: Familiendynamik 11(4), S. 353-354

Katharina Ley (1986): Rezension – Dorothy M. Stetson: A Woman’s Issue. In: Familiendynamik 11(4), S. 354-354

Eckard Sperling (1986): Rezension – Jürg Willi: Die Kunst des gemeinsamen Wachsens. In: Familiendynamik 11(4), S. 354-355

Tedy Hubschmid (1986): Rezension – Robert L. Ziffer (Hrsg.): Adjunctive Techniques in Family Therapy. In: Familiendynamik 11(4), S. 355-356